Frauen auf den Platz!
Die Fußball-WM der Frauen holte Millionen Zuschauer vor die Fernsehschirme: Mehr als die meisten erwartet hatten. Der Aufwand, den die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF bei der Übertragung der Spiele treiben, er lohnt sich. film-tv-video.de war vor Ort und hat sich die Sportproduktion angesehen.
Eckdaten Fußball-WM
Die Spiele der Frauen-WM finden in neun unterschiedlichen Stadien statt: Augsburg, Bochum, Frankfurt, Mönchengladbach, Wolfsburg, Berlin, Dresden, Leverkusen und Sinsheim wurden als Spielstätten ausgewählt. Host-Broadcaster der WM ist HBS, das nationale Bild der deutschen Lizenznehmer produzieren ARD und ZDF gemeinschaftlich. Produktionsstandard der WM ist 1080i und Stereo-Ton. Von einer Produktion in Dolby 5.1 sah der Host Broadcaster HBS ab, deshalb ist die WM auch bei ARD und ZDF nur in Stereo »On Air«.
Host Broadcaster HBS: Weltbildproduktion
Die Produktion von großen Sportereignissen wurde in den vergangenen Jahren immer aufwändiger umgesetzt. Schon seit etlichen Jahren ist daher die TV-Berichterstattung üblicherweise vom Gastland und dessen regionalen Broadcastern gelöst und auf einen Host-Broadcaster ausgelagert. Die Fifa beauftragte in den vergangenen Jahren mit der Umsetzung der TV-Übertragung ihrer Großereignisse stets das in der Schweiz ansäßige Unternehmen HBS, das sich auf diese Dienstleistung spezialisiert hat. Und so produziert HBS nun mit einem Team von rund 350 Mitarbeitern auch die Fußball-WM der Frauen — im Vergleich zur Männer-WM in Südafrika zwar mit einem deutlich abgespeckten Konzept, aber immer noch aufwändiger als jemals zuvor bei einer Frauen-WM.
Ein großes, eigenes IBC, wie es etwa bei der Männer-WM in Deutschland in München und in Südafrika in Johannesburg errichtet wurde, gibt es bei der Frauen-WM in vergleichbarer Form nicht. Statt dessen hat sich HBS dazu entschieden, das Weltbild der einzelnen Spiele aus den verschiedenen Venues komplett von Ü-Wagen-Dienstleistern produzieren zu lassen und hierfür Studio Berlin Adlershof (SBA), Topvision und TVN beauftragt, die mit insgesamt fünf Ü-Wagen das Turnier fürs Fernsehen in Szene setzen. Das Regisseurteam bilden mit Knut Fleischmann, Wolfgang Straub, Georg Alberts und Thomas Sohns erfahrene HBS-Vertraute, die auf der Fernsehseite schon etliche große Turniere bestritten haben.
Das Weltbildsignal wird via Glasfaser und als Backup per Sat-Uplink nach Frankfurt zum IBCC geschickt: dem International Broadcast Coordination Center. Hier ist gewissermaßen die Zentrale der HBS-Produktion, wie auch der großen Sender angesiedelt, die live von der WM vor Ort berichten: das sind im wesentlichen ARD, ZDF, ESPN, NHK und das schwedische Fernsehen.
Die HBS-Signale, die in Frankfurt ankommen, werden dort in der Quality Control und im Technical Operation Center (TOC) geprüft, weiter hat HBS im IBCC auch einen Schnittraum eingebaut. Dort produzieren HBS-Mitarbeiter an Final-Cut-Editing-Plätzen 24-Minuten Highlight-Zusammenschnitte.
»Die Produktion der Frauen-WM hat natürlich nicht die Ausmaße einer Fußball-WM der Männer«, berichtet Stefan Wistuba, Projekt Manager bei HBS, »aber sie ist sicherlich vergleichbar mit der Produktion des Confed-Cups, sie ist sogar fast noch etwas größer, denn wir produzieren hier 32 Spiele live, zudem decken wir auch einen vergleichsweise langen Vor- und Nachlauf mit der multilateralen Technik ab.« Dazu zählen Aufnahmen von der Ankunft der Spielerinnen im Stadion, Kurz-Interviews bei der Ankunft oder auch die Aufwärmphase. Zudem bietet HBS den Sendern auch unilaterale Slots, die den Sendern Aufsager im Stadion oder Interviews am Spielfeld ermöglichen. Produziert wir das Ganze aber durch HBS-Teams. Tim Bagner, Senior Broadcast Venue Manager bei HBS, urteilt, dass die HBS-Produktionsteams selbst somit eigentlich mehr produzieren, als bei einer Herren-WM – weil sie eben teilweise auch noch unilaterales Material produzieren.
Neben dem Weltbild, das aus den Stadien geliefert wird, bietet HBS den Broadcastern auch noch etliche Isolated Feeds an, das sind die Signale von acht bis zehn Kameras und teilweise auch Slomo-Outputs, die nicht im Spiel gezeigt werden.
Pro Spiel sind auf Seiten von HBS 16 bis 18 Kameras im Einsatz, dabei hat HBS ganz genaue Vorstellungen von deren Position im Stadion. Die stimmt allerdings nicht immer mit dem überein, was in den Bundesliga-Stadien vorgesehen ist. Tim Bagner berichtet, dass HBS daher für die WM-Übertragungen in etlichen Stadien die Kameraplattformen umgebaut habe: »Wir wollen näher dran sein an den Spielern und haben deshalb beispielsweise bei der Reverse-Kamera oder bei der Führungskamera ganz spezielle Anforderungen. Wir bevorzugen es, diese Kameras tiefer und auch näher am Spielfeld zu platzieren.«
Ebenfalls wichtig für HBS: Die korrekte Platzierung der 16-Meter-Kamera, denn darauf basieren unter anderem der Einsatz und die Kalibrierung des EVS-Analysesystems Epsio, mit dem sich die Abseitslinie einblenden lässt. Diese Lösung ermöglicht es dem LSM-Operator innerhalb von weniger als fünf Sekunden, direkt beim Replay einer Szene, ein virtuelles Grafik-Overlay mit automatischer Erkennung der Spielfeldbegrenzungen zu erzeugen und die Abseitslinie und die Positionen der Spieler im Abseits einzublenden.
Weiter setzt HBS auch etliche Spezialkameras ein: Neben der Spidercam, die bei etlichen Spielen genutzt wird, gibt es eine Helicam, zwei InGoal-Kameras und auch zwei Drahtlos-Steadicam-Kameras. »Die Bilder, die wir etwa aus den Kabinen und Gängen im Stadion drehen, sind sehr wichtig für uns. Diese Bereiche sind aber auch sehr sensitiv, deshalb müssen unsere Teams dort kompakt und möglichst kabellos auftreten«, erklärt Tim Bagner.
Ein weiterer Service, den HBS anbietet, ist die Technik für die Kommentatoren: Hier gibt es eine Commentatory Control Unit, also eine Position, auf der alle ISDN-Codecs auflaufen. Daraus werden allen Kommentatorenplätze bedient. »Wir haben ein ähnliches Konzept wie bei der WM2010, die Ü-Technik muss sich also nicht um die Kommentatorentechnik kümmern«, erklärt Tim Bagner. Der Kommentar geht stattdessen als ISDN-Signal direkt zu den Sendern und als Backup per Glasfaser zum IBCC.
Als Grafik-Provider ist auch bei der Frauen-WM wieder Delta-Tre im Boot, wobei der italienische Dienstleister direkt mit der Fifa zusammenarbeitet und nicht als HBS-Vertragspartner auftritt.
Bei der Arbeitsweise an den einzelnen Venues arbeiten die Ü-Wagen-Dienstleister von HBS mit dem Equipment, das im jeweiligen Ü-Wagen vorhanden ist — einschließlich der Kameras. HBS machte also bei der Frauen-WM keine typenbezogenen Equipment-Vorgaben, wobei sich bestimmte Standards dennoch durchgesetzt haben: etwa der Einsatz von EVS-XT-Server und LSM-Pulten für Zeitlupen, Wiederholungen und Highlight-Pakete
Zusammenarbeit ARD und ZDF
ARD und ZDF arbeiten bei den großen Sport-Events seit vielen Jahren zusammen und nutzen dabei auch Equipment aus einem gemeinsamen Produktionspool. Bei der Frauen-WM verfolgen die beiden Sender allerdings etwas unterschiedliche Konzepte:
Mit dem Hessischen Rundfunk (HR) gibt es eine ARD-Anstalt, die gewissermaßen direkt vor Ort in Frankfurt sitzt, sodass es sich anbot, viele Bereiche, die üblicherweise in einem IBC abgewickelt werden, stattdessen direkt im Sender zu produzieren.
So kam es dann letztlich zustande, dass die ARD das nationale Bild der Spiele an den Venues mit Produktionsmitteln einiger ARD-Anstalten sowie zweier externer TV-Dienstleister produziert. Via Glasfaser werden diese Bilder ins IBCC transportiert und von dort zum HR, wo sie bearbeitet und ausgestrahlt wurden. HR-Mann Wolfgang Scheibe (Technische Leitung) merkt an, dass man sich aufgrund handfester wirtschaftlicher Vorteile für diese Produktionsweise entschieden habe.
Das ZDF wiederum, mit Hauptsitz in Mainz, entschied sich für einen anderen Workflow. Ralf Göß, Technischer Gesamtleiter ZDF für die Frauen-Fußball-WM 2011, erklärt, dass man sich dazu entschieden habe, im IBCC in Frankfurt diverse Equipment-Container zu platzieren, darunter einen zentralen Schaltraum, Regie- und Schnitt-Container, sowie Räume für Sonderformate und Leitungsübergabe. An den Venues arbeitet das ZDF mit den HD-Ü-Wagen MP4 und MP5, um damit vor Ort das nationale Signal zu produzieren.
Somit findet eine enge Zusammenarbeit von ARD und ZDF bei der Fußball Frauen-WM in erster Linie bei der Verkabelung statt, bei der Nutzung der Presenter-Position, beim Schalt-Container und bei der kompletten Leitungsführung.
ARD
»Wir produzieren direkt an den Venues unser Sendesignal und senden dieses über eigene Glasfaserleitungen an die Zentrale im IBCC in Frankfurt. Das ZDF war in Frankfurt am Broadcast Compound für das Leitungswesen zuständig, genutzt wird es gemeinsam von ARD und ZDF«, erklärt Wolfgang Scheibe vom Hessischen Rundfunk (Technische Leitung). Vom Leitungsübergabepunkt im IBCC aus gehen die Signale aus dem zentralen Schaltraum direkt zum HR in den dortigen Schaltraum, wenn die ARD bei den Übertragungen an der Reihe ist – ebenfalls über eine breitbandige Glasfaserleitung. Als Backup für die Glasfaserverbindung ist bei den ARD-Venues zusätzlich immer noch ein SNG vor Ort, dessen Signal in der Zentrale in Frankfurt auch per Downlink zur Verfügung steht – und eben als Übertragungsweg einspringen könnte, wenn die Glasfaserleitung versagte.
An der Produktion des nationalen Bilds an den verschiedenen Venues sind mehrere ARD-Sender, darunter der BR mit dem FÜ1, der NDR, der SWR, die MDR-Tochter MMG sowie die externen Anbieter HD Broadcast und Trio beteiligt. Zusätzlich produzierte auch das ZDF mit dem Ü-Wagen MP4 zwei Spiele für die ARD, weil sich das aus logistischer Sicht angeboten hatte.
»Eine der Herausforderungen beim Einsatz all dieser unterschiedlichen Fahrzeuge bestand darin, eine gewisse Einheitlichkeit bezüglich technischer Ausstattung zu schaffen«, berichtet Hans-Georg Wendy, Technischer Leiter beim HR. Das war deshalb wichtig, weil die ARD zwei Produktionsteams geschaffen hatte, die von Venue zu Venue reisten und vor Ort dann immer wieder mit unterschiedlichen Fahrzeugen und Equipment arbeiten mussten.
Bei von der ARD produzierten Spielen mit deutscher Beteiligung gab es jeweils zusätzlich auch noch ein Schnittmobil vor Ort, das aktuelle Beiträge produzierte. Alles weitere wurde und wird zentral beim HR abgewickelt, wobei auch der Hörfunk und die Online-Redaktion im trimedialen Produktionsbereich auf dem HR-Gelände zusammengefasst sind. »Das ist ein wichtiger Aspekt, der mitentscheidend dafür war, dass wir die Produktion hier beim HR und nicht im IBCC abwickeln«, erklärt Wolfgang Scheibe, »denn wir bedienen mit unserer Infrastruktur hier eben auch den Hörfunk und die Online-Redaktionen – und können damit auch recht wirtschaftlich operieren«.
Das deutsche Quartier in Wolfsburg betreute der NDR mit dem Ü2, einem Ü-Wagen mit Uplink. Hier wurde alles rund um die deutsche Mannschaft produziert, wobei zusätzlich in Kooperation mit dem ZDF auch ein Schnittmobil und ein Redaktionsteam mit der Mannschaft reisten. Dieses Venue wurde über eine SNG angebunden, die ebenfalls auf dem HR-Gelände stand: Hin- und Rückleitung, Zuspieler und Schaltungen wurden über diese SNG übertragen und beim HR der Regie und dem Schnitt zur Verfügung gestellt.
Hans-Georg Wendy, TL beim HR, erklärt weiter, dass die ARD üblicherweise mit fünf bis acht eigenen Kameras an den Venues vertreten sei, um zusätzliche Bilder für die ARD einzufangen. Dabei setze man auf die üblichen Kamerapositionen. Neue Wege ging die ARD bei der Presenter-Position: Der Moderator befindet sich direkt im Stadion, ist also mittendrin, was von redaktioneller Seite auch so gewünscht war. Auch von der Technik her hat sich dieses Konzept bewährt, auch wenn es im Vorfeld einige Unwägbarkeiten gab. Vuvuzelas im Stadion hätten etwa die Tonaufzeichnung bei dieser Position deutlich erschwert – aber mit diesen Problem mussten die Sender glücklicherweise nur in Südafrika kämpfen.
Als besonderen Erfolg wertet Wendy den Einsatz einer Birdy-Kamera von TV Skyline, die mit einem neuen Armsystem ausgerüstet ist. Der vordere Teil der Kamera wird dabei über ein Seil stabilisiert, sodass der Blickwinkel immer gleich bleibt, gleichgültig, in welchem Winkel sich der Arm befindet. »Dadurch ist die Kamera ruhiger, sie lässt sich aber trotzdem voll schwenken – und liefert tolle Bilder«, urteilt Wendy.
Sind die Signale aus den Venues und dem IBCC Frankfurt beim HR angekommen, wird die dortige Infrastruktur genutzt, um die Signale zu bearbeiten und weiterzuleiten: etwa eine HD-Regie, Teile des Hauptschaltraumes und mehr. Der HR verfügt über einen relativ neuen, redundant ausgeführten Schaltraum, der für die WM zweigeteilt wurde, sodass ein Teil exklusiv für die Abwicklung der Frauen-WM zur Verfügung steht. Im Schaltraum laufen alle Signale auf, die via Glasfaser oder Satellit ankommen. Von hier aus werden die Schnittinseln und/oder die Produktionsregie im HR versorgt. Für die Senderegie wird die neue HD-Regie 1 des HR eingesetzt, dort liegen alle Signale der WM auf und dort werden auch zentral für alle Venues die Grafiken zugeführt. »Hier können wir auch Konferenzschaltungen realisieren und in jene Stadien schalten, in denen gerade Interessantes abläuft« erklärt Wolfgang Scheibe.
Neben dieser vorhandenen, fest installierten HR-Infrastruktur nutzt der innerhalb der ARD federführende Sender für die WM-Produktion aber auch weitere Räume und Container, in denen speziell Equipment für die redaktionelle und technische Produktion der Frauen-WM installiert wurde.
Als Schnittbereich etwa wurde in einem Container ein komplettes Avid Interplay mit einem Isis-5000-System aufgebaut. Der HR arbeitete hierbei mit dem Frankfurter Handels- und Systemhaus Media Online zusammen. Geschäftsführer Marcus Weyrauch berichtet, dass man hierfür bestehendes Equipment aus dem Produktionspool von ARD und ZDF integriert habe, unter anderem den Sportserver, den Media Online für die Fußball-EM gebaut hatte. Zusätzlich wurden aber noch weitere Komponenten, darunter eben Avid Interplay und das Isis-5000-System, integriert. Ans Interplay und Isis 5000 sind vier Media-Composer-Schnittplätze von Avid in der Variante Nitris DX angebunden, von denen einer für Admin-Jobs vorgesehen ist. Zusätzlich gibt es noch Browsing-Stationen, von denen eine vom Hörfunk und eine für die angeschlossene Quantel-Station genutzt wird. Weitere Komponenten des Interplay-Setups sind zwei Transfermanager, WebServices, Lookup und Indexer.
»Eigentlich geht es bei solchen Installationen immer darum, die Workflows zu optimieren und die Mitarbeiter auch mitzunehmen. Darin besteht auch unsere Leistung«, sagt Marcus Weyrauch. Dabei liege die Tücke oft im Detail, wenn es etwa darum gehe, einheitliche Strukturen zu schaffen und beispielsweise auch die Formatvielfalt der ARD-Sender, die von P2 bis XDCAM reicht, unter einen Hut zu bringen.
Weiter sind in diesem Bereich drei EVS-Systeme im Einsatz, die für Ingest und Playout genutzt werden. Auch hier war Media Online, mittlerweile auch Partner von EVS, involviert. Die Live-Feeds der EVS-Maschinen werden kontinuierlich mit zwei EVS-XT-Servern aufgezeichnet – im DnxHD-Codec mit 120 Mbps. Der Datentransfer von den EVS-Maschinen zu den Avid-Systemen wurde über die neue EVS-Webservice-API realisiert. »Wir haben die Schnittstelle mit Isis 5000 getestet und das läuft performant und auch ohne Probleme«, resümiert Heiko Herre, Planungsingenieur beim HR. Insgesamt stehen somit rund 375 Stunden Speicherplatz zur Verfügung. Mit der Installation dieses Bereichs hatten HR und Media Online schon im April begonnen. »Das klingt nach langem Vorlauf«, sagt Weyrauch, »aber letztlich braucht es diese Zeit auch, um alles zu integrieren und zu testen – bis zum ersten Anpfiff mussten wir etliches anpassen, ändern und optimieren«.
Weiter ist auch IPDirector von EVS in das Setup integriert. IPDirector ist — vereinfacht gesagt — eine zentrale Datenbank-Software, mit der sich sämtliche Daten auf einem EVS-Server verwalten lassen. Die Software ermöglicht die Sichtung des Materials wie auch den komfortablen Austausch und Transfer zu anderen Schnittsystemen. »Wir haben auch in der Senderegie Zugriff auf diese EVS-Systeme«, ergänzt Wolfgang Scheibe, »das ist wichtig, wenn’s mal schnell gehen muss und während des Ablaufs einer Sendung schon Zugriff auf dieses Material nötig ist«.
Heiko Herre ergänzt: »Üblicherweise arbeitet das Isis-5000-System in der Standardkonfiguration mit einem Switch. Wir haben bei unserem Setup den Switch verwendet, den der Hersteller zertifiziert — dabei handelt es sich um ein 24-Port-Gerät. Einen Teil davon nutzen die EVS-Maschinen, das Isis-System ist wiederum mit 10 Gbps angebunden.«
ZDF
Das ZDF sendet in der Regel direkt von den Venues und präsentierte in der Vorrunde beide Spiele. aus einem Stadion. Die vor Ort produzierten HD-Signale wurden dabei vom jeweiligen Venue immer zum zentralen Schaltraum ins IBCC geschickt. Dort das ZDF auch ein Schnittmobil platziert, in dem an drei Schnittplätzen alle übergeordneten Beiträge gefertigt, dann an die ebenfalls im Container untergebrachte Regie übergeben und schließlich wieder an den Ü-Wagen am Venue geschickt werden. Dort befindet sich quasi die ZDF-Senderegie, in der zwischen dem Moderator im Studio oder auf der Stadionplattform und den Berichten, die in den ZDF-Containern des IBCC geschnitten werden, umgeschaltet wird.
Ebenfalls vor Ort hat das ZDF einen Sonderformate-Raum installiert. »Wir arbeiten in Deutschland ja nach wie vor mit vielen unterschiedlichen HD-Formaten«, berichtet Ralf Göß, »und in diesem Raum können wir alle Formate einspielen«. Dass man sich für diesen Weg entschieden hat, begründet Ralf Göß ebenfalls mit Wirtschaftlichkeit: »Wir haben auch erwogen, das alles nach Mainz an den Lerchenberg auszulagern, aber das wäre auf Grund der Leitungsführung zum Hostbroadcaster deutlich teurer geworden«, so Göß.
Weiter war das ZDF in Frankfurt auch für die Installation des Leitungsübergaberaums zuständig: »Hier sitzt unser Leitungswesen, letztlich die Schnittstelle zwischen den Technik-Containern und Fahrzeugen hin zu den Media-Broadcast-Leitungen und zu den anderen Providern, die uns die HD-Sende und Rückleitungen zu Verfügung stellen. Auch die SNG-, Reserve- und Backup-Leitungen werden hier koordiniert«, erklärt Göß, »ebenso die breitbandige Glasfaserleitung hin zum HR in der Betramstraße.«
An den Venues arbeitete das ZDF mehrgleisig: Gemeinsam mit einem NDR–Ü-Wagen begleiteten ZDF und ARD-Redakteure die deutsche Mannschaft. Den Löwenanteil der Produktion wickelte das ZDF jedoch mit den HD-Ü-Wagen MP4 und MP5 ab. »Wir haben diese beiden Ü-Wagen vollkommen identisch ausgerüstet und dann auf Venue-Tour geschickt«, berichtet Ralf Göß. Die Tour wurde dabei so ausgetüftelt, dass die Fahrzeuge möglichst wenig unterwegs waren. Vorteil der identischen Technik-Ausstattung: Die Produktionsteams an den Venues fanden immer gleiche Bedingungen vor und mussten sich aus technischer Sicht nicht umstellen. »Selbst die Kommandostruktur und die Monitorwandbelegung in den Regien war exakt gleich, sodass die Redakteure teilweise gar nicht bemerkten, dass sie auf einem anderen Ü-Wagen saßen«, so Ralf Göß. Vor Ort arbeitete das ZDF mit bis zu zwölf eigenen Kameras.
Die Presenter-Position der Moderatoren im Stadion realisierten ARD und ZDF bezüglich der Bühnentechnik gemeinsam. Das ZDF nutzte für diese Position eine Stativkamera und eine Kamera auf einem Minikran Typ Jan-Jib mit vergleichsweise kompaktem Ausleger, zusätzlich war eine Drahtlos-HD-Kamera im Einsatz, »die auch öfter mal vor dem Stadion und im Fanbereich eingesetzt wurde«, wie Ralf Göß berichtet.
Aufgrund der positiven Zuschauerresonanz und der sensationellen Quotenerfolge erweiterte das ZDF im Verlauf der WM auch noch das eingesetzte Equipment: »Wir haben mehr Server eingesetzt, sodass wir noch mehr aufzeichnen konnten, außerdem haben wir beim letzten Spiel der deutschen Mannschaft gegen Japan auch eine Helicam eingesetzt, die vom Ü-Wagen aus gesteuert werden konnte und beispielsweise in Dresden noch eine abgesetzte SNG disponiert, die in der Stadt unterwegs war, um Fan-Meinungen einzuholen«.
Andere Sender
Neben ARD und ZDF berichtet der US-Sportsender ESPN mit einem sehr großen Team von der Frauen-WM. Für ESPN sind zwei Fahrzeuge von SI-Vision im Einsatz, die ESPN für die Produktion gebucht hat. Ebenfalls vor Ort ist das schwedische Fernsehen, das vergleichsweise umfassend berichtet.
Fazit
Fürs deutsche Fernsehen endete nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft zwar das Quotenfest, doch eines hat die WM dennoch bewirkt: Frauen-Fußball ist aus der Nische herausgetreten und stieß auf deutlich mehr Interesse als erwartet und erhofft. Insofern hat sich der Aufwand für die berichterstattenden Sender auf jeden Fall gelohnt – auch wenn es für die deutsche Mannschaft nicht zum Titelgewinn gereicht hat.
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