Mediendienstleister APS: Aufbereiten, Managen, Senden
Als Privatperson hat so gut wie jeder, der diesen Artikel liest, schon mal die Dienste von Astra Platform Services (APS) genutzt. Trotzdem wissen selbst viele Branchen-Insider nicht so ganz genau, was die 100%-Tochter von Astra mit Sitz in Unterföhring eigentlich alles macht. Deshalb war film-tv-video.de vor Ort und hat bei COO und VP Operations Stefan Hennecke und VP Commercial Operations Jörg Hansen nachgefragt und bei einem Rundgang im brandneuen High-Tech-Gebäude des Unternehmens Eindrücke gesammelt, um Schlagworte wie Content Management, Archivierung und Distribution mit Inhalt zu füllen.
APS bietet alle Dienstleistungen an, die ein TV-Sender braucht, um seinen Kanal kontinuierlich mit Inhalten oder Programmbausteinen zu bestücken und auf verschiedenen Wegen zum Endkunden zu bringen. So könnte die Kurzfassung der Dienstleistungen lauten, die APS unter seinem Dach versammelt hat. Das Unternehmen bedient mit seinen verschiedenen Services so gut wie alle TV-Sender in Deutschland. Die größten Kunden, die umfassend auf APS-Services setzen, sind Sender wie Sky, ProSieben, Sat.1, RTL, N24 und Vox, aber Teilaspekte des Portfolios von APS nutzen auch die öffentlich-rechtlichen Broadcaster. International ist APS ebenfalls tätig und wickelt etwa von Deutschland aus für On Digital Media aus Südafrika deren komplettes Programm-Bouquet TopTV mit 60 Kanälen ab.
Als Basis all dieser Aktivitäten betreibt APS in Unterföhring bei München eines der modernsten Playout-Zentren Europas und hat um diese zentrale Einrichtung herum weitere, ergänzende Dienstleistungen gruppiert. »APS ist heute in die fünf Bereiche Playout, Content Management, Encryption, Internet und Broadcast unterteilt. In diesen Bereichen bieten wir Dienstleistungen an«, erläutert Stefan Hennecke, Chief Operating Officer (COO) bei APS.
Konkret heißt das etwa auch: Was auf der Herstellerseite derzeit als »Channel-in-a-Box« angesagt ist, bietet APS als Dienstleistung an. Der Programmanbieter muss aus Sicht von APS nicht einmal mehr irgendeine eigene »Box« besitzen und betreiben, um On Air zu gehen — weil ihm die Unterföhringer eine maßgeschneiderte Lösung offerieren können, die mit höchster Betriebssicherheit garantiert, dass der Kanal ausgestrahlt wird — ohne dass sich der Betreiber selbst um die dafür nötige Hard- und Software, die Redundanzen und Havarielösungen, das Monitoring und die Qualitätskontrolle kümmern müsste. Insgesamt betreut APS derzeit 37 HD- und 243 SD-Sender sowie 42 Radiokanäle und 59 Datendienste. Bis zur Analog-Abschaltung im Satellitenbereich im kommenden Jahr, sind auch noch acht Analogsender im Portfolio enthalten. Stattliche Zahlen, die den Wachstumskurs untermauern, den APS verfolgt.
Playout
Den größten Bekanntheitsgrad hat APS sicherlich im Bereich Playout. Hier liegen auch die Wurzeln des Unternehmens (mehr dazu im Kasten »Historie« am Textende). Für die Sendeabwicklung in SD und HD bietet APS Lösungen unterschiedlichen Umfangs an und deckt die Anforderungen kleiner Spartensender ebenso ab, wie die der großen Dickschiffe unter den Broadcastern. »Uns geht es darum, Lösungen auf hohem technischem Niveau anzubieten, bei denen die Kunden von unserer technischen Infrastruktur profitieren können. Sie sollen sich auf die inhaltlichen und gestalterischen Aspekte ihrer Programme konzentrieren können, ohne sich um die technischen Fragen der Sendeabwicklung kümmern zu müssen«, beschreibt Hennecke den Ansatz von APS.
Im Playout bietet APS den Kunden individuell aufgesetzte Lösungen an, hat aber auch vier unterschiedliche, fertige Pakete geschnürt: Compact, Basic, Pro und Premium. Die bündeln jeweils unterschiedlich umfangreiche Dienstleistungen aus den Bereichen Sendeablauf, Sendegrafik, Signalüberwachung und Distribution. »Teilweise kaufen die Kunden bei uns die reine Dienstleistung ein, ohne dass sie sich detailliert für einzelne Geräte oder Verfahren interessieren, teilweise setzen wir für die Kunden aber auch dedizierte Systeme auf der Basis bestimmter, genau spezifizierter Komponenten ein, die dann auch nur dieser Kunde exklusiv nutzt«, erklärt Jörg Hansen, VP Commercial Operations APS. »Dabei arbeiten wir mit Systemen ganz unterschiedlicher Hersteller. Bei der Server- und Automations-Infrastruktur setzen wir häufig Harris ein, für integrierte Playout-Lösungen Publitronic – aber durchaus auch Produkte aus anderen Quellen«, ergänzt Stefan Hennecke.
Dass das Unternehmen stets auf hochwertiges Equipment setzt, lässt sich auch an der hohen Sendesicherheit ablesen. Nach eigenen Angaben lag APS hier in den vergangenen Jahren stets über 99,99 %. Dafür sind aber nicht nur die verwendeten Komponenten entscheidend, sondern auch deren Zusammenspiel in software-gesteuerten Workflows. Das Unternehmen hat hierfür etwa große Teile der verwendeten Software selbst entwickelt. Die Gebäudetechnik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, auch hier spiegelt sich der hohe Anspruch von APS wider. Im neuen Technikzentrum, das APS 2011 eingeweiht hat, stehen Redundanz und Betriebssicherheit absolut im Vordergrund. Das High-Tech-Gebäude bietet eine Infrastruktur, die europa- und wahrscheinlich sogar weltweit ihresgleichen sucht (mehr dazu im Abschnitt »Neues Technikgebäude«).
»Die Kunden erwarten von uns in erster Linie eine sichere und zuverlässige Leistung. Auf welchem Weg wir dieses Ziel erreichen, ist für eine wachsende Zahl unserer Kunden eher ein Nebenaspekt. Viel wichtiger als technische Details sind höchste Sendesicherheit und ein 24/7-Service mit konkretem Ansprechpartner im Playout-Center – oder dass wir schon im Vorfeld eine Sendedatenprüfung durchführen, um im On-Air-Betrieb keine böse Überraschungen zu erleben«, führt Stefan Hennecke aus.
Eine wichtige Rolle, um dies zu marktfähigen Konditionen zu erreichen, spielen bei APS durchgängig file-basierte Workflows. Hier ist man bei APS sehr weit fortgeschritten. »Erst damit kann man Abläufe sehr stark automatisieren – deshalb legen wir sehr viel Wert darauf, hier stets up-to-date zu sein und versuchen, möglichst viele Formate abzudecken«, so Stefan Hennecke. Die template-gesteuerte Einbindung dynamischer Grafikelemente betrachtet man bei APS ebenfalls als wichtiges Thema im Rahmen des eigenen Dienstleistungsangebots. Auch hier steht der Gedanke der Automatisierung, wie auch die Echtzeitfähigkeit der Systeme im Vordergrund.
Überwachung und Monitoring der zahllosen Signale und Kanäle, die bei APS verarbeitet und abgewickelt werden, stellen eine der zentralen Aufgaben des Unternehmens dar. Das beginnt schon weit bevor die Inhalte auf Sendung gehen, indem etwa Inhalte auf ihre technische Qualität geprüft werden (mehr dazu im Abschnitt Content Management). Außerdem hat APS ein eigenes Playout-Traffic-System entwickelt, das die umfassende Planung, Steuerung und Vorabkontrolle der einzelnen Kanäle erlaubt: Hier wird sichergestellt, dass alle Elemente vorhanden und sendebereit sind, bevor sie On Air gehen sollen: Grafiken, Inhalte, EPG und Zusatzinfos im zeitlichen Ablauf eines jeden Kanals.
Im zentralen Geräteraum (ZGR) ist die Hardware installiert: Server, Kreuzschienen, Wandler, Encoder, Archivsysteme und so weiter. Hier hat APS zudem auch ein Labor-System aufgebaut, in dem jeder Kanal bis hin zum Transponder nachgebaut und simuliert werden kann. Dort können Neuerungen und Veränderungen getestet werden, bevor sie auch im laufenden Betrieb zum Einsatz kommen: So gilt es auf Seiten von APS auch immer, ein Auge darauf zu werfen, ob etwa neue Kodierlösungen mit den im Markt existierenden Set-Top-Boxen (STB) harmonieren.
Um die ausgesendeten Signale auch im Rückempfang kontrollieren und überwachen zu können, hat APS im ZGR zusätzlich zu den Playout-Komponenten auch ganze Batterien von gängigen STBs installiert. Deren Signale werden dann in ein Multiviewersystem von Harris gefüttert und so können die APS-Mitarbeiter diese Signale im größeren Überblick überwachen und jederzeit einzelne Kanäle näher in Augenschein nehmen.
Im Master Control Room (MCR), hat APS alle wichtigen Steuer- und Überwachungsfunktionen des Playout-Bereichs versammelt und in verschiedenen Sektionen angeordnet. Eine Zone beschäftigt sich mit dem Monitoring der Rückkanäle. Vieles ist hier automatisiert und wird den Mitarbeitern über verschiedene Alarmierungsstufen angezeigt, die dann einzelne Kanäle herausgreifen und genauer untersuchen können. Daneben gibt es eine Sektion für die Überwachung der DVB-S-Kodierung und des Encodings. Daran schließt sich die eigentliche Sendeabwicklung an.
Etwas erhöht hinter den bisher genannten Arbeitsplätzen im MCR ist die Konsole des CvD angeordnet: Hier wacht der Chef vom Dienst über die Abläufe und kann jederzeit einzelne Signale oder Abläufe an sich ziehen, wenn es gilt Probleme zu erkennen, zu analysieren und zu lösen, etwa Zuführungsprobleme. Hier werden auch vom Kunden gewünschte Last-Minute-Änderungen im Sendeablauf realisiert.
Content Management
Die Broadcaster liefern die einzelnen Beiträge und Elemente, aus denen ihr Programm zusammengesetzt ist, auf verschiedene Arten und unterschiedlichen Wegen bei APS an. Dort werden sie in ein digitales Archiv eingespielt, das aktuell rund 70.000 Stunden Material umfasst und immer weiter wächst. Bei diesen Dimensionen ist klar, dass man ein leistungsfähiges Verwaltungssystem benötigt, um die Beiträge abrufen, jederzeit ins aktuelle Programm einbinden und bei Bedarf auch für verschiedene Zwecke wieder ausspielen zu können. Hieraus ist bei APS ein eigener Bereich entstanden, der zudem den Kunden über eine mandantenfähige Software-Lösung jederzeit Zugriff auf ihr Material ermöglicht: Über eine Web-Oberfläche können die Kunden ihr bei APS gespeichertes Material sichten, bearbeiten und bei Bedarf auch in andere Formate wandeln.
Um große Mengen an Bändern einspielen zu können, hat man sich bei APS schon in der Gründungsphase des Unternehmens eine Lösung ausgedacht, die auch heute noch in Betrieb ist und reibungslos funktioniert: Ein Robotersystem, das bis zu 20 Bänder in unterschiedlichen Formaten gleichzeitig einspielen kann — eine echte Massen-Ingest-Lösung für die Bandformate Betacam SP, Digital Betacam, DCT, HDCAM und HDCAM SR.
Auch File-Anlieferung auf Festplatten oder per Aspera-File-Transfer ist bei APS möglich. Stefan Hennecke: »Die File-Anlieferung nimmt zu. Das birgt neue Herausforderungen, weil es dabei öfter als bei der Anlieferung von Bändern vorkommt, dass die Dateien nicht exakt das enthalten, was drauf steht. So ist etwa MXF ein relativ unscharf definiertes Format, das auf vielfältige Weise interpretiert wird.« Direkt beim Ingest wird ein Hi-Res-File im vom Kunden gewünschten Format erzeugt und gleichzeitig ein Low-Res-Browse-File zur schnellen Sichtung und Bearbeitung. Außerdem werden Keyframes für die schnelle Navigation gespeichert.
Im nächsten Schritt erfolgt eine automatisierte Qualitätskontrolle auf File-Basis mit modernsten Analyse-Tools. Auf Kundenwunsch führt APS auch eine visuelle Kontrolle durch, entweder an drei Punkten (Anfang, Mitte, Ende) oder ein APS-Mitarbeiter kontrolliert sogar den kompletten Beitrag 1:1 in voller Länge.
Die geprüften Master-Files werden dann parallel auf zwei räumlich getrennten datenband-basierten Robotiksystemen archiviert, während die Browse-Files auf hochverfügbaren Server-Systemen von Quantum gespeichert werden. So wächst das Archiv von APS wöchentlich im Durchschnitt um 30 Terabyte Daten an.
Die Verwaltung der Files und der Zugriff auf die einzelnen Beiträge sind Aufgabe eines Media Asset Management System (MAM). Die Basis des Systems stammt von Blue Order, einem Unternehmen, das im vergangenen Jahr von Avid übernommen wurde. APS hat das System in einigen Aspekten an seine Anforderungen angepasst: »Unser System ist mandantenfähig aufgesetzt, man kann nicht nur lokal, sondern auch über längere Distanzen damit arbeiten«, hebt Jörg Hansen hervor. »Die Kunden haben jederzeit Zugriff auf ihr Material, die Redakteure und Programmplaner unserer Kunden können das bei uns gespeicherte Material ihres Senders von ihren normalen PCs aus sichten, bearbeiten und in Sendepläne einbinden. Dabei sorgen wir für die passende Anbindung an bestehende Kundeninfrastrukturen und kümmern uns um die Integration mit Systemen von Drittanbietern, etwa wenn es um Redaktions- oder Dispo-Systeme geht, die beim Kunden schon etabliert sind«, fügt Stefan Hennecke an. Wie etwa N24 den Bereich Content Management von APS nutzt, können Sie im Abschnitt Kunden-Applikationen lesen.
Ein Anwendungsbereich, in dem digitale Archive zunehmend wichtiger werden, ist Video-on-Demand. Der Sender NBC beispielsweise nutzt die APS-Services für solche Applikationen, bei denen das Packaging von Video- und Metadaten erforderlich ist. Aber auch für Archivierung und Vertrieb digitaler Inhalte, die nicht direkt an den Sendebetrieb gekoppelt sind, eignet sich die APS-Infrastruktur für Content Management: Beta Film, ein internationales Vertriebsunternehmen für TV-Lizenzen, hat ein Angebot von über 4.000 Titeln und 15.000 Stunden Programm, das nun digital bei APS lagert und für den digitalen Vertrieb aufbereitet wurde. »Es ist eben einfacher, schneller und kostengünstiger, wenn ein Rechteinhaber seinen Kunden die Inhalte direkt digital bereitstellen kann, als wenn er Kassetten bespielen und versenden muss«, erläutert Stefan Hennecke.
»Allgemein besteht bei der Digitalisierung von Inhalten in hohem Maß Handlungsbedarf: Wir haben vor kurzem für einen namhaften Kunden dessen komplettes kassettenbasiertes Archiv in unser digitales Archivsystem überführt. Das bisherige Speichermedium des Kunden waren DCT-Kassetten und wir mussten beim Einspielen feststellen, dass etliche Bänder sich schon in einem grenzwertigen Zustand befanden. Teilweise hatte schon ein Zersetzungsprozess begonnen, in dessen Verlauf sich die Beschichtung vom Trägermaterial lösen wird: Es war höchste Zeit, die Inhalte zu kopieren«, berichtet Stefan Hennecke.
Encryption
Für die Kunden aus dem Bereich Pay-TV ist dieser Bereich von APS wichtig: Direkt bei APS werden nämlich die digitalen Inhalte dieser Kunden vor der Ausstrahlung verschlüsselt. Eine Besonderheit ist dabei, dass bei APS in zwei speziell geschützten, streng voneinander und von den restlichen Betriebsbereichen des Unternehmens getrennten Bereichen Verschlüsselungssysteme sowohl von NDS Videoguard und von Nagravision installiert sind. Beides unter einem Dach zu haben, dürfte weltweit einzigartig sein und war nur durch die Erfüllung von massiven baulichen und elektronischen Sicherheitsmaßnahmen möglich.
APS schützt mit der Verschlüsselung etwa die Inhalte von HD+ und Sky. Die Anbindung anderer CA-Systeme über Simulcrypt-Verbindungen ist ebenfalls möglich. »Durch Simulcrypt kann ein Sender seine Inhalte vergleichsweise günstig mehrfach verwerten, weil er mit einer Ausstrahlung des Signals verschiedene Plattformen adressieren kann«, erläutert Jörg Hansen. Die Ausstrahlung der HD+ Sender bei Sky zeigt, dass auch der Zuschauer von Simulcrypt profitiert, wenn er dadurch die Anschaffung zweier verschiedener Decoder vermeiden kann.
Broadcast
Der Broadcast-Bereich von APS umfasst Encoding und Distribution von Sendesignalen, also den Uplink von TV- und Radiosignalen zum Satelliten, die Signalverteilung an Kabel- und terrestrische Netze, sowie IP-TV-Headends und die Bereitstellung von Übertragungskapazitäten auf dem SES-Satellitensystem.
APS betreibt zu diesem Zweck einen großen Antennenpark in Unterföhring, der aus acht Ku-Band- und zwei Ka-Band-Sendeantennen besteht. Die Ka-Band-Anbindung nutzt derzeit der südafrikanische Kunde ODM, über die großen Ku-Band-Antennen werden die Uplinks der anderen Kunden realisiert.
Um auch in diesem Bereich hohe Betriebssicherheit und Redundanz zu gewährleisten, hat APS eine Backup-Installation inklusive Sendeantennen in Nürnberg, aufgebaut, die jederzeit den Betrieb weiterführen kann, wenn es in Unterföhring zu Störungen durch Sabotage oder Unwetter kommen sollte.
Internet
Die Verwertung von Content im Internet wird immer wichtiger, und APS bietet hierfür Web-TV-Dienstleistungen wie Live-Encoding und Streaming-Services an. Stefan Hennecke hebt hierbei besonders die technische Leistungsfähigkeit von APS hervor, die zum einen leistungsfähiges Echtzeit-Encoding mit nur geringem Zeitversatz und zudem Encoding in alle gängigen Formate erlaube.
APS ist auch im Bereich HbbTV aktiv: »Das kann der Standard für interaktives Fernsehen werden«, sagt Stefan Hennecke und ergänzt, dass APS hierfür auch eigene Anwendungen entwickle, die von APS-Kunden genutzt werden. Der Home-Shopping-Sender HSE24 etwa, setzt eine von APS entwickelte, interaktive Shopping-Applikation auf Basis des Hbb-TV-Standards ein. Die Besonderheit der Anwendung besteht darin, dass sie mit und ohne Internet-Verbindung des Endgeräts funktioniert: Wenn zusätzlich zum Satellitenempfang auch Internet-Anschluss besteht, kann der Kunde automatisch weitere Leistungen nutzen, wie etwa Produktvideos anzusehen, die er im laufenden TV-Programm verpasst hat. HbbTV schlägt hier also die Brücke zwischen linearem und nonlinearem Fernsehen, sowie der Integration von Zusatzinfos in das TV-Signal. Die dafür auf der Senderseite nötige Applikation besteht aus einem Front- und einem Backend, wobei das Frontend von einem HbbTV-fähigen Gerät geladen und auf dem Fernseher dargestellt wird, während die Backend-Komponenten auf dem Webserver für die Anbindung an die Schnittstellen von HSE24 sorgt.
Neues Technikzentrum
Ende des Jahres 2006 begann APS mit der Planung eines neuen Gebäudes, und schon Mitte 2007 erfolgte der erste Spatenstich. »Höchste Verfügbarkeit ist bei unseren Dienstleistungen essenziell und das muss sich auch in der Technik durchgängig widerspiegeln — bis hin zur Gebäudetechnik. Mit dem Neubau hatten wir die Möglichkeit, hier neue Maßstäbe zu setzen und ein neues Leistungsniveau zu erreichen«, erläutert Stefan Hennecke.
Bemerkenswert ist die Bauweise und technische Ausstattung des Gebäudes aus ganz verschiedenen Aspekten — etwa auch, weil durch die Nutzung natürlicher Ressourcen die Öko-Bilanz des High-Tech-Betriebs verbessert wurde, während gleichzeitig die Betriebssicherheit erhöht und Betriebskosten gesenkt werden konnten.
So wird für die Beheizung der Büroräume ein gemeinsam mit der Gemeinde Unterföhring entwickeltes Geothermie-System genutzt. Bei der Kühlung der Technikräume kommt Grundwasser zum Einsatz, aber ohne dass dieses Grundwasser verbraucht würde: Über fünf Brunnen wird das Grundwasser gefördert und dann über Wärmetauscher zur Luftkühlung genutzt, bevor es wieder in den Boden geleitet wird. »Das ist umweltschonend, wegen des geringeren Strombedarfs günstiger und letztlich auch betriebssicherer, als alle anderen Formen der Kühlung«, erläutert Stefan Hennecke, »denn kühles Grundwasser steht uns immer zur Verfügung und den Strom für die Pumpen können wir im Notfall auch über längere Zeiträume selbst erzeugen.« Die gefilterte, gekühlte Luft strömt bei APS — durch große, zentrale Ventilatoren angetrieben— vergleichsweise langsam durch die Racks, der Durchsatz kann dabei in jedem Rack durch eine mechanische Bodenklappe reguliert werden. »Wir haben durch die Kombination dieser Maßnahmen bei höchster Betriebssicherheit wesentlich geringere Kühlkosten, als mit einem konventionellen System«, erläutert Stefan Hennecke. Sehr großen Wert legten die Planer des neuen Gebäudes auch auf eine vollkommen redundante Stromversorgung jedes einzelnen Racks, die durch eine USV und zusätzlich durch einen leistungsstarken Dieselmotor abgesichert ist.
Im neuen Technikzentrum verfügt APS auf insgesamt 7.000 Quadratmetern Nutzfläche über ausreichend Platz für Erweiterungen. Rund 150 km Starkstromkabel und 800 km Daten- und Videoleitungen wurden bereits verlegt. Gut 300 Server-Schränke bieten ausreichend Platz für High-End-Encoder, Videoserver-Systeme und Netzwerkkomponenten. Über jeder Rackreihe befinden sich Partikelsensoren zur Brandfrühesterkennung. Der neue Kontrollraum verfügt über moderne Systeme zur Fehlererkennung bei der Videoübertragung sowie über umfangreiche Steuerungs- und Analyse-Tools und ausreichend Platz für die Sendeabwicklung neuer Kanäle.
Durch die Inbetriebnahme des neuen Broadcast Centers kann APS jetzt auch ein räumliches Backup für Playout und Encoding anbieten, das alte Gebäude bleibt funktional weiter in Betrieb. Für eventuelle Havariefälle wie Feuer und Wasserschäden ist APS damit besser abgesichert als je zuvor.
Kunden-Applikationen
APS hat schon zahlreiche Senderplattformen realisiert und damit die Programme unterschiedlichster kleiner und großer Sender On Air gebracht. Einer der Kunden ist N24. Der Nachrichtensender wurde durch einen Management-Buyout komplett aus dem ProSiebenSat.1-Konzern herausgelöst, und im Rahmen dieses Prozesses entschied sich N24 dazu, auch den technischen Dienstleister im Bereich Playout zu wechseln. N24 nutzt seither das komplette Portfolio des Technik-Dienstleisters APS.
Die besondere Herausforderung dieses Wechsels von N24 bestand darin, dass er im laufenden Betrieb realisiert werden musste. Im Vordergrund des Techniktransfers stand die Anbindung der N24-Systeme an das Media Asset Management von APS. Nun werden über diese Anbindung Elemente wie N24-Nachrichten, Talkshows, Dokus, Werbespots und weiteres digital eingespielt und stehen dem Sender dann kurze Zeit später zur Verfügung. Vom Berliner Sitz des Senders aus, kann N24 auf Material bei APS in Unterföhring zugreifen und beispielsweise Trailer einplanen, Werbeunterbrechungen festlegen oder ganze Programme für das Internet aufbereiten. Der direkte Zugriff auf das MAM ermöglicht es N24 auch, Formate sehr kurzfristig bei Programmänderungen in das Sendeschema einzubinden und für den Playout bereit zu stellen. Für die Archivierung des N24-Programms ist ebenfalls APS zuständig, und natürlich auch für die Sendeabwicklung und den N24-Uplink aus Unterföhring zu den Astra-Satelliten.
Ein weiteres interessantes Projekt bei APS stellt die südafrikanische Pay-TV-Platform TopTV des Anbieters On Digital Media (ODM) dar: Innerhalb von nur drei Monaten installierte APS hierfür 60 TV-Kanäle und zusätzlich 25 Musik-Kanäle. ODM nutzt das komplette APS-Angebot aus den Bereichen Content Management, Playout, CA-Encryption und digitalem Uplink via Ka-Band. OMD ging in Südafrika im vergangenen Jahr als neuer Pay-TV-Anbieter an den Start und konnte seither schon über 280.000 Abonnenten gewinnen.
APS entwickelte für ODM ein komplett neues System, das NDS-Verschlüsselung nutzt und einen elektronischen Programm-Guide mit zusätzlichen Funktionen für Programmierung und Metadaten-Erfassung enthält. Der EPG Daten werden von einem Dienstleister angeliefert und im laufenden Betrieb automatisch bereitgestellt.
Derzeit betreibt ODM eine Kopfstation in Johannesburg und ist via Seekabel redundant mit Unterföhring verbunden. Material wird von Südafrika aus zu APS übertragen und dort mit anderen Sendeelementen und von On Digital Media für TopTV übernommenen Kanälen kombiniert. Weiter ist APS auch für den direkten Ingest einer Reihe von Kanälen für OMD zuständig, ebenso fürs Encoding, für das primär Harmonic-Equipment eingesetzt wird. Nach der erfolgreichen Markteinführung denken die Südafrikaner schon über eine Erweiterung ihres Systems in Richtung PVR-Funktionalität (Personal Video Recorder) sowie HD-Ausstrahlung nach.
Perspektiven
Wie wird sich das klassische Fernsehen weiterentwickeln? Werden die Kids, die heute mit Youtube und unzähligen Apps aufwachsen, für die nonlineares Fernsehen und Video on Demand normal sind, in Zukunft überhaupt noch klassisches Fernsehen konsumieren? Solche Fragen treiben nicht nur TV-Sender um, sondern natürlich auch deren Dienstleister wie APS.
Jörg Hansen, VP Commercial Operations, ist sich sicher, dass klassisches, lineares Fernsehen auch in Zukunft existieren wird und zieht eine Analogie zum Radio: »Die Nutzerzahlen für Radio steigen, obwohl es mittlerweile unzählige andere Möglichkeiten gibt, Musik auf Abruf zu hören. Dennoch schätzen die Zuhörer nach wie vor diese Art des Konsums.«
Auch Stefan Hennecke glaubt, dass klassisches, lineares Fernsehen weiterhin bestehen wird, aber eben weitere Formen von Medienangeboten hinzukommen werden. Und für diese zusätzlichen Angebote hat APS schon jetzt die Weichen gestellt: »Wir gehen davon aus, dass lineares Fernsehen weiterhin existieren und noch lange Bestand haben wird. So ist etwa auch der von vielen prognostizierte Tod von Homeshopping-TV ausgeblieben, obwohl man heute auch alles per Internet kaufen kann. Einer der Gründe, die für das Weiterbestehen von klassischem Fernsehen sprechen: Es bietet hohe Bildqualität bei hoher Verfügbarkeit. Außerdem ist das klassische Fernsehen aus technischer Sicht asymmetrisch: Der Aufwand ein TV-Signal zu verteilen bleibt gleich, auch wenn plötzlich ganz viele Zuschauer einschalten, bei IP-TV-Systemen hingegen wachsen Aufwand und Kosten automatisch an und die Verfügbarkeit sinkt ab, wenn mehr Leute zuschauen wollen. Die Verbreitungskosten im Internet wachsen also mit steigendem Nutzerinteresse an, im Fernsehbereich dagegen nicht. Die bestehenden TV-Modelle werden alleine schon deshalb auf absehbare Zeit weiter existieren und mit neuer Funktionalität wie HbbTV erweitert werden. Außerdem werden aber sicher auch Video-On-Demand und die Verteilung über IP-Infrastrukturen wachsen, aber auch darauf sind wir gut vorbereitet«, erklärt Stefan Hennecke.
Historie
Mitte der 90er-Jahre gründete die Kirch-Gruppe das Tochterunternehmen Beta Digital, das als Playout-Center für die digitale Pay-TV-Plattform DF1 fungierte. 1999 verschmolzen DF1 und Premiere, ab dann war Beta Digital als Playout-Center für Premiere tätig.
Die Kirch-Gruppe hatte das Playout-Center mit hochmoderner Technologie ausrüsten lassen: Ein Robotiksystem etwa bestückte automatisiert Betacam-Maschinen. Wurde anfangs teilweise noch direkt vom Band gesendet, kamen im Lauf der Zeit im Sendebetrieb immer mehr Serversysteme zum Einsatz und die Robotik übernahm die Aufgabe, Archivbänder auf die Server zu überspielen. Bei Beta Digital lag schließlich die gesamte Sendeabwicklung, die Verschlüsselung der Sender im Irdeto-Verfahren, Monitoring und Uplink zum Satelliten.
Als die Kirch-Gruppe Insolvenz anmelden musste, erwarb Premiere im Jahr 2002 das Sendezentrum und führte es fortan unter dem Namen DPC (Digital Playout Center) weiter. SES Astra hielt ebenfalls Anteile an DPC. Premiere verkaufte schließlich im Jahr 2005 seine Anteile an SES Astra. Seither firmiert das Unternehmen als 100-%-Tochter von Astra unter dem Namen Astra Platform Services (APS) und hat als Teil der Astra-Unternehmensgruppe in den vergangenen Jahren einen beträchtlichen Wachstumskurs hingelegt.