Die wunderbare Welt des Internets
Schon müde und leicht enttäuscht vom Politik-Sommertheater? Keine großen Erwartungen mehr? Oder kommt vielleicht doch noch die große Politikposse dieses Sommers? Über die Gründe der wachsenden Politikverdrossenheit, die ja mittlerweile auch die Parteien und die Politiker selbst ergriffen hat, schreiben Gesellschaftskritiker, Politikwissenschaftler und Journalisten ganze Bücher. Regelmäßige Leser dieses Newsletters wissen, dass solcherlei hier in aller Regel ausgespart bleibt, wenn es nicht einen ganz konkreten Anlass und einen Bezug zur Branche gibt.
Generell interessanter sind da für film-tv-video.de und seine Nutzer Entwicklungen im Online-Bereich, die sozusagen die Gegenseite der Politik-Show darstellen. Dass das Internet in die Vermittlung und Verbreitung von Informationen eine ganz neue Dynamik mit Licht- und Schattenseiten gebracht hat, zeigt sich nun auch am Beispiel von WikiLeaks. Das ist eine Plattform, deren Ziel es nach eigenen Aussagen ist, wichtige, aber geschützte oder geheime Informationen von anonymen Quellen der Öffentlichkeit im Internet frei zur Verfügung zu stellen.
Seinen bislang größten Coup landete WikiLeaks nun mit der Veröffentlichung von rund 92.000 geheimen Berichten über den Afghanistan-Krieg. Darüber ist eine heftige Diskussion entbrannt, die unabhängig von der politischen Komponente in vielen Aspekten zeigt, wie an entscheidenden Stellen über die Verbreitung von Informationen gedacht wird. Die Bandbreite der Reaktionen auf die Veröffentlichung reicht von »Geheimnisverrat« über »Gefährdung der nationalen Sicherheit« bis hin zum »höchsten Ausweis für die Demokratie«.
Ein schwieriges Thema, an dem sich die Geister scheiden: Wenn aufgrund der Informationen eines Whistleblowers, illegale, ungerechte und gefährliche Entwicklungen aufgeklärt, aufgehalten und unterbunden werden, finden das in der Regel zumindest all jene richtig und gut, die nicht persönlich davon betroffen sind. Das Verhalten der Sekretärin, die den Siemens-Korruptionsskandal ins Rollen brachte und davon persönlich nicht profitierte, kann zweifellos als untadelig gelten. Viel schwieriger wird es etwa, wenn sich Bankmitarbeiter am Verkauf von Steuersünder-CDs bereichern. Hier steckt der Staat schon mitten in der Grauzone — ebenso wie letztlich auch WikiLeaks, wo zum hehren Zweck letztlich auf illegalen Wegen empfangenes Material veröffentlicht wird.
Vom Blick in den Abgrund bleiben die meisten im Lauf ihres Lebens in vielerlei Hinsicht nicht verschont. Und manchmal ist er eben notwendig, unvermeidbar und heilsam.
Sie werden sehen.