Breitere Spuren
Das digitale Videoformat DVCAM von Sony basiert auf dem DV-Format. Sony ging bei der Entwicklung von DVCAM einen Mittelweg: Zwar wurden einige Formatparameter verändert, aber dennoch sollte das Profi-Videoformat DVCAM weitgehend mit DV kompatibel bleiben.
Sony hat zwischen 1997 und Mitte 2001 nach eigenen Angaben weltweit mehr als 200 000 DVCAM-Geräte verkauft, an unterschiedlichste Anwender aus dem Corporate- und auch aus dem Broadcast-Bereich. Das sind mehr als in jedem anderen professionellen, digitalen Video-Bandformat bisher verkauft werden konnten.
Diese stattliche Verkaufszahl von DVCAM hat mehrere Gründe: Die Produktpalette von DVCAM ist sehr umfangreich und bietet innovative Geräte, wie man sie bisher nicht kannte. Zudem gehen die meisten DVCAM-Geräte mit umfangreicher Ausstattung und einem recht guten Preis-/Leistungsverhältnis in den Markt.
Weiterer Grund für den Erfolg von DVCAM: Sony hatte im Corporate-Bereich über lange Zeit praktisch keine Konkurrenz zu seinem preisgünstigen Profi-DV-Format. Die Produktpalette ist nun rund und umfassend, DVCAM hat seinen Platz im Markt gefunden.
DVCAM-Camcorder und -Recorder schreiben Bild und Ton digital auf ein ME-Band. Die Datenmenge wird bei DVCAM insgesamt auf rund ein Fünftel des ursprünglichen Werts reduziert, das entspricht einem Kompressionsfaktor von 5:1. Am Ende der Kompression steht eine Videodatenrate von rund 25 Megabit pro Sekunde (Mbps).
Bei diesen grundlegenden Parametern stimmen das DVCAM- und das DV-Format überein. Deshalb können alle DVCAM-Geräte auch Consumer-DV-Kassetten abspielen. Unterschiede gibt es jedoch bei der Spurbreite: Während DV mit einer Spurbreite von 10 µm auskommt, arbeitet DVCAM mit 15 µm. Die breitere Spur sorgt für eine höhere Betriebssicherheit und Robustheit, auch bei ungünstigen Umgebungsbedingungen und besonders bei der linearen Nachbearbeitung, wo das Band im Schnittbetrieb stark beansprucht wird.
Aufgrund der breiteren Spur läuft das Band bei der DVCAM-Aufzeichnung mit einer höheren Geschwindigkeit als bei der DV-Aufzeichnung. Dadurch sind die Bandspielzeiten bei DVCAM kürzer als bei DV. Mit Mini-DVCAM-Kassetten lassen sich derzeit maximal 40 Minuten aufzeichnen, mit Standard-DVCAM-Kassetten 184 Minuten.
DVCAM liegt in vielen Parametern sehr nah am DV-Format und arbeitet exakt wie DV im PAL-Modus mit einer Signalverarbeitung von 4:2:0. Es wird also im Vergleich zu anderen Videoformaten bei der Farbauflösung etwas Qualität geopfert, um die Datenmenge bei der Aufzeichnung klein zu halten. Die theoretische Bildqualität von DVCAM ist mit der von DV identisch und entspricht auch weitestgehend dem, was das konkurrierende Format DVCPRO bietet.
DVCAM-Geräte können analoge aber auch digitale Signale ausgeben. Zusätzlich zu SDI- und SDTI-Schnittstellen sind etliche DVCAM-Geräte auch mit einer i.Link-Schnittstelle ausgerüstet, die im Consumer-Bereich für DV-Signale verwendet wird. Beim Kopieren zwischen DV und DVCAM über diese Schnittstelle können allerdings Probleme auftreten, die auf den Unterschieden zwischen DV und DVCAM beruhen, sich im Tonbereich äußern und im folgenden geschildert sind.
DVCAM-Geräte zeichnen den Ton mit 48 kHz und 16 Bit unkomprimiert auf zwei Tonspuren auf. Manche Geräte ermöglichen auch das Arbeiten mit vier Tonkanälen. Dabei erfolgt die Aufzeichnung mit etwas reduzierter Qualität, nämlich mit 12-Bit-Quantisierung und 32-kHz-Sampling. Allerdings gibt es einen grundlegenden Unterschied zu DV: Bei DVCAM wird der Ton fest verkoppelt mit dem Bild aufgezeichnet, man spricht vom »Locked Audio Mode«. Das hat den Vorteil, dass es auch beim Nachbearbeiten über mehrere Generationen nicht zu Bild-Ton-Versatz kommen kann. DV dagegen arbeitet mit »Unlocked Audio« wo solche Probleme prinzipiell auftreten können.
Dieser Vorteil von DVCAM schränkt die Kompatibilität von DV und DVCAM etwas ein: So lassen sich zwar in allen DVCAM-Maschinen DV-Aufnahmen abspielen, die meisten DVCAM-Geräte können aber ausschließlich im DVCAM-Standard aufzeichnen. Nur einige Geräte der jüngeren Modellgeneration lassen sich wahlweise auch auf DV-Aufnahme umstellen.
Das bedeutet, dass man in den meisten der bisher im Markt installierten DVCAM-Recorder kein DV-Band als Master herstellen kann. Legt man ein mit DV vorbespieltes Band ein und will darauf schneiden, erhält man die Anzeige »not editable« und die DVCAM-Maschine verweigert die Schnittausführung.
Wird einem solchen DVCAM-Recorder via i.Link ein DV-Signal zugespielt, dann übernimmt er die Bild/Tondaten und zeichnet sie auf, allerdings wird der Ton dabei im Unlocked-Audio-Modus aufs Band geschrieben. Es entsteht also eine DVCAM-Aufnahme mit Unlocked-Audio-Ton. Diese Situation ist etwas unübersichtlich, kann im Einzelfall zu Problemen führen und könnte bei künftigen Geräten eventuell auch schon wieder anders sein. Weitere Informationen hierzu finden Sie im Artikel »Kompatibilität zwischen den DV-Formaten« innerhalb von www.film-tv-video.de.
Einzelne DVCAM-Geräte sind mit der ClipLink-Funktion ausgestattet. Damit kann man schon während der Aufnahme unbrauchbare Szenen markieren. Ein Schnittsystem, das die ClipLink-Daten lesen und auswerten kann, lädt ein kleines Icon jeder Szene direkt in die Timeline und sorgt dafür, dass nur die brauchbaren Szenen geladen werden, was die Ladezeit verkürzt und Festplattenkapazität spart.
Das Top-Modell der DVCAM-Recorder, der DSR-2000, kann DV, DV-Longplay, DVCAM und DVCPRO abspielen. In allen Kassettengrößen und ohne Adapter.
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