ARD/ZDF: Trends in der Massenkommunikation
Fernsehen bleibt stabil, Radio geht auf Vor-Corona-Niveau zurück, Trend zur nicht-linearen Nutzung setzt sich fort.
Im Auftrag von ARD und ZDF werden seit 2017 Referenzdaten zur Mediennutzung im Intermediavergleich erhoben. Sie werden im Rahmen einer Studie unter dem Titel »ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends« veröffentlicht. Dabei wurden in diesem Jahr 2.007 Personen ab 14 Jahren in Deutschland zu ihrem Tagesablauf und ihrer Mediennutzung sowie zur Bewertung des Programmangebots und der Medienentwicklung befragt. Dabei wurde die Methodik angepasst (siehe letzter Abschnitt).
Im folgenden eine Zusammenfassung der aktuellen Studie in der Interpretation von ARD und ZDF, weitere detailliertere Infos und Daten finden Sie hier.
Die zentralen Mediennutzungstrends setzen sich auch nach Lockerung der Corona-Maßnahmen weiter fort: Die Mediennutzungsdauer nimmt nur geringfügig ab und bleibt mit sieben Stunden täglich weiterhin hoch. Die meiste Zeit wird mit Bewegtbild verbracht, dahinter folgen Audio und Text. Die Reichweiten von Fernsehen und Radio liegen stabil an der Spitze. Digitale Ausspielwege gewinnen bei Audio und Video weiter an Bedeutung. Unter 30-Jährige sind erstmals die Altersgruppe mit der höchsten Bewegtbildreichweite, sie verbringen immer mehr Zeit mit Videos und immer weniger mit reinen Audioinhalten.
Ein weiteres zentrales Ergebnis der ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2022: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird generationenübergreifend als gesellschaftlich relevant und glaubwürdig eingeschätzt.
In Deutschland nutzen praktisch alle Menschen ab 14 Jahren (99 Prozent) täglich Medien. Die Tagesreichweite von Bewegtbild bleibt mit 88 Prozent auf dem hohen Niveau des Vorjahres. Das lineare Fernsehen gehört weiterhin für die Mehrheit der Bevölkerung zum Alltag: 65 Prozent werden pro Tag darüber erreicht.
Das Hören von Audioinhalten verliert gegenüber 2021 fünf Prozentpunkte, bleibt aber mit 80 Prozent Tagesreichweite fester Bestandteil der täglichen Mediennutzung. Mit 68 Prozent stellen die linearen Radioprogramme dabei – trotz der Rückgänge von minus 8 Prozentpunkten gegenüber dem außergewöhnlichen Vorjahr – weiterhin die wichtigste Quelle für Audio-Inhalte dar.
Redaktionelle Texte – egal ob gedruckt oder digital – werden pro Tag von knapp zwei Dritteln (63 Prozent) der Menschen gelesen. Der markante Zuwachs von 18 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr dürfte dabei vorrangig auf die veränderte Methodik zurückgehen. Durch sie wird auch das Lesen von Artikeln im Netz valider erfasst.
Insgesamt sinkt die Mediennutzungsdauer etwas gegenüber dem Corona-Jahr 2021: 420 Minuten stellen ein Minus von neun Minuten dar. Auf Videos entfällt mit 214 Minuten (minus 8 Minuten) weiterhin der Löwenanteil der Mediennutzung, gefolgt von Audios mit 170 Minuten (minus 7 Minuten). Die Zeit, die pro Tag mit Lesen von Texten verbracht wird, steigt deutlich an auf 70 Minuten.
Jüngere nutzen zunehmend Bewegtbild
Die Vervielfachung der digitalen Ausspielwege, Angebote und Geräte führt dazu, dass auch die unter 30-Jährigen immer häufiger und länger Videos ansehen. Erstmals seit Beginn der Studienreihe ARD/ZDF Massenkommunikation Trends im Jahr 2017 ist die Altersstufe der 14- bis 29-Jährigen mit 94 Prozent die Gruppe mit der höchsten täglichen Bewegtbildreichweite. Auch die Nutzungsdauer ist in dieser Gruppe gestiegen und nähert sich mit aktuell 194 Minuten immer mehr dem Bevölkerungsdurchschnitt (214 Minuten) an. Davon profitieren nicht nur Streaming-Dienste und Social-Media-Plattformen, sondern auch die Fernsehsender: Pro Tag werden 38 Prozent der unter 30-Jährigen mit TV-Inhalten über die Mediatheken oder YouTube erreicht. Die größte Bewegtbildnutzungsdauer haben aber nach wie vor Menschen jenseits der 50 Jahre: Sie verbringen knapp 250 Minuten täglich mit Bewegtbild, überwiegend mit linearem Fernsehen.
Der generelle Trend, dass sich Mediennutzung vom Linearen ins Digitale verschiebt, setzt sich weiter fort: Insgesamt entfallen noch 64 Prozent der Video-Zeit auf lineares Fernsehen. Dabei gilt: Je jünger das Publikum, umso breiter das Nutzungsspektrum: Bei den unter 30-Jährigen entfällt auf lineares Fernsehen weniger als ein Viertel der Video-Zeit (22 Prozent), bei den 30- bis 49-Jährigen gerade einmal die Hälfte (51 Prozent).
Mit Audio-Inhalten verbringen die unter 30-Jährigen dagegen immer weniger Zeit. Gegenüber 2021 geht die Nutzungsdauer deutlich um 17 auf 152 Minuten zurück. Knapp Dreiviertel von ihnen hören zwar noch regelmäßig Radio, der Großteil der Zeit (64 Prozent) entfällt aber auf Angebote jenseits des Linearen.
Neben den Streaming-Diensten spielen zunehmend Podcasts und zeitversetzte Radiobeiträge eine wichtige Rolle beim jungen Publikum: Knapp die Hälfte der 14- bis 29-Jährigen (49 Prozent) gehört mittlerweile zu den regelmäßigen Nutzern, fast jeder Fünfte (19 Prozent) von ihnen wird damit pro Tag erreicht.
Der ZDF-Intendant und Vorsitzende der ARD/ZDF-Forschungskommission Dr. Norbert Himmler: »Die Zahlen zeigen: Das Publikum schätzt uns über alle Altersgruppen hinweg. Unsere Angebote werden als glaubwürdig und relevant wahrgenommen, was uns sehr freut. Die Zahlen zeigen aber auch, dass sich der Trend zur nichtlinearen Mediennutzung ganz klar fortsetzt. Darum werden wir den Ausbau unserer digitalen Inhalte weiter vorantreiben. Die Chance, auf diesem Weg auch jüngere Menschen mit unseren Inhalten zu erreichen, wollen wir nutzen. Gleichzeitig werden wir unsere sehr erfolgreichen linearen Programme nicht aus den Augen verlieren. Unser Ziel ist ein ZDF für alle.«
Der Intendant des Hessischen Rundfunks und stellvertretender Vorsitzende der ARD/ZDF-Forschungskommission Florian Hager: »Wir wissen seit Jahren um den Kipppunkt: Absehbar werden Menschen mehr digitale Angebote nutzen als lineare. Die Studie zeigt nun Veränderungen in der Altersverteilung. Erstmals sind es die 14- bis 29-Jährigen, die die höchste tägliche Bewegtbildreichweite aufweisen. Das bestätigt, wie wichtig für uns als öffentlich-rechtliche Sender junge Programmangebote sind. Wie wichtig es für die ARD ist, Mediathek und Audiothek attraktiv weiterzuentwickeln, um auch hier relevanter zu werden für junge Menschen. Denn als gemeinschaftlich finanziertes Angebot haben wir den Auftrag, die ganze Gesellschaft zu erreichen.“
Generationsübergreifende Wertschätzung öffentlich-rechtlicher Angebote
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden die Nutzerinnen und Nutzer von sechs Angebotskategorien gebeten, diese in Bezug auf verschiedene Leistungsmerkmale zu bewerten: Öffentlich-rechtliche und private Rundfunkanbieter, Video- und Musik-Streamingdienste sowie Videoportale und Soziale Medien.
Eines der zentralen Ergebnisse ist eine generationenübergreifende große Wertschätzung für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebote: Sehr hohe Zustimmungswerte erzielen die Kriterien gesellschaftliche Relevanz (81 Prozent) und Glaubwürdigkeit (78 Prozent). Video- und Audio-Streamingdienste gelten als unterhaltsam und kompetent gemacht. Soziale Medien werden insgesamt als deutlich weniger glaubwürdig eingeschätzt, haben aber — vor allem bei Jüngeren — eine hohe persönliche Relevanz.
Methode an Mediennutzung angepasst
Bei der Interpretation der diesjährigen Ergebnisse sind die methodischen Anpassungen der Studie zu beachten. Vor allem jüngere Menschen sind immer schwerer über Telefonbefragungen zu erreichen. Um weiterhin repräsentative Daten für die gesamte Bevölkerung erheben zu können, wurde daher ein Teil der Studienteilnehmer (30 Prozent) über ein repräsentatives Online-Panel rekrutiert und befragt. Durch diesen sogenannten »Mixed Mode«-Ansatz wird die Validität der Daten weiter verbessert — beim Vergleich mit den Daten der Vorjahre ist dieser Methodenwechsel zu beachten.
Insgesamt wurden 2.007 deutschsprachige Personen ab 14 Jahren in Deutschland befragt: 70 Prozent davon per Telefon auf Basis einer repräsentativen Dual-Frame-Stichprobe, weitere 30 Prozent über ein repräsentatives Online-Panel. Die Erhebung des Tagesablaufs als Kernelement der Studie erfolgte sowohl bei den Telefon-Interviews als auch bei den Befragten im Online-Panel über eine einheitliche Eingabe-Oberfläche. Vor allem kürzere Nutzungsvorgänge, die bisher seltener oder gar nicht erinnert wurden, werden nun valider abgebildet. Die Studie wurde vom Institut GIM durchgeführt und dauerte von Ende Januar bis Mitte April 2022. Die Website www.ard-zdf-massenkommunikation.de hält Daten und ergänzende Informationen bereit.