Zwischenhoch vorbei?
Die »Mainzer Erklärung« schien dem Digital-Fernsehen in Deutschland den Weg zu einer rascheren Verbreitung und strahlenden Zukunft zu ebnen: ARD, ZDF, KirchGruppe, RTL und die Landesmedienanstalten hatten sich in der Erklärung auf den MHP-Standard als Basis für alle Zusatz-Applikationen geeinigt, die mit dem digitalen Fernsehen möglich werden. Vieles sprach dafür, dass somit MHP den Schritt zum De-facto-Standard in Deutschland geschafft hatte. War das der Startschuss für eine neue, dynamischere Phase der Verbreitung von Digital-TV in Deutschland?
Das muss nun bezweifelt werden: Der US-Konzern Liberty Media, der große Teile des Kabelnetzes in Deutschland von der Telekom erwerben und betreiben will, ließ verlauten, er werde MHP aus Kostengründen nicht unterstützen. Die Implementation des Standards in die Decoder sei zu teuer.
Nun könnte man sagen: »Was soll‘s, wenn die nicht mitmachen wollen, bleiben sie eben außen vor.« Schmerzlich ist aber für Digital-TV-Fans, dass damit eines der Haupthindernisse, das bisher die Verbreitung von Digital-TV und seinen Zusatzdiensten behinderte, auch weiterhin bestehen bleibt: Unklarheit und Verwirrung bei den Verbrauchern. Und schmerzverstärkend für die MHP-Bundesbrüder wirkt, dass Liberty Media nach eigenen Angaben den Kabelkunden in Deutschland bis zu 10 Millionen nicht MHP-fähige Decoder kostenlos zur Verfügung stellen will.
Besonders die Landesmedienanstalten reagierten auf diese Situation verschnupft, und dafür gibt es gute Gründe: Platziert Liberty Media 10 Millionen Non-MHP-Decoder am Markt, schafft das Unternehmen damit Fakten und Kritiker sehen darin die Gefahr, dass Liberty damit die Bedingungen für Digital-TV in Deutschland diktieren könnte. Das bringt selbst hartgesottene Kirch-Kritiker, die dem neuen MHP-Schmusekurs der KirchGruppe noch nicht ganz trauen wollen, nun noch stärker gegen den in Deutschland neuen Medien-Player Liberty Media auf.
Momentan scheint nur eines sicher: Das neu geschmiedete Bündnis für MHP in Deutschland ist auf Widerstand gestoßen und das wird sich auf die Marktentwicklung wahrscheinlich eher negativ auswirken. Sie werden sehen.
- Autor
- C. Gebhard, G. Voigt-Müller
