Verzerrte Wahrnehmung
Dass Pressemitteilungen selbst innerhalb ihres spezifischen Themas oft nur einen sehr schmalen Teil der Wirklichkeit abbilden, ist normal: Schließlich verfolgt der Versender ja in der Regel andere Ziele als die rückhaltlose, neutrale, objektive Information der Konsumenten.
So kann es kaum verwundern, dass die »Task Force DVB-T Deutschland« kürzlich in einer solchen Mitteilung eine überaus positive Bilanz der Einführung von DVB-T zog. Positiver habe das Ganze kaum ablaufen können und die Zuschauer seien mit dem digitalen Fernsehen sehr zufrieden, so lautete die — hier zugegebenermaßen stark verkürzt wiedergegebene — Botschaft. Das steht im auffälligen Widerspruch zu den Rückmeldungen, die man sehr oft erhält, wenn man mit DVB-T-Endkunden spricht: Probleme beim Empfang von DVB-T sind an der Tagesordnung, lästige Effekte wie etwa die unsägliche Asynchronität von Bild und Ton gehören bei DVB-T leider zur Normalität, nicht selten hört man von seltsamen Effekten der DVB-T-Empfänger.
Besonders tunnelhaft wird der Blick in der »Task-Force«-Pressemeldung allerdings, wenn darin hervorgehoben wird, dass DVB-T den Fernsehempfang in vielen Teilen der Republik mobil gemacht habe. Wenige Sätze später folgt dann der Hinweis auf eine Website, mit deren Hilfe man prüfen könne, »ob und mit welcher Antenne DVB-T am gewünschten Ort empfangbar ist«.
Die Wahrheit ist, dass bei DVB-T außerhalb weniger Ballungsräume von Mobilität letztlich nicht die Rede sein kann, was an der geringen Zahl und niedrigen Leistung der Sendeanlagen liegt und daran, dass viele Gerätehersteller hier keinen Markt sehen und gar keine leistungsfähigen portablen Empfänger anbieten. Statt in DVB-T sehen viele Marktteilnehmer die Zukunft mobiler Bewegtbild-Systeme eher im Handy-TV.
Jetzt muss aber auch DVB-H, also das digitale, mobile Handy-Fernsehen nach europäischer Lesart, einen herben Rückschlag verkraften: Der erhoffte Handy-TV-Start zur Fußball-WM im Juni fällt wohl ins Wasser – was im konkreten Fall erst in zweiter Linie an der Technik liegt. Laut Mobile 3.0, dem Plattformbetreiber der in Deutschland für DVB-H-Verbreitung sorgen soll, liegen nämlich längst noch nicht alle Lizenzen der Landesmedienanstalten vor. Und diese Lizenzen seien nun mal die Grundlage für die Investitionen, die Mobile 3.0 vornehmen müsse, um das mobile Fernsehen in Deutschland bereitzustellen, so das Konsortium. Und so wird der Plan von ARD und ZDF, die EM auch auf die Handys der Zuschauer zu bringen, wohl sterben.
Ganz nebenbei gibt es freilich auch noch lange nicht die erforderliche »Marktdurchdringung« mit Handys, die DVB-H empfangen könnten. Das, so die Befürworter von DVB-H, sei aber kein Problem: Spätestens zum Weihnachtsgeschäft werde der Markt mit TV-fähigen Handys überschwemmt und damit die Grundlagen für DVB-H und Mobile 3.0 geschaffen. Klingt das vertraut? Die Zahl der Technologien, die sich angeblich im jeweiligen Weihnachtsgeschäft endgültig durchsetzten und die dann doch aus dem Rennen gingen, sie ist lang und reicht bis zur kürzlich abgekündigten HD-DVD.
Aber bis Weihnachten könnten es — mit etwas Glück — vielleicht die Landesmedienanstalten dann doch geschafft haben, die Lizenzen zu vergeben.
Sie werden sehen.