IBC2006: Herbstgrüße aus Amsterdam
Wenn Anfang September die E-Mail-Boxen überlaufen, die Telefone noch häufiger klingeln und die Wettervorhersagen schlechter werden, dann ist es wieder soweit: Die IBC in Amsterdam steht an — und damit die wichtigste europäische Messe für Broadcaster und Videoprofis.
Vielleicht liegt es auch an diesem regelmäßig wiederkehrenden, etwas unsanften Sommerausklang, dass eine wachsende Zahl von Ausstellern und Besuchern eher widerwillig zur IBC fährt. Generell ist eine gewisse Messemüdigkeit zu beobachten, die IBC in Amsterdam steht in diesem Jahr wieder stärker in der Diskussion. Schließlich bleiben mit Panasonic und Avid gleich zwei namhafte Aussteller der diesjährigen IBC fern. Beide wollen die hohen Kosten eines Messeauftritts, der nach Auffassung der Entscheider in diesen Unternehmen nicht viel Greifbares bringt, sinnvoller einsetzen: etwa für eigene Roadshows und Workshops. Panasonic hatte diesen Schritt schon im vergangenen Jahr zu Beginn der Messe angekündigt. Avid hatte schon früher die Sinnhaftigkeit einer »traditionellen Messe« wie der IBC in Frage gestellt und auch schon einmal pausiert. Auch Sony war bei der Umstellung auf jährlichen Rhythmus schon einmal ferngeblieben.
Entsprechend bemüht sich der Messerveranstalter, cool zu bleiben und die Entscheidungen der Wegbleiber als schwer nachvollziehbare Einzelentscheidungen darzustellen. Tatsächlich war ja auch Avid nach einjähriger IBC-Abstinenz vor zwei Jahren im Vorjahr wieder auf die Messe zurückgekehrt. Snell&Wilcox hatte dagegen die IBC im vergangenen Jahr gestrichen, ist jedoch nun wieder vor Ort.
Außerdem: Panasonic und Avid sind zwar nicht mit eigenen Ständen in den Hallen vertreten, beide sind aber doch in erheblicher Stärke in Amsterdam präsent.
Ganz ohne geht es allem Anschein nach also doch nicht, aber dennoch setzen die Kritiker der IBC auch in diesem Jahr wieder zu: Die Messe langt bei den Herstellern mit hohen Preisen nach wie vor kräftig zu, das Preisniveau der Hotels und Restaurants ist unverändert hoch und entgegen aller Ankündigungen erneut gestiegen. Das öffentliche Verkehrsnetz in Amsterdam ist derzeit aufgrund der massiven Metro-Bauarbeiten eigentlich permanent überlastet, Straßenbahnen und Busse waren dem Messeansturm ohnehin noch nie wirklich gewachsen. Das sind nicht gerade Rahmenbedingungen, die man sich für eine Messe wünscht. Aber Amsterdam leistet bei den Veranstaltern eben sehr gute Lobby-Arbeit, und so wird sich zumindest am Standort wohl auch in den kommenden Jahren nichts ändern.
Immerhin hat der Veranstalter dort reagiert, wo er es am ehesten kann und will: bei den Inhalten. Neben der Ausstellung, die das Geld bringt, bietet die IBC schon immer ein Beiprogramm. Das wurde über die Jahre erweitert und modernisiert, statt der früher üblichen, etwas drögen und oft zu praxisfernen, akademischen »Lectures« gibt es mittlerweile ein vielschichtiges Konferenz-Programm, Präsentationen und Panels zu Spezialthemen wie etwa Digital Cinema oder Mobile TV, sowie Workshops und Trainings-Sessions.
Nicht zuletzt wird die Messe in diesem Jahr von einzelnen Veranstaltungen auch Podcasts anbieten. Inhaltlich tut sich also durchaus etwas und die Messe reagiert zumindest in Ansätzen auf die aufkommende Kritik. Die von den Ausstellern selbst ermittelten Standbesucherzahlen der aktuellen Messe und kommender IBCs werden zeigen, ob das ausreicht.
Sie werden sehen.
P.S.: www.film-tv-video.de wird auch in diesem Jahr wieder in gewohnter Weise von der Messe berichten, noch während diese stattfindet. Möglich wird das unter anderem durch die Sponsoren der IBC-Berichterstattung.