Broadcast- und Kinobereich wachsen zusammen
Die Kinoton GmbH weitet mit einem Filmabtaster und zwei DLP-Kinoprojektoren ihr Produktprogramm aus und bietet damit neue Ansätze für den Einsatz von Digitaltechnik im Filmbereich. www.film-tv-video.de besuchte den deutschen und europäischen Marktführer bei Studio- und Kinoprojektoren und sprach mit Geschäftsführer Christoph Dobler über seine Sicht des digitalen Film- und Kino-Markts.
Kinoton-Geschäftsführer Christoph Dobler sieht die Zukunft klar vor sich: »Der Broadcast- und der Kinobereich wachsen zusammen.« Aber er sagt das natürlich im engen Zusammenhang mit der Technik und vor dem Hintergrund einer konkreten Einschätzung der zeitlichen Abläufe dieser Entwicklung. Weil Kinoton Geräte für verschiedene Marktbereiche entwickelt, ergibt sich daraus ein differenziertes Bild. Dabei verleiht die gute Marktposition des Unternehmens dieser Einschätzung ein Fundament und Gewicht: Kinoton hat nach eigenen Angaben bei den in Deutschland verkauften Filmprojektoren insgesamt rund 80 % Marktanteil, europaweit sind es deutlich über 50 %. Auch in den USA, wo Kinoton im klassischen Kinobereich nicht ganz so stark vertreten ist, kann das Unternehmen kräftig punkten und ist hier Marktführer im Studiobereich.
Im Bereich Filmabtastung positioniert sich Kinoton mit der Neuentwicklung eines Telecine derzeit neu. Der Telecine-Markt ist eigentlich relativ klein, so sollen in den vergangenen Jahren von allen Herstellern zusammen um die 150 Geräte jährlich verkauft worden sein. Dennoch belebt sich dieser Markt derzeit auf der Anbieterseite: Neben die wohl bekanntesten Anbieter Thomson (früher: Philips) und Cintel trat in jüngerer Zeit auch Sony mit einem eigenentwickelten Gerät. Kleinere Firmen wie Innovation TK und der Traditionshersteller Oxberry sind ebenfalls aktiv, neuerdings zeigt auch Pinnacle auf Messen einen Filmabtaster.
Da stellt sich natürlich die Frage, weshalb nun auch Kinoton diesen Markt angeht und welche Perspektiven sich hier ergeben. Generell sieht Kinoton-Geschäftsführer Dobler einen wachsenden Markt für die »Umwandlung von Film in Daten« und weist darauf hin, dass es hier keineswegs immer um das absolute High-End der digitalen Film-Postproduktion geben muss. »Viele Anwendungen, die möglich wären, scheitern bislang am Preis der Geräte«, führt Dobler aus. Diese Lücke soll der Kinoton-Abtaster schließen, der mit einem Einstiegspreis von 200.000 Mark um Größenordungen weniger kostet als ein Datacine von Thomson oder Cintel, der je nach Optionen leicht das fünf bis zehnfache dieses Preises erreichen kann. Dabei verschweigt Christoph Dobler nicht, dass der Kinoton-Abtaster sich sicher nicht in allen Punkten mit diesen Geräten messen kann und sieht auch keine direkte Konkurrenz, sondern Märkte für beide Gerätekonzepte. Der Kinoton-Abtaster verbindet ein Filmlaufwerk mit einer voll integrierten Studiokamera von Panasonic Broadcast und einem optionalen Diskrecorder von DVC, was schon grundlegende Unterschiede zu den High-End-Abtastern von Cintel und Thomson aufzeigt.
Konkrete Anwendungen für den Kinoton-Abtaster sieht Dobler im Archivbereich, aber auch bei der Übertragung von Filmaufnahmen in die digitale (Offline-)Postproduktion. Features wie Timecode-Generierung und eine 9-Pin-RS-422-Schnittstelle nach Sony-Protokoll, über die sich der Abtaster fernbedienen und in vorhandene Steuer-Infrastrukturen integrieren lässt, zeigen weitere Applikationsfelder auf (mehr Details zum Kinoton-Abtaster FTM 35 SDTV stehen im Produkt-Katalog). »Wir wollen eine qualitativ hochwertige, aber preisgünstigere Möglichkeit bieten, Filme in Echtzeit zu digitalisieren.« Die modulare Bauweise des Abtasters soll helfen, individuell auf Kundenwünsche eingehen zu können: So lassen sich verschiedene Server integrieren, es kann auch auf Band-Recorder ausgegeben werden, der Abtaster kann auch den Ton in verschiedenen Formaten gleich mitverarbeiten, eine Farbkorrektur ist integriert.
Christoph Dobler geht davon aus, dass seine Prognose, dass der Broadcast- und der Kinobereich wachsen zusammen werden, zunächst im Studio- und Postproduktionsbereich Realität wird. Der Filmabtaster ist dabei aber nur die eine Seite, die Projektion die andere. In beiden Bereichen aber hat die Firma Kinoton aus Doblers Sicht einen entscheidenden Vorteil: »Wir verstehen die Filmleute und sind im Studiobereich gut vertreten.«
Die digitale Filmbearbeitung ist zweifellos auf dem Vormarsch. Was dabei bislang aber oft zu kurz kommt, ist die Beurteilung der Arbeit auf der großen Leinwand, also in der Projektion. Das weiß natürlich auch Christoph Dobler: »Viele Filmschaffende sind geschockt, wenn sie das Ergebnis ihrer Arbeit zum ersten Mal in der Projektion sehen und vieles ganz anders wirkt als gewünscht.« Kinoton will auch in diesem Markt auf der Höhe der Zeit agieren und mit leistungsfähigen digitalen Projektionssystemen auf dem Markt vertreten sein. Mit den DLP-Projektoren DSP 10 und DCP 12 bietet das Unternehmen deshalb Geräte an, die mit einer Auflösung von 1028 x 1024 Pixel projizieren und die einen gegenüber üblichen Videoprojektoren erweiterten Farbraum und ein Kontrastverhältnis von 1000:1 bieten. Das Ziel von Kinoton ist im Bereich der digitalen HD-Projektion hoch gesteckt: »Wir wollen, dass die HD-Projektion allenfalls bei der Auflösung Kompromisse erfordert, aber in anderen Gesichtspunkten soll für die Filmschaffenden und die Kinobesucher alles gleich bleiben oder besser werden.« Dabei sieht Christoph Dobler durchaus noch wichtige Entwicklungsschritte vor sich: »Die Kreativen brauchen Referenzen, das Bild darf also nicht auf jedem HD-Projektor anders aussehen. Es muss ein Qualitätsstandard erreicht werden, der durchgängig garantiert ist, es muss zudem bei den Projektoren eine Selbstkalibrierung geben, um reproduzierbare Ergebnisse zu erreichen.« Daran wird entwickelt, aber schon jetzt gibt es eben einen Bedarf an Geräten, den Kinoton abdecken will.
Dass das digitale Kino kommt, steht für Christoph Dobler außer Frage. Nicht zuletzt wegen des Preises von 400.000 Mark aufwärts, den man derzeit für einen HD-Kinoprojektor bezahlen muss, sieht er aber eine lange Koexistenz von Film- und HD-Projektion voraus und glaubt, dass zunächst überwiegend der Postproduktions- und Studiomarkt die digitale Projektionstechnik nutzen wird. Das klingt schlüssig, denn in der Postproduktion lässt sich Geld und Zeit sparen, wenn erst am Ende der gesamten Bearbeitungskette die Rückbelichten auf Film erfolgt – so sie überhaupt noch notwendig ist.
Für die lange Zeit der Koexistenz von Film- und Datenprojektion muss es aus Kinoton-Sicht jetzt die passenden Geräte geben. Von kombinierten Geräten, die sowohl Film, wie HD-Material projizieren können, hält Dobler nichts: »Das Nachrüsten bestehender Geräte wäre viel zu teuer und letztlich unwirtschaftlich, denn der Projektionskopf ist letztlich bei weitem das Teuerste und der müsste ja ohnehin angeschafft werden. Außerdem wäre ein Kombiprojektor technisch sehr aufwendig und das Umrüsten würde immer Zeitverlust und Arbeitsaufwand bedeuten. Das ist in der Praxis nicht umsetzbar, denn es wäre ja ein nahtloses Umschalten von HD auf Film oder umgekehrt absolut notwendig, etwa zwischen Werbung und Hauptfilm.« Außerdem wird es aus der Sicht des Kinoton-Geschäftsführers langfristig keine Trennung von Lichthaus und Projektionseinheit mehr geben.
Kinoton sieht sich trotz der Entwicklung hin zur elektronischen Bildübertragung und zur digitalen Projektionstechnik in einer sehr guten Marktposition und Christoph Dobler weist in diesem Zusammenhang nicht nur auf die Produktpalette hin, sondern kann auch andere Argumente ins Feld führen: »Unser Service ist voll auf unsere Kunden abgestimmt. Das Kinogeschäft läuft nunmal hauptsächlich abends und am Wochenende. Wenn es mal Probleme gibt, muss deshalb auch zu diesen Zeiten schnell reagiert werden. Wir sind darauf schon seit Jahren eingestellt, ein typischer Videoprojektoren-Hersteller tut sich damit ganz sicher wesentlich schwerer.«
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