Kultur- und Medienfrequenzen massiv in Gefahr
Laut Bundeskanzleramt wird sich Deutschland bei der Weltfunkkonferenz 2023 für ein Ende der Kultur- und Medienfrequenzen einsetzen.
Zur Ankündigung des Bundeskanzleramtes, dass sich Deutschland bei der Weltfunkkonferenz 2023 für ein Ende der Kultur- und Medienfrequenzen in bisheriger Form einsetzen wird, erklärt Jochen Zenthöfer, Sprecher der Initiative »SOS — Save our Spectrum«:
»Olaf Scholz hat den Streit entschieden. Deutschland knickt vor den Forderungen der internationalen Mobilfunkkonzerne ein und will noch mehr Frequenzen für den Kommerz öffnen. Kultur und Rundfunk haben das Nachsehen. Ob es künftig überhaupt noch terrestrisches Fernsehen in Deutschland geben wird, steht ebenso in den Sternen — wie die Frage, ob ‚5G Broadcast‘ eingeführt werden kann.«
»Für die Kulturwirtschaft ist die Entscheidung der nächste harte Schlag nach der Pandemie«, findet Zenthöfer.
Mehr grundlegende Informationen zu diesem Thema finden Sie hier. Eine noch breitere Allianz aus Industrie, Medien und Kultur (hier) konnte offenbar bisher nicht durchdringen. Tatsächlich ist dieser Frequenzbereich für drahtlose Mikrofone, In-Ear-Systeme und Talkback-Systeme unverzichtbar.
Im Koalitionsvertrag 2021 hatten sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP noch für den Erhalt der Kulturfrequenzen im Bereich zwischen 470 und 694 MHz ausgesprochen. Dort heißt es wörtlich: »Wir wollen das UHF-Band dauerhaft für Kultur und Rundfunk sichern.« Das gilt nun offenbar nicht mehr.
Jochen Zenthöfer führt aus: »Deutschland positioniert sich nun nicht nur gegen die Kultur. Deutschland positioniert sich auch gegen die meisten Länder in Europa. Nicht nur unser Partner Frankreich setzt auf einen Erhalt der Kulturfrequenzen, sondern auch Italien, UK, Spanien, Polen und viele Länder in Osteuropa. Was ein Ende der Kulturfrequenzen bedeutet, zeigen die USA: Dort sind viele Veranstaltungen inzwischen gar nicht mehr möglich.«
Wenn insgesamt Frequenzen fehlen, wird es am Ende eine politische Entscheidung sein, wem Frequenzen für Veranstaltungen zugeteilt werden. »Man kann davon ausgehen, dass Länder wie etwa Ungarn oder Polen missliebige Veranstaltungen benachteiligen und so verhindern werden«, erläutert Zenthöfer. »Bisher gab es Frequenzen, europäisch harmonisiert, für alle Events. Das ändert sich, sollte sich Deutschland durchsetzen.«
»Frequenzmanagement-Probleme bei »Rock am Ring« und »Rock am Park« Anfang Juni, die zu massiven Tonstörungen führten — worüber viele Medien berichteten —, sind nur der Anfang. Olaf Scholz fügt der Kultur in Deutschland einen massiven Schaden zu. Eine kleine Entscheidung führt zu einer Kaskade von katastrophalen Folgen«, schlussfolgert Jochen Zenthöfer.
Das Thema wird im Deutschen Bundestag am 21. Juni 2023 im Digitalausschuss zwischen 15 – 18 Uhr besprochen.