Das Fernsehen ist tot. Es lebe das Fernsehen.
Youtube feierte diesen Monat sein 10jähriges Bestehen und es ist in der Tat sehr eindrucksvoll, wie sich die Online-Videoplattform innerhalb von nur einer Dekade zu einer Defacto-Medienmacht entwickelt hat.
Glaubt man aktuellen Studien, nutzen 40 Prozent der 18- bis 29-jährigen Internet-Nutzer in Deutschland täglich Youtube. Und der minderjährige Nachwuchs ist schon längst angefixt: Bereits die Hälfte der 6- bis 12-jährigen greift regelmäßig auf Youtube zu. Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene hat sich Youtube offenbar zu einem Defacto-Standard in der Unterhaltung und Informationsbeschaffung entwickelt.
Youtube ist dabei aber weit mehr als die »Bravo« der Gegenwart, denn es gibt ja bis auf extreme Gewalt und Pornografie so gut wie keine inhaltlichen Limits.
Aktuelle Zahlen und Erhebungen über die Mediennutzung, die den Aufstieg Youtubes untermauern, werden auch gern zum Anlass genommen, in den Abgesang aufs klassische Fernsehen einzustimmen. Die Frage scheint nur noch zu sein: Stirbt es noch, oder ist es schon tot?
Ein realistisches Bild? Wer schon etwas länger in der Branche unterwegs ist, der weiß: Totgesagte leben länger. Den Kinos etwa wurde der Tod erst durch das Fernsehen, dann durch die Videotheken vorhergesagt. Und nun werden alle drei Akteure dieses Titanenkampfs einfach so durch Streaming-Dienste eliminiert? Wie sangen die »Buggles« schon am Ende der 70er Jahre: »Video killed the radio star«. So etwas kann sich offenbar doch länger hinziehen …
So zeigt der Blick in diverse Studien über die durchschnittliche Mediennutzung, dass gemittelt über alle Altersgruppen der TV-Konsum unverändert auf Platz eins liegt, gefolgt vom Radiokonsum und dem Internet auf Platz drei. Wie lange das so bleibt, steht natürlich in den Sternen — aber aktuell ist es halt so.
Und ob man Machwerke wie »Deutschland sucht den Superstar«, »Germany’s next Topmodel« und andere aus deren grundlegenden Zutaten zusammengerührte TV-Formate nun gut findet oder nicht: Hier steht die TV-Inszenierung im Mittelpunkt und es sitzt ein junges Publikum vor den Schirmen.
Große Sport-Events wie Olympische Spiele oder Fußball-Weltmeisterschaften sind immer noch Hochzeiten für das alte, klassische Fernsehen — nur wer nicht live auf einem großen Schirm zusehen kann, weicht hier auf andere Darbietungsformen aus.
Ein weiterer Aspekt, der oft unterschlagen wird, liegt in den Bandbreiten, die den Endkunden zur Verfügung stehen: In vielen ländlichen Regionen Deutschlands, wo man problemlos Fernsehen in höchster technischer Qualität sehen kann, fehlt es einfach an der nötigen technischen Infrastruktur, um etwas auch nur annähernd Vergleichbares per Streaming zu realisieren.
Ist das Fernsehen also tot? Sicher nicht. Es wird eben ergänzt um weitere Darreichungsformen und muss sich an geändertes Nutzungsverhalten anpassen.
Sie werden sehen.