Stereo-3D ist leiser geworden
Im vergangenen Jahr wurden die meisten in der Branche mehr oder weniger überrumpelt vom Hype um Stereo-3D. Obwohl das Thema schon länger auf kleiner Flamme gebrodelt hatte, überraschte dann doch die Wucht, mit der es plötzlich allenthalben präsent war — wenn der Grund dafür vielleicht auch im Mangel an anderen großen Themen bestand.
Die Consumer-Messe CES hatte den Weg bereitet für das große Knallerthema der NAB2010. »Und kann das auch 3D?«, dürfte die Frage gewesen sein, die an den Messeständen sehr häufig zu hören war – und wer nicht irgendetwas zu Stereo-3D sagte, setzte sich dem Verdacht aus, er habe einen wichtigen Trend verschlafen.
Zur IBC2010 hatte der Hype dann schon etwas nachgelassen und es waren auch mehr skeptische Stimmen zu hören: Stereo-3D im Kino schien den meisten als Erfolgsstory vorstellbar, in der TV-Übertragung sahen dagegen sehr viele für die nahe Zukunft keine wirkliche Basis: So könnte man vielleicht den kleinsten gemeinsamen Nenner in der Branche zusammenfassen.
Zur NAB2011 ist es nun merklich ruhiger um Stereo-3D geworden, vielleicht auch deshalb, »weil viele gemerkt haben, dass es deutlich länger als erhofft dauern wird, bis Stereo-3D am Markt auf breiter Basis angekommen ist«, wie es einer der film-tv-video.de-Gesprächspartner zusammenfasste.
Mittlerweile ist die Branche dennoch einen Schritt weiter und es gibt Erfahrungswerte aus zahlreichen Testproduktionen in Sport, Unterhaltung, Kino und Events. Je nach persönlicher Vorliebe fällt das Resümee zu Stereo-3D mal mehr, mal weniger enthusiastisch aus: Die Fans tönen lauter denn je, dass der Hype keineswegs vorbei sei: »Stereo-3D ist deshalb nicht mehr ganz so Präednt, weil wir mittlerweile ganz normal im Alltag damit umgehen«, ist da etwa zu hören. Die Skeptiker fühlen sich hingegen davon bestärkt, dass immer noch nicht wirklich viel Stereo-3D-Programm On Air geht.
Eines aber hat sich klar herauskristallisiert: Wenn Stereo-3D auf breiterer Basis erfolgreich werden soll, muss es technisch einfacher werden. Monströse Stereo-3D-Rigs, umständliche, zeitintensive Justagen an Objektiven und der Kampf mit Synchronisierungsproblemen, das ist in der Pilot- und Testphase gerade noch akzeptabel, kann aber nicht dauerhaft so bleiben – so lautet die Rückmeldung der Anwender. Deshalb sind Rigs nun kompakter geworden und lassen sich leichter einrichten, und in der Post sind die Softwares nun deutlich besser als vor einem Jahr in der Lage, zwei Datenströme praktikabel zu bearbeiten. Bei der NAB2011 gab es zudem auch etliche Vorschläge für den Weg zur voll integrierten oder zumindest kompakteren Stereo-3D-Kamera zu sehen.
Kaum Neuheiten konnte man allerdings beim zweiten wichtigen Erfolgsfaktor für Stereo-3D sehen: den autostereoskopischen Displays. Nach Einschätzung vieler muss aber Stereo-3D-Genuss ohne Brille möglich werden, damit sich die Technik auch beim Endkunden etablieren kann.
Vielleicht kann man das Stereo-3D-Resümee der NAB so zusammenfassen: Es geht zwar durchaus einiges voran, insgesamt dürfte Stereo-3D aber ein ähnlich langer, holpriger Weg bevorstehen, wie zuvor schon der HD-Technik. Einen Markt zu schaffen, in dem auch tatsächlich etwas verdient wird, jenseits vom Blockbuster-Kino und von gesponserten Testproduktionen, das wird letztlich der Schlüssel sein. Dass sich das nicht von einem Tag auf den anderen umsetzen lässt, versteht sich von selbst. Vielleicht muss man Stereo-3D deshalb trotz aller berechtigten Skepsis einfach noch (viel) mehr Zeit geben.
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