NAB2004: Geringere Kosten, mehr Effektivität
Fürs Broadcast-Business gilt mehr denn je: Jede Investition in neues Equipment muss helfen, die Effektivität und den Output zu steigern. Das spiegelt sich während der NAB2004 in zahlreichen Produkten wider.
»Wenn Sie heutzutage einem Broadcaster etwas verkaufen wollen, sollten Sie die Frage beantworten können, wo er bei Ihrem Produkt Kosten sparen kann.« Auf diese simple Erkenntnis lässt sich eine Entwicklung reduzieren, die schon vor einigen Jahren einsetzte und nun zur vollen Entfaltung kommt. Mehr noch, hinter vorgehaltener Hand spricht mancher verantwortliche Planer bei den Sendern von der »industriellen Revolution« beim Fernsehen. Die sieht im Klartext so aus: Mit gleich viel oder weniger Mitarbeitern muss am Ende deutlich mehr Programm raus kommen. Das funktioniert nur, wenn in Equipment investiert wird, das die Abläufe vereinfacht, mit dem sich Material mehrfach auswerten lässt, mit dem Automatisierungsschritte möglich sind.
Die Hersteller haben auf diese Anforderungen reagiert. So versäumt es während der NAB2004 kaum ein Anbieter, darauf zu verweisen, dass sein Equipment Abläufe vereinfache und beschleunige. Die neuen Akquisitionssysteme P2 von Panasonic und XDCAM von Sony beschreiten klar diesen Weg und zeigen, wohin die Reise geht: Schon am Anfang der Produktionskette muss die Aufzeichnung effektiver ablaufen. In extremer Ausprägung heißt das: Material soll auf günstigen Übertragungswegen schon während des Drehs zum Sender gehen, Redakteure sollen schon vor Ort Shotlisten erstellen und am Ende des Drehs soll nur relevantes Material in voller Auflösung zum Sender übertragen werden.
Weiter gilt es, mit laufendem Equipment Betriebskosten ein zu sparen. Das gelingt mit Equipment, das generell weniger Reparatur- und Service-Dienstleistungen erfordert und die Kosten dafür von Haus aus auf einem niedrigeren Niveau hält – auch hier weisen Panasonic und Sony mit ihren neuen Aufzeichnungssystemen den Weg.
Ist das Material erst einmal aufgezeichnet und beim Sender angekommen, folgen die nächsten Bereiche, wo eingespart werden muss: So soll sich Material möglichst ohne großen Zusatzaufwand mehrfach auswerten lassen. Das erfordert nicht nur eine intelligente Vernetzung, die gleichzeitigen Zugriff auf das Material von mehreren Arbeitsplätzen aus erlaubt und die vielfache Nutzung des Materials unterstützt, sondern auch ein ausgeklügeltes Archivierungs- und Verwaltungssystem, das die Verwertungsrechte berücksichtigt. Zahllose Content- und Asset-Management-Anbieter buhlen hier um Einzug bei den Sendern, und speziell der englischsprachige Markt ist hier sehr experimentierfreudig. Hier tummeln sich Blue Order, wo man in großen Dimensionen denkt, aber auch Cinegy mit einer modularen Lösung, die einem pragmatischen Ansatz verfolgt und letztlich nicht auf die ganz großen Mammut-Installationen zielt. Die BBC etwa hat eine Variante des Cinegy-Systems in das Produktionssystem Colledia integriert.
Noch scheinen viele der deutschsprachigen Kunden nach der allumfassenden Universallösung zu streben, die aber dennoch die Besonderheiten des jeweiligen Senders oder Postproduktionshauses berücksichtigen soll. Da Ganze natürlich bei möglichst niedrigen Kosten. Dieser Anspruch wird mit der Zeit wohl automatisch zurecht gerückt werden.
Aber auch in anderen Bereichen, jenseits der Akquisition, Produktion und Postproduktion, versuchen die Hersteller, ihren Kunden Einsparpotenzial auf zu weisen. Ferndiagnose und -Monitoring haben sich hier weitgehend etabliert und sind aktueller denn je. Bei Thomson etwa heißt das »C2MD«, was für Control, Configuration, Monitoring und Diagnostics steht und verdeutlichen soll, wie Thomson dieses Thema angeht. Diese Art von Service und Ferndiagnose erfordert beim Kunden allerdings eine IP-basierende Vernetzung, was (noch) nicht zu allen Geräten gegeben ist. Weiteres Hindernis: Nicht jeder Kunde fühlt sich wohl, wenn Dritte via Internet seine Geräte überwachen und sogar darauf zugreifen können.
Viele weitere Einzellösungen, die es während der NAB2004 zu sehen gibt, machen eines besonders klar: Wer als Hersteller heute keinen Zusatznutzen anbieten kann, hat es bei den Kunden schwer. Und wer sich als Kunde heute nicht darum kümmert, die Weichen für die Zeit nach der »industriellen TV-Revolution« zu stellen, der wird es in Zukunft schwer haben.