Kamera, Test, Top-Story: 18.05.2010

Test Panasonic HPX371: Eine Blende nachgelegt

Vor rund einem Jahr hatte Panasonic mit dem HPX301 einen Schultercamcorder auf den Markt gebracht, der in Anbetracht des attraktiven Preises von unter 10.000 Euro, ein wahres Kraftpaket darstellte. Dieser Camcorder vereinigte viele Funktionen und Features in sich, die bis dahin in dieser Preisklasse unerreicht waren. Nun hat der Hersteller das Gerät mit neuen Sensoren modernisiert und bietet die aktuelle Version als AG-HPX371 an. film-tv-video.de hat ein Testgerät ausprobiert.

Äußerlich gleicht der neue Panasonic-Camcorder HPX371 seinem Vorgänger HPX301 (Test) wie ein Ei dem anderen. Es handelt sich vom Design her um einen EB-Schultercamcorder, der ein bisschen schlanker, kleiner und leichter ist, als frühere Camcorder dieser Kategorie. Wie der 301er, bietet der 371er einen Farbsucher, ein 16:9-Ausklapp-Display, er kann in SD und HD auf P2-Speicherkarten aufzeichnen. Dafür stehen außer AVCHD praktisch alle aktuell von Panasonic angebotenen Codecs zur Verfügung: DV, DVCPRO (von 25 bis 100 Mbps) und auch AVC-Intra.

Die maximale Bildqualität wird durch 4:2:2-Aufzeichnung mit 10-Bit-Quantisierung, Intraframe-Kompression und 100 Mbps Videodatenrate gekennzeichnet.

Auch mit den neuen Sensoren ist der Preis des Camcorders ungefähr gleich geblieben: Den Netto-Listenpreis hat Panasonic für ein Paket aus Body, 17fach-Fujinon-Zoom und Farbsucher auf 9.990 Euro festgelegt, im Handel ist das Gerät schon zur Markteinführung zu Nettopreisen unter 8.000 Euro zu haben, außerdem belohnt Panasonic schnellentschlossene Käufer, die den Camcorder beim Hersteller registrieren, mit einer kostenlosen 32-GB-Speicherkarte und einem P2-USB-Laufwerk. Für seine Preisklasse stellt der 371er, wie schon sein Vorgänger, ein kleines Ausstattungs- und Funktionswunder dar.

Neue Sensoren

Der 371er ist wie sein Vorgänger mit CMOS-Sensoren ausgestattet. Auch die Diagonale der drei Sensoren des AG-HPX371 beträgt wie beim Vorgänger 1/3 Zoll. Die Anzahl der Bildpunkte pro Sensor ist mit 2,2 Millionen ebenfalls gleich geblieben. Der Camcorder erreicht laut Hersteller nativ die volle HD-Auflösung im Raster 1.080 x 1.920. Der neue CMOS-Sensor hat auch einen ungefähr gleichen Füllfaktor wie sein Vorgänger, nutzt also einen gleich großen Anteil der Chipfläche für die tatsächliche Bildgewinnung — die aber gegenüber älteren CMOS-Sensoren schon deutlich erhöht ist.

Trotz dieser Gleichheiten handelt sich aber laut Hersteller um einen völlig neu entwickelten Sensor, der sozusagen die zweite Generation von CMOS-Sensoren für Profi-Camcorder bei Panasonic darstellt. Die wichtigste Errungenschaft ist dabei das geringere Rauschen bei deutlich gesteigerter Lichtempfindlichkeit: Hier hatten die Anwender beim Vorgängermodell die größten Kritikpunkte gesehen.

Verbesserte Technologien beim Sensor selbst und in der Signalverarbeitung machen eine höhere Lichtempfindlichkeit möglich, die mit F11 bei 2.000 <LEX>Lux</LEX> (im 1080i50-Modus) in einer Größenordnung liegt, die bisher praktisch nur von größeren Sensoren mit 1/2 Zoll oder größerer Diagonale erreicht wurde. Die dafür laut Panasonic hauptsächlich verantwortlichen, neuen Dioden und Transistoren auf dem Sensor, sowie neue Methoden in der Signalverarbeitung, machen einen wirklich deutlich sichtbaren Unterschied zum Vorgänger aus. Neu ist auch, dass Empfindlichkeit und Rauschen im <LEX>1080i</LEX>-, wie im <LEX>720p</LEX>-Modus praktisch gleich sind.

Die Sensorgröße des 371 ist mit 1/3 Zoll auch gleich wie beim neuen 790er von JVC und beim neuen XF305 von Canon. Letzterer bietet wie Panasonics Neuer 4:2:2-Signalverarbeitung. Die Sony-Konkurrenten PMW-EX3 und PMW-320 nutzen Halbzoll-Sensoren, arbeiten aber in XDCAM EX mit dem Abtastverhältnis 4:2:0.

Neue Signalverarbeitung

Die Signalverarbeitung, die im internen Processing des 371ers unmittelbar hinter den Sensoren folgt, hat Panasonic nach eigenen Angaben weiter verbessert. Auf Basis des hier eingesetzten 20-Bit-Chips hat Panasonic ganz offensichtlich mit neuen Algorithmen das Rauschverhalten verbessert und vor allem hier den Angleich zwischen 720p- und 1080i-Modus umgesetzt.

Der Signalprozessor ist bei Camcordern aber einer der größten Stromfresser, wenn er intensiv ausgenutzt wird. Der 371er bietet jedoch mit 19 W Gesamtleistungsaufnahme einen ähnlich niedrigen Wert wie sein Vorgänger, der hier 18 W erreichte.

Marktpositionierung, Konkurrenten

Noch immer bietet kein anderer Hersteller ein Gerät an, das direkt mit dem HPX301/HPX371 vergleichbar wäre. Die engsten Konkurrenten des 371ers kommen von Sony: Mit dem PMW-350 einem SxS-Schultercamcorder mit drei CMOS-Sensoren in 2/3-Zoll-Diagonale, Dieser Camcorder ist aber deutlich teurer als der 371er. In Kürze will Sony mit dem PMW-320 aber einen äußerlich mit dem PMW-350 identischen Camcorder mit Halbzoll-Sensoren ausliefern, der dann enger mit dem 371er konkurriert.

Außerdem sind natürlich noch der PMW-EX3 von Sony und der neue GY-HM790 von JVC zu nennen: Bandlose 3-Sensor-Camcorder mit Wechselobjektiv-Anschluss und jeweils zwei AV-Kartenslots.

Ein weiterer Konkurrent ist der XF305 von Canon. Der ist zwar als Handheld von der Bauart ganz anders konzipiert und auch noch mit einem Festobjektiv bestückt, er bietet aber im Unterschied etwa zu den hier genannten Sony-Camcordern, 4:2:2-Signalverarbeitung und zieht unter diesem Aspekt mit dem 371er gleich.

Bildqualität, Handling

Die neuen Sensoren halten, was Panasonic verspricht: mehr Lichtempfindlichkeit, gepaart mit geringerem Rauschen. Tatsächlich schafft der 371er ungefähr eine Blende mehr bei gleichen Lichtverhältnissen, als sein Vorgänger — und er rauscht dabei auch bei geringer Beleuchtung deutlich weniger. Die Bilder sind auch in diesem Situationen sehr ruhig, aber ohne dabei steril und künstlich zu wirken, wie das oftmals der Fall ist, wenn in der Signalverarbeitung mit allerlei Tricks glattgebügelt und herbeigezaubert werden soll, was Objektiv und Sensoren nicht in der Lage sind zu leisten.

Die höhere Lichtstärke des HPX371 ist auch deshalb ein großer Schritt nach vorne, weil der Camcorder eben mit den im Profibereich bislang weniger verbreiteten 1/3-Zoll-Sensoren arbeitet. Für die gibt es keine wirklich große Auswahl an Objektiven. Daher wird es in der Praxis recht oft der Fall sein, dass Objektiv-Adapter zum Einsatz kommen, mit denen sich Linsensysteme nutzen lassen, die eigentlich für größere Diagonalen bestimmt sind. Diese Adapter schlucken aber Licht und reduzieren somit die Lichtempfindlichkeit des Gesamtsystems. Da kann man die mit dem 371er gewonnene ganze Blende mehr Lichtempfindlichkeit gut brauchen.

Um das schon angesprochene Thema der Signalverarbeitung noch einmal aufzugreifen: Es ist heute normal, dass bei Camcordern so manches Manko der Sensoren und Optiken mit trickreichen Algorithmen auf digitaler Ebene kompensiert wird. Dabei können unerwartete und in der Praxis ungünstige Effekte eintreten: Beim 301er etwa wurde Rauschen in dunklen Bildpartien bis zu einem gewissen Maß sehr wirksam glattgebügelt und weggerechnet, störend war aber mitunter das teilweise zu abrupte Einsetzen dieser Rauschunterdrückung. Hier hat Panasonic nachgebessert und den durch die neuen Sensoren gewonnenen Spielraum genutzt; Es passiert sehr viel seltener, dass sich beim 371er unter diesen Aspekten Artefakte zeigen und wenn, fallen sie schwächer aus.

Ebenfalls etwas abgeschwächt, aber geblieben ist auch beim 371er, dass die CMOS-Sensoren und die Signalverarbeitung in Grenzbereichen weniger tolerant sind, als man das früher von Panasonic-Camcordern gewöhnt war: Man muss stärker darauf achten, den Camcorder mittels Blende, ND-Filter und elektronischer Verstärkung vor Unter- und Überbelichtung zu bewahren. Ein <LEX>Gain</LEX>-Wert von 12 dB allerdings sorgt schon für deutlich erhöhtes Bildrauschen — aber man braucht die elektronische Anhebung beim 371er dank der höheren Grundempfindlichkeit auch seltener.

Bei der BIldkontrolle unterstützen den Anwender verschiedene Kontrollfunktionen, darunter auch einblendbare Waveform– und <LEX>Vektorskop</LEX>-Darstellungen. Immer noch kommen etwa die ND-Filterwarnungen am 371er für den Geschmack der Tester eher etwas zu spät.

Bei CMOS-Sensoren tritt generell die Rolling Shutter-Problematik auf: Verzerrungen von vertikalen Objektkanten bei schnellen Schwenks und schnellen Objekten im Bild, sowie helle Bildstreifen in Folge von teilweiser Belichtung des Sensors, wenn parallel zum Filmen auch Fotos mit Blitzlicht aufgenommen werden (<LEX>Flash Band</LEX>). Der 371er ist mit einer Software ausgestattet, die diese Rolling-Shutter-Probleme zumindest teilweise schon im Camcorder beseitigt: Die Flash-Bands werden recht wirkungsvoll kompensiert. Der Blitzer wird dabei aber nicht herausgerechnet, sondern es wird dafür gesorgt, dass der gewohnte Bildeindruck eines im ganzen überbelichteten, statt eines in Streifen geschnittenen Bildes entsteht.

Weitere Ausstattungsmerkmale

Neu ist eine Funktionen im Clip-Handling, die also eher Workflow-Aspekte, als die reine Aufnahmefunktionalität betrifft: Bis zu 99 Takes können nun vom Camcorder zu einem einzigen Clip kombiniert werden. Das kann je nach gewählter Arbeitsweise in der Postproduktion sinnvoll sein und zur Vereinfachung beitragen.

In praktisch allen anderen Aspekten von Ausstattung und Funktionalität entspricht der AG-HPX371 exakt dem HPX301, deshalb sei an dieser Stelle auf den ausführlichen Test dieses Camcorders verwiesen. Das gilt auch für die interessanten und vielseitigen Zeitlupen- und <LEX>Zeitraffer</LEX>funktionen des Geräts, die zwar ausschließlich im 720p-Modus zur Verfügung stehen, aber an dieser Stelle nicht gänzlich unerwähnt bleiben sollen.

Die Anwender sind beim 371er auf P2-Speicherkarten festgelegt, alternative Speichermethoden auf File-Basis gibt es nicht und das wird sich auch perspektivisch nicht ändern: 100 Mbps, die bei der Aufzeichnung in der höchsten Qualitätsstufe des HPX371 anfallen, schreibt derzeit kein anderes, für Camcorder geeignetes Speicherkartensystem weg. Einzige alternative Speichermöglichkeit sind Digitalrecorder mit (HD-)SDI-Eingang.

Fazit

Mit dem 371er hat Panasonic das Sparpaket 301 an dessen schwächster Stelle massiv verbessert: Die höhere Lichtempfindlichkeit der neuen Sensor-Generation hat direkt und indirekt sehr positive Auswirkungen auf diesen Camcorder: Nutzt man das Paketangebot mit Objektiv, bekommt man deutlich bessere Bildqualität im Lowlight-Bereich, bei sonst gleichen, für den Preis sehr starken Leistungen. Außerdem können die Anwender das Gerät nun einfacher per Adapter mit einem höherwertigen Objektiv nutzen, denn die höhere Empfindlichkeit verschafft dann immer noch brauchbare Lowlight-Eigenschaften.

Es bleibt auch beim 371er immer noch an verschiedenen Stellen Raum für Verbesserungen, aber in Anbetracht des Preises ist dieser Camcorder ein echtes Pfund: Panasonic hat mit den neuen Sensoren die Wettbewerbsfähigkeit des Geräts an einer entscheidenden Stelle massiv verbessert.

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