Broadcast, Live, Report, Sport, Top-Story: 27.07.2023

Frauenfußball-WM in Down Under

Seit dem 20. Juli 2023 findet in Australien und Neuseeland die Weltmeisterschaft im Frauenfußball statt. ARD und ZDF produzieren dabei erstmals mit SRT-Streams.


Logo Fifa Women's World Cup
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Lange war unklar, ob die Fußball-WM der Frauen, die in Australien und Neuseeland stattfindet, auch in Deutschland im TV zu sehen sein würde. Die Fifa pokerte bei der Vergabe und befand, dass die Angebote der bietenden Sender zu niedrig seien. Kurz vor knapp kam es dann Mitte Juni doch zu einer Einigung. Die EBU traf mit der Fifa eine grundsätzliche Vereinbarung, die Märkte Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien in den bestehenden Vertrag für die Fifa-Frauen-Weltmeisterschaft 2023 aufzunehmen.

©NDR, Henning Schwartz

So wurde es rechtlich möglich, dass ARD und ZDF nun gemeinsam von der WM aus Australien berichten. Das findet weitgehend remote statt. Über die technische Umsetzung sprach film-tv-video.de mit dem Technischen Leiter für die ARD Henning Schwartz vom NDR und fürs ZDF mit Florian Rathgeber. Die Federführung der Produktion haben der NDR/die ARD inne.

Henning Schwartz, Technischer Leiter, NDR, © Schwartz
Henning Schwartz, Technischer Leiter NDR.
Die Spiele im TV

Alle 64 Spiele sind bei ARD und ZDF entweder live im TV oder im Live-Stream auf den Online-Plattformen und in den Mediatheken zu sehen. Auch der ARD-Hörfunk berichtet ausführlich von den Partien, zudem werden alle TV-Spiele mit Audiodeskription angeboten.

Florian Rathgeber, Technischer Leiter, ZDF, © Nonkonform
Florian Rathgeber, Technischer Leiter ZDF.

Es gibt neun Spielorte und zehn Stadien: In Sydney befinden sich zwei Arenen. Zudem wird in Australien auch in Perth, Adelaide, Melbourne und Brisbane gespielt.

Austragungsorte in Neuseeland sind Auckland, Wellington, Dunedin und Hamilton mit jeweils einem Stadion.

Die ZDF-Berichterstattung von der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland wird zentral von der ZDF-Sendezentrale aus dem NBC in Mainz gesteuert. Das betrifft sowohl die Studiopräsentation als auch Regie, Technik und Produktion.

Die ARD produziert die Fußball-WM der Frauen beim NDR in Hamburg und bei der Sportschau-Redaktion beim WDR in Köln.

© NDR/Jann Wilken
Claus Lufen und Nia Künzer im ARD-Studio.
Kurze Planungsphase

Dass alles so kurzfristig lief, hatte natürlich auch Auswirkungen für die Planer bei ARD und ZDF. Henning Schwartz vom NDR betont, dass es durchaus eine Herausforderung war, die WM-Produktion mit so kurzem Vorlauf umzusetzen.

@Nonkonform, Florian Rathgeber
Kurze Planungsphase war eine Herausforderung, so Florian Rathgeber.

»Wir wussten ja lange nicht, ob wir die Rechte überhaupt bekommen würden, deshalb entschieden wir uns schon sehr früh dazu, im Falle eines Zuschlags möglichst viel remote umzusetzen«, ergänzt Florian Rathgeber, Technischer Leiter ZDF. »Erstmals sind wir bei einem Event dieser Größenordnung nicht im IBC im Ausrichterland Australien vertreten und verzichten auf eine Technikpräsenz vor Ort.«

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Stattdessen sendet der Host den Worldfeed aller Spiele per Satellit von Australien nach Deutschland zu ARD und ZDF. »Die Spiele senden wir 1:1, natürlich mit deutscher Kommentierung«, erklärt Florian Rathgeber.

SRT Logo
SRT feiert Premiere bei der WM-Produktion.
Premiere mit SRT

Eine echte Premiere feiern ARD und ZDF bei 24 weiteren Signalen des Rechtepakets, die in die Berichterstattung bei ARD und ZDF einfließen. Diese Signale sendet der Host aus Australien nämlich per Telstra Broadband Internet ins Pop Telehouse Data Center in London, von wo aus sie weiter in den gemeinsamen ARD/ZDF-Hauptschaltraum NBC (National Broadcast Center) in Mainz geschickt werden.

©ZDF Screenshot
Viele Signale aus dem Rechtepaket landen per SRT beim NBC in Mainz.

Dort kann das ZDF diese Signale direkt weiterverarbeiten und Beiträge daraus schneiden.

Für den NDR wird das Material quasi vorsortiert und per Nimbra zum NDR nach Hamburg geschickt. »Da wir in der MPE ohnehin über Nimbra-Technik verfügen, war diese Leitungsführung günstiger für die Produktion«, so Henning Schwartz. Die »MPE« ist ein gemeinsamer Equipment-Pool den ARD und ZDF gemeinsam nutzen.

©Nonkonform, European Championships 2022
Auch bei den European Championships 2022 in München wurde schon mit SRT gearbeitet.

Dass Signale einer so großen Veranstaltung per SRT quasi übers Internet verschickt werden, ist eine echte Neuerung für die Produktion, wenngleich Remote Produktion auf der Basis von SRT-Signalen in jüngster Zeit häufiger in Broadcast-Umgebungen eingesetzt wird. So hat etwa der MDR das ARD-Außenstudio in Prag über eine normale Internet-Leitung per SRT angebunden (siehe Meldung), und bei den European Championships nutzte das ZDF das SRT-Protokoll bei der Audiodeskription.

»Für uns ist die SRT-Übertragung eine innovative Anwendung, und wir erhoffen uns davon auch weitere Erkenntnisse für die Produktion zukünftiger Events«, erläutert Florian Rathgeber.

@ZDF, Rathgeber
Im NBC beim ZDF in Mainz.
Schnitt in Deutschland

Das Material, das per SRT-Übertragung ankommt, bearbeitet das ZDF im NBC in Mainz weiter. Zu diesem Zweck wurden dort vier Avid-Schnittplätze installiert. Zwei davon haben eine Remote-Anbindung zum Redaktionsteam in Australien. Per Teams können die Redaktionskolleginnen und -kollegen von dort den Schnitt verfolgen und anleiten, tatsächlich geschnitten wird aber in Mainz.

Ähnlich läuft es auch beim Audio-Mix, den das ZDF über die Browser-Anwendung Roonect ebenfalls remote realisiert. Mit Hilfe der Anwendung werden Voice-Over-Nachvertonungen von Australien aus auf dem Rechner in Mainz möglich.

©NDR, Henning Schwartz
In der NDR-Regie.

Der NDR in Hamburg hat sich dazu entschieden, den Schnitt komplett in Hamburg zu realisieren. Dort koordiniert die crossmediale NDR-Redaktion die Inhalte. Sie ist die Schnittstelle aller Ausspielwege und Standorte.

Was den Schnitt betrifft, sagt Henning Schwartz: »Wir nutzen Teams, um uns mit den Kolleginnen und Kollegen in Australien redaktionell abzustimmen, geschnitten wird dann in Hamburg.«

Die Regie in Hamburg hat der NDR mit zwei EVS-Servern für Highlight-Zuspielungen erweitert. Ansonsten nutzt der Sender aber weitgehend die vorhandenen Produktionsmittel.

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