Vivendi will Babelsberg loswerden und muss dafür zahlen
Der französische Mischkonzern Vivendi will sich schon länger vom legendären Studio Babelsberg trennen. Nun sollen die Verhandlungen konkreter sein als je zuvor und könnten laut Insider-Berichten in den kommenden Tagen zu einem Ergebnis führen.
Seit 1992 gehört das filmgeschichtsträchtige Studio Babelsberg zu Vivendi. Der Konzern gründete die Studio Babelsberg Motion Pictures GmbH, um das Filmgeschäft an diesem Standort zu betreiben. Trotz des allseits als hoch qualifiziert gelobten Personals und des großen, über Deutschland hinaus bekannten Studionamens, gelang es aber nicht, ein profitables Geschäft zu etablieren: Vivendi machte in Babelsberg bislang Millionenverluste. Außerdem will sich der Konzern generell, nach hochtrabenden anderen Plänen, nun wieder von seinen Medienaktivitäten trennen.
Aus dieser Situation resultierte ein nun schon über Monate gehendes Gezerrre um den Verkauf der Produktionsstätte, die früher mal als Zentrum des deutschen Filmschaffens galt und wo einst Filme hergestellt wurden, deren Macher ebenso wie die Filme selbst längst Legende sind.
Zwei große Probleme gestalten den Verkauf schwierig: Die Politik und der »negative« Kaufpreis. »Negativ« deshalb, weil es zwar drei Bieter gibt, diese aber alle nichts an Vivendi bezahlen wollen, sondern von Vivendi Geld dafür verlangen, dass sie den Konzern von der dort als Last empfundenen Filmstätte befreien.
Zwei bislang ungenannte Bieter aus München wollen 20 Millionen Euro, gleich viel hält das Babelsberg-Management um Thierry Potok für angemessen, das einen Buy-Out plant, der unter diesen Vorzeichen wohl eher ein Sell-Out wäre. Auf 40 bis 50 Millionen Euro schätzen verschiedene Zeitungen, die über diese Angelegenheit berichten, die finanziellen Wünsche der NDR-Tochter Studio Hamburg.
Über einen vierten Bieter, der in Gerüchten und vereinzelt auch in den Medien auftauchte, bei dem es sich um eine Investorengruppe aus den USA handeln soll, ist derzeit nichts Genaueres zu erfahren.
Würde Vivendi den Laden einfach dicht machen, käme das unter Umständen sogar noch teurer, weil der Konzern gegenüber der Treuhand, von der er das Studio erwarb, Verpflichtungen eingegangen ist, die nun sehr teuer werden könnten, weil wohl etliche Steuerschulden aufgelaufen sind und weiteres fiskalisches Ungemach droht. Die Bieter, die das Studio weiter betreiben wollen, erben mit der Übernahme auch diese Verpflichtungen. Daher ist es gut nachvollziehbar, dass sich die Bieter mit diesem Problem ernsthaft auseinander setzen müssen. Das Kapital, das die Bieter von Vivendi fordern, dürfte wohl auch nicht ausreichen, um die Sanierung des Geschäftsbetriebs in Babelsberg voran zu treiben. Um zumindest eine Aussicht auf Gewinne zu haben, müssen die Bieter wohl sogar eher noch weiteres Kapital nachlegen.
Die Fortführung der Studios liegt natürlich auch im Interesse der Politik. Im strukturschwachen Brandenburg wäre der Arbeitsplatzverlust ein weiterer herber Schlag, den es zumindest ab zu mildern gilt. Die weitere Streichung von rund der Hälfte der noch verbliebenen 200 Arbeitsplätze sehen Unternehmensberater ohnehin als unvermeidlich an, wie etwa die Financial Times Deutschland berichtete. Zusätzlich zu den Standortpolitikern führen auch die verschiedenen Lobbygruppen und filmpolitisch motivierten Gruppierungen das Wort, die immer warnend auf den Plan treten, wenn es um den siechen deutschen Film geht: Es geht auch um das Prestige und Renommee des Standorts Babelsberg, den manch einer schon zu einer weiteren TV-Fabrik verkommen sieht.
Unter den fordernden Bietern soll nach Berichten verschiedener Zeitungen, unter denen besonders der Berliner Tagesspiegel immer wieder hervortritt, Studio Hamburg vorne gelegen haben, obwohl die NDR- und damit auch ARD-Tochter am meisten von Vivendi verlangte. Studio Hamburg ist mit seinen TV-Ateliers in Adlershof schon in der Region präsent und besitzt auch Teile des Fernsehzentrums Babelsberg, wo etwa die RTL-Reihe »Gute Zeiten, schlechte Zeiten« produziert wird.
Bis vor kurzem war in etlichen Zeitungsbeiträgen die Rede davon, dass die Verkaufsgespräche kurz vor einem Abschluss zu Gunsten von Studio Hamburg gestanden hätten. Überraschend wurden die Gespräche zwischen Vivendi und Studio Hamburg allerdings mittlerweile offiziell für gescheitert erklärt.
WEITERE INFOS
Die Medienaktivitäten am Standort Babelsberg stehen seit der Wiedervereinigung Deutschlands nicht gerade unter einem guten Stern. So hat auch das dort beheimatete FX.Center schon eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Mehr dazu finden Sie hier.