Branche, Report, Top-Story: 27.08.2011

»Die Huberbuam« in Stereo-3D

Das ZDF produzierte über die voraussichtlich letzte große Kletterherausforderung der »Huberbuam« einen Stereo-3D-Film, der am 3. Oktober im Fernsehen in 2D laufen wird und im Internet als Stereo-3D-Produktion zum Download bereit stehen soll.

Vorgeschichte

ZDF-Programmdirektor Dr. Thomas Bellut erläutert: »Wir glauben, dass wir mit unserem ersten eigenproduzierten 3D-Projekt ein aufregendes Programm geschaffen haben.« Worum geht es dabei? In der Produktion »Die Huberbuam« stellen sich Alexander und Thomas Huber einer letzten großen Kletterherausforderung: Als ihre persönliche Schicksalsroute haben sie eine Wand gewählt, die sie bisher noch nicht bezwingen konnten und die als eine der schwersten überhaupt gilt: die Route »Karma« an der Steinplatte in der Region der Loferer Alm bei Berchtesgaden.

Begleitet wurden sie dabei von einem ZDF-Produktionsteam, das in 2D und zusätzlich auch in Stereo-3D drehte. Die 15 Minuten lange 2D-Produktion wird das ZDF am 3. Oktober ausstrahlen, die rund 30minütige Stereo-3D-Variante soll auf verschiedenen Wegen angeboten werden: Besitzer eines HbbTV-fähigen Fernsehers können die Stereo-3D-Produktion über die Mediathek abrufen. Dort wird der Film im Top-Bottom-Verfahren angeboten, die Bilder für das linke und das rechte Auge werden also zeitgleich gestaucht übereinander ausgespielt. Zusätzlich will das ZDF den Beitrag auch als Stereo-3D-Videodatei zum Download anbieten. Eine anaglyphe Fassung, die mit den weit verbreiteten Rot-Cyan-Brillen betrachtet werden kann, soll ebenfalls verfügbar werden.

ZDF-Kameramann Claus Köppinger über seine Erfahrungen mit dem ersten Stereo-3D-Projekt des ZDF

Ein erster professioneller Kontakt mit dem Thema S3D ergab sich für mich im August letzten Jahres. Während der in Hannover stattfindenden Veranstaltung »Hands on HD« hatte ich Gelegenheit, an einem S3D-Workshop teilzunehmen. Ich war sehr skeptisch. 3D im Fernsehen? Ist ein solcher Aufwand überhaupt zu bewältigen? Und lohnen die Ergebnisse diesen Aufwand? Der fünf Tage dauernde Workshop unter der Leitung von Alaric Hamacher von Virtual Experience belehrte mich eines Besseren. Meine Skepsis wich von Tag zu Tag und ich erlag immer mehr der Faszination des dreidimensionalen Bildes. Dass sich für mich mit dem ZDF-Projekt »Die Huberbuam« bald ein konkretes dreidimensionales Drehvorhaben ergeben würde, war zu diesem Zeitpunkt nicht abzusehen. Für mich als Kameramann hieß dies: interessante Menschen, traumhafte Landschaften, spannende Bilder. Und eine Art der Fortbewegung, die ich überhaupt nicht beherrsche: Klettern und dabei auch noch drehen!

Anforderungen an das Kamerasystem

Einige Workshops, viele Gespräche und sehr viele Mails später konkretisierte sich für mich eine Art Grundgerüst der Anforderungen an das benötigte Equipment. Das Kamerasystem musste klein, leicht, 3D-fähig, das heißt genlock-synchronisierbar sein und unseren Ansprüchen an Belichtungsspielraum und Schärfe genügen. Ich begann, mir in Zusammenarbeit mit unseren Stereographen Alaric Hamacher und Max Laufer sowie Peter Borig, dem Kollegen aus dem Produktionsmanagement, unsere Ausrüstung zusammenzustellen.

Auf der Suche nach einem Kamerasystem stellten wir fest, dass die technischen Lösungen für eine S3D-Produktion nicht ohne weiteres in den Regalen der unzähligen Verleiher zu finden sind. Verschiedene Anbieter kleinerer Kamerasysteme, die ihre Produkte im Internet anpriesen, mussten auf Nachfrage zurückrudern, die Systeme seien noch nicht soweit, die beschriebenen Leistungen seien ein Ziel und so weiter. Die von uns getesteten Systeme waren entweder für den Betrieb in einem Übertragungswagen ausgelegt oder konnten uns in Bezug auf Schärfe und Dynamik nicht überzeugen

Entwicklung der Bildideen

Bis zur Vorbesichtigung der Drehorte Anfang Mai hatten wir immer noch keine überzeugende Lösung gefunden. Wir fuhren nach Berchtesgaden, um uns ein Bild von den Motiven und den sich uns bietenden Möglichkeiten zu machen. Regisseur Jens Monath hatte ein Drehbuch geschrieben, das uns jetzt durch die verschiedenen Drehorte führte. Eng an der Geschichte entwickelten wir unsere Bildideen, ohne jemals unsere 2D-Sendefassung aus dem Blick zu verlieren. Allen im Team war klar, dass die 2D-Fassung sich in der Gestaltung des Bildes und der Montage von der 3D-Fassung unterscheiden würde.

Während wir in der 2D-Fassung zum Beispiel die Dynamik der sportlichen Leistung der Huberbuam in einer spannenden Montage eindrucksvoller Großaufnahmen im Wechsel mit Totalen aus der Wand darstellen wollten, würden wir in der 3D-Fassung den Zuschauer eher durch die förmlich physische Wirkung der dritten Dimension in längeren, totaleren Einstellungen mit in die Wand nehmen. Hier sollten uns zwei kletternde Kameramänner, Franz Hinterbrandner und Max Reichel, helfen. Beide hatten bereits einige Projekte der Hubers begleitet, unter anderem auch die Dreharbeiten zu »Am Limit« von Pepe Danquart. Gemeinsam mit Alaric Hamacher und Max Laufer besprachen wir quasi jede Einstellung im Vorfeld und legten die daraus resultierenden Parameter fest. Ich verließ mich in der Gestaltung hier auf meine Erfahrungen, zweidimensionalen Bildern Tiefe zu verleihen, und versuchte diese Bilder dann um die dritte Dimension zu erweitern. Hierbei legte ich großen Wert darauf, 3D nicht als reinen Effekt zu nutzen, sondern vielmehr durch das neue Gestaltungsmittel die Geschichte des Films zu unterstützen.

Stereographische Parameter

Unsere Motive reichten vom Makrobereich bis zur Supertotalen. Entsprechend wählten wir auch unser Equipment. Zum Einsatz kamen unter anderem neben zwei Spiegelrigs der Firma P+S Technik, bei denen die Kameras über beziehungsweise durch einen halbdurchlässigen Spiegel fotografieren, auch zwei Side-by-Side-Rigs unterschiedlicher Größe.

Diese Systeme ermöglichten es uns, in den unterschiedlichsten Aufnahmesituationen jeweils durch Verändern des Augenabstandes und des Winkels der Kameras zueinander, der sogenannten Angulation, den jeweils optimalen dreidimensionalen Eindruck zu erzielen.

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Eine neue Kamera wird entwickelt

Nun hatten wir zwar unsere stereographischen Parameter festgelegt, das Problem des Kamerasystems war jedoch noch nicht gelöst. Mir wurde langsam etwas mulmig zumute, zumal uns nur noch etwa vier Wochen bis zum Drehbeginn blieben. Eine letzte Möglichkeit bot sich noch im direkten Anschluss an unsere Vorbesichtigung in München. Hier konnte ich noch ein System besichtigen, das sich noch im Stadium eines Prototyps befand. Zwar lieferte einer der Kameraköpfe ein fehlerhaftes Bild, das des zweiten Kopfes war dafür umso besser.

Im Test konnte ich einen Belichtungsspielraum von guten elf Blenden feststellen, die Farbwiedergabe war überragend und der Schärfeneindruck mehr als zufriedenstellend. André Salvagnac, einer der Entwickler der SinaCam, sicherte mir zu, die Kinderkrankheiten der Kamera in den noch verbleibenden vier Wochen in den Griff zu bekommen. Es entwickelte sich eine äußerst konstruktive Zusammenarbeit. Es galt, Lösungen für die Steuerung von Schärfe und Blende der sehr kleinen C-Mount-Objektive zu finden, die Kameraköpfe mussten an die vorhandenen S3D-Rigs adaptiert werden, selbst eine eigene Gammakurve wurde speziell für unsere Belange entwickelt. Pünktlich zu Beginn unserer Produktion standen uns dann mehrere Systeme der SinaCam zur Verfügung.

Der Dreh beginnt

Am 6. Juni war es dann endlich soweit: In Berchtesgaden traf das komplette Team zum ersten Mal zusammen, insgesamt zwölf Kollegen, mit den unterschiedlichsten Aufgaben betraut und hoch motiviert. Nach einer Nacht, in der wir den Dreh des nächsten Tages vorbereitet hatten, begannen wir am Morgen unsere Dreharbeiten am Königssee. Entsprechend müde, aber bester Laune wurden ein erstes Mal Kran und S3D-Rig aufgebaut. Jetzt wurde es richtig spannend. Für uns vom ZDF war dies schließlich der erste Dreh in der neuen Dimension. Ich rechnete durchaus mit Verzögerungen, schließlich war dies das erste Mal, dass unser Equipment in dieser Kombination zum Einsatz kam. Getestet werden konnten im Vorfeld nur einzelne Komponenten, nie aber der komplette Produktionsstrang.

So hatten die Kollegen von Virtual Experience zum Beispiel eine Möglichkeit entwickelt, mittels Laptop-Steuerung unser Bild auf zwei Aja-KiPro-Recorder in 10 Bit Farbtiefe aufzuzeichnen und dieses dann synchron wiederzugeben, eine zwingende Voraussetzung zur Beurteilung des 3D-Eindrucks der Aufzeichnung. Dieses Setup konnte jedoch bislang nur unter Laborbedingungen getestet werden. Dank der sehr professionellen Arbeit aller Kollegen verlief unser Start absolut reibungslos. Unsere ersten dreidimensionalen Bilder waren im Zeitplan abgedreht und übertrafen sogar unsere Vorstellungen.

Zusammenarbeit mit Stereographen

Für mich als Kameramann war auch die Zusammenarbeit mit dem Stereographen während des Drehs ein Novum. Inwieweit würde dies meine Freiheiten in der Bildgestaltung beeinflussen? Wie würde sich die Aufgabenverteilung gestalten? Wie die Zusammenarbeit mit dem Regisseur? Hier zahlte sich die intensive Auseinandersetzung mit der Materie im Vorfeld aus.

Ich konnte meine Ideen in vollem Umfang realisieren, ohne jemals durch die Gesetzmäßigkeiten, die ein dreidimensionales Bild bestimmen, eingeschränkt zu werden. Alaric Hamacher und Max Laufer brachten sich mit ihren Vorschlägen ein und nahmen so an dem kreativen Prozess teil. Es entwickelte sich schnell ein gut funktionierendes Zusammenwirken aller Beteiligten, das in höchstem Maße kreativ war.

Beeindruckende Bilder

Mehr und mehr entwickelten wir ein Gefühl für Tiefenbudgets, negative und positive Parallaxen, Scheinfensterverletzungen und all die anderen Geheimnisse, die 3D zu bieten hat. Der Zeitplan war eng. Wir hatten eine Fülle an Motiven zu bespielen, die mit zeitaufwendigen Ortswechseln verbunden waren. Naturgemäß ließen sich die einzelnen Drehorte auch nicht immer direkt anfahren, was zur Folge hatte, dass wir mehr als einmal, bepackt wie die Mulis, steile Berge hinaufkeuchten, während einheimische Hilfskräfte leichtfüßig an uns vorbeizogen. So fanden wir uns des Öfteren gefährlich dicht am Rand steil abfallender Felskanten wieder, die uns einen atemberaubenden Blick auf die verschiedenen Kletterrouten der Hubers ermöglichten. Eine wirklich intensive Therapie gegen Höhenangst!

Mit solchen Problemen hatten unsere Extremkameramänner nicht zu kämpfen. Geradezu akrobatisch bewegten sie sich an ihren Seilen, die mir angesichts der Höhe eher wie Spinnweben vorkamen, in den Wänden und lieferten uns beeindruckende Bilder der Huberbrüder während ihrer Vorbereitungen auf ihr großes Projekt, die Route »Karma«. Während sie in schwindelerregender Höhe agierten, führten wir vom Boden aus per drahtloser Fernsteuerung die 3D-Einstellungen des Rigs nach. So behielten wir jederzeit die Kontrolle über den optimalen 3D-Eindruck unserer Bilder.

ZDF-Cutter Frank Flick über seine ersten Schnitterfahrungen bei einem 3D-Film

Wodurch unterscheiden sich 2D- und 3D-Produktionen voneinander und welche Auswirkungen hat das auf den Schnitt?

Frank Flick: Wir haben mit vier Kamerasystemen in unterschiedlichen Konfigurationen gearbeitet. Das ist nicht ungewöhnlich bei Dreharbeiten zu einer Dokumentation. Aber wir brauchten jedes Kamerasystem zwei Mal. Und das unterscheidet die Dreharbeiten bei 2D-Produktionen von jenen bei S3D-Produktionen: Beim Stereodreh braucht man für jedes Auge eine Kamera. Auch die Aufzeichnungen erfolgen doppelt. Für jedes Auge wird ein Datenstrom erzeugt, jeder Datenstrom wird gesondert gespeichert. Und das wiederum hat Auswirkungen auf die Postproduktion, denn man muss die beiden Datenströme der beiden Augen für jede Sequenz getrennt einlesen und im Schnittsystem in Deckung zueinander bringen.
Das Schnittsystem arbeitet nicht automatisiert, es kann gleichzeitig gedrehte Bilder nicht automatisch einander zuordnen. Das muss ich von Hand machen. Wenn zum Beispiel ein Fehler bei der Timecode-Aufzeichnung entstanden ist, muss ich die Bilder von Hand synchronisieren. Es ist gravierend, wenn die Bilder asynchron sind, also zeitlich nicht passend zueinander ablaufen. Das nimmt man als Fehler im Film wahr. Aus diesem Grund wird über ein Referenzsignal sichergestellt, das alle Bilder exakt zum gleichen Zeitpunkt entstehen. Ein Versatz, der zeitlich kleiner als ein Filmbild ist, kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden und zerstört den S3D Eindruck komplett.

Darüber hinaus gibt es bisher nur wenige Systeme, mit denen man S3D schneiden kann. Wir benutzen ein Avid-DS-System, das seit der Software-Version 10.3 in der Lage ist, S3D zu schneiden. Zusätzlich braucht man einen S3D-Monitor. Beim S3D-Schneiden muss man eine Einstellung länger stehen lassen als bei 2D, der Schnittrhythmus sollte deutlich länger sein als bei vergleichbaren 2D-Produktionen. Der Zuschauer muss die Möglichkeit haben, sich im gesamten Bild umzuschauen. Daher ist auch der Trend zur geringen Tiefenschärfe in 2D bei S3D kontraproduktiv. Bei S3D sollte das gesamte Bild scharf sein, da es viel zu entdecken gibt.

Was würde denn passieren, wenn die beiden Bilder des rechten und linken Auges nicht kongruent zueinander wären?

Frank Flick: Dann würden wir keinen 3D-Effekt wahrnehmen, sondern zwei unabhängige 2D-Bilder, die unser Gehirn nicht mehr in Deckung bringen kann. Das menschliche Auge erzeugt das dreidimensionale Bild, indem es die beiden Bilder des linken und des rechten Auges zueinander fügt. Das Gleiche versuchen wir beim stereoskopischen Filmen, indem wir jedes Motiv mit zwei Kameras, die zum Beispiel im durchschnittlichen Augenabstand von 6,5 cm zueinander montiert sind, im gleichen Winkel abfilmen. Die Veränderung des Aufnahmewinkels einer der beiden Kameras würde den ganzen Film zerstören. Die Veränderung des Abstands zwischen den Kameras hingegen ist ein Element, mit dem man bewusst spielen kann: Vergrößert man den Augenabstand, wirken normalerweise ebene Flächen in großer Distanz »künstlich« dreidimensional, verringert man den Augenabstand, erhält man einen 3D-Effekt im Nahbereich, den das Auge natürlicherweise ebenso wenig sehen würde. Als Stilmittel eingesetzt wirken diese Effekte ganz toll – man darf es nur nicht übertreiben, damit der Film nicht künstlich wirkt.
 
Muss man beim Drehen nicht unheimlich aufpassen, dass die Kameras immer korrekt zueinander ausgerichtet sind?

Frank Flick: Dafür ist sogar ein neuer Beruf entstanden: Diese Aufgaben übernimmt der Stereograph am Set. Er beobachtet die ganze Zeit den 3D-Eindruck: Wo liegt die Schärfe, wie weit ist das Tiefenbudget, kommt es zu einer sogenannten Scheinfensterverletzung und so weiter. Der Stereograph bestimmt in Abhängigkeit von der geplanten Einstellung und dem zu erzielenden Effekt den Augenabstand. Darüber hinaus ist er für die Bildgeometrie verantwortlich. Er überwacht alle Parameter an der Kamera, die Einfluss auf den 3D-Eindruck haben: Die beiden Kameras müssen fest miteinander verkoppelt sein, das heißt alle Parameter wie Blende, Zoom, Rotation und so weiter müssen vom Stereographen am Set ständig nachjustiert werden.

Der Kameramann legt den Bildausschnitt fest. Ein Assistent des Kameramanns macht den Ton und ein anderer steuert wie gewohnt die Schärfe, die bei S3D über entsprechende Stellservos an beide Objektive exakt nachgeführt werden muss. Eine unterschiedliche Schärfe auf beiden Augen macht das Bild für S3D in den meisten Fällen unbrauchbar. Mit der Kontrolle des Augenabstands legt der Stereograph die Tiefenwahrnehmung von Objekten im Bild fest. Bei bewegten Objekten oder bewegter Kamera kann er diese Veränderung des Augenabstands auch während eines Shots verändern und somit diese Objekte zum Beispiel auf der Bildschirmebene halten. Als Cutter ist man auch der Stereograph der Postproduktion. Kleine Fehler bei der Aufnahme können hier noch nachkorrigiert werden.
 
Wie wird der Raum festgelegt, in dem sich die 3D-Wirkung entfalten soll?

Frank Flick: Man kann keinen unendlichen Raum dreidimensional abbilden. Man bestimmt immer das so genannte Tiefenbudget. Im Tiefenbudget definiert man, was liegt auf der Bildschirmebene, was kommt als Effekt nach draußen, was spielt hinter dem Bildschirm. Das Tiefenbudget ist auf eine bestimmte Tiefe festegelegt. Alles, was zu nah und alles was zu weit weg ist, kann das Auge nicht mehr in 3D abbilden. Das hängt von ganz einfachen Faktoren ab: Das Objekt auf der Bildschirmebene wird auch ohne Brille als ein Objekt mit Konturen wahrgenommen, alles was dahinter liegt, wirkt doppelkonturig.

Das Auseinanderlaufen der Blickachsen darf aber nicht mehr als drei Prozent der Projektionsfläche betragen. Wenn mein Bildschirm zum Beispiel ein Meter breit ist, dürfen das linke und das rechte Bild hinter der Bildschirmebene maximal drei Zentimeter auseinanderlaufen. Bis dahin schafft es das Gehirn das Bild als ein Bild dreidimensional darzustellen. Damit entsteht ein neues Problem: Ein Film kann nicht automatisch für unterschiedliche Bildschirmgrößen, also für Fernsehen und Kino zum Beispiel, genutzt werden.

Mit welchem Kamerasystem haben Sie bei den »Huberbuam« gearbeitet?

Frank Flick: Der wichtigste Parameter für die Wahl der Kameras und des Rigs – also die mechanische Verkopplung beider Kameras und Anbauten zu einem Komlettsystem – stellt der Augenabstand dar. Möchte man mit einem sehr geringen Augenabstand drehen, ist man bei einer parallelen Anordnung der Kameras stark durch deren Baugröße auf einen minimalen Abstand begrenzt. Die Wahl fällt dann auf die zweite Rigvariante, das Spiegel-Rig. Es wird bei 3D-Aufnahmen eingesetzt, bei denen, unabhängig von der Bauform der Kameras, ein sehr geringer Augenabstand nötig ist. Die eine Kamera schaut dabei von oben in einen Spiegel, die andere von hinten durch den semidurchlässigen Spiegel. So zeichnen die beiden Kameras exakt das gleiche Bild auf, nur dass die eine Kamera ein Bild liefert, das auf dem Kopf steht.

Ein Spiegelrig kann einen Augenabstand von Null Millimeter bis zur maximalen Breite des Spiegels realisieren.

Unser erstes Kamerasystem, mit dem wir rund 75 Prozent aller Aufnahmen gedreht haben, war die SinaCam, eine HD-fähige Minikamera mit C-Mount-Optiken (Festbrennweite gestaffelt 5 bis 16 mm). Die Kamera steht kurz vor Markteinführung, ausgehend von den Prototypen hatten unser Kameramann Claus Köppinger und die Stereographen Einfluss auf den Aufbau und die Weiterentwicklung der Kamera.Die SinaCam ist extrem klein (der Körper der Kamera ist nur 38 mm x 38 mm x 38 mm groß, an ihm ist ein C-Mount-Objektiv befestigt) und liefert für ihre Größe eine exzellente Qualität. In Versuchsreihen hat unser Kameramann einen Blendenumfang von elf Blenden ermittelt. Das Kamerasystem verfügt über kein Aufzeichnungssystem, die Kameras geben jeweils ein HD-SDI-Videosignal ab. Als Aufzeichnungsgerät haben wir das System KiPro von Aja ausgewählt. Die Signale der beiden Kameras werden mit zwei S3D verkoppelten KiPro-Recordern aufgezeichnet – parallel und synchron.

Die SinaCams konnten sowohl auf einem Spiegel-, als auch Parallelrig montiert werden. Als kleines, leichtes Kamerasystem mit einer externen Aufzeichnung konnten wir das System nahezu universell einsetzen. Unser zweites System bestand aus zwei Panasonic-P2-Kameras des Typs Typs HPX 2100. Auch für dieses System stand ein Spiegel- und Parrallelrig zur Verfügung. Somit waren wir auch mit dem großen System für alle Aufnahmesituation gerüstet. Der Einsatz des Parallelrigs war bei einem Minimalabstand von etwa 20 cm der beiden Kameras nur für Totalen und weit entfernte Objekte sinnvoll.

Als drittes System nutzten wir ein Prosumersystem – die Panasonic 3DA1. Sie vereint die für S3D notwendigen zwei Optiken in einem Gehäuse. Die beiden Augen werden getrennt voneinander intern auf SD-Karten aufgezeichnet. Mit diesem fertigen System muss nichts mehr montiert werden, man kann sofort loslegen. Der Nachteil hierbei ist, dass der Augenabstand immer fest bei 6,5 cm liegt. Das schränkt den Bereich, für den man diese Kamera nutzen kann, ein. Bei der Bildgestaltung muss man darauf achten, dass in einer Einstellung nicht gleichzeitig Objekte näher als 1,5 m und weiter als 10 m aufgenommen werden.

Unser viertes System war eine Effektkamera aus dem Sportbereich – die GoPro Hero HD. Zwei dieser Consumer-Kameras werden in einem Gehäuse über ein Synchronkabel miteinander verbunden – fertig. Es steht ein einziges, sehr weitwinkliges Objektiv zur Verfügung. Die Aufzeichnung erfolgt intern auf SD-Karten. Beide Kameras mit Gehäuse wiegen deutlich unter 1kg und sind damit besonders geeignet für Effektshots. Die sehr kleine, leichte und robuste Kamera kam überall dort zum Einsatz, wo die größeren und schwereren Systeme passen mussten.

Hier geht’s zu einem Making-of der Produktion.

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