Messe, Top-Story: 25.09.2010

Cinec2010: Heimattreffen der Filmwirtschaft

Zum achten Mal fand in diesem Jahr die Cinec statt. Bei dieser Münchener Filmtechnikmesse wurden auch wieder die Cinec-Awards verliehen. Ein kurzer Überblick zum Messegeschehen im Münchener MOC.

173 Aussteller zeigten laut Veranstalter — großteils an Gemeinschaftsständen — im Rahmen der Cinec2010 ihre Produkte und Dienstleistungen. Der Schwerpunkt lag dabei — noch deutlicher als in den Vorjahren — im Bereich Akquisition: die Cinec ist eine »Production Show«. Licht, Kamerasupport und Kamerazubehör aller Art dominierten dabei das Messegeschehen. Gut für Verleiher, Kameraleute und alle anderen, die sich für spezialisierte Tools aus dem Aufnahmebereich interessieren.

Zwar ist ein klarer Fokus für jede Messe von Vorteil: Was jedoch bei der Cinec zwischen all den Stativen, Dollies, Kränen, Remote-Köpfen und Leuchten fehlte, das war der gesamte Bereich Workflow und Postproduction. Das ist deshalb ein Mangel, weil es eben in Zeiten der Digitaltechnik immer wichtiger wird, sich vor der Aufnahme intensive Gedanken über die weiteren Schritte der Produktion zu machen. Es geht einfach nicht mehr, die Kamera isoliert zu betrachten, sie ist Teil eines ganzen Prozesses, der zunehmend von Technologien und Systemen aus der Postproduction beeinflusst wird: Man muss heutzutage ein ziemlicher Hasardeur sein, wenn man einfach mal losdreht, ohne sich vorher Gedanken zu machen, wie das Material gesichert und verarbeitet werden kann und soll. Die ganze Produktionskette abzubilden, sollte deshalb das Ziel einer zeitgemäßen Messe sein. Eine »Production Show«, die diese Brücke nicht schlägt, schneidet sich von der Realität ab und zeigt nur einen schmalen Ausschnitt dessen, was für die Anwender wichtig ist.

Weil die Zusammenhänge in der Filmtechnik zunehmend komplexer, die Technologien und Abläufe undurchschaubarer werden, stehen Workshops, Schulungen und Seminare derzeit hoch im Kurs. Hier konnte die Cinec aber trotz 25 Veranstaltungspunkten im Beiprogramm nicht mit anderen Veranstaltungen mithalten: »Ein buntes Themensammelsurium, vorgetragen von den üblichen Verdächtigen und einigen lokalen Größen«, so bissig kommentierte ein fleißiger Besucher dieses Veranstaltungsteils gegenüber film-tv-video.de diesen Cinec-Sektor. Verträglicher äußerten sich andere Besucher, die aber ebenfalls nicht wirklich zufrieden waren, sondern eine starke Diskrepanz oder Disharmonie zwischen Beiprogramm und Ausstellung monierten. Auch bei den Screenings gab es demnach Defizite.

Vielleicht ist es daher ein Warnsignal, dass man bei der diesjährigen Cinec den Eindruck gewinnen konnte, dass — zumindest gefühlt — etwas weniger Besucher als bei der vorangegangenen Cinec im Jahr 2008 in den Hallen unterwegs waren. Diesem Gefühl widerspricht der Veranstalter mit folgenden Zahlen: Zwar sei die Ausstellungsfläche um rund 4 % geschrumpft, die Ausstellerzahl aber um 10 % gewachsen und mit 3.800 Besuchern gleich viel Publikumszuspruch erreicht worden wie 2008. So oder so: Die nackten Zahlen allein machen noch keine gute oder schlechte Messe, viel wichtiger ist es, dass die richtigen Besucher kommen. Ob das der Fall war, können nur die Aussteller selbst beurteilen — und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Die meisten Gesprächspartner von film-tv-video.de jedenfalls fanden durchaus lobende Worte für die Kompetenz und hohe Fachkenntnis der Besucher.

Ob die zeitliche Nähe zur IBC der Cinec zum Vorteil gereicht, darüber kann man ebenso streiten wie darüber, ob es sinnvoll ist, eine Messe mit internationalem Anspruch auf das Eröffnungswochenende des Münchener Oktoberfests zu terminieren, wo sich etwa die Zimmerpreise auf Höchststand befinden.

Unter diesem Aspekt lohnt sich auch ein Blick auf die Abwesenheitsliste: Kodak etwa hatte in diesem Jahr keinen Stand mehr bei der Cinec und insgesamt standen Filmkameras — außer vielleicht bei Aaton — nicht im Fokus des Interesses. Selbst Arri stellte eindeutig und klar sein digitales Erfolgsmodell Alexa in den Vordergrund. Die Digitaltechnik hat also die eher traditionell aufgestellte Cinec überrollt — aber im Messekonzept spiegelt sich das nicht, sondern es hat sich so gut wie nichts in dieser Richtung verändert. Zudem steht auch die Frage im Raum, ob die rasche Produktentwicklung im Digitalbereich mit dem zweijährigen Rhythmus der Cinec zusammenpasst.

Weil sich also die Cinec2010 als Messe der spezialisierten Tools präsentierte und eigentlich keinen Blick auf das große Ganze bot, hat auch film-tv-video.de im folgenden nur ein paar wenige der dort vorgestellten Kamerasysteme und Tools herausgegriffen. Viele Cinec-Highlights gab es zudem auch schon bei der IBC zu sehen und die umfassende IBC-Berichterstattung von film-tv-video.de läuft ja noch weiter.

Messe-Highlights

Weisscam zeigte das Konzept einer ungewöhnlichen Kamera, die nach Unternehmensangaben in zwei Jahren Realität sein könnte. Dabei sind Kamera- und Recorder/Steuer-Einheit technisch getrennt. Sie können über ein Scharnier zu einem Standalone-Gerät kombiniert oder auch abgesetzt voneinander genutzt werden. Den Kamerateil will Weisscam mit drei verschiedenen Sensoren anbieten: mit einem 2/3-Zoll-Sensor für 2K-Auflösung, einem 35-mm-Sensor mit 2K und einem mit 4K. Der Recorder soll sich auch separat nutzen lassen und in der Lage sein, zwei Signale parallel aufzuzeichnen. Als Speichermedium sollen wechselbare, eigene SSD-Speicherbausteine mit jeweils zwei Terabyte Kapazität genutzt werden. Die Kamera soll Bildraten bis zu 250 fps bieten, im Markt will Weisscam das neue Kamerakonzept zwischen Alexa und Red Epic positionieren.

Skyline informierte über eine Stereo-Variante seiner ferngesteuerten Sportscam und ein passendes Übertragungs- und Fensteuersystem. Die 3D Sportscam nutzt zwei Kameras mit 1/3-Zoll-CMOS-Sensor, die in einem Remote-Kopf spritzwassergeschützt montiert sind und von einem Steuerpult aus fernbedient werden. Eine Besonderheit des passenden Übertragungssystems Unilink liegt darin, dass nur eine einzige Glasfaserverbindung benötigt wird, um beide Kamerasignale in der einen und die Steuersignale in der anderen Richtung zu übertragen. Am Stand zeigte Skyline auch ein Mini-Rig für den Stereo-3D-Einsatz mit der Minikamera HD1200 von LMP. Die CCU der HD1200 bietet auch einen Raw-Datenausgang, was diese Kamera auch für den Einsatz im Filmbereich interessant macht. Weitere Neuheit bei Skyline: Birdy 5.0, ein Leichtkran mit 5,5 m Länge aus Carbon, mit leichtem Remote-Kopf für Minikameras. Birdy kann auf normale Stative mit 100- oder 150-mm-Schale montiert werden.

Der elektrisch angetriebene Kamerahubschrauber Multicopter von Campilots, schon bei der Digitalen Cinematographie ein Messeliebling (siehe Report), stieß auch bei der Cinec auf reges Publikumsinteresse und wurde zudem mit einem Cinec-Award prämiert (siehe letzter Abschnitt).

Ein im Grunde simples DSLR-Zubehör, das auf regen Zuspruch stieß, präsentierte PTV: Einen Sucheraufsatz für DSLR-Displays, der aufgeklappt werden kann und es dann dank eines integrierten Spiegels auch erlaubt, von oben auf das Display zu schauen. So kann auch aus tiefen Positionen bequem mit einer DSLR gefilmt werden und es kommt sogar ein Hauch von »Hasselblad«-Feeling auf. Der Sucheraufsatz heißt Profinder und passt laut Hersteller Varavon an die Canon-DSLRs 7D, 5D MkII und 550 D, sowie an weitere Kameras.

Easylook zeigte im Rahmen der Cinec mit dem Easy Mag seine Variante für die Umrüstung der 16-mm-Kamera Arriflex SR auf Digitalbetrieb. Wie beim Digimag des Konkurrenten P+S Technik, das mit einem Cinec-Award prämiert wurde (siehe letzter Abschnitt und IBC-Videoreport), wird dabei an die Filmkamera statt des Filmmagazins ein »Digitalmagazin« angesetzt, das eine digitale Kamera und einen Datenrecorder enthält. Beim Easy Mag kommt hierbei ein 2/3-Zoll-CMOS-Sensor zum Einsatz, aufgezeichnet wird im Format XDCAM HD 422 auf CF-Speicherkarten, später soll 4:4:4-Raw möglich werden.

Bebob präsentierte seine neue V-Akku-Linie, die der Hersteller selbst entwickelte und unter Verwendung hochwertiger Sanyo-Zellen aus Japan selbst in Deutschland herstellt. Die Lithium-Ionen-Akkus sind in Leistungsstufen von 95 bis 190 Wh erhältlich. Dazu bietet Bebob ein 2-Kanal-Ladegerät mit integriertem Netzteil an. Bebob hebt das besonders strapazierfähige Gehäuse der Akkus hervor, wie auch die Möglichkeit, die Akkus nachträglich mit neuen Zellen bestücken und damit Kosten sparen zu können. Dank Twist D-Tap-Anschluss lassen sich die Akkus auch als Stand-alone-Stromquelle verwenden, etwa um zusätzliches Kamerazubehör zu betreiben. Bebob bietet die Akkus zu Nettopreisen ab 255 Euro an.

Besondere, hochpezialisierte Tools stellt Cineparts her. Ein Schwerpunkt liegt dabei derzeit auf dem Power-Management für Kameras und deren Zubehör: Digitale Filmkameras haben selbst schon eine hohe Leistungsaufnahme, wenn dann noch diverses Kamerazubehör mit Spannung versorgt werden muss, können leicht Stromprobleme auftreten. Mit dem Slurp-o-meter bietet Cineparts ein kompaktes, für den Set-Einsatz optimiertes Messgerät an, mit dem man sich rasch einen genauen Überblick der elektrischen Parameter eines Kamera-Setups verschaffen kann. Wenn man dann erst mal weiß, welche Ströme, Spannungen und Leistungen benötigt werden, geht es darum, diese sicher und dauerhaft bereitzustellen. Hierfür bietet Cineparts Netzgeräte und Akkuadapter an. Mit Adapt SR ist es etwa möglich, die Arriflex SR mit gängigen V-Mount-Akkus zu betreiben, ein anderer Adapter ermöglicht es, BP-U-Akkus an V-Mount-Ladegeräten zu laden. Cineparts hat auch Adapter, um V-Mount-Akkus von der Kamera abzusetzen oder um V-Mount-Geräte via 12-V-XLR4 zu versorgen. Der Knaller für Setups mit hohem Leistungsbedarf ist aber Adapt Quad V: Daran können vier Akkus unterschiedlicher Typen und auch mit unterschiedlichem Ladeniveau angeschlossen werden, das Gerät stellt daraus 12 oder 24 Volt Gleichspannung bereit. Ein integriertes Power-Management sorgt dabei dafür, dass die Gesamtlast optimal auf die Akkus verteilt wird und diese sich nicht gegenseitig laden oder entladen — was im ungünstigsten Fall zur dauerhaften Beschädigung und Überhitzung, bei Lithium-Akkus auch zur Explosion führen könnte.

DasRekorder ist ein portabler Solid-State Recorder, den GreenPost entwickelt hat. Er beherrscht Dual HD-SDI-Aufzeichnung, kann Arri-Raw-Daten und auch zwei Ströme in einem File oder als separate Files für rechtes und linkes Auge aufzeichnen. Für die (Stereo-3D-)Wiedergabe am Set stehen Ausgänge für HD-SDI und HDMI zur Verfügung. Der portable Recorder lässt sich mit Akkus versorgen und akzeptiert Gleichspannungen im Bereich zwischen 10 und 35 V. 

Cinec-Awards

Im Rahmen eines Staatsempfangs wurden im Kaisersaal der Münchner Residenz die diesjährigen Cinec-Awards verliehen. Martin Zeil, der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, begrüßte die Gäste. Dann wurden neun der Bavaria-Statuetten verliehen, die den Cinec-Award symbolisieren. Den Preis stiftet die Fördergemeinschaft Filmtechnik Bayern e.V., er wird an Aussteller der Cinec verliehen. Mit der Auswahl der Preisträger ist eine Jury beauftragt. Insgesamt bewarben sich 43 Aussteller um die Trophäe.

Gewinner im Bereich »Camera Technology« sind Arri für die Alexa und P+S Technik für das 16Digital SR Mag. Beide Unternehmen sind auch im Vorstand des Fördervereins vertreten.
Die Trophäe im Bereich »Optics« ging an Chrosziel  für das MTF Star System.
In der Kategorie »Camera Support/Grip« prämierte die Jury den Hersteller Filmotechnic für den kreiselstabilisierten Kamerakran Russian Arm sowie den elektrisch betriebenen Kamerahubschrauber Multicopter von Campilots.
Beim »Camera Equipment« befand die Jury den CineMonitorHD 3DView Evolution von Transvideo eines Awards würdig.
Für Neuerungen im »Lighting Engineering« wurde Panaura von Dedo Weigert prämiert, sowie das LT-SkyLight von Licht-Technik Hagenbach+Grill. Licht-Technik ist Mitglied des Fördervereins.
Einen Sonderpreis erhielt DoP Choice für seine Snapgrids.

Interessant: Im Bereich Stereo-3D fand die Jury zur Überraschung vieler Branchenkenner keines der ausgestellten 3D-Rigs auszeichnungswürdig — und das obwohl doch Stereo-3D als Topthema der Cinec angekündigt war.

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