Broadcast, Sport: 16.03.2010

Erfolgreicher Test bei Sky: Bundesliga-Fußball in Stereo-3D

Sky hat gemeinsam mit dem TV-Dienstleister Topvision zum ersten Mal in Deutschland ein Bundesliga-Fußballspiel live als HD-Produktion in Stereo-3D übertragen. Es handelte sich um ein Pilotprojekt, in dessen Rahmen rund 120 geladene Gäste in der Füllhalle auf der Münchner Praterinsel das Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Bayer Leverkusen und dem Hamburger SV live in 3D sehen konnten.

Das Spiel wurde vom Bundesliga-Veranstalter DFL und dessen TV-Tochter Sportcast in Kooperation mit dem Abo-Sender Sky in Stereo-3D produziert, Dabei griffen die Rechteinhaber auf Technik und Knowhow des TV-Dienstleisters Topvision zurück.

Im Auftrag von Sky wurde das Spiel parallel zur »normalen« HD-Produktion mit insgesamt neun zusätzlichen Kamera-Paaren in Stereo-3D produziert. Regie führte bei dieser Stereo-3D-Pilotproduktion Volker Weicker, kommentiert wurde die Partie von Kai Dittmann.

Der TV-Dienstleister Topvision hatte also bei der Partie Bayer Leverkusen gegen Hamburger SV zwei Ü-Wagen im Einsatz: Der Ü2 produzierte das Basissignal, das an die Sky-Abonnenten übertragen wurde. Der Ü4 hingegen war mit zusätzlicher Technik ausgestattet und wurde für die separate Produktion des Stereo-3D-Signals eingesetzt, das nur für eine ausgewählte Zielgruppe bestimmt war.

Bei der Produktion des 3D-Signals hatte man sich in der Bildgestaltung klare Regeln auferlegt: So wurden beispielsweise Zoomfahrten auf ein Minimum reduziert. Die Führungskamera, eine Sony HDC-1000, wurde von der Platzierung her etwas weiter unten im Stadion aufgebaut, blickte also aus einem etwas flacheren Winkel auf das Spielfeld, als sonst bei der Führungskamera üblich. Für die Führungskamera hatte Topvision ein spezielles Rig gebaut.

Alle anderen Kameras wurden direkt auf der Ebene des Spielfelds eingesetzt: Vier HDC-1500-Systemkamerapaare von Sony fingen dort nahe und direkte Bilder des Spiels ein. Drei dieser Kamerapaare waren auf Heavy-Duty-Rigs von P+S Technik montiert, das vierte Kamerapaar wurde auf einem Swissrig eingesetzt.

Zwei Steadicam-Systeme, die mit je zwei Sony-EX3-Kameras auf Freestyle-Rigs von P+S bestückt waren (siehe Videoreport zu den Rigs), ergänzten das Setup. Diese relativ leichten Rigs werden aus Carbon gefertigt und erreichen eine mit anderen Materialien nicht realisierbare Kombination aus Zuladung, Eigengewicht, Stabilität und kompakter Form. Andreas Dasser, Managing Director von P+S Technik, urteilt: »Als Innovationsführer sind wir stolz darauf, mit unseren 3D-Stereo-Rigs die erste Fußball Live-3D-HD-Übertragung in Deutschland mit ermöglicht zu haben. Damit stellen wir unter Beweis, dass sich insbesondere das Freestyle Rig hervorragend für den Broadcast-Einsatz in der Live-Sport- und Live-News-Produktion eignet.«

In den Toren waren LMP1200-Mini-HD-Kameras von Lux Media (Kamera-Info) paarweise installiert – sie fingen die Treffer der torreichen Begegnung aus der Torperspektive ein.

Teilnehmer der Pilotübertragung berichteten film-tv-video.de gegenüber von einem starken »Mittendrin«-Gefühl und zeigten sich von der dynamischen Tiefenwirkung der etwas flacher platzierten Führungskamera stark beeindruckt. Auch die Stereo-Bilder der EX3-Paare auf den mobilen Steadicam-Rigs ernteten sehr anerkennende Kommentare. Probleme soll es hingegen noch mit den Slomo-Passagen gegeben haben. Dabei soll es sich aber nicht um ein prinzipielles Problem handeln.

Topvision-Geschäftsführer Eduard Palasan betont den immensen technischen Aufwand, den es für den TV-Dienstleister bedeutete, die Stereo-3D-Übertragung zu realiseren: Letztlich müssen eben für die neun Kamerapositionen doppelt so viele Kameras verwendet, justiert und abgeglichen werden. Dafür ist zusätzliches Knowhow erforderlich.

Der Objektiv-Hersteller Canon unterstützte Topvision bei der 3D-Produktion des Spiels mit besonders ausgesuchten Objektiven. Hier wurde schon im Vorfeld hoher Aufwand in Tests gesteckt, an deren Ende Topvision schlussendlich Objektivpaare erhielt, die optimal aufeinander abgestimmt waren.

Für die Verarbeitung und Kombination der von den Kameras ankommenden neun Stereo-Signalpaare setzte Topvision im Ü4 Sonys MVS-8000-Mischer mit zwei Mainframes ein. Damit bleiben über ein Bedienpanel auch im Stereo-3D-Betrieb alle Funktionen des Mischers voll erhalten, es gibt keine Einschränkungen gegenüber dem normalen HD-Betrieb (siehe auch Videoreport von der Sony-Roadshow). Das 3D-Material wurde zudem im Dual Stream Modus auf eine Sony HDCAM SR SRW-5800 aufgezeichnet. Monitoring und Signalkontrolle wurden ebenfalls mit Sony-Systemen umgesetzt: Topvision hatte erst kürzlich in 3D-fähige Monitore des Typs LMD-2451TD investiert. Als Hauptmonitor diente ein 40-Zoll-Bildschirm von Sony, weiter wurden LMD-940W Monitore eingesetzt.

Als sehr aufwändig für die Produktion stellten sich nach Auskunft der Beteiligten die Übergänge von den Live-Kamerabildern zu den Slomos dar. Zum einen erfordern Stereo-Slomos auch, dass die EVS-Kapazitäten verdoppelt werden, zum anderen muss hier noch in der Bildgestaltung ein guter Übergang realisiert werden. Die gesamte Produktion wurde in Side-by-Side-Technik realisiert und übertragen.

Für Franz Beckenbauer, der zu den Gästen in München zählte, ist klar, dass HD-3D die nächste wichtige Entwicklung im Sport sei. Er urteilt: »Die Aufnahmen, die ich heute hier gesehen habe, sind fantastisch. Ich habe in meinem Alter schon viele Entwicklungen im Fernsehen mitgemacht und bin mir sicher, dass wir jetzt mit HD-3D am Beginn einer neuen Ära in der TV-Technik stehen.«

Die Worte der Lichtgestalt des deutschen Fußballs dürften dem einen oder anderen vielleicht etwas zu hoch gegriffen sein. In jedem Fall zeigte der Sky-Test aber, dass in dieser Technik auch in puncto Fußballübertragung Potenzial steckt: Selbst 3D-Skeptiker zeigten sich beeindruckt von der Bildgewalt und der neuen Erlebnisqualität, die Stereo-3D in der Live-Sportproduktion eröffne. Die technischen Herausforderungen, die das Thema Stereo-3D stellt, lassen sich zweifellos überwinden. Als problematisch könnte sich aber die Finanzierung von qualitativ hochwertigen HD-3D-Produktionen darstellen: Der Aufwand ist deutlich größer, aber im hart umkämpften Ü-Wagen-Markt wird es schwer sein, die höheren Produktionspreise durchzusetzen und zu erzielen, die dafür nötig sind: Derzeit geht die Preisspirale in der Sportübertragung eher nach unten, und so könnte eine einfache Frage zum elementaren Hemmnis für HD-3D im Sport werden: Wer zahlt dafür?

Premiere vor der Premiere

Schon im Februar 2010 hatte Topvision erstmals eine Stereo-3D-Produktion in HD mit dem Thema Fußball umgesetzt: Damals wurde als erster Test das Champions-League-Spiel VfB Stuttgart gegen Barcelona in HD-3D aufgezeichnet. Die Ergebnisse waren so überzeugend, dass sich Sky nun zum eigenen Showcase mit Bundesliga-Fußball entschied. Bei diesem Test war auch die neue 3D-Processor-Einheit MPE-2000 von Sony im Einsatz, die Signalkorrekturen für ein besseres Stereo-3D-Signal durchführt.

Weitere Infos

Hier können Sie sich einen Videobeitrag von Bayer TV über die Stereo-3D-Produktion ansehen.