Babelsberg: Premium-Dienste fürs internationale Kino?
Carl Woebcken und Christoph Fisser, die für einen Euro das Studio Babelsberg erworben haben, gaben eine Pressekonferenz.
Die Präsentation war knapp: Ein vierseitiges Statement wurde verlesen, drei Fragen beantwortet und dann verabschiedeten sich Carl Woebcken und Christoph Fisser am 21.7. 2004 von den Journalisten. Beide hatten eine Woche zuvor das traditionsreiche Babelsberger Filmgelände erworben, wo seit 1912 für das Kino produziert wird. Als Kaufpreis wurde mit dem Medienkonzern Vivendi ein Euro vereinbart, als Morgengabe erhalten die neuen Eigentümer 18 Millionen Euro vom Verkäufer (siehe auch frühere Meldung hierzu). Noch ist der Deal mit Fisser und Woebcken nicht endgültig über die Bühne, an den Verträgen wird noch gearbeitet, aber zum 1. Oktober sollen die Erwerber endgültig das Sagen auf dem Flmgelände haben.
Man sei »angetreten, um Babelsberg wieder auf Erfolgskurs zu bringen und hier großes Kino zu produzieren«, versprach Woebcken. »Wir wollen Babelsberg fit machen für die Zukunft, damit es auch in zehn, zwanzig, fünfzig Jahren noch ein lebendiger Mythos und keine tote Legende ist.«
Und weiter: »Hauptstrategie ist und bleibt die Ausrichtung des Studios auf großes internationales Kino. Mit Blick auf internationale Produktionen, speziell aus den USA, wollen wir Babelsberg als Premium-Produktionsdienstleister im europäischen Wettbewerb ausrichten«.
Der Standort sei »in hervorragendem Zustand« und, im europäischen Kostenvergleich, »in letzter Zeit sehr attraktiv geworden«, wurde die Arbeit der bisherigen Firmenleitung gelobt. Jedoch, so Woebcken/Fisser, sei die Auslastung nicht ausreichend und durch die Fokussierung auf das Kino »sehr zyklisch« gewesen.
»Die heutige Leistungsstruktur ist nicht darauf ausgerichtet, innerhalb dieser Rahmenbedingungen profitabel zu arbeiten.« Daher wolle man sich »um die zusätzliche Auslastung der dafür geeigneten Hallenkomplexe durch TV-Produktionen« bemühen. Die Neuausrichtung soll zwei bis drei Jahre dauern. Dennoch müsse es »in zwölf Monaten gelingen, den Break Even zu erreichen«.
Um das zu möglich zu machen seien »Anpassungen im Kostenbereich« notwendig. Dies solle jedoch keinesfalls durch den Verkauf von Unternehmensteilen oder Immobilienvermarktung geschehen. Stattdessen wurden »Kooperationen mit Partnern aus der Filmindustrie« in Aussicht gestellt, für die Gespräche laufen sollen. Über weitere bestehende Standortauflagen wolle man mit der Landesinvestitionsbank reden.
Notwendig sei auch ein »geringfügiger« Personalabbau unter den 220 Beschäftigten. Als erste Maßnahme war Stunden zuvor »auf Wunsch von Vivendi« Gerhard Bergfried überraschend entlassen worden. Der Studio-CEO war seit 1997 im Unternehmen, hatte zuletzt internationale Produktionen wie »The Bourne Supremacy«, »In 80 Tagen um die Welt« und »Mission Impossible 3« für Studio und Region gewinnen können. Mandy Rahn, Head of Postproduction, wechselt auf eigenen Wunsch zum 1. August 2004 zu Arri.
Brandenburgs Medienbeauftragter Erhard Thomas bestätigt den »ernsthaften Versuch« der Käufer: »Beide denken sehr überregional, sogar international, über den Teich hinaus.« Medienboard-Chefin Petra Maria Müller sieht Kooperationspotenzial mit Blick auf die jüngste Ankündigung von Studio Hamburg, in seine Berliner Dependance zu investieren, weil das Engagement in Babelsberg nicht zustande kam. Allerdings wird Studio Hamburg wohl eher im Bereich der TV-Services investieren, für die es in Berlin jedoch schon viel Kapazität gibt.
Carl Woebcken (47) und der während des Pressetermins mit kurzer Ausnahme äußerst schweigsame Christoph Fisser (43), beschreiben sich selbst als »seit vielen Jahren dem Medium Film verfallen«. Babelsberg sei »nicht nur ein geschäftliches Engagement, sondern ganz vorrangig eine Herzensangelegenheit«. Fisser habe als Betreiber der SAS Studios in München »schon für fast alle namhaften Produzenten gearbeitet« und weise »Erfahrungen in der Ansiedlung von Medienunternehmen und Produktionsdienstleistungen auf«.
Woebcken war Finanzchef der TV-Loonland AG, bevor er als Programmgeschäftsführer zum nicht unumstrittenen Fonds Berlin Animation Film (BAF) wechselte. Als Co-Executive Producer arbeitet er dort nach eigenen Angaben zusammen mit dem »Shrek«-Produzenten John Williams zur Zeit an der Fertigstellung des »bisher größten europäischen Animationsfilmes« mit dem Titel »Happily N’Ever After«, der Ende 2005 in die Kinos kommen soll.
In verschiedenen Medien wird kolportiert, Carl Woebcken nehme es im Geschäftsleben nicht immer ganz genau. Gern wird dann auch nebulös auf »Unregelmäßigkeiten« im Zusammenhang mit einem in Konkurs gegangenen Industriebetrieb im sächsischen Pirna verwiesen. Aktenkundig ist, dass ein »Carl Woebcken aus München« verurteilt wurde, weil er aus dem von ihm geleiteten Industriebetrieb eine wertvolle Wendeltreppe ausbauen hatte lassen, um sie in der eigenen Villa zu installieren. Das war laut offizieller Stadtchronik von 2002 Diebstahl.