Fußball-WM — Made in South Africa
Die Fußball-WM ist neben den Olympischen Winterspielen das größte TV-Sport-Event im Fernsehen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an die Produktion. Das Weltbild der WM produzierte wie bei den vergangenen Weltmeisterschafter der Host Broadcaster HBS. Dieser Beitrag geht auf die Produktion von HBS, ARD und ZDF ein. Ein Überblick.
Die Fußball-Weltmeisterschaft war ein Riesengeschäft: Die Fifa nahm allein für die TV-Rechte über 2,3 Milliarden Dollar ein. Auch die Lizenznehmer, die dieses Geld aufbringen mussten, taten das nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit, sondern warben direkt mit der WM-Übertragung Sponsorengeld ein, versuchten Abonnenten zu gewinnen und kauften sich Marktanteile, die für höhere Werbeerlöse sorgten oder als Argumentationshilfe bei der nächsten Gebührenrunde dienen. oder neue Abonnenten anzogen.
Vor diesem Hintergrund kann es kaum verwundern, dass ein enormer Aufwand getrieben wurde, um beeindruckende WM-Fußballbilder aus Südafrika in die deutschen Wohnzimmer zu übertrag
HBS: Als Host Broadcaster für das Weltbild verantwortlich
Produktionsabläufe und Equipment an den Venues
Für die »Grundversorgung« aller Lizenznehmer mit diversen Feeds im Umfeld und während der einzelnen Spiele sorgte auch bei diese Fußball-WM wieder HBS: als Host Broadcaster produzierte das Unternehmen im Auftrag der Fifa schon seit mehreren Weltmeisterschaften das Weltbild. Neben dem eigentlichen Spielgeschehen gehören etwa auch die Slomos und die Berichterstattung aus dem Umfeld der Spiele zu den Leistungen, die HBS erbringt.
Bundesliga-Fußballspiele werden üblicherweise mit 12 bis 18 Kameras übertragen — sieht man einmal von den aufwändiger produzierten Topspielen ab. Bei der Übertragung von Spielen der Fußball-WM 2010 waren hingegen jeweils 29 bis 33 Kameras im Einsatz. HBS hatte sich dabei für den Einsatz der LDK8000 von Grass Valley als Standardkamera entschieden, arbeitete aber zusätzlich mit Slomo-Kameras und setzte auch diverse Spezialkameras ein: kompaktere Hintertor- und Helikopter-Kameras, vier Antelope Highspeed-Systeme, sowie die Seilkamera Spidercam.
Die Spidercam war in vier Stadien installiert. Sie ist an einem Seilsystem aufgehängt und kann sich sehr schnell dreidimensional frei in allen Richtungen bewegen. Diese Kamera erlaubt während des Matchzs sehr ungewöhnliche Blickwinkel aufs Spielfeld und wurde nach dem Abpfiff auch teilweise sehr tief abgesenkt und begleitete einzelne Spieler auf dem Weg vom Platz. Das Highspeed-System Antelope wiederum war als Teil des Ultramotion-Pakets dafür zuständig, Superzeitlupen mit bis zu 1.500 fps zu lierfern. Sie wurde vorwiegend hinter dem Tor und an den Ecken eingesetzt.
In allen zehn Stadien wurden je drei ABC-Kräne der Typen 120 und 100 von Movie Tech eingesetzt, ausgestattet mit den Remote Heads Pelé und Alex Digital. Die Kräne bieten 360 Grad Schwenkradien — sowohl vertikal als auch horizontal — und eröffneten unter anderem in der Hintertorposition viele Gestaltungsmöglichkeiten.
Für die Aufzeichnung des Tons an den Venues setzte HBS über 300 Mikros ein: In den Stadien wurden MKH 416, MKH 418 und MKH 70 von Sennheiser verwendet. Die EB-Kamera-Teams von HBS waren mit VJ-Ton-Sets auf Basis der neuen 2000er-Gerätefamilie von Sennheiser ausgerüstet.
HBS beschäftigte außerdem 40 EB-Teams, die mit P2-Camcordern von Panasonic unterwegs waren. 32 davon begleiteten jeweils eine Turniermannschaft und produzierten Material aus deren Umfeld, auch abseits der Stadien, etwa an deren Trainingsorten. Die acht weiteren EB-Teams produzierten WM-bezogene Beiträge rund um die Themenbereiche Spiele und Fans, südafrikanische Kultur, Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen vor Ort.
Harry Petry, Head of Engineering bei HBS, berichtet, dass bei der Produktion der Feeds aus den Stadien durchgängig in HD gearbeitet wurde: »Im Unterschied zur Produktion 2006 in Deutschland hatten wir uns in Südafrika dazu entschieden, mit sogenannten mobilen Regien zu arbeiten.« Darunter sind Container-Regien zu verstehen, die letztlich mit klassischer Ü-Wagen-Technik ausgerüstet sind, aber während der WM nicht zwischen den Spielorten bewegt wurden. Die multilateralen Feeds wurden ausschließlich darüber produziert.
Dass sich HBS für diese Arbeitsweise entschied, hat einen simplen Grund: Anders als bei der Fußball-WM in Deutschland wäre es in Südafrika für HBS nicht praktikabel gewesen, Ü-Wagen zwischen den Spieltagen von Stadion zu Stadion zu verlegen — dazu sind die Straßen in Südafrika zu schlecht und die Entfernungen zu groß. Die örtlichen Gegebenheiten verhinderten also, dass man die WM 2010 mit einer Handvoll Ü-Wagen hätte realisieren können.
Harry Petry ergänzt zudem, dass bei der Produktion in Deutschland jeder der von HBS eingesetzten Ü-Wagen trotz gleicher technischer Vorgaben, letztlich doch etwas anders ausgesehen und funktioniert habe. Das ist eigentlich nicht im Sinne von HBS, wo man möglichst einheitliche Setups an allen Spielorten haben wollte — was in Südafrika dank der verwendeten »mobilen Regien« erreicht wurde: Die Technik war an jedem Spielort bis in kleine Details hinein dieselbe, jeder Operator fand an jedem Einsatzort die gleichen technischen Bedingungen vor. Bei der Installation arbeitete HBS unter anderem mit Studio Berlin, Alfacam, sowie weiteren europäischen TV-Dienstleistern zusammen.
Ein weiterer Grund, sich für den Workflow mit den Container-Regien zu entscheiden: HBS setzte an den Venues im Produktionsbereich bei jedem Spiel 47 Mitarbeiter in den Regien ein — eine hohe Anzahl, denen die Container sicher mehr Bewegungsfreiheit boten, als in einem Ü-Wagen zur Verfügung gestanden hätte. Zusammen mit dem Personal außerhalb der Regien setzte HBS an den Spieltagen bis zu 230 Mitarbeiter pro Spielort ein.
Die Bilder, die HBS produzierte, wurden den Lizenznehmern in unterschiedlichen Paketen angeboten: Neben dem Basic International Feed (BIF) und dem Extended Stadium Feed (ESF) konnten die Broadcaster auch ein Komplettprogramm (EBIF Show) sowie diverse Mulitfeeds (Highlights, Spieler- und Team-Feeds und weitere), einen Clips Compilation Kanal und einen Mobile-Feed buchen.
In puncto Bildregie setzte HBS wie bei den vergangenen WMs darauf, mit sogenannten Dreamteams zu arbeiten, also mit eingespielten Kernmannschaften, denen jeweils die Bildführung oblag. HBS benannte hierfür sieben bekannte Bildregisseure, die dann mit ihren Produktionsteams die TV-Aufbereitung der Spiele gestalteten. Aus Deutschland waren Knut Fleischmann und Wolfgang Straub an Bord, weitere Regisseure waren Jean-Jacques Amsellem, Francois-Charles Bideaux, Francois Lanaud, Jamie Oakford und John Watts.
Übertragung der Signale von den Venues ins IBC
Media Broadcast übertrug per 20-Gbps-Glasfaser-Netzwerk die Signale aus den jeweiligen Technical Operation Centers (TOC) der einzelnen Stadien ins International Broadcast Center (IBC) nach Johannesburg. Das Basis hierfür hatte das Unternehmen schon 2009 gelegt und dann beim Confederations Cup ausprobiert: Das landesweite Glasfaser-Netzwerk mit mehreren Tausend Kilometern Gesamtlänge war also bereits im Vorfeld des Fußball-Mega-Events für große Datenmengen und hohe Übertragungsraten fit gemacht worden.
Wie schon bei der WM in Deutschland legte Media Broadcast großen Wert auf Ausfallsicherheit und plante pro Stadion jeweils zwei Übertragungswege ein. Kapstadt wurde beispielsweise direkt mit Johannesburg verbunden. Eine weitere Verbindung führte über Port Elizabeth. Beide Trassen wurden während der Übertragungen parallel mit Signalen bespielt. Bei Ausfall einer Glasfaserverbindung wären die Systeme in der Lage gewesen, ohne Unterbrechung auf die jeweils andere Trasse umzuschalten. Als Backup war für den Fall der Fälle die Übertragung via Satellit eingeplant: In jedem Stadion stand ein Satelliten-Uplink zur Verfügung, der im Notfall innerhalb weniger Millisekunden als Übertragungsstrecke eingesprungen wäre.
Die elf Feeds, die HBS produzierte, wurden in JPEG2000 auf 400 Mbps datenreduziert und so ins IBC nach Johannesburg übertragen. Zusätzlich gab es noch rund 40 unilaterale Feeds, die den Broadcastern zur Übertragung ins IBC angeboten wurden. Diese unlateralen Feeds wurden nach der Übertragung und der Signalkontrolle durch HBS im Master Control Room (MCR) an die Broadcaster verteilt. Die Programme der Broadcaster durchliefen auf dem Weg nach »draußen« ebenfalls den MCR und gelangten dann über ganz unterschiedliche Wege ins Sendezentrum des jeweiligen Broadcasters.
IBC in Johannesburg
In Johannesburg befand sich das IBC der Fußball-WM — die Schaltzentrale, in der alle Signale aus den Venues aufliefen, im Master Control Room von HBS kontrolliert und den Rechteinhabern aus aller Welt auf diversen Wegen zur Verfügung gestellt wurden. Im IBC befand sich neben Technik- und Arbeitsräumen, Studios und Regien von unzähligen internationalen Broadcastern, die mit eigenen Teams vor Ort waren, auch ein digitales Kino, in dem diverse Fußballspiele in Stereo-3D gezeigt wurden.
Fifa-Max-Server
Ein Besonderheit, die HBS den Broadcastern während der Fußball-WM 2010 erneut und diesmal in erweiterter Form zur Verfügung stellte, war der Fifa-Max-Server. Er basiert auf Server-Technologie von EVS und wurde bei der vergangenen WM in Deutschland eingeführt — in Südafrika wurde der Server allerdings erstmals komplett in HD betrieben.
Hinter diesem Media-Server verbirgt sich ein als kombinierte Einheit arbeitendes Cluster von EVS-Produktionsservern. Auf der Basis der Instant Tapeless Technologie von EVS kombinierte dieser Server optimierte Hardware (XT2+-Server) und Software-Lösungen, um den Austausch und die Weitergabe von Inhalten bei maximaler Geschwindigkeit und Sicherheit zu garantieren.
Auf dem Server speicherte HBS Material, das die eigenen EB-Teams für HBS drehten. Die Broadcaster konnten dieses Material über Browsing-Stationen ansehen, die gewünschten Clips herunterladen und in ihren unilateralen Edit-Suiten verarbeiten.
Mobile Content
HBS hatte für die Produktion von Content für mobile Geräte insgesamt 46 Arbeitsstationen im Einsatz. Aus inhaltlicher Sicht bot HBS hier zwei unterschiedliche Layer an: matchbezogene sowie teamspezifische Inhalte. Letzeres Material wurde von den 32 Fifa-ENG-Teams zugeliefert, die alle teilnehmenden Fußballteams begleiteten und somit sehr »nahe« Bilder liefern konnten.
Das Material gelangte über eine File-Delivery-Struktur der Firma SmartJog ins IBC und stand dort für die Produktion des Mobile Contents auf einem Apple XSAN-System zur Verfügung. Die Mobile-Editoren bereiteten es auf und lieferten fertige Clips an Ericsson, den als Fifa-Partner verantwortlichen Dienstleister für die weltweite Distribution des Mobile Contents.
ARD und ZDF: Produktion der WM 2010
Zusammenarbeit von ARD und ZDF
ARD und ZDF arbeiten schon länger auf der technischen Seite bei der Produktion besonderer Sport-Events zusammen. Dabei greifen die beiden Sender auf einen gemeinsamen Produktionspool zu (MPE), zusätzlich wird weiteres Equipment angemietet. In Jahren, wo große Sportereignisse die Berichterstattung dominieren, müssen die Sender ihre Logistik vollständig ausreizen. So wurde ein Großteil des Equipments, das in Vancouver im Einsatz war, direkt aus Kanada nach Südafrika verschifft. Ein Streik der Hafenarbeiter verzögerte allerdings die geplante Verfügbarkeit des Equipments, sodass die beiden Sender ihren Zeitplan deutlich anpassen mussten.
Bei der Planung der TV-Berichterstattung durch die öffentlich-rechtlichen deutschen Broadcaster mussten neben diesen unvorhersehbaren Ereignissen auch WM-spezifische Besonderheiten eingeplant werden: »Bei den olympischen Spielen finden viele Wettkämpfe parallel statt, während bei der WM nur am Ende der Vorrunde Spiele parallel stattfinden. Daraus ergeben sich natürlich auch unterschiedliche Anforderungen an die Produktionsplanung«, erklärt Vito Zoiro, Technischer Leiter beim ZDF.
Auch wenn es unterschiedliche Anforderungen gab, war der grundlegende Produktions-Workflow bei den beiden großen Sport-Events jedoch nahezu gleich: Die Sender haben über die Jahre einen grundlegenden, bandlosen Produktions-Workflow entwickelt, um bei großen Sport-Events TV-Signale in HD und Dolby 5.1 zu produzieren. Dass Band an vielen Stellen der Produktion nach wie vor eine wichtige Rolle spielte, dürfte allerdings niemanden besonders überraschen.
Rund 550 Mitarbeiter beschäftigten die beiden Sender für die Produktion der WM in Südafrika, wobei sich die ARD unter Federführung des SWR bei der Technik auf die Produktion an den Venues und im DFB-Quartier konzentrierte, während für das ZDF die Installationen im IBC im Fokus standen.
Venue-Produktion ARD und ZDF
Carsten Higler, Technischer Leiter beim SWR, erklärt: »Die Besonderheit einer Fußball-WM besteht darin, dass naturgemäß viel aus den Stadien, aber auch vom Standort der deutschen Mannschaft berichtet wird. Mit der Produktion aus dem DFB-Quartier waren allein schon 150 der insgesamt 550 Mitarbeiter beschäftigt.« Weiteres Standbein der WM-Berichterstattung waren Beiträge über Land und Leute.
Für die Übertragungen aus den Stadien und aus dem DFB-Quartier mieteten ARD und ZDF sechs Ü-Wagen bei Alfacam an. Darüber liefen alle Bilder, die mit den exklusiv von den Öffentlich-Rechtlichen genutzten Kameras aufgezeichnet wurden — abhängig vom Spiel waren dabei fünf bis zwölf LDK-8000 Kameras im Einsatz, die in den Presenter-Studios im Stadion und in der Interview-Zone eingesetzt wurden, aber auch von der Tribüne aus Motive einfingen, die abweichend vom Weltbild besonders für die deutschen Zuschauer von Interesse waren.
In den angemieteten Alfacam-Fahrzeugen wurden also jeweils die sendereigenen, exklusiven Signale von ARD und ZDF verarbeitet, wobei fünf der Ü-Wagen übers Land verteilt, an diversen Stadien im Einsatz waren.
Zusätzlich mieteten ARD und ZDF auch fünf HD-SNG-Fahrzeuge bei Media Broadcast: einer davon war für den Großraum Nord, ein zweiter für den Großraum Kapstadt und ein dritter für die Begleitung der Nationalmannschaft zuständig. Diese Fahrzeuge legten enorme Strecken im ganzen Land zurück und produzierten Hintergrundreportagen. Die beiden anderen HD-SNGs waren am Teamhotel der deutschen Nationalmannschaft sowie am IBC in Johannesburg dauerhaft stationiert — für Übertragungen und als Backup-Optionen.
IBC: Workflows, Technik
ARD und ZDF belegten im IBC eine Fläche von 2.500 Quadratmetern. Hier hatten die Sender sowohl ein Studio, einen Schaltraum, Redaktions-, Produktions-, Schnitträume und auch Sprecherstudios untergebracht. Diese wurden schon Wochen vor WM-Beginn aufgebaut und eingerichtet, das nötige Equipment installiert.
Im IBC nahmen die beiden Sender die HBS-Signale über eine zentrale Kreuzschiene entgegen und verarbeiteten sie letztlich auf drei Arten: HBS-Feeds liefen wahlweise in der Regie auf, um sie live verarbeiten zu können, zudem zeichneten ARD und ZDF die HBS-Feeds mit EVS-Servern für aktuelle Produktionen, wie auch mit einem Avid-Isis-System für die Postproduktion auf. »Das gesamte Setup im IBC glich im Grunde dem Aufbau, den wir schon bei den olympischen Spielen in Vancouver hatten, auch wenn es stellenweise Unterschiede gab«, erklärt Vito Zoiro, Technischer Leiter des ZDF, den Aufbau.
Das komplette Material, das der Host-Broadcaster und die eigenen Teams anlieferten, wurde also weitgehend parallel mit Avid-Isis-Speichersystemen und mit EVS-Servern gespeichert, so dass von den Schnittplätzen im IBC direkt auf das Material zugegriffen und damit gearbeitet werden konnte. Wie schon bei anderen Events wurden die Avid-Systeme eher für die Produktion der längeren Beiträge eingesetzt, während die EVS-Systeme bei kürzeren Beiträgen, die sehr schnell geschnitten und zugespielt wurden, zum Einsatz kamen.
Für die Installation der technischen Infrastruktur im IBC in Johannesburg griffen ARD und ZDF zum einen auf Material des gemeinsamen Produktionspools zu (MPE), mieteten zusätzlich aber noch Ausrüstung beim Kölner Systemhaus Wellen+Nöthen an, darunter insgesamt 16 nonlineare Avid Media Composer in der Variante Nitris DX, sowie drei weitere Media Composer ohne Avid-Hardware. Für die Datenspeicherung hatte Wellen+Nöthen ein Unity-Isis-System aus der Mobilen Produktionseinheit (MPE) des ZDF temporär auf 192 TB Speicher erweitert. So standen rund 1.300 Stunden Material in HD-Qualität zur Verfügung.
Fürs Ein- und Ausspielen des Materials wurden 14 AirSpeed-Server inklusive DNxchange-Boxen genutzt – auf diesem Weg gelangte auch das eigenproduzierte EB-Material der beiden Sender auf den Server (XDCAM von der ARD und P2 vom ZDF).
Neben dem eigenen Material nutzten ARD und ZDF bei dieser WM ebenfalls in größerem Umfang den Fifa-Max-Server: Darüber bot HBS den Broadcastern umfangreiches Material an, das Fifa-ENG-Crews im Umfeld der Spiele und der Mannschaften, aber auch von den Städten, in denen die Spiele stattfanden, gedreht hatten. ARD und ZDF griffen mittels IP Director von EVS auf den Fifa-Max-Server zu, wobei IP Director auch andere Aufgaben übernahm, etwa die Steuerung des Ingests auf den XT2-Servern, sowie den Materialtransfer auf Avid Media Composer.
ARD-Mitarbeiter konnten zudem mit einer mobilen Version des Annova-Redaktionssystems Open Media arbeiten: Es war speziell auf die Bedürfnisse eines Groß-Events wie die WM zugeschnitten.
Beim Grafiksystem entschieden sich die beiden öffentlich-rechtlichen Sender wie schon bei den Olympischen Spielen für Vizrt und setzten damit alle eigenen Grafiken um, die in der Berichterstattung verwendet wurden. Einige Grafiken waren allerdings schon Bestandteil des Weltsignals und mussten übernommen werden. Auch die eingeblendete Abseitslinie oder die Torentfernung waren schon Bestandteil des HBS-Signals.
Auch in einer bandlosen Welt hat das Band noch ausgedient: im Raum für »Sonderformate« ließ sich Material ganz unterschiedlicher Formate einspielen und auch Archivmaterial, das die Sender vor der WM für die Produktionsteams zusammengestellt hatten, stand auf Band zur Verfügung.
Signalverarbeitung
»Wir produzieren durchgängig in HD 1080i25«, erläutert Carsten Higler den internen Produktionsstandard, mit dem ARD und ZDF in Südafrika gearbeitet haben. Material wurde auf ganz unterschiedlichen Wegen empfangen: über Glasfaser, via Satellit oder auch ganz klassisch auf Band oder Scheibe.
Das Material wurde im Signalformat 1080i25 (also mit 1080 Zielen und 50 Halbbildern) über Glasfaserleitungen nach Deutschland übertragen, wobei ARD und ZDF hier zwei Leitungen gemietet hatten, die Afrika östlich und westlich umrundeten — zusätzlich hatten die Sender aber auch noch Backup-Satelliten gebucht. Erst in Deutschland fand dann die Signalwandlung in 720P statt.
Fazit
Betrachtet man die Quote als Maß aller Dinge, können die deutschen Sender hoch zufrieden sein. Vor allem ARD und ZDF dürfen sich über eine gelungene Zusammenarbeit und über Quoten freuen, die bis dato unerreicht waren – es wird wohl eine Weile dauern, bis es wieder eine Übertragung geben wird, wie das Spiel Deutschland gegen Spanien, das stellenweise bis zu 33 Millionen Zuschauer vor die Fernsehschirme lockte. Auch der Marktanteil von über 89 %, den das ZDF beim Spiel Deutschland gegen Argentinien verzeichnen konnte, wird in den Jahrbüchern der Sender eine herausgehobene Stellung einnehmen.
ZDF-Sport- und WM-Teamchef Dieter Gruschwitz betont, »dass das ZDF seine Kompetenz und Qualität in der Berichterstattung von sportlichen Großereignissen erneut bewiesen hat. Die Reaktionen der Zuschauer sind eindeutig positiv.« Es bleibt also dabei: Fußball ist in der Publikumsgunst nicht nur beim Sport die Nummer eins – und dafür werden die Sender auf technischer Seite auch in Zukunft einiges investieren.
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