Filmlook für Mini-DV
Bei einem Dokumentarfilm über den letzten Propagandafilm des »Dritten Reichs« reichte das Budget nicht, um auf Film zu drehen. Auf den »Filmlook« mochte man trotzdem nicht verzichten. Der Mini-35-Digital-Adapter von P+S Technik soll das möglich machen. Über die Dreharbeiten und seine Erfahrungen mit dem neuen System berichtet Kameramann Stefan Grandinetti.
Mitte September 2001 begannen vor den Toren Berlins die Dreharbeiten für den 90-minütigen Dokumentarfilm »Das Leben geht weiter«. Rund 57 Jahre nach dem schon einmal unter diesem Titel in der Hauptstadt gedreht worden war, geht es nun genau um diesen letzten Propagandafilm des »Dritten Reiches«.
Der Autor und Regisseur Marc Cairns hat sich auf die Suche nach den Hintergründen der Entstehung dieses letzten Propagandafilms begeben und versucht die Einzelteile der mysteriösen Geschichte zusammenzufügen. Wie konnte damals noch ein solcher Film gedreht werden? Cairns befragt Zeitzeugen, bindet das noch verfügbare Archivmaterial ein und rekonstruiert schließlich in verschiedenen Spielszenen, was im Berlin von 1944/45 geschah.
Die Vorlage für das Drehbuch, das Cairns zusammen mit Carl Schmitt schrieb, lieferte Hans-Christoph Blumenbergs Buch »Das Leben geht weiter. Der letzte Film des Dritten Reiches« von 1993. Der Dokumentarfilm ist eine Produktion der StarCrest Media GmbH in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf für Arte und den Hessischen Rundfunk.
Aus finanziellen Gründen kam es nicht in Frage, auf Film zu drehen. Doch eine reine Videoproduktion sollte es auch nicht werden. Deshalb entschlossen sich die Produktion und der Kameramann Stefan Grandinetti, die Dreharbeiten mit dem von P+S Technik gebauten Mini-35-Digital-Adapter auf Mini-DV durchzuführen. Vor der endgültigen Entscheidung für diese Produktionsweise standen natürlich diverse Tests, für die allerdings aufgrund der gerade erst verfügbaren Geräte relativ wenig Zeit blieb.
Zunächst testete das Team um Grandinetti die Kombination aus DV und dem Mini-35-Digital-Adapter im Vergleich mit einem DVCPRO50-Camcorder, um die optischen Eigenheiten des Adapters kennen zu lernen und im Vergleich zu beurteilen. Trotz anfänglicher Bedenken fiel die Entscheidung nach intensiven Tests schließlich klar auf das neue System. Zum Einsatz kam der Mini-35-Adapter in Kombination mit 35-mm-Festbrennweiten und dem kurz vor Drehbeginn auf der IFA präsentierten Canon XL-1S-Camcorder mit Schwarzweiß-Sucher.
Grandinetti fasst die Ergebnisse seiner Tests zusammen: »Die optischen Ergebnisse bezüglich der Schärfentiefe gegenüber den gewohnten Verhältnissen bei Video waren sehr überzeugend. Außerdem gefiel uns der spezielle, weiche Look, der einen eigenen Umgang mit Licht verlangt. Natürlich ist die Bildqualität nicht mit der von 35-mm-Film zu vergleichen. Doch trotz der relativ niedrigen Auflösung des Formats Mini-DV fanden wir den ungewohnten Bildeindruck, auf den man sich sehr schnell einsieht, bestechend angenehm.«
Blieb noch die Frage, ob die notwendigen Key- und Compositing-Effekte realisierbar sein würden, die bei einer Kompressionsrate von 1:5 durchaus problematisch sein können. Als schließlich das Frankfurter Postproduktionshaus Magna Mana nach eingehender Prüfung grünes Licht gab, stand dem Einsatz der neuen Technik nichts mehr im Wege.
Mit den Key- und Compositing-Effekten sollen die verschiedenen Ebenen von Archivmaterial und den inszenierten Bildern miteinander verwoben und damit die Kino-Ästhetik zeitgenössischer Filme stilistisch thematisiert werden. Ganz bewusst wollen die Filmemacher die Wahrnehmung des Zuschauers auf die Mittel filmischer Gestaltung lenken: Er soll visuell auf die manipulativen Möglichkeiten des Mediums, wie sie in Propagandafilmen gezielt eingesetzt werden, aufmerksam gemacht werden. Dabei stand als Inspirationsquelle der Film »F for Fake« von Orson Welles Pate. Außerdem sollen die in den 40er Jahren angesiedelten Spielszenen durch Ausstattung, Kostüm und die Bildästhetik dem Zuschauer aber auch ein Gefühl für die damalige Zeit vermitteln.
Der Wunsch war also ganz eindeutig, einen möglichst »filmischen Look« zu erzielen – und dabei spielt die Schärfentiefe eine wichtige Rolle. Das eingesetzte Kamerasystem aus Mini-35, DV-Camcorder und 35mm-Festbrennweite bot dem Kameramann die Möglichkeit, mit einer geringen Schärfentiefe – eben wie mit einer 35-mm-Kamera – zu arbeiten.
Außerdem betont Grandinetti in diesem Zusammenhang auch die spezielle Ästhetik der verwendeten Objektive. Auch habe es das System oft überhaupt erst möglich gemacht, bestimmte Bildideen mit einer Videokamera, unter den gegebenen Umständen der Motive, in die Tat umzusetzen. Grandinetti berichtet: »Selbst in engen Sets war es mir möglich, Bilder mit selektiver Fokussierung zu gestalten und mittels Schärfenverlagerungen Montage im Bild zu erzählen. Zusätzlich konnte ich dadurch oft schneller ein attraktives Bild gestalten als bei großen Schärfentiefe-Verhältnisse, wie es bei Video sonst üblich ist.«
Diese Vorzüge überzeugten letztlich auch den Regisseur Marc Cairns, der zu Anfang Bedenken hatte, ob das Arbeiten mit Mini-35 gegenüber einer mit Zoom und empfindlicheren Chips ausgerüsteten Videokamera bei hohem Pensum nicht zuviel Zeit kosten würde.
In der Tat könne man das Arbeiten mit dem Mini-35 in der verwendeten Kombination durchaus als »sportlich« bezeichnen, meint Kameramann Grandinetti und erläutert: »Der Aufwand am Set ab dem Objektiv entsprach durchaus dem bei einer 35-mm-Filmkamera üblichen. So ist zum Beispiel unter anderem ein guter Schärfe-Assi notwendig. Zusätzlich mussten wir wegen des geringen Kontrastumfangs (knapp 5 Blenden) und einer geringen maximalen Empfindlichkeit (ca. 200 ASA) der Videokamera im Vergleich zu Film einen größeren Aufwand beim Leuchten betreiben, um gute Ergebnisse zu erzielen.« Schließlich seien sich jedoch alle einig gewesen, dass sich die höheren Investitionen zu Gunsten des Bildeindrucks gelohnt haben.
Im Drehalltag war der Kameramann mit dem Mini-35-System sehr zufrieden, das sich als zuverlässig bewährt habe und ihm in Kombination mit einer Funkschärfe eine wunderbar leichte, kleine und gut ausbalancierte Handkamera geboten habe. Einen Wunsch an die Entwickler hat er allerdings noch: ein Handling-System für den Schulterkamera-Betrieb.
Abschließend resümiert Grandinetti: »Unterm Strich hatten wir zwar einen etwas höheren finanziellen Aufwand, als wenn wir beispielsweise auf DVCPRO oder
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