Seven Seasons – Bilder aus sieben Jahreszeiten
Gogol Lobmayr ist bekannt für eindrucksvolle Naturbilder aus aller Welt. Seine aktuelle Produktion »Seven Seasons« porträtiert die Jahreszeiten mit Bildern aus allen Teilen der Erde. Gedreht in Super-35, wurde das Material abgetastet und digital nachbearbeitet. Nun ist es als Film- und teilweise auch als digitale Projektion in den deutschen Kinos zu sehen. Gogol Lobmayr berichtet von seinem aufwändigen Projekt.
Für die Dreharbeiten zu Seven Seasons reiste Gogol Lobmayr auf monatelangen Touren um den Globus, stets auf der Suche nach beeindruckenden und außergewöhnlichen Bildern aus allen Teilen der Erde. Insgesamt dauerten die Dreharbeiten fünfeinhalb Jahre, gedreht wurde an mehr als 75 Orten in über 40 Ländern weltweit. Begleitet wurde Lobmayr auf seinen Reisen jeweils von einem Team aus Kamera-Assistenten und Spezialtechnikern, sowie von Unmengen an technischem Equipment.
Immer wieder musste das Team extreme Herausforderungen bewältigen: Hitze, Kälte, Wind, Wasser, Sonne und Trockenheit verlangten Mensch und Material nahezu Unmögliches ab. Auch von unglücklichen Zwischenfällen blieben die Dreharbeiten nicht immer verschont: So fiel etwa der Fotograf Anselm Spring nach einem schweren Unfall mit dem Fourwheel-Bike für mehrere Wochen aus, der zweite Kamera-Assistent Benjamin Neubauer erkrankte in Indien an einem schweren Virusinfekt. Eine mittlere Katastrophe traf das Team auf dem Expeditionsschiff World Discovery, das vor den Salomon-Inseln mit gewaltigem Getöse auf einen Felsen auflief, der in den Seekarten nicht verzeichnet war. Menschen wurden dabei glücklicherweise nicht verletzt, aber ein Teil der Kamera-Ausrüstung wurde zerstört.
Lobmayr und sein Team hatten immer wieder mit solchen Ereignissen zu kämpfen, doch letztlich konnten sie die Dreharbeiten erfolgreich abschließen. Was dann folgte, war eine aufwändige digitale Nachbearbeitung des Materials.
GOGOL LOBMAYR ÜBER SUPER-35 UND HD
Wir wollten die bestmögliche Bildqualität ins Kino bringen, die es neben 70 mm gibt, wir drehten daher in Super-35. Wegen der guten Farbqualität und feinen Körnung arbeitete ich mit verschiedenen Fuji-Filmen, abhängig von der Licht- und Aufnahmesituation. Dadurch wirken die Farben so satt, wie es diesen Lichtstimmungen auch tatsächlich entsprach.
Während der mehrjährigen Drehzeit haben wir insgesamt 90.000 m Super-35-Material belichtet.
Zum Zeitpunkt, als wir drehten, waren HD-Kameras noch nicht robust genug und es gab auch kaum Erfahrungswerte über den Einsatz von HD im Dokumentar- und Naturfilmbereich, auch deshalb haben wir uns für den Dreh in Super-35 entschieden. In Zukunft dürften Auflösung, Farbtiefe und Kontrastumfang aber kinoreif und der Belichtungsspielraum immer größer werden. Dann kommen die Vorteile der HD-Technik erst wirklich zum Zug: HD-Kameras sind leichter, die Bänder wiegen weniger als Filmrollen und ihre Spielzeit ist viel länger. Ein HDCAM-Tape etwa bietet eine Laufzeit von 124 Minuten, während bei einer 35-mm-Filmrolle schon nach 4 Minuten Schluss ist. Für eine Produktion wie unsere hat das große Vorteile: Man spart beim Equipment sehr viel Gewicht ein, das man bei den Airlines ja teuer bezahlen muss. Weiterer Pluspunkt: Man kann die HD-Aufnahmen direkt am Drehort beurteilen, weiß also sofort, ob alles passt.
ÜBER DIE ABTASTUNG
Leider konnten wir die Vorteile der HD-Aufzeichnung während des Drehs noch nicht nutzen. In der Postproduktion setzten wir aber voll auf die digitale Schiene: Vom Super-35-Negativ ausgehend, wurden die verwendbaren Clips mit einem DSX-Filmabtaster von Cintel in HD-Auflösung mit 1.080×1.920 Bildpunkten abgetastet. Der Abtaster hätte auch 4K-Auflösung erlaubt, allerdings fallen bei dieser Auflösung pro Bild 40 MB Daten, man braucht also enorme Speicherkapazitäten um in dieser Auflösung arbeiten zu können. Da es derzeit auch noch gar keine digitalen Kinoprojektoren gibt, die diese Bildauflösung darstellen könnten, entschieden wir uns in der Abtastung für 1.080×1.920 Bildpunkte unkomprimiert im 4:4:4-RGB-Signalformat mit10 Bit Farbtiefe. Bei dieser Auflösung sind pro Bild immer noch etwa 8 MB Speicherplatz nötig und auch diese Datenmenge und die erforderliche Datentransferrate sind eine echte Herausforderung: Während der Filmfertigstellung wurden Festplatten mit einer Kapazität von insgesamt 7 Terabyte benutzt.
Wir arbeiteten in dieser Phase mit Clipster von DVS, einem System, das die HD-Bilder speichern und in Echtzeit abspielen kann. Dabei nutzten wir Clipster wie einen HD-Recorder und speicherten die Einzelbilder im DPX-Format.
ÜBER SCHNITT UND POSTPRODUCTION
Geschnitten wurde das Material mit der Editing-Software Final Cut Pro von Apple, als Rechner setzten wir einen Apple Macintosh Dualprozessor-G5 ein. Das HD-Finishing und HD-Mastering erfolgten dann an einem DS Nitris von Avid.
Die Farbkorrektur ist aus meiner Sicht die eigentliche Domäne der digitalen Postproduktion: Im ersten Schritt geht es bei der Filmabtastung darum, möglichst die gesamte Farb- und Helligkeitsinformation des Filmnegativs in Bilddateien um zu wandeln. Dabei bietet das 35-mm-Ausgangsmaterial deutlich mehr Details, als das bis heute die digitalen HD-Kameras liefern können. Nach der Abtastung erfolgte dann im zweiten Schritt die eigentliche Farbkorrektur, also das Anpassen und Angleichen der einzelnen Szenen des fertigen Films.
Besondere Aufmwerksamkeit erfordert in dieser Phase der Umgang mit dem Filmkorn. Jeder Negativfilm ist körnig, und weil der Cintel-Abtaster so gut und praktisch rauschfrei arbeitet, sieht man besonders bei Aufnahmen mit höher empfindlichem Filmmaterial und bei Szenen mit nicht ganz perfekter Belichtung auch im abgetasteten Bild das Filmkorn. Natürlich sieht man bei der Negativabtastung auch öfter mal kleinere Schmutzpartikel oder hat sogar hie und da einen kleinen Filmemulsionsfehler. Solche Probleme lassen sich in der digitalen Farbkorrektur alle wunderbar ausmerzen, was aus meiner Sicht der größte Vorteil der digitalen Nachbearbeitung ist.
ÜBER AUSBELICHTUNG UND PROJEKTION
Nach der digitalen Nachbearbeitung besteht prinzipiell die Möglichkeit, das Material mit einem Filmbelichter wie etwa mit dem ArriLaser wieder auf 35-mm-Film aus zu belichten. Mittlerweile besteht aber auch die Möglichkeit, den Film in hoher Qualität digital zu projizieren. Im Fall von Seven Seasons sind wir beide Wege gegangen.
Für die Rückbelichtung auf Film nutzten wir 35-mm-Intermediate-Negativ. Von diesem Zwischennegativ wurden im Kopierwerk die Positivkopien gezogen und dabei neben dem Bild auch der digitale Dolby-Digital-Kinoton, die analoge 4-Kanal-Lichttonspur und die DTS-Timecode-Spur belichtet. Bei dieser Vorgehensweise wird im Vergleich zum herkömmlichen Weg ein sonst zusätzlich notwendiger optischer Kopierprozess eingespart, Bildschärfe und Farbtreue der Kinokopie sind dadurch besser.
Der zweite und modernste Weg aus der Postproduktion ins Kino ist die digitale Projektion. Dabei wird der digital vorliegende Film gewissermaßen direkt von der Platte wiedergegeben. Das geht heute mit einer Auflösung von bis zu 2.048 horizontalen Bildpunkten.
Bei »Seven Seasons« fand ich es auf jeden Fall sehenswert, auf der Leinwand den direkten Vergleich zwischen Digitalprojektion und analoger 35-mm-Filmprojektion im Kino zu betrachten. Ich persönlich finde die digitale Projektion besser, weil der Bildstand absolut perfekt ist und es keine Fusseln im Bild gibt. Außerdem fallen die Probleme der Aktkoppelung sowie der Transport der Kopien weg, wenn man digital arbeitet.
Außerdem ist die durchgehend digitale Produktionsweise hervorragend für die DVD geeignet.
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