Medientage München: KI-Gipfel
Der KI-Gipfel der Medientage München lieferte wertvolle Erkenntnisse und Einblicke.
Künstliche Intelligenz (KI) werde nicht zu einem Kampf zwischen Menschen und Maschinen führen. Es werde vielmehr ein Kampf zwischen Menschen sein, die die Maschinen nutzten, und denjenigen, die diese Maschinen nicht nutzten. Maschinen heißt in diesem Zusammenhang die Nutzung der verschiedenen Tools der KI. Diesem Keynote-Statement von Dr. Wieland Holfelder haben sich alle Expert_innen beim KI-Gipfel der Medientage München angeschlossen.
Zunächst berichtete Holfelder, Vice President Engineering & Site Lead bei Google, darüber, in welchem Umfang sein Unternehmen bereits seit vielen Jahren Lösungen der generativen KI entwickle und marktfähig mache. »Der Hype um KI, den wir momentan erleben, geht darauf zurück, dass mit ChatGPT und anderen Anwendungen diese generative KI nun allen Nutzer_innen zur Verfügung steht.
Wir können nun Inhalte generieren, die zutiefst menschliche Eigenschaften haben.« Im Zusammenwirken mit der bekannten analytischen KI könne Technik heute alle Bereiche des menschlichen Gehirns abbilden, erklärte Holfelder. Und weiter: »In den nächsten Jahren kann KI etwa 330 Milliarden Euro zur Bruttowertschöpfung in Deutschland beitragen, wenn nur fünfzig Prozent der Unternehmen KI nutzen.«
Der Google-Manager trat Befürchtungen entgegen, dass KI eine Vielzahl von Arbeitsplätzen überflüssig machen könnte. Die KI werde eher neue Arbeitsplätze schaffen, die jedoch einen anderen Charakter haben würden. Es werde beispielsweise einen großen Bedarf an Datenschutz- und Sicherheits-Expert_innen beziehungsweise Berater_innen für die Implementierung von KI in Unternehmen geben, prognostizierte Holfelder. Google verfolge die Mission, alle Bereiche der Wirtschaft, Dienstleistungs- oder Medienbetriebe dabei zu unterstützen, die Transformation in die digitalisierte und datafizierte Welt erfolgreich vollziehen zu können. Hierbei könnten unter anderem Google-Produkte zur Archivierung von Content beitragen, aber auch Lösungen zur Monetarisierung von Geschäftsideen.
Prof. Dr. Yasmin Weiß von der Technischen Hochschule Nürnberg erklärte im anschließenden Interview, dass KI derzeit täglich für Disruptionen im Alltag von Beschäftigten aller Branchen führen könnte. »Ja, KI wird Menschen ersetzen. Sie wird aber nur diejenigen Menschen ersetzen, die nicht bereit sind, Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft anzunehmen und sie als Chance zu begreifen. Nicht-Anpassungswillige werden tatsächlich ihre Jobs verlieren«, prophezeite Weiß. Menschen in allen Teilen der Arbeitswelt stünden nun vor der Aufgabe, das Lernen neu zu lernen und damit ein neues Mindset zu entwickeln: Ein Vogel, der auf einem Ast sitze, habe deshalb keine Angst davor, dass dieser Ast abbricht, weil er wisse, dass er fliegen könne. Übertragen bedeute dies, dass die Menschen die Disruptionen durch KI bestehen würden. Sie müssten die Technik zwar nicht im Detail verstehen, aber bereit sein, mit der Technik zu arbeiten und sich damit auseinander zu setzen.
»In künftigen Stellenanzeigen müssten also Menschen beschrieben werden, die Veränderung gestalten wollen. Wir sollten nicht diejenigen suchen, die die besten Abschlüsse haben«, sagte Weiß. Veränderungen durch KI-Anwendungen müssten durch eine transparente Prozess- und Ergebniskommunikation begleitet werden. Führungskräfte sollten Leitplanken beim Einsatz der KI im Unternehmen gemeinsam mit den Mitarbeiter_innen erarbeiten und durch diese Art der Partizipation Berührungsängste abbauen und kreative Potenziale freisetzen. Yasmin Weiß ermutigte den Sektor Bildung und Lehre, Wissensvermittlung auf KI aufzubauen. Das würde bedeuten, dass Studierende beispielsweise selbst erleben, wie sie Aufgaben mit und ohne Einsatz von KI lösen könnten.
Schließlich berichtete Leonie Engel von ElevenLabs, welche Einsatzmöglichkeiten sich für KI-gestützte Text-to-Speech-Applikationen ergeben könnten. Ihr Unternehmen, das 2022 gegründet wurde, beschäftige sich vor allem mit der Synchronisation von Medieninhalten in verschiedene Sprachversionen – inklusive des synthetischen Klonens von Stimmen. Trotz potenzieller Gefahren, die sich aus dem Klonen ergeben könnten, sollten diese Tools frei und öffentlich zugänglich sein, forderte Engel: »Ich denke, dass die Chancen, die in solchen KI-Anwendungen stecken, deutlich größer sind als die Gefahren. Die Überwindung von Sprachbarrieren und eine Unterstützung der kreativen Arbeit der Medienbranche sehe ich als unschätzbaren Benefit dieser Technologie – Wissen kann damit für deutlich mehr Menschen innerhalb kürzester Zeit verfügbar gemacht werden.«
Sie selbst stelle sich jedoch auch die Frage, inwieweit durch das Klonen von Stimmen persönliche Eigenschaften und das Selbstwertgefühl von Menschen tangiert würden, zeigte sich Leonie Engel nachdenklich. Möglicherweise müsse man sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass eine Stimme kein persönliches Eigentum mehr sei, sondern in der KI aufgehe. Gleichzeitig resümierte sie, dass KI in den nächsten Jahren wohl viele Aufgabenfelder erschließen werde, es gebe aber auch Bereiche, in die KI nicht vordringe. So bleibe etwa eine Schwachstelle von KI, dass sie im Bereich der Sprachgenerierung nur wenig Raum für die Emotionalisierung des Gesagten biete. Vielleicht werde das für lange Zeit der gravierendste Unterschied zur menschlichen Stimme bleiben.