Ski-WM 2011: Test für Olympia 2018?
ARD und ZDF haben sich für die TV-Übertragung der aktuell laufenden Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen zum Host-Broadcaster »GAP TV2011« zusammengeschlossen. Gemeinsam produzieren sie unter diesem Dach die internationale TV-Übertragung des Wintersport-Events. Zusätzlich zum »Weltsignal« realisieren die beiden Sender auch noch jeweils ihre nationalen Signale, die in umfangreiches Programm münden, das ARD und ZDF in ihren Hauptprogrammen senden.
Die Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen ist das größte Wintersportereignis in diesem Jahr — und es hat für den deutschen Wintersport auch eine darüber hinausgehende Bedeutung: Schließlich bewerben sich Garmisch-Partenkirchen, München und Königsee für die Olympischen Winterspiele im Jahr 2018 und da kann es sicher nicht schaden, wenn die aktuelle Ski-WM optimal verläuft.
Zu einem sportlichen Wettkampf in der Größenordnung der Ski-WM gehört heute auch eine aufwändige TV-Übertragung. Hier legen sich bei der Ski-WM ARD, BR und ZDF ins Zeug: Sie produzieren mit 240 Mitarbeitern als Host-Broadcaster das internationale Signal. Zusätzlich sind ARD, ZDF und BR mit weiteren Mitarbeitern vor Ort, um das nationale Programm zu gestalten und mit zusätzlichen Elementen und Signalen auf die Bedürfnisse der deutschen Zuschauer zu optimieren.
Das internationale Bild wird durchgängig im HD-Raster 1080i produziert und erst vor der nationalen Ausstrahlung in 720p gewandelt. Der Ton wird im Unterschied zu den olympischen Spielen in Vancouver in Stereo produziert. Lediglich die Eröffnungsshow, die der BR produzierte, wurde in 5.1 Surround realisiert.
Während der Ski-WM in Garmisch berichten die Sender von drei Venues: Von der Abfahrtsstrecke Kandahar, dem Slalomhang Gudiberg und der Medal Plaza, wo die Medaillen verliehen werden. An allen drei Venues befinden sich auch Moderatoren-Plätze. Per Glasfaser sind die Venues miteinander verbunden.
Jürgen Kreissl, Chef der Außenübertragung beim Bayerischen Rundfunk, erläuterte im Gespräch mit film-tv-video.de das grundlegende Produktionskonzept des Events.
Host-Broadcaster GAP TV2011: Weltbild
»Eine Besonderheit der Produktion besteht darin, dass ARD und ZDF sowohl nationale wie auch internationale Signale produzieren«, sagt Jürgen Kreissl. Deshalb habe man sich bei ARD und ZDF dazu entschieden, unter Federführung des ZDF die Produktionsgemeinschaft GAP TV2011 zu gründen. Sie beliefert als Host-Broadcaster alle Sender mit Bild- und Tonmaterial, die Übertragungsrechte an der Ski-WM erworben haben — also auch ARD und ZDF selbst.
Für die Produktion des Weltbildes an der Abfahrtsstrecke Kandahar hatte der Host-Broadcaster schon im vergangenen Jahr die Firma Wige beauftragt. »Wige hat damals das Weltcup-Finale produziert und wir wollten, dass derselbe Dienstleister, der ja auch sehr viel Wintersporterfahrung vorweisen kann, auch die WM realisiert«, erläutert Jürgen Kreissl. Zwar hatte Wige seit der Beauftragung seinen HD-Ü-Wagen im Rahmen der Restrukturierung des Unternehmens an Studio Berlin Adlershof (SBA) abgegeben, aber für die WM haben das Wige-Produktionsteam und das SBA-Fahrzeug wieder zusammengefunden. Somit herrschen in diesem Bereich letztlich die gewünschten und geplanten Produktionsbedingungen. Zentrale Komponenten des Ü-Wagens sind der Kalypso-Bildmischer, ein Lawo-Audiopult des Typs mc2 66, sowie LDK-6000-Kameras von Grass Valley.
Am Gudiberg produziert der BR für den Host-Broadcaster mit dem sendereigenen HD-Ü-Wagen FÜ1 das internationale Signal. Der FÜ1 ist seit März 2010 im Einsatz und konnte sich bis dato schon bei rund 40 HD-Produktionen bewähren.
Der FÜ1 des BR ist ein 3-achsiger Sattelauflieger mit vier Auszügen, dem ein 2-achsiges Rüstfahrzeug zur Seite gestellt ist. Herzstück des HD-Ü-Wagens ist der Multiformat-Bildmischer MVS-8000G von Sony, der beim Einsatz in Garmisch die Bildsignale von 16 angeschlossenen Kameras verarbeitet. »Die restlichen Bilder kommen von anderen Quellen, davon können wir 20 zusätzlich ohne Probleme verarbeiten«, so Jürgen Kreissl.
Die Steuerung und Kontrolle der meisten Systeme übernimmt im FÜ1 das Virtual Studio Manager System von L-S-B. Weitere Schlüsselkomponenten des FÜ1 sind Audiomischer von Lawo und Yamaha, Router von Grass Valley sowie vier Video-Server mit jeweils sechs Kanälen und ein Xedio-Produktionssystem von EVS. Ebenfalls an Bord: ein nonlinearer Avid-Schnittplatz und Kaleido-Multiviewer von Miranda. Bei der Ski-WM reichen die vier integrierten EVS-Arbeitsplätze des FÜ1 allerdings nicht aus, weil hier umfassende Zeitlupen- und Highlight-Anforderungen herrschen. Deshalb wird der BR-Ü-Wagen beim Einsatz während der Ski-WM mit dem kleineren Fahrzeug SM1 verbunden, in dem sich drei weitere EVS-Arbeitsplätze befinden.
Jürgen Kreissl hebt beim FÜ1 insbesondere hervor, dass sich beiden eingebauten Regien auch als Großraumregie nutzen oder eben per Schiebetür voneinander trennen lassen. Die Schiebetür sorgt dann auch für eine akustische Trennung. Weiter ist es möglich, die Arbeitstische der EVS-Arbeitsplätze zu drehen, sodass an dieser Position bei Bedarf statt eines EVS-Operators auch ein Mitarbeiter mit anderen Aufgaben sitzen kann.
Bei der Produktion des Weltbildes ist es heute üblich, den Lizenznehmern mehr als nur ein Live-Signal anzubieten. Deshalb gibt es auch von der Ski-WM neben dem klassischen Weltbild inklusive Highlight-Zusammenschnitt zusätzlich auch noch das »Weltbild+«. Hier wird vor und nach den Wettkämpfen zusätzliches Programm angeboten, etwa zusätzliche Highlights vom Vortag, Resümees, Analysen, Interviews. »Phasenweise, bieten wir also parallel zwei unterschiedliche Welt-Feeds an«, erläutert Jürgen Kreissl.
Einen Sonderfall innerhalb der Ski-WM-Produktion stellte die Produktion der aufwändigen Eröffnungsfeier dar, die übrigens ein Novum im Programm einer Ski-WM darstellte. Die Eröffnungsfeier war nicht Bestandteil der Weltbildproduktion, sondern wurde separat vom BR mit 15 Kameras und einer SpiderCam produziert.
Nationales Signal
An der Kandahar ist der ZDF-Ü-Wagen MP4 für ARD und ZDF im Einsatz, um dort das nationale Signal zu produzieren. Der MP4 des ZDF bietet zwei unabhängige Video- und Ton-Regieräume. Bis zu 30 Arbeitsplätze stehen in dem Fahrzeug zur Verfügung. Aufgebaut ist das mobile Produktionszentrum als Sattelauflieger mit 13,6 m Länge, in Arbeitsposition wird ein 1,6 m tiefer Auszug über die komplette Länge ausgefahren.
Von der Elektronik her ist der MP4 für den HD-Standard mit 3 Gbps vorbereitet. Das Fahrzeug kann Einsätze mit bis zu 18 Kameras umsetzen. Die Videokreuzschiene ist mit 468 Eingängen und 864 Ausgängen bestückt. Die erste Bildregie verfügt über einen 4-M/E-, die zweite über einen 3-M/E-Bildmischer (Kahuna von Snell). Die Tonregie ist mit einer 28/8/24-Konsole mit 240 DSP-Kanälen ausgerüstet, als zweiter Tonmischer ist dem kleineren Bildmischer eine 16/8/8-Konsole mit 192 DSP-Kanälen zugeordnet. Sechs vierkanalige EVS-Server sind ebenfalls eingebaut.
Am Gudiberg wird das nationale Signal mit dem HD-SNG-Fahrzeug des ZDF realisiert. Der HD-SNG1 ist ein mit 5 Kameras und 2,4 m Sendeantenne ausgestattetes Kompaktfahrzeug mit 18 t. Er ist mit einem 2-M/E-Bildmischer von Snell bestückt, in der Audioregie tut ein Mischpult von Yamaha Dienst.
Für die Produktion des nationalen Signals reichen die technischen Kapazitäten nach heutigen Mäßstaben aber nicht aus, daher wurde dem HD-SNG1 noch ein Bildregie-Container beigestellt. Theoretisch hätte man sich auch den neuen MP5 des ZDF an dieser Position vorstellen können, habe aber aus Budgetgründen darauf verzichtet, so Jürgen Kreissl.
Produktion Kandahar
An der Kandahar sind bei den Toprennen rund 40 Kameras im Einsatz. Das Gros davon machen Grass-Valley-Kameras aus (LDK6000 und LDK8000). Weiter sind diverse Kräne, ein 30-Meter-Ausleger mit Korb, eine Hubschrauberkamera, Drahtloskameras an Start und Ziel, sowie eine Polecam am Start im Einsatz. Zusätzlich sind an besonders interessanten Passagen der Strecke Super-Slomo-Kameras (LDK8300) im Einsatz. Zwei Cunima Mini-HD-Kameras hat Wige zudem im Schnee direkt an der Strecke installiert, am »freien Fall«, einer berühmt-berüchtigen Passage des weltbekannten Skihangs, ist ein Hot Head im Einsatz.
»Eine der großen Herausforderungen für uns besteht darin, dass etliche Kameras aufgrund der unterschiedlichen Streckenführungen bei den verschiedenen Wettbewerben im Verlauf der Weltmeisterschaft die Position wechseln müssen. Dieser Umbau muss teilweise innerhalb kürzester Zeit geschehen«, erläutert Tobias Vees, Technik-Chef beim TV-Dienstleister Wige. Er ergänzt, dass es an der Kandahar zudem galt, große Strecken zurückzulegen, sodass an zwei Stellen Bildtechnik am Berg abgesetzt wurde, um die maximal möglichen Kabellängen nicht zu überschreiten. »Das ist bei HD ein großes Thema«, erklärt Tobias Vees, und ergänzt: »Der Wegfall von Frequenzen für den Einsatz von Drahtloskameras, die bisher zur Verfügung standen, bringt derzeit so ziemlich jeden Broadcaster in Schwierigkeiten.« Nur dank der engen Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur konnten diese Probleme letztlich gelöst werden.
Produktion Gudiberg
Der BR produziert für den Host-Broadcaster mit dem HD-Ü-Wagen FÜ1, wie schon ausgeführt, das internationale Signal der Wettkämpfe am Gudiberg. »Das Tolle beim Slalom am Gudiberg ist die Tatsache, dass der Hang für die Zuschauer vor Ort komplett einsehbar ist«, sagt Werner Zelisko, Produktionsleiter beim BR. »Man kann also im Zielraum das Rennen vom Start bis ins Ziel mitverfolgen, »und dadurch entsteht eine sehr dichte Atmosphäre«, so Zelisko.
Diese Atmosphäre will das Team des BR bei der TV-Übertragung der Rennen am Gudiberg bis in die Wohnzimmer der Zuschauer transportieren. »Wir betreiben für diese kurze Strecke einen erheblichen technischen Aufwand und haben 24 Kameras im Einsatz«, erklärt Jürgen Kreissl. Neben 16 stationären Ü-Wagen-Kameras des Typs Sony HDC-1400 R sind unter anderem ZDF-Drahtloskameras im Einsatz, sowie drei Kräne, eine Polecam im Startbereich und eine Flycam (Wingcam MC) von der Firma Airtime aus Lenggries. »Von dieser Kamera erwarte ich mir relativ viel«, so Werner Zelisko, »denn sie deckt fast den kompletten Hang ab und ist so positioniert, dass sie im Prinzip über den Zäunen fährt und dadurch sehr dicht am Läufer dran sein kann.«
In der Nähe zu den Athleten und der Verdichtung der Atmosphäre sehen die Macher auch einen großen Unterschied zur Kandahar-Strecke, die deutlich länger ist. Die Wingcam MC am Gudiberg habe einen deutlich höheren Wirkungsgrad, weil sie nicht nur über die Läufer, sondern auch übers Publikum fliegen könne und damit auch sehr dynamische Bilder aus einer ungewöhnlichen Perspektive liefern könne. Auf der Wingcam MC und dem von Airtime entwickelten Remote Head ist eine Sony HDC-P1-Kamera mit einem Canon HJ14ex4,3 IASE Objektiv im Einsatz.
Medal Plaza
Die Produktion am Medal Plaza im Kurpark von Garmisch-Partenkirchen hat der SWR übernommen. Die Technische Leitung liegt bei Jörg Teufel vom BR, der auch für den Gudiberg zuständig ist und bei Gregor Schmidt vom SWR. Mit dem großen SWR-Ü-Wagen Ü2 werden für das Weltbild die Siegerehrungen in HD produziert. Diese finden dort täglich zwischen 18.00 und 18.45 Uhr statt.
In der zweiten Regie des SWR-Ü-Wagens wird das nationale Programm für ARD und ZDF gestaltet. Das Bayerische Fernsehen sendet täglich in diversen Schalten in die »Abendschau« oder »Blickpunkt Sport«.
Live-Produktionskonzept mit EVS-Equipment
Das Produktionskonzept der Ski-WM unterscheidet sich deutlich von den Workflows, die man in Vancouver bei den Winterspielen verfolgte (Videoreports). Das Herz der Live-Produktion der Ski-WM bilden 13 EVS-Systeme. Für die Produktion des internationalen Signals werden im Ü-Wagen die kompletten Slomo- und Highlight- wie auch die Nachfolge-Beiträge produziert, erläutert Patrick Jung aus dem ZDF Produktions- und Sendebetrieb: »Vom Start oben gibt es einen Vorschnitt in einer kürzeren und einer längeren Version.«
Das auf diese Weise vorproduzierte Material kann die Hauptregie im Ü-Wagen dann gleich weiter benutzen, wobei bei den vorproduzierten Vorschnitten von einem Zeitversatz von etwa einer Minute die Rede ist.
Tobias Vees von Wige sagt dazu: »Das ist alles recht komplex, demzufolge arbeiten wir auch mit zwei Regisseuren, die sich bei den Damen- und Herrenrennen abwechseln und von denen einer jeweils die Vorschnittregie und der andere die Hauptregie übernimmt. Zusätzlich gibt es noch eine Havarieregie, die den oberen Teil auch noch abdecken kann und über Backup-Leitungen der Ü-Wagen-Regie vorgeschnittenes Material anliefern könnte.
Aufgrund des großen Geländes und der Tatsache, dass es bei den verlegten Kabeln auch immer zu Problemen kommen könnte, gibt es noch eine Richtfunkstrecke auf den Berg, über die es möglich wäre, ein »Vorprodukt« in den Ü-Wagen zu holen. Zusätzlich wird im Ü-Wagen auch die komplette Slow-Motion für die internationalen Kameras umgesetzt.
Im IBC ist der Host-Broadcaster an den Ü-Wagen angebunden und archiviert auch das Material, das der Ü-Wagen produziert. Zusätzlich werden im IBC auch noch EB-Material der eigenen Teams und weitere Feeds, die außerhalb der Ü-Wagen-Produktionszeiten entstehen, nachbearbeitet. »Das sind dann Beiträge, die wir abends für das Weltbild+ schneiden und die am folgenden Tag dann zur Verfügung stehen«, erklärt Patrick Jung.
International Broadcast Center (IBC)
Das IBC an der Kandahar ist als dreistöckiges Container-Gebäude aus 120 Containern angelegt. Für den räumlichen Aufbau des IBC war das Organisationskommittee (OK) verantwortlich, wobei die Vorgaben für den Bau vom Host-Broadcaster stammten.
Die einzelnen Venues sind per Glasfaser miteinander verbunden, für die Verlegung der Leitungen waren die Lechwerke verantwortlich. In den Telco-Räumen kommen die Glasfasersignale an, werden aufgesplittet, zusammen mit den Ü-Wagen-Signalen aufbereitet und an die Technical Operations Center (TOC) verteilt. Für weitere Formate stehen in den TOCs auch noch diverse MAZen bereit, über die sich etwa P2-, IMX-, HDCAM– oder auch Digi-Beta-Material einspielen lassen.
Im internationalen Schaltraum (MCR) laufen alle internationalen Leitungen der drei Venues Kandahar, Gudiberg und Medal Plaza auf – und werden von dort aus auch wieder abgegeben. Fürs Monitoring sind in MCRs Evertz-Multiviewer im Einsatz. Das Equipment des Schaltraums, der im IBC an der Kandahar installiert wurde, stammt aus der Mobilen Produktionseinheit (MPE) von ARD und ZDF. Dahinter verbirgt sich ein Pool an Produktionsequipment, den ARD und ZDF gemeinsam gekauft haben und den sie vor allem bei den sportlichen Groß-Events gemeinsam nutzen.
Die Idee dahinter entstand 1988 bei den olympischen Spielen in Calgary. »Wir sahen damals die Notwendigkeit, eine Lösung zu finden, für die steigenden Anforderungen der Sportproduktion«, erläutert Jürgen Kreissl. Alfred Bender, beim ZDF zuständig für die technische Abwicklung der großen Sport-Events, ergänzt, dass sich das Konzept des gemeinsamen Geräte-Pools bewährt und im Laufe der Jahre immer weiter entwickelt habe.
Bei noch aufwändigeren Events, etwa der Fußball-WM (Bericht) oder auch bei olympischen Spielen reicht der MPE-Geräte-Pool mittlerweile allerdings nicht mehr aus. Hier beauftragen die öffentlich-rechtlichen Sender noch externe Dienstleister wie etwa das in diesem Bereich sehr aktive Unternehmen Wellen+Nöthen, um zusätzliches Equipment zu installieren — so wie bei der Fußball-WM in Südafrika oder bei den Winterspielen in Vancouver. Auch bei der WM lieferte Wellen+Nöthen Equipment ans ZDF, allerdings nicht in dem Umfang wie bei der WM.
Die Produktionsspirale
Betrachtet man, wie sich die TV-Übertragung sportlicher Großveranstaltungen in den vergangenen 20 bis 30 Jahren entwickelt hat, so wird überdeutlich, dass der Aufwand mit jedem Event noch größer wurde. »Das befindet sich aber durchaus im Einklang mit den technischen Entwicklungen«, findet Jürgen Kreissl: »Die Geräte werden ja auch immer kompakter und leistungsfähiger. Zudem muss man auch sehen, dass sich die Zahl der Mitarbeiter, mit denen wir solche Groß-Events produzieren, letztlich nicht vergrößert hat – aber aufgrund der technischen Möglichkeiten ist heutzutage der Output einfach größer. Zu Zeiten von Zwei-Zoll-Bandtechnik gab es nun mal noch sehr viele technische Einschränkungen und man musste mit mehr Ü-Wagen und auch mit mehr Personal arbeiten, konnte aber letztlich deutlich weniger produzieren.«
Schließlich besteht für die Sender in Zeiten steigender Rechtekosten aber auch ein gewisser Zwang, die teuer erstandenen Rechte mit einer umfassenden Berichterstattung besser auszuwerten — und das bedeutet im Umkehrschluss eben immer aufwändigere und komplexere Produktionen.
»Letztlich geht es darum, sich weiterzuentwickeln und immer wieder neu zu überdenken, was im Produktionsablauf noch verbessert und optimiert werden könnte«, sagt Jürgen Kreissl. Aus seiner Sicht gibt es in der Sportberichterstattung ohnehin schon seit langem den Trend, die Wettkämpfe nicht nur »abzufilmen«, sondern die Sportler als Persönlichkeiten zu zeigen und deren emotionale Situation in Freud und Leid hautnah in Szene zu setzen. »Und das«, so Kreissl, »geht eben nur, wenn man die entsprechenden technischen Möglichkeiten zur Verfügung stellt.«