Kamera, Test, Top-Story: 11.05.2007

HDV-Camcorder JVC GY-HD251: Progressiver Junge

JVC präsentiert den ersten HDV-Camcorder, der mit 720 Zeilen in 50p aufzeichnen kann und außerdem einen HD-SDI-Ausgang bietet. (Eine druckfreundliche Version dieses Tests mit weiteren Infos und mehr Bildern steht im PDF-Format am Textende zum Download bereit.)

Spätestens seit den Zeiten von S-VHS bedient JVC die Ein- und Aufsteiger im Profisegment. Das bedeutet: Von JVC kommen Geräte zu moderaten Preisen, die sich aber an professionellen Bedürfnissen orientieren. Dazu gehören Schultercamcorder mit Wechselobjektiv-Anschluss und Buchsen, die im Profibereich etabliert sind. Auch die neuen Camcorder der 200er-Klasse gehen in diese Richtung.

Eckdaten

JVCs GY-HD251 ist ein kompakter 3-CCD-Schultercamcorder aus der 200er-Reihe. Rein äußerlich unterscheidet er sich vom HD100, dem ersten HDV-Schultercamcorder von JVC, durch einen fest mit dem Gerät verbundenen Adapter an der Rückseite, der zusätzliche Anschlüsse bietet — unter anderem HD-SDI und Genlock. Der Adapter bringt es auch mit sich, dass der 251er nicht mehr mit dem kleinen Akku des HD100 betrieben werden kann, sondern mit einem professionellen Akku-Anschluss-System auf der Rückseite versehen ist. Der Akku gehört entsprechend nicht zum Standard-Lieferumfang des HD251, sondern muss ebenso separat bezogen werden, wie die Stativplatte.

In der Grundausstattung kostet der Camcorder 9.450 Euro netto. Dafür bekommt der Kunde den Camcorder samt HD-SDI-Ausgang und mit Fujinon-16fach-Wechselobjektiv. Was den HD251 von all seinen Konkurrenten unterscheidet, ist die Fähigkeit, 720 Zeilen nicht nur mit einer Bildrate von 24P, 25P oder 30p aufnehmen zu können, sondern auch mit 50p oder 60p. Die Bilddatenrate beträgt dabei lediglich 19 Mbps.

50p-Funktionalität

Die 50p-Aufzeichnung des HD251 ist natürlich das wichtigste Alleinstellungsmerkmal dieses Camcorders, denn in der HDV-Klasse gibt es bislang kein anderes Gerät, das mit dieser Fertigkeit aufwarten könnte. Wie löst JVC das Problem, mehr Bilder bei gleicher Datenrate aufzunehmen? Die Antwort liegt in einem speziellen MPEG-Codec, der dafür sorgt, dass die Datenrate trotz der höheren Bildrate von 50p nicht anwächst, aber trotzdem — das sei schon vorweggenommen — innerhalb der Vorgaben von HDV eine hohe Bildqualität erreicht. Die höhere Bildrate wiederum ermöglicht eine deutlich flüssigere und wegen der progressiven Auflösung auch schärfere Wiedergabe von bewegten Objekten im Bild als mit anderen HDV-Camcordern. Zwar bleiben auch beim HD251 die systembedingten, HDV-typischen Bewegungsunschärfen, die aus der Long-GOP-Kompression herrühren erhalten, aber der abgehackte, stroboskopartige Bildeindruck, der bei 25p-Aufnahmen mit schnellen Objekt- oder Kamerabewegungen auftreten kann, fällt weg. Das Ganze funktioniert natürlich nur, wenn auch die Wiedergabe in 50p sichergestellt ist: Nachbearbeitungssysteme, Monitore und Projektoren müssen in der Lage sein, 50p zu verarbeiten, sonst kommt der sehr positive Bildeindruck, denn 50p eröffnet, leider nicht zum Tragen.

Im Testbetrieb war auch bei der Vorführung 50p-Funktionalität gewährleistet und so konnte der 50p-Camcorder von JVC die Tester überzeugen: 50p ist der richtige Schritt, um HDV weiter zu entwickeln.

Bedienung und Ausstattung

Einer der großen Kritikpunkte am GY-HD100 war und ist das Fujinon-Objektiv Th16x5.5 BRMU, ein 16fach-Zoom mit 5,5 mm Anfangsbrennweite, das der Hersteller als Standardlinsensystem mit dem Camcorder ausliefert. Es ist zu stark auf Niedrigpreis getrimmt und hat mit chromatischen Abberationen zu kämpfen: an Objektkanten im Bild zeigen sich leicht versetzte Farbkanten. Das Problem ist vorhanden, wurde aber in der Berichterstattung teilweise deutlich überbewertet. Ein qualitativ höherwertiges Objektiv, wie es Fujinon und auch Canon anbieten, kann diese Probleme beheben und die Bildqualität durchaus verbessern. Auch den HD251 liefert JVC mit diesem einfachen Objektiv aus, hat es aber geschafft, das Farbkantenproblem zu reduzieren: Objektiv und Signalverarbeitung wurden ganz offenbar besser aufeinander abgestimmt, JVC hat allem Anschein nach korrigierend in die Signalverarbeitung eingegriffen, um die Farbkanteneffekte zu reduzieren. Wem die Qualität des mitgelieferten 16fach-Objekivs von Fujinon dennoch nicht ausreichend erscheint, der kann auf nunmehr vier weitere 1/3-Zoll-Wechselobjektive von Fujinon und Canon zurückgreifen, die es für JVCs HDV-Camcorder gibt. Außerdem steht ein Adapter zur Verfügung, mit dem sich auch andere Objektive am HD251 verwenden lassen.

Einen Autofokus-Betrieb gibt es beim HD251 nicht, was in manchen Fällen jedoch ganz nützlich wäre, auch wenn sich Puristen meist lieber auf den manuellen Fokus verlassen. Der manuelle Fokus lässt sich dank des griffigen Fokusrings gut einstellen, eben wie man das von einem — wenn auch einfachen — professionellen Objektiv verlangt. Dennoch bleibt beim manuellen Fokussieren das Problem, dass weder der Sucher, noch der Ausklappschirm des HD251 von Größe und Auflösung ausreichen, um damit ohne weiteres sicher manuell scharfstellen zu können. Deshalb greift man auch beim HD251 gerne auf die Hilfe der recht guten Peaking-Funktion zurück. Sie markiert die elektronisch aufgesteilten Kanten farbig, sobald exakt scharfgestellt ist und erleichtert es so, die korrekte Schärfeposition zu finden. In Kombination mit Focus Assist, einer Funktion, die den Sucher oder das Display schwarzweiß schaltet, kann man so die Schärfe mit etwas Zusatzaufwand doch recht zuverlässig einstellen.

Generell lässt sich der HD251 gut bedienen und orientiert sich daran, wie Profi-Camcorder üblicherweise funktionieren: Ein/Ausschalter, Weißabgleich-, Preset- und Gain-Schalter befinden sich an den üblichen Stellen. Das ist gut und macht es für den Profi einfach, sich schnell mit dem Camcorder zurechtzufinden. Manche Funktionen sind allerdings nicht sofort auffindbar. Besonders wenn man ins Menü eintauchen muss, tut man sich teilweise schwer, das gewünschte auf Anhieb zu finden: Etwa, wenn man unterschiedliche Bildraten einstellen möchte.

Ein großes Plus des HD251 ist sein professionelles Akkusystem. JVC hat damit auf die Kritik am Vorgänger HD100 reagiert: Jetzt lassen sich an der Rückseite des Camcorders leistungsfähige IDX-Akkus, aber auch andere professionelle Akkusysteme befestigen.

Insgesamt ist der Camcorder dadurch sehr gut ausbalanciert und liegt ausgewogen auf der Schulter, auch wenn er im Vergleich zu den leichteren Konkurrenten aus der HDV-Klasse natürlich schon ein schwerer Junge ist. Viele professionelle Kameraleute werden sich mit der Gewichtsklasse des HD251 schnell anfreunden können, denn im Vergleich zu Betacam-Camcordern ist der HD251 natürlich immer noch ein Leichtgewicht, er ist aber schwer genug, um ihn recht ruhig auf der Schulter zu stabilisieren.

Wer mit mehreren Camcordern dreht, kann sich und der Postproduktion das Leben leichter machen, wenn er die Timecodes der einzelnen Camcorder synchronisiert. Das geht bei JVCs HD251: wahlweise über die Timecode-In-Buchse, wenn das Signal eines externen Timecode-Generators aufgezeichnet wird oder auch via Genlock, wenn der interne Timecode des Camcorders mit der externen Quelle synchronisiert werden soll. Die Genlock-Buchse ermöglicht auch den Betrieb innerhalb einer getakteten Studio- oder Live-Umgebung.

Bei den Anschlüssen ist JVCs HD251 insgesamt äußerst üppig bestückt: Fürs Bild sind HD-SDI / SDI (BNC), Komponente (BNC), DV/HDV (IEEE-1394), FBAS In (BNC) und sogar noch ein Cinch-Ausgang für FBAS vorgesehen. Für den Ton ist der HD251 mit zwei XLR-Anschlüssen sowie mit zwei Cinch-Ausgängen ausgerüstet. Weitere Anschlüsse: TC In/Out, Genlock In und ein Fernsteueranschluss (für den einfachen Studiobetrieb). Eine weitere Besonderheit des JVC-Camcorders ist die Möglichkeit, ihn mit einem Studio-Kit zu erweitern. Dafür steht ein 10poliger Anschluss zur Verfügung, an den sich der Aufrüst-Kit KA-HD250 anschließen lässt. In dieser Konfiguration wird der JVC dann zu einer konkurrenzlos günstigen HD-Studiokamera.

Weiteres JVC-Zubehör, das gemeinsam mit Tandberg entwickelt wurde, ist ein drahtloses HD-Übertragungs-System. Der kompakte Sender CT2200HDV wird direkt via FireWire mit dem MPEG-2-komprimierten HDV-Signal gespeist, das er dann unverändert überträgt. Ein Drahtlos-Komplettsystem inklusive Camcorder und allen anderen notwendigen Komponenten kostet rund 25.000 Euro, was etwa einem Fünftel des Preises entspricht, den man für ein komplettes HD-Drahtlos-Kamerasystem üblicherweise veranschlagen muss.

Bei den neuesten HDV-Camcordern geht nichts ohne umfassende Bildeinstellmöglichkeiten. Der HD251 ist hier keine Ausnahme: Im Menüpunkt Camera Process lassen sich zahlreiche Parameter einstellen, um das Bild zu tunen. Unter anderem kann man hier den Master-Schwarzpegel einstellen, der als Bezugswert für Schwarz dient, aber auch den Pegel für die Detailschärfe festlegen, die Kniefunktionen automatisch oder manuell zuschalten sowie Black Stretch oder Compress, White Clipping und eine Rauschunterdrückung einstellen. Auch der gezielte Eingriff in die Gamma-Korrektur ist möglich, wobei JVC hier zusätzlich schon drei Modi vorgibt hat: Standard, Cinema und Film Out. Bei letzterer Variante ist die Wiedergabe von Schwarz an die von Film angenähert, was in der Praxis jedoch immer bedeutet, dass die Bilder einfach dunkler wirken, weil sich der Tonwert in den hellen Flächen verschlechtert und man damit beim Dreh die Bildqualität schlechter beurteilen kann. Wer mit den Voreinstellungen beim 251er nicht ganz glücklich ist, der kann die Gamma-Kurve innerhalb bestimmter Grenzen nach anpassen, ebenso auch die Farbmatrix. Die Menüpunkte hierfür sind sehr umfangreich und detailliert.

Wer sich die Mühe macht, das Bild für seine Zwecke via Menü zu optimieren, der möchte einmal gefundene Einstellungen auch gerne speichern. JVC bietet hierfür die entsprechenden Möglichkeiten – die Einstellungen lassen sich wahlweise direkt im Camcorder oder auf SD-Card speichern.

Wie beim HD100 ist auch beim HD251 das ausklappbare Display zwischen drei Modi umschaltbar: Bild ohne Einblendungen, Bild mit Einblendungen, schwarzes Bild mit Timecode und großem Audiopegel. Das Display ist in 4:3 ausgeführt und misst stattliche 72 x 51 mm. Als verlässliche Kontrollinstanz für die Bildqualität taugt es aber nur bedingt: Die Auflösung ist mit 230.000 Bildpunkten weit von HD-Qualität entfernt, teilweise zeigt das Display Treppeneffekte an Objektkanten, die auf der Aufnahme dann gar nicht zu sehen sind und auch die Nachzieheffekte bei schnellen Objekten sehen im Display schlimmer aus als bei der Vorführung auf einem größeren, besseren Schirm.

Im Tonbereich liefert JVC den HD251, wie schon seine Brüder aus JVCs HDV-Sortiment, mit einem Monomikrofon aus. Allerdings ist das Kabel etwas kurz, sonst könnte man es eleganter und näher am Gerät verlegen, was Handling-Vorteile hätte. Auch wäre anstelle des geraden ein Winkelstecker von Vorteil. Die meisten Anwender dürften aber wohl das mitgelieferte Mikro ohnehin durch ein anderes, hochwertigeres ersetzen — was auch ratsam erscheint. Phantomspeisung bietet der HD251, sie kann mit kleinen Schaltern direkt an der jeweiligen Buchse geschaltet werden.

Bild und Ton

Die Bilder des GY-HD251 sind ausgesprochen detailreich und können selbst schwierige Motive mit vielen filigranen Details überzeugend bewältigen. Die ausgeglichene, relativ weiche Kontrastwiedergabe ist überzeugend und schlägt viele Konkurrenten, die mit zu harten Kontrasten größere Schärfe vorgaukeln. Auch die in der Werksabstimmung schon realistische Farbwiedergabe des 251ers kann überzeugen, manchem ist sie vielleicht sogar einen kleinen Tick zu nüchtern-entsättigt. Im Automatik-Modus wirkten die Bilder zwar für den Geschmack der Tester bisweilen etwas zu hell, solcherlei lässt sich aber — wie auch die vorgenannten Punkte — im umfangreichen Menü des Camcorders jederzeit problemlos anpassen. Auch die in der Grundeinstellung vielleicht etwas zu starke Kantenaufsteilung kann man im Menü reduzieren, wenn man sie, wie die Tester, als zu intensiv empfindet. Nimmt man das »Detail« entsprechend zurück, wirken die Bilder natürlicher.

Sehr gut gefielen den Testern die insgesamt ausgesprochen ruhigen, rauscharmen Bilder, die eher an gute Mittelklasse-Proficamcorder erinnerten, als an einen HDV-Camcorder. Natürlich stößt auch der HD251 irgendwann an seine Grenzen, wenn die Bilder zu fein strukturiert sind und zu stark komprimiert werden muss oder wenn Licht fehlt — aber man muss schon ziemlich genau hinsehen, um die Schwachstellen zu entdecken. Kurzum: Bei Außenaufnahmen schneidet der HD251 sehr gut ab.

Bei Innenaufnahmen und besonders im Lowlight-Bereich liefert der JVC-Camcorder ebenfalls ordentliche Ergebnisse und verfügt zudem über leistungsstarke Verstärkerschaltungen, die sich sinnvoll nutzen lassen. So weit wie manchen DV-Camcorder kann und sollte man den HD251 aber nicht in die Dunkelzonen treiben.

Im 25P-Modus liefert der HD251 Bilder, wie man sie auch von anderen HDV-Camcordern dieser Klasse kennt: Es ruckelt und zuckelt, wenn auch bei weitem nicht ganz so drastisch wie bei etlichen Konkurrenten, weil offenbar der JVC-Codec in diesem Aspekt besser abgestimmt ist. Im 50p-Modus — dem Power-Feature dieses Camcorders — laufen die Bewegungen hingegen flüssig und weich ab: Die 720/50p-Aufnahmen des HD251 von schneller bewegten Objekten sahen im Test gleichmäßiger und auch minimal schärfer aus, als 1080i-Aufnahmen, die in der gleichen Aufnahmesituation parallel mit dem Z1 von Sony und dem G1 von Canon gedreht wurden.

Zudem gilt: 50p nimmt den Shutter-Effekt weg, den 25p bei bewegten Objekten zeigt, die Bewegungsunschärfe bleibt aber — HDV- — größer als etwa bei DV-Aufnahmen. Konvertiert man die 720/50p-Aufnahmen in 1080/50i, sieht das Ergebnis immer noch beeindruckend gut aus, weil die Bewegungsabläufe viel näher dem entsprechen, was man als Betrachter aus der Videowelt gewöhnt ist.

Das von JVC beigelegte Monomikrofon ist ganz sicher nicht für Orchesteraufnahmen geeignet, aber es hat eine recht gute Richtwirkung und lässt sich natürlich auch durch ein teureres und besseres Mikrofon ersetzen, das via XLR-Buchse angeschlossen werden kann.

Fazit

Der HD251 ist von der Bauart her das richtige HDV-Gerät für alle, die es gewohnt sind, den Camcorder auf der Schulter zu tragen. Für den HD251 sprechen zudem seine professionelle Anmutung, viele Funktionen aus dem Profibereich, ein leistungsfähiges Profi-Akkusystem und die gute Bildqualität. Die Aufnahmen im innovativen 50p-Modus lassen sich derzeit aber mit der überwiegenden Mehrzahl der Schnittsysteme noch nicht bearbeiten, und auch bei der Wiedergabe bestehen derzeit mangels passender Monitore oder Projektoren noch Beschränkungen, wenn man die Vorteile von 50p nutzen will. Dennoch: 50p ist der richtige Weg für HDV, der damit mögliche Bildeindruck bedeutet einen großen Sprung nach vorn.

Etwas Kleingeld muss man für den HD251 allerdings mitbringen: In der Grundausstattung kostet der Camcorder 9.450 Euro (Netto-Listenpreis). Dazu kommen noch Akkus und Ladestation, sowie bei Bedarf auch eine Stativplatte. Diese Investition lohnt sich jedoch besonders dann, wenn man den HD-SDI-Ausgang nutzt, hin und wieder im Studio- oder Live-Umfeld arbeitet. Aber auch der Wunsch nach einem professionellen Objektiv kann ein Grund sein, sich für den HD251 zu entscheiden.

Downloads zum Artikel:

T_0407_JVC_GY_HD251.pdf

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