Vom Zentralrechner zum Desktop-PC — und zurück
Wenn Ihr erster Kontakt zur Computer-Welt schon länger zurückliegt, dann haben Sie damals vielleicht ihre ersten Eingaben an einem Terminal gemacht, das mit einem Großrechner verbunden war. Später kam dann der von vielen als Riesenfortschritt empfundene Schritt weg vom Terminal, hin zum Desktop-Computer: Endlich konnte man unabhängig, ohne Datenleitung, mit lokalen Speichermedien arbeiten und dabei den Rechner weitgehend selbst steuern und kontrollieren.
Der Schritt hin zum Desktop-Computer markierte nicht nur für den einzelnen Anwender einen wichtigen Meilenstein, sondern für die gesamte IT-Branche, die damals noch EDV hieß. Er läutete das rasante Wachstum der PC-Industrie ein und bescherte Umsätze in ungeahnter Höhe für Firmen, die vorher allenfalls Insider kannten.
Mittlerweile ist der eigene PC bei den Allermeisten nicht mehr wegzudenken — weder aus dem Arbeits- noch aus dem Privatleben: Zuhause macht er dem Fernseher Konkurrenz, speichert Tausende digitaler Fotos und Musikstücke, dient als Spielplattform und Fenster in eine virtuelle Welt. In der Arbeitswelt geht ohne Rechner ohnehin nichts mehr, es sei denn, man ist vielleicht als Monteur, Möbelpacker oder Bauhandwerker tätig — ehrenwerte Berufe übrigens, die man keinesfalls mit Geringschätzung betrachten sollte (siehe P.S. am Ende dieses Textes). In der Film- und Videoindustrie hat sich der Desktop-PC als unverzichtbarer Alleskönner etabliert, auf dem Editing- und Effektprogramme ebenso laufen wie Sendeautomationen, Steuer-Softwares, Titelgeneratoren oder 3D-Programme.
Und nun schwingt das Pendel wieder zurück: Schnelle Inter- und Intranet-Verbindungen sorgen dafür, dass das Konzept des dummen Terminal-Rechners eine Renaissance erlebt. Immer öfter dient der Rechner auf dem Schreibtisch nur noch als Client, der ohne Netzanbindung kaum noch zu etwas zu gebrauchen ist. Netzwerkarchitekturen mit zentralem Speicher sind auf dem Vormarsch, die Intelligenz liegt im Netz, ist verteilt, irgendwo steht der Zentralrechner, der Mail-Server, das intelligente Speichersystem, ohne das der Desktop-Rechner nur noch wenig nützt. Moderne Content-Management-Systeme basieren ebenso auf dieser Idee wie Newsroom-Installationen oder kollaborative Postproduktions-Softwares.
Back to the roots also — mit dem Unterschied, dass nun alles deutlich schneller und leistungsfähiger ablaufen kann, wenn alles schön zusammenspielt. Aber auch mit dem Unterschied, dass ein Desktop-PC im Vergleich zu einem Terminal recht leistungsfähig und komplex ist, wodurch eine Eigendynamik — und in manchen Fällen fast schon so etwas wie ein Eigenleben — entstehen kann. Und das kann das perfekte Zusammenspiel im Netz gelegentlich empfindlich stören.
Die Zukunft dürfte den modularen Konzepten gehören — zumindest solange, bis das Pendel wieder umkehrt oder die nächste, ganz andere Idee am Horizont auftaucht.
Sie werden sehen.
P.S.: Die Redaktion von film-tv-video.de ist umgezogen. Die Nonkonform GmbH sitzt nun in der Konradinstraße 3 in 81543 München. Für Insider der Münchener Produktionsszene: Das sind die Räume, in denen früher mal Ambient Recording war, einige unserer neuen Nachbarn auf dem gleichen Gelände sind Solid Sound, Fideocam und K5.