Messeherbst in Deutschland: Nachbeben
Wenn die IBC vorbei ist, startet der europäische Teil der Branche in den heißen Herbst: Wie Nachbeben oder Echos der großen Messe in Amsterdam reihen sich dann die zahlreichen Roadshows, Workshops und Hausmessen aneinander, bei denen Hersteller und Händler die ersten verfügbaren Geräte oder neuen Softwares zeigen, neue Workflows und Technologien erklären. Für viele, die nicht zur IBC nach Amsterdam fahren konnten oder wollten, bieten solche Events eine schöne Gelegenheit, sich quasi vor der Haustür über die neuesten Produkte und Technologien zu informieren. Die Messe als Herbstauftakt, die kleineren Veranstaltungen als Abrundung und Ergänzung — das passt.
Dann gibt es aber auch noch diese andere Art von Branchenveranstaltung, bei der es irgendjemand geschafft hat, regionale Fördergelder locker zu machen: Messen, bei denen aus Geldtöpfen, die zur Standortförderung dienen, eine bedeutende Medienmesse aus dem Boden gestampft werden soll. Anstatt sich aber erstmal mit der eigenen, kleinen Rolle abzufinden und in realistischen Schritten nach Höherem zu streben, wird das Ganze dann so lange künstlich aufgeblasen und aufgepumpt, bis die Verantwortlichen hyperventilieren: Wer die regionale Administration irgendeiner größeren Stadt um Standortförderung erleichtert und einen einzelnen größeren Hersteller als Sponsor gewonnen hat, der hat (leider) noch lange kein vernünftiges Messekonzept erdacht oder umgesetzt.
So stellt sich die Lage nun schon seit Jahren dar — letztlich seit die Photokina ihre zentrale Bedeutung für den Profimarkt eingebüßt hat. Mit schöner Regelmäßigkeit kommen und gehen seither neue Messen, verkünden Politiker und Regionalgrößen, dass nun wahlweise Frankfurt, Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Karlsruhe, Köln, München, Stuttgart oder irgendeine andere Stadt endgültig in den Medienmesse-Olymp aufgestiegen sei.
Das Ganze wird garniert mit Verlautbarungen, in denen der jeweilige Ministerpräsident, das Stadtoberhaupt und zwei oder drei ortsansässige Firmenchefs aus der Medienwirtschaft mit Jubelworten über die neue Veranstaltung zitiert werden. Vielleicht gibt es dann auch noch ein Foto dazu, auf dem sich die Lokalprominenz mit einer alternden Hollywood-Größe ablichten lässt, der man einen Ehrenpreis überreicht hat, um damit die internationale Bedeutung der Veranstaltung zu verdeutlichen.
Das tut weh — und führt dazu, dass es eben auf keiner Messe in Deutschland ein ganzes, rundes Bild der Bewegtbildbranche gibt: Immer fehlen ein paar wichtige Firmen oder es sind überhaupt nur ein paar wenige da. Die Branche verzettelt sich, gibt insgesamt sehr viel Geld aus, ohne aber damit viel zu reißen: Nur sehr selten wird dabei mehr als unteres Mittelmaß erreicht. Dabei hätte eine große, nationale Bewegtbildmesse für Profis durchaus gute Chancen, viele in der Branche zu erreichen. Mancher würde sich liebend gern die Fahrt ins überteuerte Amsterdam ersparen und stattdessen seine lokalen Ansprechpartner im eigenen Land treffen.
Andere Länder wie Großbritannien oder Frankreich machen vor, wie es geht: Dort gibt es jenseits der IBC nationale Events mit größerer Bedeutung. Was dort funktioniert, könnte auch hier gelingen. Vielleicht dann, wenn einfach mal genug der üblichen Verdächtigen an einem Strang ziehen und Abstinenz üben würden, um diesen Sumpf trocken zu legen.
Sie werden sehen.