Aus der Arena in die Wohnzimmer: »Carmen«
Im Amphitheater von Verona wurde in diesem Sommer die äußerst populäre Oper »Carmen« von Georges Bizet aufgeführt. Aus »Carmen« stammen einige der Smash-Hits des Klassikgenres und mit der Arena von Verona kam auch noch ein sehr eindrucksvoller, attraktiver Spielort hinzu. TV Skyline realisierte im Auftrag eines französischen Produzententeams die Fernsehübertragung der aufwändigen Opernproduktion. Arte zeigte die Oper in kompletter Länge, das ZDF strahlte Höhepunkte der Aufführung aus.
»Carmen« von Georges Bizet gehört zu den populärsten Opern der Welt. Sie enthält einige der bekanntesten klassischen Melodien. Das Vorspiel und die berühmten Arien der »Carmen« sind weltbekannt, das Torero-Lied der Oper können die meisten mitsummen: »Auf in den Kampf«.
Für die Aufführung in der historischen Arena von Verona schöpfte Regisseur Franco Zeffirelli aus dem Vollen und machte »Carmen« auf der riesigen Bühne zu einem Massenspektakel, das er bis ins kleinste Detail durchinszenierte. Kraftvolle und authentische Bilder sollten das Publikum mit auf eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert nehmen.
Henrik Nánási, Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin, leitete das Sängerensemble mit Ekaterina Semenchuck als Carmen, Carlo Ventre als Don Jose und Carlos Alvarez als Escamillo. TV Skyline war mit seinem neuen Ü-Wagen Ü7 vor Ort und realisierte die technische Umsetzung des Spektakels fürs Fernsehen.
Für die Zuschauer sind Aufführungen in einer Arena wie in Verona natürlich ein sehr eindrucksvolles Erlebnis: Vor historischer Kulisse eine Open-Air-Aufführung zu erleben, hat natürlich seinen ganz eigenen, besonderen Reiz und Charme.
Für TV-Dienstleister bergen solche Aufführungsorte aber auch häufig große, zusätzliche Herausforderungen. Das fängt damit an, dass die bauliche Substanz sehr sensibel und natürlich nicht für große Lasten ausgerichtet ist. »Man erarbeitet sich an so einem Ort jede Kameraposition komplett neu, die Kabel- und Laufwege sind meist sehr lange und natürlich gibt es auch keine festen Plätze für die Ü-Wagen-Technik. Zudem geht es meist recht eng her und man muss sich den wenigen Raum meist mit anderen technischen Gewerken teilen«, berichtet TV-Skyline-Geschäftsführer Robert Kis, der den Einsatz des erfahrenen Klassikproduzenten TV Skyline aus Mainz in Verona leitete.
Aufbau, Logistik
Wegen anderer Veranstaltungen in der Arena blieb für die Produktion und den Auf- und Abbau in Verona nur sehr wenig Zeit. Es galt für TV Skyline, die Produktionstage präzise durchzutakten: So wurde sogar der Aufbautag schon spontan für die Aufzeichnung der ersten Probe genutzt. Von diesem Plan erfuhr der TV-Dienstleister zwar erst auf der Anreise, aber »dank eines hochmotivierten und erfahrenen Teams klappte schlussendlich alles gut«, blickt Robert Kis zurück.
Kamera-Setup
Die Produktion wurde mit insgesamt 16 Kameras realisiert. Sechs davon waren mit 99fach-Zoomobjektiven ausgerüstet, konnten also auch aus größeren Entfernungen sehr nahe, intime Einstellungen liefern. Neben regulären Broadcast-Kameras von Ikegami waren auch zahlreiche Spezialkameras im Einsatz, wie TV Skyline sie ja selbst entwickelt und einsetzt.
So kamen etwa zwei der kompakten QubeCams an der Bühnenkante zum Einsatz, während eine Sportscam 5 eine Totale lieferte. Drei der anderen Kameras waren auf fernbedienbaren Schwenk/Neige-Köpfen des Typs Gentle Mote montiert: Eine diente als Dirigentenkamera, die andere war direkt auf der Bühne im Einsatz, die dritte lieferte Bilder aus einer einzigartigen Perspektive, indem sie aus den Katakomben der Arena durch die Bühne in den Zuschauerraum hineinblickte. Eine Krankamera lieferte Stadtpanoramen und eine Totale der Arena.
Tontechnik auf der Bühne
Die Inszenierung von Franco Zeffirelli ließ nur wenig Raum für die bei einer Klassikübertragung natürlich üblicherweise sehr hohen Anforderungen an die Tontechnik auf der Bühne. Hier galt es, kreative und tragfähige Lösungen für die Herausforderungen zu finden: So konnte der Chor nur mit Rampenmikrofonen aufgenommen werden, denn es gab keine Möglichkeit, Mikrofone von oben zu hängen, was in manchen Opernhäusern ja machbar ist. Das war insbesondere bei jenen Passagen der Oper eine Herausforderung, in denen etwa Schmuggler ihre Karren über die Bühne schoben oder sich echte Pferde an der Bühnenrampe entlang bewegten.
Weiter benötigen die Mikrofone für Bühne und Orchester auch einen sehr effektiven Windschutz: Schließlich ist die Arena von Verona ein großes, offenes, antikes Amphitheater. Bei der Außenübertragung von einer solchen Location muss man natürlich dafür sorgen, dass der Ton auch bei widrigen Bedingungen ordentlich klingt. Trotz aller Vorbereitung braucht man aber letztlich auch immer etwas Glück: So war etwa der Wind während der ersten Probe so stark, dass man trotz intensiver Windschutzmaßnahmen deutlich Windgeräusche hören konnte – aber rechtzeitig vor der Aufführung beruhigte sich dann glücklicherweise das Wetter.
16 drahtlose Microports waren für die Protagonisten der Oper im Einsatz, vier der Sänger waren aus Sicherheitsgründen doppelt verkabelt – natürlich unsichtbar für die Zuschauer. Auf der Bühnenrampe waren insgesamt sechs Mikros des Typs KM 140 platziert, zusätzlich wurde noch ein MS-Pärchen angebracht. Insgesamt wurden mehr als 64 Mikrofone verwendet.
Mehrspuraufzeichnung
TV Skyline zeichnete in Verona den Ton auf 64 Spuren redundant auf. In der Tonregie herrscht bei einer so aufwändigen Opernproduktion emsige Betriebsamkeit: Neben einem französischen Tonmeister, der als Supervisor fungierte, war ein weiterer Tonmeister im Einsatz, der für die Mischung der Oper verantwortlich war. Ein Toningenieur übernahm den Pult-Support und die Kommando-Koordination.
Im Audio-Bereich hat sich TV-Skyline bei seinem neuen Ü7 für ein großes Lawo MC266-Pult und einen passenden Router entschieden. Das Lawo-Pult kann virtuell aufgeteilt werden und erlaubt es so, parallel unterschiedliche Mischungen zu realisieren. Zudem bietet das Pult auch sehr leistungsstarke Automatisierungsmöglichkeiten. Im Live-Betrieb wird diese Funktionalität in der Regel eher selten genutzt, aber in Verona war sie jedoch von großem Nutzen, als es darum ging, automatisiert und schnell eine Audiokorrektur an einigen Stellen der Aufzeichnung auszuführen.
Mehrfache Auswertung
Weil neben Arte und dem ZDF, auch Classica Italia und NHK die Bilder von TV Skyline übernahmen, sowie eine Aufzeichnung für die spätere DVD-Auswertung erfolgte, wurden die Ressourcen des Ü7 intensiv genutzt.
Arte zeigte die Opernübertragung in kompletter Länge, das ZDF konzentrierte sich auf die Highlights der Oper, aber beide Sender hatten Moderationen vor Ort und entsprechende Anchor-Positionen gebucht. Das Vorprogramm mit Moderationen, Pausenprogrammen, Interviews und Zuspielern für Arte und das ZDF wurde in der Hauptregie des Ü7 realisiert. Parallel wurden per EVS die jeweiligen Sendefassungen für Arte und ZDF konfektioniert sowie kleinere Ausbesserungen des LiveFeeds im Bereich Bild und Ton vorgenommen.
In der Subregie des Ü7 realisierte ein weiteres Team die Live-Produktion für Classica Italia.
Das japanische Staatsfernsehen NHK hatte einen Live-Mitschnitt in Auftrag gegeben und für die spätere DVD-Auswertung musste ebenfalls eine Aufzeichnung erfolgen. Hierfür nutzte TV Skyline vier EVS-Server, um die Signale aller 16 Kameras für die Postproduktion aufzuzeichnen. Durch den Einsatz des EVS-Schnittprogramms IP-Director war es dann möglich, innerhalb kurzer Zeit viele unterschiedliche Versionen des Materials fertigzustellen.
Das internationale Produktionsteam umfasste rund 40 Mitarbeiter. Robert Kis resümiert: »Es kam uns dabei sehr zugute, dass unsere Mitarbeiter international sehr erfahren und auch mehrsprachig sind.«
Raumkonzept
Bei Klassikproduktionen ist üblicherweise ein großes Team involviert. Zu den Mitarbeitern für Regie, Bildmischung, Script, Music Supervisor und Partitur-Leser kamen bei der Produktion in Verona auch noch Produzenten, sowie Vertreter der Redaktionen von Arte und ZDF hinzu. Hier zahlte sich das flexible Nutzungskonzept des Ü7 aus: Damit sich die einzelnen Mitarbeiter nicht gegenseitig störten, wurden die Glaswände innerhalb des Fahrzeugs so versetzt, dass es abgeschlossene Bereiche gab und sensible Produktionsbereiche in Ruhe arbeiten konnten. Robert Kis bilanziert: »Es ist schön, dass die Kunden dieses Raumkonzept gut annehmen.«
Resümee
Nach den Bayreuther und Salzburger Festspielen, der Staatsoper München, dem Festspielhaus Baden Baden, der Mailänder Scala und der Deutschen Oper Berlin, war Verona für den TV-Dienstleister TV Skyline ein weiterer Meilenstein auf der kulturellen Landkarte großer und berühmter Opern-Locations erläutert Robert Kis: »Es ist schon etwas Besonders, bei einer so großen Produktion mit derart vielen Gewerken zu arbeiten. Die hintere Hälfte der Arena und die Katakomben waren während der Produktion voll mit Statisten, Künstlern, Tieren, Maskenbildnern, Musikern und Bühnenarbeitern. Die Arbeitsschritte aller Gewerke mussten genauestens aufeinander abgestimmt sein, und ein Rad musste perfekt ins andere greifen. Es ist sehr eindrucksvoll, wenn ein so komplexes Zusammenspiel funktioniert, denn alle müssen gut kooperieren und vor allem schnell und unkompliziert reagieren.«
Im Video sind Ausschnitte der Oper zu sehen und zu hören.
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