DSF: Der Riese unter den Zwergen
Das Deutsche Sport Fernsehen (DSF) ist im heimischen TV-Markt als Spartensender mit dem höchsten Marktanteil eine feste Größe. Mit mehr eigenem, individuellem Content und zusätzlichen, neuen Programmformaten will der Sender sein Profil schärfen und seine Position ausbauen. Dabei setzt DSF unter anderem auf Videojournalisten und ein neues News-Format, das im eigenen Zwei-Mann-Studio produziert wird.
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Mit seinem Nachtprogramm und den sehr speziellen Call-in-Shows ist DSF leicht angreifbar und eignet sich hervorragend als Zielscheibe für Spott und Häme. Aber gleichzeitig ist dieser Sender die Nummer 1 im deutschen Markt, wenn es um Fußball geht. Das ist kaum zu glauben, wenn man sich die EM-Breitseite der vergangenen Wochen bei ARD und ZDF in Erinnerung ruft. Aber DSF kam im vergangenen Jahr auf insgesamt sage und schreibe 841 Stunden Programm aus der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga. Das ist vier mal mehr, als ARD, ZDF und die dritten Programme im gleichen Zeitraum an Bundesliga-Fußball ausstrahlten. So berichtet DSF täglich von Montag bis Freitag ab 18:30 Uhr mit dem Magazin »Bundesliga Aktuell« über das aktuelle Geschehen in der ersten und zweiten Bundesliga. Weitere Sendungen wie etwa »Doppelpass« am Sonntagvormittag oder »Hattrick« ergänzen das DSF-Fußball-Angebot.
Marktanteil von DSF im Vergleich
Insgesamt erreichte der Sportsender im Jahr 2007 laut AGF/GfK einen Marktanteil von 1,1 % im Tagesdurchschnitt und ist damit der Riese unter den Spartensender-Zwergen.
1,1 % Marktanteil für DSF, das ist ein Zehntel mehr als der Konkurrent Eurosport, der mit 3Sat gleichauf liegt. Mit Raten von unter einem Prozent folgen dann N24 (0,9 %), Phoenix (0,9 %), Das Vierte (0,8 %), Arte (0,7 %), Tele 5 (0,7 %), N-TV (0,7 %), Nick (0,7 %), Viva (0,6 %), MTV (0,5 %) und D-Max (0,5 %).
Zum Vergleich: Die größten Marktanteile in der deutschen TV-Landschaft haben ARD (13,4 %), ZDF (12,9 %), RTL (12,4 %), Sat.1 (9,6 %) und ProSieben (6,5 %). Alle dritten Programme der ARD zusammen erreichen 13,5 %. Zwischen ProSieben und den Spartensendern liegen noch Vox, RTL2, Kabel 1 und Super RTL (Quelle aller Marktanteilszahlen: AGF/GfK-Veröffentlichung für 2007.)
Fußball-Themen als Hebel
In diesem Jahr will DSF seine Fußball-Programme erneut erweitern und strebt eine 30-%-Steigerung des Bundesliga-Contents auf rund 1.050 Stunden Programm an. Wie es aussieht, wird der Sender dieses Ziel erreichen — und das trotz der kleineren Budgets, mit denen der Sender im Vergleich zu den größeren und thematisch breiter angelegten Sendern operieren muss. Wie das geht, fragte film-tv-video.de bei Manfred Eisele nach, dem Bereichsleiter Herstellung von DSF.
Manfred Eisele: »Es war das erklärte Ziel von Redaktion und Geschäftsleitung, unseren Zuschauern mehr eigenproduzierten Content aus der Sport- und besonders aus der Fußballwelt anzubieten. Wir wollten mehr machen, mehr abbilden, ohne die Kosten massiv in die Höhe zu treiben. Meine Aufgabe war es, hier in enger Abstimmung mit der Redaktionsseite eine Lösung zu finden, wie man das kostengünstig und effektiv umsetzen kann. Für uns bestand die Herausforderung darin, mit einfacher Technik broadcast-taugliche Bilder und Töne zu bekommen. Eines der Resultate dieser Überlegungen war es, mit Videojournalisten zu arbeiten. Die Aufgabe der VJs ist es, Beiträge aus der Welt des Sports zu produzieren, die möglichst nahe dran am Thema sind.«
Den Einsatz von Videojournalisten im Sportbereich sieht Eisele dabei differenziert und als Erweiterung der bestehenden Produktionsmethoden: »Es gibt im Sport-TV-Bereich eine High-End-Schiene, die bei großen Events im Fußball, bei Olympia oder in der Formel 1 möglich, sinnvoll und gerechtfertigt ist. Uns ging es darum, mit den Videojournalisten auch eine passende Form der Berichterstattung für weniger ertragreiche Sportarten und kleinere Events zu finden. Mit den Videojournalisten können wir das umsetzen und interessante Infos und Eindrücke vermitteln, die sonst einfach nicht unter die Kostendecke gepasst hätten. Zu kleineren Events können wir eben aus Kostengründen einfach keinen Ü-Wagen schicken, auch wenn sie interessant sind. Aber nun haben wir unseren Werkzeugkasten erweitert und können diesen Bereich abdecken. «
Es gibt aber auch noch einen weiteren Grund, weshalb die Videojournalisten aus der Sicht von Manfred Eisele eine echte Bereicherung sind: »Wir können mit Videojournalisten schneller und flexibler reagieren, sind regional breiter aufgestellt und wir kommen in vielen Fällen auch »näher ran«, gewinnen also thematisch dichte, authentische Eindrücke. Aktueller und kleinteiliger berichten zu können, davon profitiert die redaktionelle Arbeit. «
Im Juli 2007 wurden die ersten zehn DSF-Redakteure innerbetrieblich von erfahrenen Praktikern zu Videojournalisten ausgebildet. Mittlerweile sind rund 30 festangestellte und freie VJs für DSF im Einsatz, an jedem Bundesliga-Spielort kann DSF mindestens auf einen Videojournalisten zurückgreifen.
Die Videojournalisten liefern Beiträge für die bekannten Magazine und auch für das jüngste News-Format des Senders »DSF aktuell«. Dieses Format steht ganz besonders dafür, dass DSF die Zuschauer mit eigenproduziertem Content aus der Fußballwelt gewinnen und überzeugen will.
»DSF aktuell« nutzt eine innovative Produktionsweise: Neben dem verantwortlichen Redakteur produzieren nur zwei technische Mitarbeiter und jeweils eine Moderatorin oder ein Moderator die Sendung. Mit dem von DSF gewählten Set-Up kann die Sendung vorproduziert und kurz nach der Aufzeichnung gesendet werden, de facto wird aber überwiegend live gesendet. Für die Produktion hat DSF direkt an einen der Redaktionsräume angrenzend ein kleines Studio und eine Regie eingerichtet, deren zentrales Element eine Komplettlösung von Broadcast Pix darstellt.
Manfred Eisele erläutert: »Im September 2007 haben wir das neue News-Studio projektiert, das in einem ehemaligen Konferenzraum der Fußball-Redaktion untergebracht ist — seit Januar 2008 produzieren wir damit. Wir wollten eine Lösung haben, die uns auch das ganz schnelle Reagieren ohne lange Vorlaufzeit ermöglicht. Es ging uns neben anderen Zielen auch darum, das Ganze jeweils sehr schnell in Betrieb nehmen zu können«. Technisch ist diese Lösung auf das wirklich Notwendige abgestrippt und auch das sieht Eisele durchaus differenziert: »Wir haben mit dem kleinen Studio nichts ersetzt, sondern unsere Möglichkeiten erweitert. Nach wie vor produzieren wir verschiedene Fußballsendungen mit größerem technischem Aufwand, aber mit dem kleinen Set-Up für »DSF aktuell« haben wir einen zusätzlichen Programmpunkt geschaffen, der anders kaum realisierbar gewesen wäre. «
Solche Installationen und Produktionsweisen sind unter Broadcastern nach wie vor sehr umstritten. Viele TV-Dienstleister wehren sich auch dagegen, mit günstiger IT-Technik einfache Broadcast-Installationen zu bauen, weil damit keine 100%ige Verfügbarkeit garantiert werden könne. Eisele sagt dazu: »Dieser Gefahr sind wir uns durchaus bewusst und man muss natürlich sehr genau abwägen, wo man solche Systeme und Produktionsweisen einsetzt. Wenn es um Beiträge mit hohen Rechtekosten geht, wird man das eher nicht tun, aber es gibt eben durchaus Bereiche und Themen, die sich dafür anbieten. «
Und wenn es darum geht, ob eine Sportart oder ein Hintergrundbericht es überhaupt ins Fernsehen schafft, oder er aus Kostengründen gestrichen wird, würde die Entscheidung der jeweiligen Fans sicher eindeutig ausfallen. »So haben eben auch wir entschieden, diese Themen technisch etwas einfacher und vielleicht sogar riskanter anzugehen, aber aktuell zu sein und darüber zu berichten, anstatt sie einfach unter den Tisch fallen zu lassen«, argumentiert Eisele.
Videoreporter bei DSF
»Natürlich hatten wir mit viel Skepsis und Zurückhaltung zu kämpfen, und ich verstehe die Einwände, die es beim Einsatz von Videojournalisten nach wie vor gibt. Uns schlug ehrlich gesagt anfänglich aus verschiedenen Richtungen nicht gerade Begeisterung entgegen, als wir diese Idee aufbrachten«, sagt Manfred Eisele über die DSF-Entscheidung, mit Videoreportern zu arbeiten. »Bei uns stellt sich die Situation allerdings — wie schon erwähnt — etwas anders dar, denn wir produzieren mit den VJs Content, den es gar nicht geben würde, wenn wir nicht diese neuen Möglichkeiten ausschöpfen würden.« Dabei legte DSF laut Eisele großen Wert darauf, dass die Videoreporter eine gute und vor allem praxisnahe Ausbildung erhalten, denn sie sollen sendefähige Beiträge produzieren, die »näher dran« sind am Geschehen, am Sport, an den Akteuren. Als der FC Bayern beispielsweise überraschend bekannt gab, Jürgen Klinsmann als neuen Trainer zu verpflichten, waren die DSF-Videoreporter schon vor Ort und konnten direkt Stimmen von Spielern und Trainerstab dazu einholen.
Überall dort, wo es Bundesliga-Clubs gibt, beschäftigt DSF deshalb Videojournalisten, die Pressekonferenzen ebenso mitverfolgen wie die Trainingseinheiten der Vereine, soweit das möglich ist. »Was unsere Videoreporter produzieren, könnten wir in vielen Fällen mit einer EB-Crew gar nicht realisieren. Unsere VJs halten einen ganz engen Kontakt zu Spielern und Betreuern, außerdem sind sie extrem schnell vor Ort und drehfertig. Sie holen ihre Statements oft schon ein, bevor die anderen überhaupt ihr Stativ aufgebaut haben«, berichtet Eisele und ergänzt. »Einer unserer Videoreporter berichtete auch schon aus dem Ultrablock eines italienischen Stadions – so einen heiklen Beitrag könnten wir mit einer klassischen EB-Kamera niemals drehen«.
Die Grundausrüstung der Videoreporter besteht aus Sony-HDV-Camcordern des Typs HVR-V1 (Test hier, einem Laptop mit der Editing-Software Avid Liquid Pro 7 sowie diversem Zubehör. Gedreht wird derzeit in DV. »Der Wunsch nach mehr Aktualität und Flexibilität erfordert einfach Kompromisse und Abstriche bei der technischen Qualität, aber DV hat ja bei vielen Sendern Einzug gehalten«, erklärt Manfred Eisele.
Dank der kompakten Ausrüstung sind die Videoreporter sehr schnell und können oftmals schon am Drehort mit dem Schnitt beginnen, wenn es die Situation erfordert. Während der vergangenen Eishockey-WM in Kanada hatte DSF beispielsweise einen VJ vor Ort, der umfangreich berichtete. »Unsere VJs überspielen ihre Beiträge vom Drehort per DSL direkt zu DSF – im Notfall reicht uns auch eine Telefonleitung aus dem Pressezentrum, um die fertigen Berichte und teilweise auch das Rohmaterial zu uns zu übertragen. DV-Qualität ist dabei völlig ausreichend für uns. Das spart natürlich enorme Kosten und ermöglicht es gleichzeitig, auch von Sport-Events zu berichten, die wir normalerweise aus Kostengründen streichen müssten«, erklärt Eisele die DSF-Philosophie.
Bei den Zuschauern kommen die Beiträge der VJs offenbar gut an und sie tragen aus Sicht der DSF-Macher mit dazu bei, dass die Zuschauer dem Deutschen Sport Fernsehen eine hohe Kompetenz im Sport zuschreiben und der Sportsender — laut Umfrage — im Zuschauer-Rating bei diesem Punkt nach der ARD den zweiten Platz belegt — noch vor ZDF, Eurosport, RTL und Premiere. »Und das, obwohl wir nicht das Geld der Öffentlich-Rechtlichen haben«, resümiert Manfred Eisele und ergänzt: »Wir haben bei DSF ganz klar den Anspruch, noch näher dran zu sein am Thema Sport als alle anderen, und das ist man am ehesten, wenn man selbst ein großes Interesse für dieses Thema hat. Deshalb sind auch unsere Videoreporter alle sehr engagiert und interessiert am Thema, und das merkt man den Beiträgen an«.
Dass sich DSF in der Nachbearbeitung für Avid Liquid entschieden hat, lag letztlich an der Präferenz der Videoreporter, die selbst ausprobieren und dann entscheiden konnten, welche der gängigen Editing-Softwares sie am besten fanden.
Aus technischer Sicht gab es bei den ersten Produktionen noch einige kleinere Hürden zu überwinden. »Wir mussten vor allem die Tonproduktion optimieren, hier gab es größere Hürden als in der Bildästhetik und in der Bildqualität. Den Videoreportern war schnell klar, dass es besonders wichtig ist, bei der Produktion von Anfang an auf guten Ton zu achten. Mit einer kleinen Tonkabine und ein paar Zusatz-Tools wie einem Kompressor und Limiter kommen wir mittlerweile in der Postproduktion hin, um ordentliche Qualität zu erreichen«, berichtet Eisele.
Innerhalb der Redaktionen wird die Produktionsweise der Videoreporter mittlerweile sehr gut angenommen, auch wenn sich Mitarbeiter, deren Wurzeln im klassischen EB-Bereich liegen, nach wie vor schwer tun, als »One-Man-Show« zu arbeiten, so Eisele: » Es ist leichter, einen Redakteur zum Videojournalisten auszubilden, als einen Kameramann oder einen Cutter. Und natürlich spielt auch das Alter eine Rolle: Die jüngeren Kollegen finden es oft besser, alles von der Aufnahme bis zum fertigen Beitrag selbst zu machen, weil das Ergebnis aus ihrer Sicht dann runder wird und besser das Erlebte wiedergibt. Sie haben keine Berührungsängste und finden Bildbearbeitung mit dem Laptop normal. «
Die Beiträge der Videoreporter nutzt DSF in ganz unterschiedlichen Sendungen, wobei Eisele anmerkt, dass es natürlich auch für die Videoreporter Grenzen gibt: »Für bestimmte Themen wollen unsere Redakteure nach wie vor ein EB-Team, aber insgesamt betrachtet ist es einfach so, dass wir dank der Videoreporter nun fürs selbe Geld mehr Content produzieren können – und das ist für einen kleineren Sender wie DSF einfach ein wichtiger Aspekt«.
VJ-Ausrüstung
Damit arbeiten die Videojournalisten von DSF: Sony-Camcorder HVR-V1E, Manfrotto-Stativ, Sennheiser-Mikrofon ME 66, Sennheiser- Funkstrecke EW 112 Profi-Set, Kopflicht PAG Light C6-Kit, Sony- Headset HMD/HME 25-1, HP-Laptops NW9440, Editing-Software Avid Liquid Pro 7.
News-Studio bei DSF
Wenige Monate, nachdem die Videoreporter bei DSF geschult und ausgerüstet waren, begann DSF, ein neues Nachrichtenstudio zu planen. Das Besondere daran: Nur zwei technische Mitarbeiter, ein Moderator und ein leitender Redakteur reichen aus, um darin die 15minütige Nachrichtensendung »DSF aktuell« zu realisieren.
Manfred Eisele berichtet, wie das Projekt zustande kam: »Ein Sender wie DSF braucht neue Business- und Produktionsmodelle, um wirtschaftlich und journalistisch anspruchsvoll arbeiten zu können. Hochglanz-Produktionen können wir aus wirtschaftlichen Gründen nicht in allen Bereichen umsetzen, und so entstand die Idee, ein kostengünstiges Nachrichtenstudio auf der Basis von IT-Komponenten zu realisieren.« Mitarbeiter und Redaktionen standen dem Projekt zunächst eher skeptisch gegenüber, so Manfred Eisele, »und auch wir sehen die Risiken, die ein kostengünstiges, IT-basierendes System birgt, aber damit gehen wir um. «
Herzstück des neuen Nachrichtenstudios ist die Komplettlösung Slate 2100 von Broadcast Pix, die von den Firmen Videocation aus München und Cam aus Köln installiert wurde. Mit Slate lassen sich mehrere Bildquellen steuern, Texte, Grafiken und Animationen einblenden und über eine integrierte Schnittstelle auch externe Kameras fernsteuern. Mit einem integrierten Multiviewer ist es möglich, alle Quellen zu überwachen.
Stefan Wistuba, Leiter Produktionsplanung bei DSF, plante und überwachte die Integration und Installation. »Für uns bietet das System enorme Vorteile, weil wir es aufgrund der eingesetzten IT-Technik sehr flexibel planen und genauso zusammenstellen konnten, wie wir es haben wollten. Das beginnt schon bei der Bedienung: Die ist sowohl per Touchscreen wie auch übers Panel möglich. Besonders interessant ist für uns auch die Panel-Steuerung der Studiokameras. Damit können wir unsere beiden Roboterkameras im Studio bequem fernsteuern und kommen so mit nur einem Operator fürs Bild und einem weiteren für Ton und Grafik aus, um die komplette Sendung zu fahren«, erläutert Wistuba. Bei den Kameras fiel die Wahl auf das Modell BRC-H700P von Sony, eine komplett fernsteuerbare Dome-Kamera. Einer der Gründe dafür war die Weitwinkeloptik dieser Kamera, die für den Einsatz im kleinen Moderatorenstudio natürlich günstig ist und auch einen größeren Raumeindruck vermittelt.
»Die Flexibilität war ein wichtiger Aspekt bei unserer Entscheidung für das kleine eigene Studio. Das fängt schon beim Personal an: In einer »normalen« Regie braucht man fünf technische Mitarbeiter, um eine Sendung wie »DSF aktuell« zu fahren. Die sitzen aber in keiner Produktionsfirma einfach nur rum und warten, ob etwas Aktuelles passiert, man muss also vorplanen, disponieren und bei unplanbaren Ereignissen auch warten, bis eine Regie frei ist und dann alle fünf notwenigen Mitarbeiter da sind. Für unser kleines, einfaches Studio brauchen wir nur zwei technische Mitarbeiter — im absoluten Notfall reicht sogar einer. Außerdem ist die Bedienung so, dass man sie relativ rasch erlernen kann, wir haben also mehrere Mitarbeiter, die normalerweise andere Aufgaben haben, aber auch das kleine Studio fahren können – und sind dadurch in der Lage, sehr viel rascher zu reagieren«, erläutert Manfred Eisele.
Vorteile im IT-basierten DSF-eigenen Studio sieht Stefan Wistuba auch in bestimmten funktionellen Aspekten: »Wir können hier viele Abläufe und Elemente, die wir in der Sendung brauchen, ja sogar ganze Shows zusammenbauen, speichern und abrufen — in einer Form, wie das in konventionellen Regien gar nicht möglich ist. Alles ist weitgehend automatisiert, aber trotzdem flexibel — das ist für unsere Zwecke die optimale Kombination. «
Für die Produktion einer kompletten Sendung braucht das DSF-Team gerade noch vier bis fünf Stunden — das ist sehr wenig, wenn man sich neben der geringen Größe des Teams auch vor Augen hält, dass die Sendung eher kleinteilig aufgebaut ist, also zahlreiche Elemente und Beiträge enthält. Um Hintergründe für den im Bild sichtbaren Monitor und Opener einzuspielen, nutzt DSF den integrierten Broadcast-Pix-Server. Für Aufzeichnung und Playout kommt hingegen ein Masterplay-Server zum Einsatz, weil er sicher und zuverlässig arbeite, so Wistuba. Anfangs wurde »Live-on Tape« produziert, aber mittlerweile geht das kleine Studio überwiegend live »On Air«.
Die fertige Sendung liefert DSF ims Sendezentrum beim TV-Dienstleister Plazamedia live oder digital an.
Eine kostengünstige Methode, um Schaltungen zu anderen Standorten zu realisieren, stellt das HD-Videokonferenzsystem Polycom HDX9004 dar, das die Firma AVN für den Sportsender installiert hat. »Das System arbeitet mit einem sehr guten Codec«, so Stefan Wistuba, »und damit ist es möglich, via IP mit einer sehr geringen Bandbreite zu anderen Standorten zu schalten und Bild und Ton von unseren Gegenstellen in die News aufzunehmen. «
DSF nutzt hierfür derzeit 1,5-Mpbs-Leitungen, wobei das System auf bis zu 4 Mbps aufrüstbar ist. Über das Videokonferenzsystem kann DSF in einige Stadien schalten, aber auch mehrere Experten, die für den Sender arbeiten, sind mit dem Videokonferenzsystem ausgerüstet. So kann etwa der Ex-Fußballer Freddy Bobic aktuelle Themen schnell und ohne lange Vorlaufzeiten per Videokonferenz kommentieren, ebenso auch die Chefredakteure Rainer Holzschuh von der Zeitschrift »Kicker« und Pit Gottschalk von »Sportbild«. Alle drei waren und sind häufig zu Gast in DSF-Sendungen und können sich nun in etlichen Fällen den Weg ins Studio sparen, wenn sie per Videokonferenz zugeschaltet werden — das spart Kosten und ermöglicht höhere Aktualität.
Die Print-Redaktionen wiederum profitieren von diesen Auftritten, weil sie von DSF mit kurzen Videoclips für ihre Web-Präsenzen beliefert werden. Manfred Eisele erläutert: »Von solchen Austauschdeals profitieren die Print-Titel ebenso wie wir.« Auch Kooperationen mit anderen Partnern gibt es: »Mittlerweile beliefern wir etliche große Online-Plattformen mit unserem Content in Form von Web-Videos, aber auch andere Sender, beispielsweise N24 und RTL. Selbst wer nie DSF schaut, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit schon Bilder gesehen, die unsere Videojournalisten aufgenommen haben. Der Markt ist einfach so, dass wir solche neuen Business-Modelle entwickeln und nutzen müssen.«
Technik des DSF-Moderationsstudios
Regie: Broadcast Pix BPIX-2100 (Komplettlösung)
Diverse Zusatzmodule (Audio Follow Video, Sony Camera Control, CG Connect)
Display und Monitore: Penta DI00110, Displays für Videoserver AG Neovo XW19, LG L1730SF (Touch), Panasonic TH-37PG9 (Studiomonitor)
Kameras: Sony BRC-H700P (2x) inklusive SDI-Karte, Sony HFBK-SD1, Manfrotto-Stative.
Videoserver mit Playliste: Masterplay MPL-EP-B
Ton: Yamaha 01V96V2, diverses Zubehör von Beyerdynamik, Sennheiser und Telex.
Videokonferenz: Polycom HDX9004
Mehr Fernsehen mit einfacheren Mitteln
Es gibt aber auch noch andere Gründe, die für die kostengünstige Produktionsweise sprechen, selbst wenn man dabei qualitative Abstriche machen muss. Dazu Eisele: »Jenseits des Fußballs fließen Sponsorengelder in Deutschland vergleichsweise spärlich. Es gibt aber viele Sportarten und Events, die zwar keine riesigen Massen an Zuschauern interessieren, aber dennoch eine aktive Fan- und Interessentengruppe ansprechen, die oft sehr hoch motiviert und engagiert ist. Diese können wir nur bedienen, wenn wir kostengünstig produzieren.«
Mit konkreten Zahlen unterlegt, wird klar, was Eisele meint: Ein normaler Ü-Wagen-Einsatz schlägt mit Kosten zwischen 15.000 und 20.000 Euro zu Buche. Wollte man auf diesem Niveau eine komplette Eishockey-Saison abdecken, die aus rund 300 Events besteht, kommt man auf Beträge zwischen 4,5 und 6 Millionen Euro. Kostendeckend zu arbeiten, reicht aber bei einem Privatsender natürlich noch gar nicht aus. Deshalb ist ein solches Unterfangen in Deutschland bei Eishockey und vielen anderen Sportarten für einen Sender wie DSF nicht zu finanzieren, so etwas geht nur bei ertragsstärkeren Disziplinen. Es sind also andere Konzepte gefragt, wenn man hier etwas bewegen und diese Sportarten ins Fernsehen bringen will.
Eisele gibt noch ein anderes Beispiel: »Es ist einfach nicht möglich, zu einem Freundschaftsspiel von zwei Bundesligisten in der Sommerpause einen kompletten, klassischen Fußball-Ü-Wagen zu schicken. Wenn wir aber einen kleinen SNG-Wagen mit vier Kameras hinschicken, können wir damit durchaus die interessierten Zuschauer begeistern.«
Auch kooperiert DSF in jüngster Zeit verstärkt mit Regionalsendern. Eisele erläutert: »Regionalsender produzieren in vielen Fällen die regionalen Sport-Highlights, etwa in den Bereichen Basketball, Eishockey oder Zweitliga-Fußball. Dabei leisten diese Sender in vielen Fällen sehr gute Arbeit und sind dadurch optimale Partner für uns. Regionalsender müssen kosteneffektiv produzieren und wissen, worauf es dabei ankommt — auch das passt zu unserem Konzept.« So arbeitet DSF etwa bei Eishockeyspielen der DEL mit Donau TV zusammen.
Andere Wege, schnell aus den Regionen berichten zu können, eröffnen sich in zahlreichen Stadien durch die dort vorhandenen Medien- oder Stadion-TV-Abteilungen. Die produzieren mittlerweile auf hohem Niveau und können ihren Content in guter Qualität und vor allem schnell und unmittelbar nach dem Sport-Event zur Verfügung stellen. »Mit solchen Partnern haben wir die Chance, deutlich mehr Sport, auch jenseits der Top-Clubs und jenseits des Fußballs abzudecken«, so Eisele.
Perspektiven
Was DSF mit dem kompakten Nachrichtenstudio und seinen Videojournalisten realisiert hat, dürfte für viele kleinere Sender ein gangbarer Weg sein, um auch mit knappen Budgets mehr aktuellen Content produzieren zu können — und das wird immer wichtiger, um sich als TV-Sender profilieren und behaupten zu können.
Installationen wie bei DSF werden sicher nicht in allen Bereichen zum Einsatz kommen und wären in vielen Fällen auch unangemessen, aber überall dort, wo kostengünstig und effektiv produziert werden muss, haben sie ihre Berechtigung. Das dürfte sich mittelfristig auch auf viele Berufsbilder im Medienbereich auswirken. Manfred Eisele ist sich sicher: »Die klassische, schmalbandige berufliche Spezialisierung wird es im TV-Bereich meiner Meinung nach nicht mehr lange geben. Stattdessen wird es auf der technischen Seite den Broadcast-Operator geben, der mit ganz unterschiedlichem Equipment arbeiten kann, am Schnittplatz ebenso, wie am Mischer in der Senderegie. In der Aufnahme erwarte ich, dass sich neben den klassischen Kameraleuten, die Longform-Projekte drehen, für die aktuellen Formate auf immer breiterer Basis Videojournalisten etablieren werden und ganz generell sicherlich auch mehr Allround-Qualifikationen benötigt werden.«
Weitere Infos
Am Seitenende steht eine interaktive, flash-basierte Demo des Systems Slate 2100 von Broadcast Pix in zwei Versionen (Mac oder Windows) als Zip-Datei zum Download bereit, mit der man sich einen ersten Überblick der Funktionalität und Bedienung des Geräts verschaffen kann.
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