Messe vorbei, Roadshows vor der Tür
Knapp zwei Wochen liegt die IBC2002 hinter uns. Nun dürften die meisten Besucher und Aussteller der Messe ihre Schreibtische und E-Mail-Postfächer wieder auf einen ähnlichen Füllstand wie vor der Messe gebracht haben. Mit Blick auf etliche Roadshows und Workshops, die das Jahresendgeschäft ankurbeln sollen, bleibt kaum Zeit zum Durchatmen.
Dennoch: Ein Moment für den Blick zurück auf die IBC2002 und die dort sichtbare oder vorgezeigte Lage der Branche sollte drin sein.
Die wichtigste Nachricht vorab: Auch im kommenden Jahr soll die IBC wieder in Amsterdam stattfinden. Die offizielle Besucherzahl von rund 40.000 schmückt der Veranstalter mit allerlei Deutungen positiv aus und erläutert etwa, dass die Aussteller zwar weniger Personal geschickt hätten, aber die Besucherzahl sogar gestiegen sei. Letzteres stimmt zwar im Verhältnis zum Vorjahr, in dem die Messe unter dem Eindruck der unmittelbar zuvor erfolgten Terroranschläge in den USA stattfand. Zieht man aber das wesentlich aussagekräftigere Ausstellungsjahr 2000 heran, ergibt sich ein Rückgang um 5.000 Besucher. Selbst das korrespondiert – sehr vorsichtig ausgedrückt – nicht ganz mit der subjektiven Wahrnehmung der weitaus meisten Aussteller, mit denen www.film-tv.video.de während und nach der Messe Kontakt hatte. Es fällt wirklich schwer zu glauben, dass tatsächlich 40.000 Besucher in den Messehallen unterwegs waren, wenn man sich die Verhältnisse und Zahlen früherer Jahre ins Gedächtnis ruft.
IBC-Präsident John Wilson zog wie üblich eine durchweg positive Bilanz und sprach von einem »riesigen Erfolg« der IBC2002. Dem würden aber ganz sicher weniger Aussteller zustimmen als früher. Natürlich gibt es gegen Messeende immer unterschiedliche Stimmen, manche waren zufrieden, andere nicht. Und mancher Aussteller, der die Messe intern eher negativ bewertet, gibt sich nach außen zufrieden und positiv, damit nur keiner glaubt, er habe uninteressante Produkte gezeigt oder stehe wirtschaftlich schlecht da. Beim informellen Gespräch zeigten sich in diesem Jahr aber mehr Aussteller unzufrieden als früher. Das lag bei den Gesprächspartnern von www.film-tv-video.de besonders daran, dass der Besucherrückgang auf deutscher Seite als viel größer eingeschätzt und erlebt wurde, als bei anderen Ländern.
Auch beim Veranstaltungsort zeigte Präsident Wilson keine Anzeichen von Flexibilität. Trotz wachsender Kritik an Amsterdam als Messeort der IBC sind sich der britische Veranstalter und die holländische Messegesellschaft wieder einig: die IBC2003 soll vom 11. bis 16. September wieder im Amsterdamer RAI stattfinden. »Hoffentlich zum letzten Mal«, konnte man bei der Weitergabe dieser Nachricht immer wieder hören. Subjektiv hat die Redaktion von www.film-tv-video.de den Eindruck, dass die Zahl der Befürworter anderer Messeorte wächst und die bei manchen schon länger virulente Ablehnung gegenüber Amsterdam tiefer wird.
Tatsächlich fühlt sich mancher Besucher mittlerweile an das happige Preisniveau von Montreux erinnert, das im Zusammenspiel mit anderen Faktoren letztlich zum Tod des dortigen TV Symposiums in seiner früheren Form führte. Vielleicht wurde dieses Preisniveau in diesem Jahr auch nur deshalb besonders deutlich, weil es die erste IBC nach der Euro-Einführung war, aber viele Besucher und Aussteller fühlten sich in diesem Jahr ganz klar und massiv abgezockt. Offen bleibt, ob die liberale Drogenpolitik der Niederlande und der große Rotlichtbezirk von Amsterdam, die beide von nicht wenigen IBC-Besuchern und Standmannschaften gern und ausgiebig genutzt werden, dies langfristig aufwiegen können. Sie werden sehen.