Digitale Cinematographie 2010: Rückblick, Messe-Highlights
Bei der achten Digitalen Cinematographie konnten sich Filmemacher und Hersteller in München über aktuelle Technik- und Produktionstrends austauschen und diese in zahlreichen Workshops vertiefen oder in Screenings anschaulich diskutieren. Dieser Beitrag greift einige Aspekte der Veranstaltung heraus.
Am 10. und 11. Juni 2010 fand im Forum am Deutschen Museum in München bereits zum achten Mal die Digitale Cinematographie statt, eine Kombination aus Screenings, Workshops und Equipment-Ausstellung.
Allgemeines
Wie schon im ersten Nachbericht ausgeführt (Meldung), waren deutlich weniger Besucher zur Digitalen Cinematographie ins Forum am Deutschen Museum in München gekommen, als in den Vorjahren. Keineswegs unerwartet, wie die Veranstalter Martin Ludwig, Martin Kreitl und Gerhard Baier im Gespräch betonten. Es wurden laut offizieller Zählung 607 der 727 vorregistrierten Akkreditierungen abgeholt, plus 220 Vor-Ort-Anmeldungen am ersten und 138 am zweiten Tag. Das macht zusammen 965 — rund 200 Besucher weniger, als die offizielle Zählung im Vorjahr ergab.
Das Feedback der meisten Aussteller und Besucher sei sehr positiv gewesen und man werde auch im kommenden Jahr versuchen, wieder eine Digitale Cinematographie auf die Beine zu stellen, ließen die Veranstalter verlauten. Nach der achten Ausgabe wird es aber in jedem Fall eine Zäsur geben: Für die neunte Digitale Cinematographie muss ein neuer Veranstaltungsort her und vielleicht muss auch das grundsätzlich gute und gelungene Konzept an der einen oder anderen Stelle etwas modifiziert werden.
Ausstellung
An den Messeständen gab es naturgemäß vieles zu sehen, was man zuvor schon an anderen Orten in Augenschein nehmen konnte — wenn man dort war. Hier sei etwa auf die umfassende NAB-Berichterstattung (etwa mit Videos) von film-tv-video.de verwiesen. Für viele Besucher eröffnete aber die Digitale Cinematographie die Möglichkeit zum ersten direkten Kontakt mit NAB-Neuheiten und — viel wichtiger — zum persönlichen Gespräch mit Experten, die diese Produkte präsentierten. So bot der Rundgang an den Messeständen nicht nur Gelegenheit zum klassischen Verkaufsgespräch, sondern es standen viele Experten von der Anwenderseite für detailliertere Fragen und Hintergrundgespräche zur Verfügung. Illustre Fachleute aus verschiedensten Bereichen waren vor Ort, die in vielen Fällen auch im Rahmen von Vorträgen, Seminaren oder Workshops ihre Erfahrungen und ihr Wissen teilten.
Einige wenige Produkte sollen im folgenden herausgegriffen und beschrieben werden.
Auf der Produktseite fanden die Stereo-3D-Rigs von Screen Plane große Beachtung. Screen Plane ist die neue Firma von Sebastian Cramer, der 2008 für die Entwicklung des Mini-Dollies Skater mit einem technischen Oscar ausgezeichnet wurde (Meldung). Skater wird weiterhin von P+S Technik angeboten, aber beim Thema Stereo-3D-Rigs, wo P+S Technik ebenfalls Produkte hat, geht Cramer mit Screen Plane nun eigene Weg. Das neue Unternehmen hat derzeit drei Rigs, Bedienelemente dafür, einen eigenen, sehr präzise justierbaren Lens-Mount für Red-Kameras, eine HD-Minikamera und eine Processing-Box für De-Bayering, Signalkonvertierung und digitale Signalspiegelung im Angebot.
Das größere Production Rig von Screen Plane ist ein motorisiertes Spiegel-Rig, das als Kohlefaser/Aluminium-Konstruktion (15,4 kg Leergewicht) ausgeführt wurde. Es weist einige konstruktive Details auf, die man von anderen Spielgelrigs noch nicht kennt und die flexibles Arbeiten unterstützen. Besonderheiten sind unter anderem darin zu sehen, dass das Rig selbst in der Neigung und Position auf dem Trägersystem (Stativ, Dolly, Kran, Jib-Arm) verstellt werden kann. Das schafft kreativen Freiraum und die sehr flexible Justage des Schwerpunkts. In Zusammenarbeit mit C-Motion entwickelt Screen Plane einen Controller für die komplette Fernsteuerung des Systems. Dabei spielen zwei weitere Entwicklungen von Screen Plane eine entscheidende Rolle: Direct Plane Control (DPC) und Hiscon. Deren Erläuterung soll hier ausgespart bleiben, denn man muss den damit erreichbaren Effekt ohnehin sehen, um zu verstehen, welchen technischen Sprung und welche Bedienvorteile sie darstellen. Im Zusammenspiel von Rig, Steuermotoren und Remote-Controller lässt sich die Tiefenwirkung von Stereo-3D-Aufnahmen in verschiedenen Modi vergleichsweise intuitiv vornehmen und es wird eine sehr hohe Qualität der Stereo-3D-Aufnahme ermöglicht — auch wenn man mit Zoom-Objektiven arbeitet. Überdies können alle relevanten Stereo-3D-Einstelldaten gemeinsam mit Timecode-Werten gespeichert werden und stehen somit als Metadaten für die Postproduktion zur Verfügung.
Das Production Rig von Screen Plane soll es zunächst nur im Rental-Bereich geben, in Europa wird FGV Schmidle hier der Partner von Screen Plane sein, ein weiterer Rental-Anbieter wird das Rig von Kalifornien aus anbieten.
FGV Schmidle zeigte während der Digitalen Cinematographie seine für den Filmeinsatz mit PL-Mount-Objektiven modifizierte, auf der Canon-DSLR 7D basierende PL7D. Im früheren Imax-Kino konnten die Messebesucher auch mit eigenen Augen sehen, was mit dieser Kamera möglich ist, die sich direkt mit PL-Mount-Filmobjektiven bestücken lässt: Fred Meyers, bisher bei Lucasfilm beschäftigt, nun für Band Pro in Europa tätig, zeigte beeindruckendes Material von Explosionen, die mit dieser Kamera für den kommenden George-Lucas-Film »Red Tails« nachgedreht wurden (siehe auch Interview am Ende dieses Artikels).
Außerdem bei Schmidle zu sehen: Eine Lösung, die es ermöglicht, mit einem Codex-System gespeicherte Aufnahmen nach kurzem Processing direkt am Set auf iPads und iPhones auszugeben. Ziel der Entwicklung ist es, möglichst nah an die Live-Wiedergabe zu kommen und somit iPads als modernen Watchman am Set nutzen zu können. Derzeit gibt es noch einen Zeitversatz von etlichen Sekunden bis Minuten zwischen der Aufnahme mit dem Codex-System und der Wireless-Ausgabe des Materials, für eine zeitnahe Review am Set ist das aber akzeptabel und sogar recht komfortabel. FGV verwendet für diese Applikation die normale Codex-Aufzeichnung und eine Kombination von Apple-Softwares wie Final Cut Pro, Compressor und iTunes.
Als Besonderheit zeigte FGV zudem am Stand alle Codex-Datenrecorder: Das stationäre, das tragbare und als jüngstes Modell die Andock-Variante.
Band Pro, einer der Veranstalter der Digitalen Cinematographie, zeigte am eigenen Stand eine besondere F35 von Sony: Äußerlich gleich, ist die jüngste Version von Sonys Top-Kamera mit 12-Bit-Signalverarbeitung ausgestattet. Parallel dazu wurde laut Hersteller auch die Empfindlichkeit vergrößert, die nun einem Bereich von 640 bis 1.000 ASA entsprechen soll. Außerdem wird die Kamera zukünftig mit weiteren wählbaren Gammakurven augeliefert.
Ebenfalls am Stand von Band Pro zu sehen: Die PL-Mount-Version des HDCAM SR-Camcorders SRW-9000. Die SRW-9000PL ist mit einem großen Sensor ausgestattet und kann — analog zur F35 — Filmobjektive nutzen.
Während der Messe ventilierte Gerhard Baier von Band Pro mit verschiedenen Kunden und Partnern auch ein Finanzierungs/Leasing-Paket für Alexa-Käufer. Wer eine der neuen Arri-Digitalkameras geordert hat, oder das noch tun will, dem kann Band Pro eventuell ein Leasing-Paket schnüren, das auch einen S.Two- oder Codex-Recorder umfasst. Nach aktuellen Angaben von Arri wurden bisher schon rund 600 Alexas bestellt und der Lieferstart ist dieser Tage erfolgt.
Bei den Objektiven zeigte Band Pro die Leica-Primes, von denen die ersten ab Oktober 2010 ausgeliefert werden sollen. Außerdem interessant, wenn auch für eine andere Zielgruppe: der Ruby-Zoom von Focus Optics in den USA, ein PL-Mount-Zoom mit einem Brennweitenbereich von 14 – 24 mm, der auf einer Nikon-Optik aus dem Fotobereich basiert.
Einen Field-Recorder, der sich als optimaler Partner etwa für die kompakte Digitalkamera SI-2K eignet, bietet P+S Technik an. Er ergänzt, besonders im Stereo-3D-Einsatz die Kamera als Recording- und Preview-System. Der Field-Recorder mit der vorläufigen Produktbezeichnung »Das Recorder« kann auch separat und mit anderen Kameras genutzt werden, besonders gut kann er seine Vorzüge aber ausspielen, wenn er mit zwei SI-2Ks zum SI-3D-System kombiniert wird.
Der Recorder ist in einen Tragekoffer eingebaut, die Recorder-Einheit selbst und die angeschlossenen Kameras werden über einen Touchscreen im aufgeklappten Deckel bedient. So sind etwa Einstellungen bezüglich Auflösung, Bildwiederholrate, Weißabgleich oder Bildlage bei 3D-Systemen (Flip, XY-Shift, Rotattion) möglich. Auf dem Display können die Kanäle für linkes und rechtes Bild separat oder kombiniert dargestellt werden. Für die kombinierte Anzeige stehen Anaglyphen-, 50/50-, Wiggle-, Split-Screen- oder Side-by-Side zur Verfügung. Der Recorder nimmt mit 12-Bit Quantisierung unkomprimiert oder komprimiert mit Cineform-Kodierung auf, die beiden Signalströme für rechtes und linkes Auge können auf dasselbe oder auf zwei separate SSD-Speichereinheiten aufgenommen werden. Als Signalausgänge stehen HDMI und HD-SDI zur Verfügung, das Bedien-Interface kann als Composite-Signal ausgegeben werden. Der Netto-Listenpreis für den Recorder liegt bei rund 9.500 Euro.
Movie Tech zeigte am Stand drahtlose HD- und SD-Lösungen für die HF-Videoübertragung von der Firma BMS. Die gemeinsame Besonderheit der Systeme besteht darin, dass sie extrem kompakt sind und laut Anbieter auch sehr wenig Energie benötigen. BMS nennt die Serie Nano. Die Systeme arbeiten im Frequenzband 2,4 GHz (NT2423HD) oder auch 5,8 GHz (NT5823HD) und sind bereits für H.264-Übertragung vorbereitet. Durch einfachen Software-Upgrade der BMS-Produkte soll der Wechsel auf MPEG-4 problemlos möglich sein.
Filmlight zeigte sein Truelight-on-Set-System, eine mobile, mac-basierende Version seines Color Grading-Systems. Es ist in einer 1-HE-Box untergebracht, bietet Echtzeit-Color-Processing und verfügt über Dual-Link-Video-In und vier Dual-Link-Outputs.
Mit dem System ist es möglich, auf den S-Log-Output diverse LUTs zu legen und damit schon am Set verschiedene Looks zu gestalten. Alle Looks sind laut Filmlight
Neu am Color-Grading-System Baselight sind in Version 4.1 die umfassende Stereo-3D-Funktionalität, aber auch das eindrucksvolle Color-Matching mit nur einem Klick.
Avid konzentrierte sich während der Digitalen Cinematographie auf Workshops, im Fokus stand dabei die neue Media-Composer-Version 5, die nun verfügbar ist. Sie unterstützt zahlreiche neue Codecs, darunter Quicktime, AVCHD und AVC-Intra.
Aja war über den deutschen Distributor Comline vertreten und zeigte unter anderem den KiPro-Aufzeichnungsrecorder, für den eine RS-422-Schnittstelle geplant ist. Ebenfalls zu sehen war das Kona-Board — in dieser Serie werden künftig die windows-basierten Xena-Boards aufgehen, sodass Aja die Kona-Linie dann für die Mac- und für die PC-Version anbieten wird.
Messeliebling der Redaktion von film-tv-video.de war die Firma Campilots, die von den Kameramännern Volker Tittel und Holger Fleig betrieben wird. Vor Ort präsentierte Volker Tittel, mehrfach ausgezeichneter DoP, eine »fliegende 5D«: Campilots besitzt einen Modellhubschrauber mit drei Doppelrotoren, der eine Canon-DSLR des Typs 5D Mark II trägt. Eine der Besonderheiten besteht darin, dass der Hubschrauber mit Elektromotoren betrieben wird. Er fliegt daher abgasfrei und sehr viel leiser als Modellhubschrauber mit Verbrennungsmotor, kann also problemlos auch in Innenräumen oder Naturschutzgebieten eingesetzt werden. Das System wird nicht verkauft, sondern kann bei Campilots inklusive Pilot und Kameramann gemietet werden.
Die Idee für das Campilots-System entstand aus dem Filmprojekt »Diener Gottes«, bei dem Aufnahmen in Vatikan-Gebäuden realisiert werden sollten, die anders als mit dem System von Campilots nie möglich gewesen wären. So entstand ein Helikoptersystem, das Aufnahmen erlaubt, die weder Steadicam, noch Filmkran, noch Cineflex/Wescam/Tailormount an bemannten Helikoptern bewältigen.
Technisches Hauptproblem für einen ferngesteuerten Helikopter in der Art des Campilot-Systems war bisher das Gewicht von Schwenkkopf und hochauflösender Kamera. Neue Entwicklungen in der Aufnahmetechnik und das Multikopter-Konzept von Q4 Systems aus Baden-Württemberg knackten diese Hürde. Mit der neuen Konstruktion des »Q4 Y6 800« von Uwe Handlos, sowie dem nur 180 g leichten Remotehead von Dieter Wurster, wurde es möglich, eine DSLR zu tragen und über die reine Flugbewegung hinaus zu steuern.
Screenings und Workshops
Die Screenings tragen seit Jahren zum besonderen Charakter der Digitalen Cinematographie bei. Anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis lassen sich Qualität und Bildwirkung auf der großen Leinwand im Kino sehr gut einschätzen. Die große Leinwand dient sozusagen als »Reality Check« für das, was an Ständen und in Vorträgen gesagt wird.
Am ersten Veranstaltungstag war in den Screenings die komplette Format-Bandbreite auf der Leinwand zu sehen: Martin Ludwig ging auf Mehrkamera-Produktionen ein, die mit HDCAM produziert wurden, Richard Ladkani zeigte Ausschnitte aus der Produktion »Jane’s Journey«, die mit einem Materialmix aus XDCAM EX und HDCAM gedreht wurde. Inhalt der Produktion ist das Leben von Jane Goodall, die vielen als Primatenforscherin bekannt ist, die sich aber auch als Umweltaktivistin engagiert.
Henning Rädlein präsentierte das Showreel der neuen Arri-Digitalkamera Alexa, auf dem unter anderem Szenen des Shakespeare-Films »Anonymous« von Roland Emmerich zu sehen waren.
Breiten Raum nahmen auch aktuelle Red-Produktionen ein, darunter Ausschnitte der erfolgreichen TV-Produktion »Bis nichts mehr bleibt«, die mit dem bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde.
Die Langzeitproduktion »Unsere Ozeane« wurde ebenfalls präsentiert: DoP und technischer Supervisor Philippe Ros stellte die Kombination verschiedener Formate — Film und HD — für das Projekt vor. Inhaltlich geht es in der Langzeitdokumentation um das Leben in den Ozeanen — über und unter Wasser. Unter der Regie von Jacques Perrin und Jacques Cluzaud.entstanden innerhalb von fünf Jahren Drehzeit faszinierende Aufnahmen.
In einem Workshop präsentierte Philippe Ros den gesamten Produktions-Workflow dieses Projekts. In einer Sondervorstellung am Abend des ersten Veranstaltungstages konnten sich die Besucher den Film in voller Länge im Kino ansehen.
Neben den Screenings gehören auch die Workshops zum festen Programm der Digitalen Cinematographie: Wie schon im Vorjahr stießen hier die DSLR-Themen auf großen Anklang: So war etwa der Workshop »Filmpraxis mit EOS 5D und 7D« von Thomas Wagner und Stefan Czech extrem gut besucht. Arris Digitalkamera Alexa wurde in einigen Workshops von ganz unterschiedlichen Seiten beleuchtet. Avid präsentierte Version 5 des Media Composers. Auch zu Final Cut Pro, verschiedenen Autodesk-Systemen und Aja-Produkten gab es Workshops.
Wichtigstes, praktisch durchgängiges Thema so gut wie aller Workshops: der Workflow, also das Ineinandergreifen verschiedener Systeme und das Organisieren technischer Abläufe. Bei der Vielzahl an Möglichkeiten der digitalen Welt ist das kaum verwunderlich — und ein wichtiger Ansatz, um die vielen Fragen, die in der Produktion auftauchen, beantworten zu können.
Gespräch mit Fred Meyers
Fred Meyers, bisher Director of Production Engineering bei Lucasfilm, hat zu Band Pro gewechselt und wird künftig für das Unternehmen von Prag aus internationale Filmproduktionen in Europa betreuen. Bei der Digitalen Cinematographie zeigte Fred Meyers unter anderem Aufnahmen, die für den George-Lucas-Film »Red Tails« mit der F35 von Sony und mit einer von FGV Schmidle umgebauten 7D von Canon produziert wurden. Was hat den Amerikaner Meyers bewogen, den US-Markt zu verlassen und nach Europa zu kommen? Diese Frage will Fred Meyers gar nicht so hoch hängen und führt aus, dass Hollywood-Produktionen einerseits sehr häufig auch ganz oder teilweise in anderen Ländern produziert werden und dass andererseits auch Personal aus der ganzen Welt an Hollywood-Produktionen mitarbeite: »Große Filmproduktionen sind heute in der Regel internationale Projekte, besonders auch im technischen Bereich, in puncto Engineering und Equipment. Die jüngsten fünf Projekte, an denen ich in größerem Rahmen mitgewirkt habe, wurden allesamt außerhalb der USA realisiert.«
So erläutert Meyers, dass im Film-Business die sogenannten »Go-to-People«, also Experten, die man aufsucht, wenn man bestimmte Aufgaben erledigen und Probleme lösen will, ohnehin in Deutschland und anderen europäischen Ländern angesiedelt seien: »Besonders wenn es um High-End-Technologien geht, gibt es in Deutschland wichtige Ansprechpartner auf der Entwicklungs- und Anwendungsseite.«
Auf die erstaunliche Qualität der DSLR-Aufnahmen angesprochen, die Fred Meyers im Screening gezeigt hatte, verbunden mit der Frage, ob diese Qualität nicht vielleicht sogar für mehr ausreicht, als nur für kurze Zwischenschnitte, sagt der Experte: »Mit solchen vergleichsweise einfachen Kameras kann man bestimmte Aufgaben hervorragend umsetzen, dafür sind sie sehr gut geeignet — andere, gestalterisch anspruchsvollere Aufgaben dagegen gehen gar nicht, oder nur mit extrem hohem Aufwand — was dann natürlich keinen Sinn mehr ergibt. Greenscreen– oder Aufnahmen mit vielen Details, die intensiv nachbearbeitet werden müssen, kann man mit DSLRs nicht realisieren, wenn man gehobene Qualitätsansprüche hat. Hier braucht man nach wie vor Kameras wie die F35 oder ähnliche Kaliber.«
Ein großes Handicap der DSLRs stellt aus der Sicht von Fred Meyers in jedem Fall auch der völlig andere, letztlich mit einer großen Filmproduktion inkompatible Workflow dar. »Auf CF-Karten drehen und dann das Bildmaterial praktisch ohne Metadaten und mit kryptischen Dateibezeichnungen auf eine Festplatte umkopieren: So werden Filme im Normalfall nicht produziert.«
Meyers nennt neben den Metadaten auch die Themen Timecode, Synchronisierung, Dateiverwaltung und -benennung als einzelne Workflow-Aspekte. »DSLRs kommen eben letztlich aus dem Semiprofi-Bereich, aus dem Fotosegment, sie sind nicht ausschließlich und kompromisslos für die Filmanwendung konstruiert. Die Bildqualität ist in manchen Aspekten und für manche Anwendungsgebiete beeindruckend, reicht aber in anderen eben doch nicht aus.«
Probleme treten aus der Sicht von Fred Meyers etwa dann auf, wenn man umfangreiches Footage von mehreren Kameras verarbeiten muss. Dann können sich etwa Dateinamen überschneiden. Er hat selbst, etwa bei »Red Tails« mit DSLRs gearbeitet und beeindruckende Ergebnisse erzielt, dennoch bekennt Fred Meyers: »It doesn’t scale well.« Man stößt also bei größeren aufwändigeren Produktionen rasch an Grenzen.
Generell glaubt Meyers, dass man heute mehr Vorbereitungszeit für digitale Produktion benötigt und dass es sich immer auszahlt, sich diese Zeit auch zu nehmen. Einen wichtigen Aspekt seiner Arbeit sieht er zudem darin, in dieser Vorbereitung eng mit den Herstellern zusammenzuarbeiten, nicht zuletzt deshalb, um daran mitzuwirken, das Equipment zu verbessern und für Produktionseinsätze zu optimieren.
»Die Auswahl an Kameras, die man für bestimmte Aufgaben nutzen kann, ist heute größer und vielfältiger als jemals zuvor. Es ist aber völlig falsch, zu glauben, es käme hauptsächlich auf die Kamera-Features im engeren Sinn an, denn es geht um viel mehr Faktoren: Recording, Processing, Codecs, Workflows«, stellt Meyers seine Sicht der Dinge dar.
Was an einer Kamera wichtig ist, hängt allein vom jeweiligen Blickwinkel ab, resümiert Fred Meyers: »Für den Produzenten ist letztlich der Preis des Bildes sicher der wichtigste Aspekt. Für den Kameramann stehen das Handling und die kreativen Möglichkeiten ganz oben. Aus technischer Sicht ist die Signal- und Bildqualität entscheidend.« Hieraus gilt es laut Fred Meyers, für jeden einzelnen Fall den besten Kompromiss zu finden und hier sieht er auch seine Aufgabe bei Band Pro: »Die jeweils richtigen Tools zu den Kameraleuten bringen.«
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