Mega-Medien-Konzern, die Zweite
Die Fusion von AOL mit Time Warner zum Mega-Medienkonzern ist noch nicht abgewickelt, denn erst am Freitag stimmen die Aktionäre der Unternehmen über die Fusionspläne ab und immer noch prüfen amerikanische und europäische Behörden, ob die Fusion aus wettbewerbsrechtlichen Gründen überhaupt erlaubt wird. Dabei spielt auch die geschäftliche Verflechtung zwischen AOL und Bertelsmann eine wichtige Rolle.
Schon machen der französische Mischkonzern Vivendi, dessen Tochterunternehmen Canal+ und die kanadische Seagram-Gruppe von sich reden, die zur neuen Vivendi Universal verschmelzen wollen, einem Konzern, der einen Börsenwert von rund 100 Milliarden Dollar und einen Jahresumsatz von 65 Milliarden Dollar haben soll. Vivendi Universal werde sich künftig auf Medien, Unterhaltung, Telekommunikation und Internet konzentrieren, kündigten die drei beteiligten Unternehmen an. Zu Seagram gehören neben anderen Musik- und Filmproduktionsfirmen auch die prestigeträchtigen Universal-Studios, daher rührt auch der zweite Namensbestandteil des geplanten neuen Konzerns. 34 Milliarden Dollar in Aktien zahlen Vivendi und Canal+ für Seagram. Wenn die Bosse diesen Deal begießen, könnten Sie das mit Whiskey der Marke Chivas Regal oder Wodka Absolut tun, denn die gehören zur Getränkesparte von Seagram, die aber wohl komplett abgestoßen werden soll.
Die Verwaltungsräte der drei beteiligten Unternehmen haben der geplanten Fusion zu Vivendi Universal schon zugestimmt. Die EU-Kommission wird die Fusion wettbewerbsrechtlich prüfen, aber der Vivendi-Universal-Boss in spe, der derzeitige Vivendi-Chef Jean-Marie Messier, sieht der Prüfung nach Aussagen auf einer Pressekonferenz des Unternehmens zuversichtlich entgegen. Wohl auch deshalb, weil es Pläne geben soll, dass Vivendi die dem Konzern noch fehlenden 51% an Canal+ erwirbt und dann — quasi als Zeichen an die Kartellbehörden — die französischen TV-Aktivitäten aus dem Konzern herauslöst. Hauptsitz der international operierenden Vivendi Universal soll Paris sein, ein zweites Headquarter soll es in New York geben.
Für den deutschen Medienkonzern Bertelsmann dürfte diese Fusion schmerzlich sein. Vor allem im Musikgeschäft hatte Bertelsmann die Hoffnung gehegt, entweder EMI, Sony Music oder die Seagram-Tochter Universal Polygram schlucken und damit vom vierten Platz im Musik-Business weiter nach vorne aufrücken zu können. Daraus wird jetzt wohl nichts: EMI gehört mittlerweile zu AOL, Sony ziert sich mit dem Verkauf der Musiktochter und Seagram/Universal Polygram ist nun auch nicht mehr zu haben.
Vor diesem Hintergrund wird sich Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff wohl eher für Kooperationen entscheiden müssen, getreu der Devise »If you can’t beat them, join them«. Beim Filmeinkauf ist das ohnehin schon der Fall: Die Bertelsmann-TV-Tochter RTL und der französische Canal+ arbeiten eng zusammen, ein Gutteil der Filme und Serien im RTL-Programm kommen von Universal, also von Seagram. Das wird sich auch nicht so schnell ändern, denn die Verträge laufen bis zum Jahr 2006.
Wie geht es weiter im Big Business? www.film-tv-video.de wird berichten.
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