ESC: Sennheiser-Equipment im Einsatz
Bei der Produktion des Eurovision Song Contest 2014 setzte Gastgeber Danmarks Radio (DR) das Sennheiser Audiofunksystem Digital 9000 ein.
Rund 125 Millionen Fernsehzuschauer in allen Eurovisionsländern und Australien waren live dabei, als am 10. Mai das Finale des 59. Eurovision Song Contests übertragen wurde. Für den Contest selbst, den VIP-Bereich und im Pressezentrum waren insgesamt 96 Kanäle des drahtlosen Mikrofonsystems im Einsatz, darunter auch Teile von DRs eigenem 24-kanaligen Digital 9000-System. Das Funksystem Sennheiser Digital 9000 arbeitet mit unkomprimierter digitaler Signalübertragung und kann Audiosignale ohne klangliche Einschränkungen per Funk übertragen. Ebenfalls im Einsatz waren 28 Kanäle der 2000er Serie für das drahtlose Monitoring der Künstler.
Für die Techniker stellte sich die Location als echte Herausforderung dar: Die umgebaute Werft konnte man mit Fug und Recht als extrem schwierige Umgebung für alle Nutzer von Funktechnik bezeichnen, nicht nur für die drahtlosen Mikrofone und Monitorsysteme.
Reflexionen auf Eurovision Island
Jonas Næsby, HF-Spezialist bei Sennheiser Nordic, war für DR vor Ort, um den Sender in Sachen Mikrofone und Monitoring zu unterstützen. »Wir wussten, dass das Funkspektrum angesichts von 22 belegten TV-Kanälen bereits sehr begrenzt war und die Frequenzplanung dementsprechend schwierig – schließlich sind die Mikrofone nicht die einzigen Spektrumsnutzer. Doch die Halle selbst war fraglos unsere größte Aufgabe.«
Sowohl die Wände und das Dach der riesigen Schiffbauhalle als auch die eingebauten Tribünen für die 12.000 Zuschauer bestanden ausschließlich aus Metall. Hinzu kam der stahlbewehrte Betonfußboden der Werft, der sich als deutlich kritischer erwies als in normalen Hallen. Jonas Næsby: »Eine solche Masse an Reflexionen habe ich nie zuvor irgendwo angetroffen, und hätte mir jemand erzählt, dass er eine Veranstaltungshalle mit so schwieriger HF-Umgebung kennt, so hätte ich ihm das vorher nicht geglaubt.«
Die rund 175 m lange und 70 m hohe Metallhalle verursachte Reflexionen, die teilweise über 300 m liefen und dann mit der entsprechenden Verzögerung zusätzlich zum direkten Signal auf die Antennen trafen – allerdings nicht mit der sonst für diese Strecken üblichen Dämpfung. Die indirekten Signale besaßen weitaus höhere Signalstärken, als man sie typischerweise in Veranstaltungshallen antrifft. Ursache hierfür waren die durch die Metallwände und die Metalldecke gebildeten Winkelreflektoren, bei denen sich das Signal durch phasenrichtige Überlagerung verstärkte.
Neben den Reflexionen hatte die Drahtlostechnik auch mit der allgemeinen Frequenzsituation in Dänemark und dem nahen Schweden zu kämpfen: »Leider heißt so ein Reflexionsproblem nicht automatisch, dass die Halle nach außen vollständig abgeschirmt ist«, erklärt Jonas Næsby. Es gab genügend Spalte und Holzelemente, um HF durchzulassen – manche Frequenzen sogar bevorzugt. »Neben den 22 komplett belegten TV-Kanälen mussten wir zum Beispiel ein relativ breites, lautes Testsignal berücksichtigen, das an manchen Tagen für ein paar Stunden aus dem Nichts auftauchte. Insgesamt haben wir 150 Mikrofon- und In-Ear-Frequenzen koordiniert, davon wurden rund 100 für die TV-Produktion genutzt, der Rest für den VIP-Bereich und im Pressezentrum. Mit einer Digitalen Dividende II hätten wir nicht mehr genug Spektrum für alle Mikrofone gehabt.
Lösungen für die Werfthalle
»Wir haben in der Halle alles optimiert, was nur zu optimieren ging: die Feinabstimmung des Digital 9000-Systems, die Antennenpositionen – einfach alles. Und natürlich besserten sich die Übertragungseigenschaften mit Publikum in der Halle , erklärt Næsby. Außerdem haben wir die digitale Signalverarbeitung des Systems so angepasst, dass selbst sehr spät und mit hoher Signalstärke eintreffende Signale korrekt mit dem früheren Nutzsignal kombiniert werden. Das heißt, dass die Firmware von Digital 9000 solche kritischen Fälle detektiert und nun selbst Probleme dieser sehr unüblichen Ausprägung abfangen kann. Mit einem analogen System hätten wir das nicht erreichen können – und auch nicht mit jedem x-beliebigen Digitalsystem.
Mit diesem technischen Know-how im Hintergrund konnten alle drei ESC-Shows schließlich gewohnt glatt über die Bühne gehen. Im großen Finale überzeugte Conchita Wurst alias Tom Neuwirth Juroren und Zuschauer mit einem stimmgewaltigen Song und sicherte sich mit 290 Punkten den ersten Platz. Die ESC-Fangemeinde kann sich im nächsten Jahr auf ein Musikfest in Österreich freuen.
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