Kamera, Test, Top-Story: 30.10.2015

Test C300 Mark II: Stabiler und besser

Canon hat die C300 modernisiert und in etlichen Aspekten aufgewertet. Die neue C300 Mark II bietet im Unterschied zur C300 interne 4K-Aufzeichnung in 10 Bit und 4:2:2, ist mit einem neuen Prozessor ausgerüstet und macht auch rein äußerlich insgesamt einen stabileren und wertigeren Eindruck. film-tv-video.de hat das Gerät einem Praxistest unterzogen.

Mit der Vorstellung der C300 schlug Canon vor gut vier Jahren ein neues Kapitel auf — in der eigenen Camcorder-Palette, aber auch für die Anwender: Seither bietet Canon für Freunde der Large-Sensor-Ästhetik nicht nur DSLRs an, sondern auch eine Kamera, die von Beginn an für die digitale Filmproduktion konzipiert wurde.

Die C300 hat sich zum Arbeitspferd für HD-Produktionen entwickelt, die den angesagten Filmlook mit geringer Schärfentiefe haben sollen. Viele Sender und ihre Dienstleister etwa nutzen die Kamera keineswegs nur für szenische Produktionen, sondern auch im Doku- und sogar im ENG-Bereich.

Mittlerweile ist Canon aber beileibe nicht mehr der einzige Hersteller, der eine professionelle und dennoch bezahlbare Single-Sensor-Kamera anbietet. Auch andere Anbieter haben nachgezogen und haben nun Geräte im Programm, die bei ähnlicher Ausstattung und Qualität teilweise weniger kosten und stellenweise auch flexibler sind. Für Canon war es also allerhöchste Zeit, nachzuziehen. Der japanische Hersteller hat sich jedoch dazu entschieden, kein von Grund auf vollständig neu entwickeltes Gerät vorzustellen, sondern der bewährten C300 eine Runderneuerung zu verpassen — die allerdings recht umfänglich ausgefallen ist. film-tv-video.de hat die neue C300 Mark II ausprobiert, in die offenbar auch Erfahrungen eingeflossen sind, die Canon mit der C500 gesammelt hat.

Canon empfiehlt für die C300 Mark II einen Nettolistenpreis von 15.226 Euro, der Straßenpreis liegt Stand Oktober 2015 rund 600 Euro darunter.

Technische Eckdaten

Die C300/II ist mit einem neu entwickelten CMOS-Sensor mit S35-Abmessungen ausgerüstet. Die Signalverarbeitung erfolgt im Zusammenspiel mit einem ebenfalls neuen Prozessor (Dual Digic DV5), der gegenüber seinem Vorgänger zusätzliche Funktionalität mitbringt.

Im Unterschied zur alten C300 bietet die neue Mark II die Möglichkeit, intern in 4K, UHD, 2K und HD aufzuzeichnen. Die neue Canon-Kamera nutzt hierfür die teureren, aber auch leistungsfähigeren Speicherkarten des Typs CFast 2.0. Es ist aber — natürlich mit Einschränkungen — auch möglich, auf SD-Karten aufzuzeichnen — etwa für Proxy-Aufnahmen.

4K-Material kann die Kamera in 10 Bit (4:2:2) mit bis zu 410 Mbps aufnehmen (im Raster 3.840 x 2.160 oder 4.096 x 2.160), alternativ kann sie 2K/HD-Material in 10/12 Bit (4:4:4) aufnehmen. Es ist zudem möglich, via 3G-SDI-Ausgang 4K-Raw-Signale auszugeben — und diese etwa mit eibnem externen Recorder zu speichern.

Den Dynamikumfang der C300 Mark II gibt Canon mit bis zu 15 Blenden an — was sehr beachtlich ist.

Weiter stehen im Vergleich zur Vorgängerversion zusätzliche professionelle Codecs in der Kamera zur Verfügung, darunter der neue Canon XF-AVC-Codec (ähnlich Sonys XAVC), der Farbsampling in 4:2:2 bei 10 Bit (für 4K, UHD, 2K, HD) oder in 4:4:4 bei 10 Bit sowie 4:4:4 bei 12 Bit bietet (für 2K und HD). Audioseitig bietet die Kamera vier Kanäle, die in 24 Bit und 48 kHz aufzeichnen.

Für die Bildkontrolle weist der Camcorder ein neues, abnehmbares und auf verschiedene Weise montierbares Display auf und ist zudem mit einem integrierten OLED-Sucher ausgerüstet.

Eine Besonderheit hat sich Canon beim Thema ND-Filter einfallen lassen: Hier ist es möglich, per Menü einen erweiterten ND-Bereich zu aktivieren. Dann stehen ND-Filter in den Stärken 2, 4, 6, 8, und 10 zur Auswahl, die sich motorisiert in den Strahlengang schwenken lassen.

Ebenfalls neu: Auch ohne Zuschalten des erweiterten Empfindlichkeitsbereichs kann nun mit der niedrigsten Verstärkung von 160 ISO gearbeitet werden, beim Vorgänger lag dieser Wert noch bei 320 ISO.

Kurzüberblick: Unterschiede zum Vorgängermodell

  • 4K-, UHD und 2K Aufzeichnung
  • Zeitlupenfunktion mit bis zu 100 fps in HD und 2K, wenn die Bildrate auf 25p gesetzt wird
  • Ausgabe von 4K-Raw
  • hochwertigere Codecs (10 Bit und 12 Bit bei 4:2:2 und 4:4:4)
  • Kompression basiert auf MPEG4 AVC/H.264 statt auf MPEG2
  • mehr ND-Filter, es stehen jetzt ND-Filter in den Stärken 2, 4, 6, 8, und 10 zur Verfügung.
  • verbesserter Sucher und besseres Display
  • AF-Funktionen (Dual Pixel CMOS AF)
  • Push Auto Iris
  • 4 Audiokanäle
  • C-Fast 2.0 anstatt Compact-Flash
  • beleuchtbare Bedientasten
  • verbesserter, sehr viel stabiler befestigter Tragegriff
Bauform, Handling und Ergonomie

Auf den ersten Blick hat die C300 Mark II alle wesentlichen Designelemente der C300 übernommen. Die neue Kamera ist zwar einen Tick länger und breiter, doch das grundsätzliche Handling unterscheidet sich kaum vom Vorgängermodell. Wer mit dem Gehäusedesign und dem Formfaktor der C300 klar kam, wird auch mit der Mark II gut arbeiten können.

Die »nackte« C300/II ist also relativ kompakt, sie lässt sich somit auch im Handgepäck oder im kleinen Kamerarucksack leicht transportieren. Wenn sie jedoch voll aufgeriggt, also mit Handgriff, Monitor und Mikrofon bestückt ist, geht leider viel von der ursprünglichen Kompaktheit verloren. Zudem ist die Kamera dann aufgrund ihrer Bauhöhe und des relativ hoch liegenden Schwerpunkts vergleichsweise schwierig in der Hand oder auf der Schulter zu stabilisieren — bei längerem Drehs merkt man das durchaus in den Armen und Händen.

Ein Nachteil der kurzen Bauform wird spürbar, wenn man die Kamera auf einem Schulterrig einsetzt: Die Kamera führt zu einem eher frontlastigen Setup, der Schwerpunkt des Gesamtsystems aus Kamera und Rig liegt weit vorne, es fehlt an Gewicht über und hinter der Schulter. Das verstärkt sich noch, wenn man mit größeren Objektiven arbeitet. So sind in der Schulterkonfiguration Gegengewichte nötig, sonst lastet ein hohes Gewicht auf den Armen, was bei längeren Drehs sehr ermüden kann. Schiebt man die Kamera auf dem Rig bis über die Schulter nach hinten, kann man das Objektiv und auch die Kamera selbst nur noch eingeschränkt bedienen, zudem hat man den Monitor sehr nahe vor den Augen. Dieses Problem teilt die C300/II mit ihrem Vorgängermodell und auch andere Kameras in Blockbauform haben diesen Nachteil.

Beim Kamerahenkel hat Canon im Vergleich zur C300 deutlich nachgebessert: Beim Vorgängermodell hatte der Handgriff immer etwas Spiel und wackelte im Cold-Shoe-Mount. Bei Kameras, die häufig umgebaut wurden, verschärfte sich dieses Problem im Laufe der Zeit.

Nun ist der Henkel wesentlich stabiler ausgeführt und sehr viel robuster mit Inbusschrauben am Gehäuse befestigt — man benötigt für diese Schrauben übriges einen Inbus-Schlüssel aus dem Zoll-System. Der neue, stabile Henkel bringt neben der robusteren, festeren Verbindung auch noch einen anderen Vorteil mit: Er weist nun drei Blitzschuhadapter auf, an denen sich die Monitoreinheit oder auch anderes Zubehör anbringen lässt. Gut gefallen haben den Testern auch die vier seitlichen 1/4-Zoll-Gewinde zum Anbringen von Zubehör. Auf der Oberseite befinden sich zudem zwei weitere Gewinde in 1/4- und 3/8-Zoll-Ausführung.

An anderer Stelle hat Canon ebenfalls Modellpflege betrieben: So gibt es nun neue Kabelverbindungen zwischen Kamera und Monitoreinheit, über die Video- und Audiosignale übertragen werden. Die Kabel lassen sich — anders als bei der C300 — auch von der Monitoreinheit trennen, beschädigte Kabel können somit leichter ersetzt werden.

4K-Kameras haben üblicherweise eine etwas höhere Leistungsaufnahme, weil die Bearbeitung der großen Datenmengen einiges an Prozessor-Power erfordert. Das ist auch bei der C300 Mark II nicht anders. Wenn man so große Akkus verwendet, dass sich die Klappe am Akkufach nicht mehr schließen lässt, kann diese komplett entfernt werden, sodass sie nicht versehentlich abbricht — das war in dieser Form auch schon bei der C300 möglich. Die Akkus der C300 kann man beim neuen Modell allerdings nicht verwenden. Das ist natürlich ärgerlich für jene C300-Kunden, die das Zubehör ihrer alten Kamera weiterverwenden, oder eine C300 und C300/II parallel nutzen wollen.

Ein Teil der höheren Leistungsaufnahme der Kamera wird von den Prozessoren in Wärme umgewandelt. Das wiederum führt dazu, dass der Lüfter der C300/II fast immer in Betrieb ist und eigentlich nur dann still steht, wenn man mit der Kamera tatsächlich aufzeichnet. Zwar gibt es wesentlich lautere Kameras als die C300/II, möchte man aber ganz dezent und unauffällig arbeiten, kann das permanente Geräusch des Lüfters dennoch stören.

Die Bedienung der Kamera hat Canon erneut sehr gut gelöst: die Tasten auf der Seite lassen sich sehr gut blind bedienen und haben einen angenehmen Druckpunkt, das Tasten-Layout der C300/II weist aber einige Änderungen zur C300 auf. Zudem ist es möglich, die seitlichen Bedienelemente sowie das rückwärtige Info-Display zu beleuchten — sehr vorteilhaft in dunklen Umgebungen.

Menü und Bedienung der Aufnahmeparameter

Die Menüstruktur des C300/II orientiert sich klar an der des C300 — man kommt also als C300-Nutzer mit der Bedienung der C300/II sofort klar. Es steht eine Vielzahl an frei belegbaren User-Buttons zur Verfügung, die mit sinnvollen Funktionen belegt werden können.

Neu ist der Menüpunkt »Aufnahme- / Medien-Setup«, der die vielen verschiedenen Aufnahmemodi und Codecs auflistet, die in der Mark II zur Verfügung stehen. Auf die Taste, mit der sich beim Vorgänger Picture Profiles aufrufen und umschalten ließen, hat Canon bei der neuen Kamera allerdings verzichtet. Es ist aber möglich, diese Funktion per User-Button verfügbar zu machen.

Was ebenfalls fehlt, ist ein Regler, mit dem sich die Abhör-/Kopfhörerlautstärke pegeln ließe — was in der Praxis eine oft genutzte Funktion ist. Doch auch dafür kann man natürlich die frei belegbaren User-Buttons nutzen.

Was die Tester vermisst haben: Es wäre schön, wenn man die wichtigsten Aufnahmeparameter wie Empfindlichkeit, Shutter und Weißabgleich auch per »Quick-Menü« direkt über das Steuerkreuz anwählen könnte. Das kennt man von der C100 oder der C100 Mark II und diese Funktion ist bei der täglichen Arbeit wirklich sehr nützlich. Die C300/II fehlt diese Funktion aber, stattdessen muss man — wie schon beim Vorgänger — die an der Gehäuserückseite befindliche Taste »Function« nutzen, um durch die Aufnahmeparameter des On-Screen-Displays zu steppen, was wesentlich umständlicher ist.

Aufnahmemodi

Eine der wichtigsten Neuerungen der C300/II ist die Möglichkeit, intern in 10 Bit und mit 4:2:2 Farb-Sampling aufzeichnen zu können. In HD und 2K kann wahlweise sogar mit 12 Bit aufgenommen werden.

Viele konkurrierende Camcorder oder Kameras benötigen für die Aufzeichnung in 4K einen externen Recorder. Dass die C300/II das intern beherrscht, ist ein großer Vorteil, der sich auch aufs Handling des Komplettsystems positiv auswirkt. Allerdings erfordert die interne 4K-Aufzeichnung auch die vergleichsweise teuren CFast 2.0 Karten.

Es kann gleichzeitig auf beiden C-Fast-Karten aufgenommen werden (Dual Slot Recording) — allerdings nur im gleichen Format. Die gleichzeitige Aufnahme in verschiedenen Auflösungen und Codecs ist, abgesehen vom Proxy-Recording, zumindest mit der aktuellen Firmware-Version der Kamera nicht möglich.

Dank des neuen Prozessors ist die Kamera nun auch in der Lage, mit zahlreichen neuen Codecs zu arbeiten, die alle in der Canon XF-AVC Codec-Familie zusammenfasst sind. Canon setzt hier auf den H.264-Codec, sowohl in Intraframe- als auch in Long-GOP-Varianten. H.264 verspricht eine hochwertige Kodierung und eine sehr gute Bildqualität bei hohen Datenraten, allerdings wird auch mehr Rechenpower benötigt, um so kodiertes material im Schnitt verarbeiten zu können. Als Containerformat nutzt Canon bei allen Aufnahmerastern das MXF-Format, auch für die Proxy-Aufnahme.

Generell stellt sich die Frage, wie gut sich der Canon XF-AVC Codec der C300/II in bestehende Infrastrukturen integrieren lässt. Unter dem Aspekt der Kompatibilität wäre es aus Sicht der Tester durchaus sinnvoll gewesen, wenn Canon in die neue Kamera auch seinen alten XF-Codec integriert hätte — zumindest im HD-Betrieb ließe sich die Mark II dann problemlos innerhalb bestehender Infrastrukturen nutzen.

Gewöhnungsbedürftig sind natürlich auch die Datenmengen, die bei der 4K-Aufzeichnung anfallen. Das ist einfach der höheren Auflösung geschuldet, schließlich weisen UHD-Aufnahmen viermal so viele Bildpunkte auf wie HD-Aufnahmen. Will man ernsthaft in 4K arbeiten, muss man in reichlich Speicherplatz und einen leistungsfähigen Schnittrechner investieren.

Unterschiedliche Aufnahme-Codecs

Die C300 Mark II bietet eine Fülle unterschiedlichster Codecs und Auflösungsraster, in denen aufgenommen werden kann. Bei vielen Rastern ist es zudem möglich, zwischen Intraframe- und Long-GOP-Kodierung auszuwählen, wobei natürlich die Intraframe-Codierung die wesentlich höheren Datenraten nutzt. Long-GOP ist auf 50 Mbps festgelegt.

Wird im normalen Aufnahmemodus gearbeitet, also ohne Zeitlupe oder Intervall-Aufzeichnung aufgenommen, sind die unterschiedlichen Aufnahmeraster (Auflösung, Farbtiefe) abhängig von der zuvor gewählten Bildrate verfügbar. In manchen Fällen kann dann zusätzlich noch die gewünschte Datenrate gewählt werden:
• bei der Bildrate 50p: 2.048 x 1.080, YCC422 10 Bit und 1.920 x 1.080, YCC422 10 Bit. Bei der Datenrate kann jeweils zwischen 310 Mbps Intra-Frame oder 50 Mbps Long-GOP gewählt werden.
• bei der Bildrate 50i: hier ist man auf die Auflösung 1.920 x 1.080 und das Farb-Sampling YCC422 10 Bit festgelegt. Es kann aber zwischen den Datenraten 160 Mbps Intra-Frame und 50 Mbps Long-GOP gewählt werden.
• bei der Bildrate 25p: Hier besteht die größte Auswahlmöglichkeit an Aufnahme-Codecs und Auflösungen. Es sind möglich:
1.920 x 1.080, RGB444 10 Bit bei 210 Mbps Intra-Frame
2.048 x 1.080,  RGB444 10 Bit bei 210 Mbps Intra-Frame
1.920 x 1.080, RGB444 12 Bit bei 225 Mbps Intra-Frame
2.048 x 1.080, RGB444 12 Bit bei 225 Mbps Intra-Frame
1.920 x 1.080,YCC422 10 Bit bei 160 Mbps Intra-Frame oder 50 Mbps Long-GOP
2.048 x 1.080, YCC422 10 Bit bei 160 Mbps Intra-Frame oder 50 Mbps Long-GOP
3.840 x 2.160, YCC422 10 Bit bei 410 Mbps Intra-Frame
4.096 x 2.160, YCC422 10 Bit bei 410 Mbps Intra-Frame

Proxy-Aufzeichnung

Neben den Standard-Formaten bietet die C300/II auch die Möglichkeit, Proxy-Dateien in niedriger Auflösung aufzuzeichnen. Das ist parallel zur Aufzeichnung in 4K, 2K, und HD möglich und findet auf einer separaten SD-Karte statt, die sich in einen Slot an der Frointseite der Kamera schieben lässt.

Wird auf die CF-Karten in 4K aufgezeichnet, wird ein Proxy-File in 2K auf der SD-Karte gespeichert, und bei der Aufnahme von 2K oder HD auf den CF-Karten ist auch beim Proxy-File HD-Aufzeichnung vorgesehen. Das sind nun nicht unbedingt jene Auflösungen, die man mit dem Begriff Proxy üblicherweise in Verbindung bringt und im einen oder anderen Fall reicht diese »Proxy-Qualität« auch für die Endfertigung aus. Allerdings arbeitet Canon bei den Proxy-Files mit niedrigeren Datenraten (35 und 24 Mbps), Long-GOP-Signalen und einer Signalverarbeitung von 4:2:0 und 8 Bit.

Alle vier Audiokanäle speichert die Canon-Kamera auch im Proxy-Format in 24 Bit / 48 kHz.

Sucher und Display

Das neue Display der Canon C300 Mark II und speziell der Sucher überzeugten die Tester, mit beiden ließ sich sehr gut arbeiten.

Das 4-Zoll-LCD-Display des Camcorders lässt sich per Blitzschuh in diversen Positionen am Henkel oder auch direkt auf der Kamera befestigen. Außerdem ist das Display auch noch drehbar ausgelegt. Das war auch bei der C300 schon so.

Neu und angenehm aufgefallen, ist ein Display-Modus, bei dem das Bild etwas verkleinert und die Zusatzinformationen um dieses Bild herum dargestellt werden. Die Info-Anzeigen überlagern in diesem Modus also das Bild nicht mehr, wodurch man sich besser auf die eigentliche Bildkomposition konzentrieren kann, ohne dabei auf die Informationen aus den Einblendungen verzichten zu müssen.

Einen guten Eindruck hinterließ auch der 0,46 Zoll Oled-Sucher mit seinen rund 1,77 MP (1.024 x 576 x RGB). Nutzt man die Scharfstellhilfen, die der Camcorder bietet, kann man auch mit dem Sucher sehr gut arbeiten und zuverlässig scharfstellen. Ein weiteres Plus: Die große Suchermuschel hält Sonnenlicht zuverlässig vom Oled-Display ab, sie ist für das linke wie rechte Auge und auch für Brillenträger geeignet. Der Sucher ist zudem mit einem Sensor ausgerüstet und schaltet sich nur ein, wenn das Auge tatsächlich am Sucher anliegt — so wird Strom gespart und das »Einbrennen« statischer Anzeigen im Sucher verhindert.

Neue Autofokus-Funktionen

Der Einsatz des Autofokus gilt manchem puristischen, professionellen Anwender nach wie vor als Sakrileg — spätestens im ENG-Betrieb oder wenn es anderweitig mal hektisch wird, fallen aber die Hemmungen, diese Hilfen zu nutzen, in der Regel dann doch recht schnell. Außerdem hat sich hier mit schnelleren und leistungsfähigeren Prozessoren sehr viel getan, wodurch Camcorder und Kameras der neuesten Generation mittlerweile durchaus hilfreiche, sinnvolle AF-Funktionen bieten, die sehr zuverlässig arbeiten. Das ist auch bei C300 Mark/II so — ganz im Unterschied zum Vorgängermodell C300.

Bei der neuen Kamera stehen die AF-Modi »One Shot«, »AF-unterstützter MF« (»AF-Boosted MF«) und »Fortlaufend« (»Continuous«) zur Auswahl. Die neuen AF-Möglichkeiten der Kamera basieren auf der Dual-Pixel CMOS AF-Technologie, die Canon vor etwas mehr als einem Jahr als kostenpflichtiges Hardware-Upgrade für die C100 und die erste Version der C300 einführte. In der C300/II — und auch in der C100/II — ist diese Technologie nun standardmäßig integriert und sie funktioniert in den allermeisten Fällen auch ganz prächtig.

Die AF-Modi im Überblick:
• »One Shot«: AF ist nur aktiv, solange man die One-Shot-AF-Taste drückt. Sie funktioniert schnell und zuverlässig mit jeder EF-Optik, die eine AF-Funktion hat.
• »AF-Boosted MF«: Der AF übernimmt die »Feinjustierung« und setzt erst ein, wenn das Bildobjekt kurz vor der Schärfeebene liegt — zuvor fokussiert man manuell. Nach einer kurzen Zeit der Eingewöhnung kann man mit diesem Modus sehr gut arbeiten — und das funktionierte im Test auch im Zusammenspiel mit den EF-Optiken, die im Einsatz waren (vorausgesetzt, man hatte zuvor den AF-Schalter aktiviert).
• »Continuous«: Der Autofokus ist ständig in Betrieb und stellt auf das Objekt scharf, das im Messfeld liegt. Auch dieser Modus funktionierte gut und zuverlässig, weiche Fokusverlagerungen gelingen allerdings besser mit den neuen EF-Optiken mit STM-Motor. Bei EF-Optiken aus dem Fotobereich läuft der Übergang von einer Schärfeebene zur anderen nicht ganz so weich.

Alle erwähnten AF-Modi nutzen zum Bestimmen des Fokus ein kleines Messfeld, dass sich relativ frei innerhalb des Bildfensters bewegen lässt: 80 % der Display-Höhe und –Breite stehen für die Positionierung offen, lediglich in die Randbereiche des Bildes lässt sich das AF-Messfeld nicht platzieren.

Die Steuerung der Messfeldposition kann mit dem Joystick / Steuerkreuz am Handgriff erfolgen. Per Menü kann auch festgelegt werden, dass sich das Messfeld dauerhaft in der Bildmitte befinden soll — so wie das beim Vorgänger der Standard war, wenn man die AF-Funktion nachgerüstet hatte.

Zusätzlich ist bei allen AF-Modi auch eine Gesichtserkennung (Face Priority) möglich. Das kann in Interviewsituationen durchaus mal vorteilhaft sein, wenn man alleine dreht und sich nur bedingt auf das Setzen der Schärfe konzentrieren kann.

Manuelle Fokushilfen

Die C300/II bietet über die Autofokusfunktionalität hinaus auch die gängigen Scharfstellhilfen Peaking und Magnify. Zusätzlich bietet die Kamera mit »Focus Guide« aber auch ein nützliches neues Tool. Es nutzt den Dual Pixel AF und gewinnt daraus die Information, ob das Bildobjekt vor oder hinter der Fokusebene liegt und zeigt das an.

Je schärfer das Objekt im Messfeld wird, desto näher bewegen sich zwei Linien im Focus Guide aufeinander zu. Wird das Objekt unschärfer, bewegen sich die Linien weiter auseinander. In dem Moment, in dem sich die Linien überlagern und zudem die Farbe von Messfeld und Linien sich in grün ändern, befindet sich das Objekt in der Schärfeebene. Das Messfeld lässt sich genauso im Bildfenster positionieren wie das AF-Messfeld.

Diese Funktion hat den Testern sehr gut gefallen, denn anders als beim Peaking, wird hier nicht das ganze Bild durch die Peaking-Struktur überlagert und man hat dennoch die ständige Kontrolle über die Schärfe. Zudem erhält man durch die Bewegung der Linien über dem Messfeld und die Geschwindigkeit, mit der sie sich aufeinander zubewegen, ein gutes Gefühl dafür, wie weit und schnell man am Schärfering drehen muss, bis man die Schärfeebene erreicht hat. Alles in allem ist der »Focus Guide« ein intuitiv nutzbares, praktisches neues Tool, das wirkungsvoll beim Scharfstellen hilft.

Belichtung

Bei der C300 verzichtete Canon auf Automatikfunktionen und argumentierte, dass die Kamera für Produktionen eingesetzt würde, bei denen ohnehin ausschließlich manuell gearbeitet würde. Die Praxis hat gezeigt, dass diese Annahme falsch war. Canon hat nun entsprechend reagiert und bei der C300/II auch in puncto Belichtung Automatikfunktionen eingebaut.

So gibt es etwa auch für die Belichtung nun eine Blendenautomatik die per Tastendruck auf »Push Auto Iris« aktiviert wird: Damit kann man die Blende per Tastendruck auf den korrekten Belichtungswert setzen und sie wird dann dort gehalten.

Neben Zebra und Waveform-Anzeige steht für die korrekte Belichtung auch ein horizontaler Belichtungsbalken zur verfügung — das war aber auch beim Vorgänger schon so.

Bei der ISO-Empfindlichkeit und auch beim Shutter haben die Entwickler der C300/II allerdings nach wie vor auf Automatikfunktionen verzichtet.

Zeitlupe

Die Zeitlupen-Funktionalität hat Canon bei der Mark II deutlich aufgewertet: Die Kamera kann nun mit bis zu 100 fps aufzeichnen. Allerdings ist diese Bildrate nicht in allen Auflösungen verfügbar.

Um mit 100 fps aufnehmen zu können, muss zunächst der Modus »Zeitlupe / Zeitraffer (Auschnitt)« bei 25p Wiedergabe-Bildrate gewählt werden. Hier stehen dann die beiden Auflösungen von 1.920 x 1.080 und 2.048 x 1.080 bei 4:2:2 Farb-Sampling mit 10 Bit zur Verfügung. Die Datenrate des Codecs ist fest auf 160 Mbps Intra-Frame eingestellt. Nimmt man nun mit 100 fps auf, entspricht dies bei der Wiedergabe mit 25 fps einer 4-fachen Zeitlupe.

Wählt man hingegen den »normalem« Zeitlupen- / Zeitraffermodus, kann zwischen allen Aufnahmeformaten gewählt werden, wie man das auch von der Normalaufnahme kennt. Allerdings sind dann maximal 50 fps möglich, was bei der Wiedergabe mit 25 fps einer doppelten Zeitlupe entspricht. Diese Möglichkeit gab es auch schon bei der C300.

Kurzum: Gemessen am Netto-Listenpreis von knapp 15.000 Euro wäre eine umfangreichere Slomo-Funktionalität bei der C300/II durchaus wünschenswert gewesen.

Audiofunktionen

Die C300/II zeichnet Audiosignale in Form von vier Kanälen auf, unabhängig vom gewählten Aufnahmeformat. Es kann dabei zwischen der Audioaufzeichnung in 16 Bit und 24 Bit gewählt werden. Die Abtastrate liegt immer bei 48 kHz.

Für die tägliche Drehpraxis ist die Möglichkeit, auf bis zu vier Kanälen aufnehmen zu können, in jedem Fall eine Bereicherung. Situationen mit mehr als zwei Audioquellen, für die zuvor ein separates Tonaufnahmegerät benötigt wurde, können nun auch mit der Kamera alleine bewerkstelligt werden.

Bei der Aufzeichnung auf vier Tonkanäle lassen sich auf Kanal 1 und 2 wie gewohnt die Signale aufzeichnen, die über die beiden XLR-Buchsen an der Monitoreinheit ankommen. Die Pegel dieser beiden Kanäle sind im Display zu sehen. Auf Kanal 3 und 4 werden die Signale aufgezeichnet, die über eine Stereo-Miniklinkenbuchse (3,5 mm), die sich seitlich am Kameragehäuse befindet, eingespielt werden. Die Pegel dieser beiden Kanäle lassen sich leider nur auf dem kleinen Display an der Gehäuserückseite überwachen.

Liegt an der Miniklinkenbuchse kein Signal an, wird der Ton des integrierten Mono-Mikrofons der C300/II  aufgezeichnet. Keine schlechte Idee, so hat man immer einen »Dummy-Ton«, der beispielsweise auch für das synchrone Anlegen einer Multikamera-Einstellung genutzt werden kann. Benötigt man ohnehin nur einen »groben« Ton zur Orientierung, kann so auf sperrige Richtmikrofone an der Kamera verzichtet werden, wodurch das Setup sehr viel kompakter sein kann.

Schönes Detail am Rand: Canon hat den Durchmesser und die Dämpfung in der mitgelieferten Mikrofonhalterung leicht verändert, so dass nun auch Mikros mit etwas geringerem Gehäuseumfang fest montiert werden können.

Postproduktion Canon XF AVC-Footage

Jeder neue Codec muss von den NLE-Systemen erst einmal integriert werden, bevor er sich reibungslos verarbeiten lässt. Zum Testzeitpunkt funktionierte die Verarbeitung des XF-AVC-Materials aber noch nicht reibungslos, was mit neueren NLE-Version aber durchaus schon anders sein kann. Im Test wurde der »Mark-II-Workflow« mit Premiere Pro CC2015 und FCPX 10.2.1 ausprobiert, die folgenden Aussagen gelten für diese Programmversionen.

Premiere unterstützte bereits alle Formate und Codecs aus der Mark II. Es war möglich, mit allen Auflösungen von HD über 2K und UHD bis hin zu 4K zu arbeiten und dieses auch in einer Timeline zu kombinieren. Allerdings mussten die MXF-Files händisch in die Editing-Software importiert werden. Die Software erkannte die Verzeichnisstruktur des Canon XF-AVC-Codecs noch nicht von selbst.

FCP X in Version 10.2.1 konnte das Material der C300/II leider nicht direkt verarbeiten, weder in HD noch in den höheren Auflösungen. Beim Importversuch stürzte der Apple-Editor zum Testzeitpunkt immer wieder ab.

Alternativ zum direkten Import in ein Schnittsystem besteht die Möglichkeit, das Material über die Software »Canon XF Utility 2.1 for XF-AVC« zu sichern und anzuschauen. Auch die aufgenommenen Metadaten lassen sich mit diesem Tool sichten.

In der Postproduktion geht es natürlich nicht nur darum, dass sich das Material überhaupt bearbeiten lässt. Das ist letztlich nur die Einstiegsanforderung. Mindestens ebenso wichtig ist die Frage, wie gut und praktikabel die Bearbeitung von der Hand geht. Hier gibt es bei den enormen Datenmengen, die bei 4K-Aufzeichnung anfallen, durchaus noch Stolpersteine. So sind etwa für das flüssige Abspielen des 4K- und auch des UHD-Materials, das mit Datenraten von 410 Mbps arbeitet, leistungsstarke RAID-Systeme oder SSDs mit hohem Durchsatz notwendig. Ein NLE-Rechner mit Standard-Speicher-Hardware gelangt nach wie vor schnell an seine Grenzen, wenn in 4K gearbeitet wird.

Fazit

Canon hat die C300 Mark II im Vergleich zum Vorgängermodell an vielen Stellen deutlich aufgewertet. Die stabilere Bauform, der bessere, robustere Henkel und der gute Sucher sind einige dieser Verbesserungen. Killerfunktionalität ist natürlich die Möglichkeit, 4K in der Kamera und ohne externen Recorder aufzeichnen zu können, auch wenn man dafür die teureren C-Fast-Karten braucht. Die zusätzlichen Automatikfunktionen, die Canon der Kamera spendiert hat, können die Arbeit erleichtern, schön sind auch der erweiterte ND-Filterbereich und der sehr große ISO-Bereich.

Im Bereich Slomo-Funktionalität könnte die C300/II allerdings etwas mehr bieten. Die größte Herausforderung wird für Canon aber wohl darin bestehen, den vergleichsweise hohen Preis für die Kamera zu rechtfertigen. Sonys FS-Camcorder-Reihe bietet wesentlich preisgünstigere 4K-Alternativen — auch wenn die im einen oder anderen Bereich etwas weniger Funktionalität bieten, ist der Preis eben auch ein wesentlicher Faktor.

Kurzum: Für sich betrachtet ist die C300/II eine sehr eindrucksvolle Kamera — ob sie aber im aktuellen Preisgefüge der Konkurrenz bestehen kann, wird der Markt entscheiden.

Pro und Contra im Überblick

Pro

  • 4K, UHD, 2K und HD-Aufzeichnung in einer Kamera und ohne externen Recorder möglich
  • hochwertige, interne Aufzeichnung dank XF-AVC-Codec
  • sehr großer ND-Filterbereich von ND2 bis ND10
  • 4 Audiokanäle
  • »normaler« ISO-Bereich ist von 160 ISO bis hoch zu 25.600 ISO einstellbar. Wird über das Menü die erweiterte Einstellung aktiviert, kann zwischen ISO-Werten von 100 bis 102.400 gewählt werden
  • Zeitlupenfunktionalität – wenn auch nicht in allen Aufnahmemodi
  • sehr guter Sucher und ebenfalls gutes Display
  • AF-Features und Push Auto Iris helfen, wenn es mal schnell gehen muss und keine Zeit bleibt, sich auf eine neue Aufnahmesituation manuell einzurichten
  • AF-Funktion dank Dual Pixel CMOS-Technologie recht schnell und zuverlässig
  • neuer »Focus Guide« ist eine gute Alternative zur Peaking- und Magnify-Funktion
  • kompakte Bauform
  • wertige und robuste Bauweise
  • neuer Henkel wird angeschraubt, wackelt nicht mehr

Contra

  • Codecs sind noch nicht mit allen Editing-Systemen kompatibel
  • hoher Speicherbedarf der neuen Codecs, speziell im 4K- und UHD-Betrieb mit 410 Mbps
  • C-Fast-Speichermedien sind noch relativ teuer
  • Kamera-Anschaffungspreis von knapp 15.000 Euro netto. Zum Vergleich: Die Sony PXW-FS7 bietet ähnliche technische Eckdaten und ist bereits ab knapp 7.000 Euro netto zu haben.
  • Handling nicht immer optimal, vor allem für den Einsatz auf einem Schulterrig eignet sich das Gehäusedesign der Canon-Kameras nur eingeschränkt
  • eine ausgereiftere Zeitlupenfähigkeit wäre wünschenswert, besonders in Anbetracht des Kaufpreises
  • der Lüfter läuft ständig und stoppt nur bei der Aufnahme – in dokumentarischen Situationen kann dies stören

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