»Resonanz«-Projekt im öffentlichen Raum
Das Stuttgarter Kammerorchester lädt mit einem immersiven »Resonanz«-Projekt im öffentlichen Raum zum Spielen ein.
Zum 60-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft der Landeshauptstadt Stuttgart mit der Europastadt Straßburg hat das Stuttgarter Kammerorchester (SKO) ein neues Projekt entwickelt. »Resonanz« ist eine Installation mit Musik, Kunst und Animation in einer Augmented Reality und soll einen Ort der Begegnung und interaktiven Erfahrung für alle Menschen darstellen. Der Start ist in Stuttgart, mit einem Live-Konzert am Donnerstag, 7. Juli 2022 um 17:30 Uhr auf dem Kleinen Schlossplatz.
Von dort aus wandert das Projekt vom 24. September bis 31. Oktober 2022 nach Straßburg auf den Platz vor dem Palais de Justice (Quai Finkmatt). Dort ist die feierliche Eröffnung mit dem Stuttgarter Kammerorchester für den 25. September 2022 geplant. Der Termin für die nächste Station in Saarbrücken wird in Kürze bekannt gegeben. Weitere Standorte in Europa schließen sich an. Hinzu kommen Formate der Begegnung und Musikvermittlung zum Thema Resonanz.
Die Idee stammt von Jana Günther, Konzepterin und Regisseurin von »Resonanz«, und ihrem Kollegen Tobias Scherer. Für das Musikkonzept zeichnet der Geschäftsführende und Künstlerische Intendant des SKO, Markus Korselt, verantwortlich. Ihre gemeinsame Absicht bringt Korselt auf eine Formel: »Resonanz lädt die Menschen zum Spielen ein: Werde Teil des Orchesters auch ohne Instrument, staune über die Animationen und verbinde dich mit anderen Menschen auf dem Floor. So entsteht gemeinsam das Kunstwerk.«
Die Interaktivität der Installation soll ganz neue Erfahrungen ermöglichen. Mit ihrem Zutun erwecken sie das Kunstwerk zum Leben und treten in Resonanz miteinander. Mitten im städtischen Trubel entsteht eine Insel des Erlebens mit mehreren Sinnen und des spielerischen Entdeckens: Auf einem 140 qm großen begehbaren Floorgraphic – einem Kunstwerk des New Yorker Künstlers Marc Fornes, gebürtig aus Straßburg — kann man sich mittels einer kostenlosen App mit dem Kunstwerk verbinden.
Man hört auf dem Smartphone eine der sieben Streicherstimmen von »Shaker Loops« von John Adams, eingespielt vom Stuttgarter Kammerorchester. Befinden sich mindestens sieben Personen auf dem Floor, hören sie die Musik in voller Besetzung.
Dazu erscheint auf dem Handy-Display die Augmented Reality, eine sich in Farben und Formen individuell verändernde 3D-Animation. Die Animationen stammen von Nadine Schwenk und Dina Saleem, beide Absolventinnen der Filmakademie Baden-Württemberg und selbstständig tätig im Bereich Motion Design und Animation in Deutschland.
Das Projekt wird von mehreren großen Förderern unterstützt: Karl-Schlecht-Stiftung, Stadt Stuttgart, Bundeszentrale für politische Bildung, Eitie Cloud, Wüstenrot-Stiftung, Nouveaux Horizons – ein Programm der Baden-Württemberg Stiftung und Institut Français Stuttgart. Kooperationspartner ist das Maison européenne de l’Architecture – Rhin supérieur.
Zum Hintergrund des Projekts
»Wenn Beschleunigung das Problem ist, dann ist Resonanz vielleicht die Lösung. Anstatt Lebensqualität in der Währung von Ressourcen, Optionen und Glücksmomenten zu messen, müssen wir unseren Blick auf die Beziehung zur Welt richten, die dieses Leben prägt«, so die Kernthese des Soziologen und Politikwissenschaftlers Hartmut Rosa in seinem viel beachteten und viel diskutierten Buch Resonanz (2016).
»Das Buch hat mich inspiriert«, erklärt Jana Günther, Konzepterin und Regisseurin dieser Produktion. »Ich habe dieses Projekt konzipiert, um jeder Person kostenlos und barrierefrei das Erlebnis eines klassischen Konzerts zu ermöglichen. Zudem war das Projekt seit Beginn derart angelegt, dass die Installation ein Ort der Begegnung sein soll. Da Resonanz länder-übergreifende Freundschaft zum Thema hat — wie man anhand der aktuellen politischen Lage sieht, wichtiger denn je —, ist es wie geschaffen dafür, einen Diskurs zum Thema Resonanz zu ermöglichen.«
Resonanz im öffentlichen Raum
Die Teilnehmenden am »Resonanz«-Projekt können sich jedes Mal wieder eine weitere der sieben Streicherstimmen des Musikstücks »Shaker Loops« aussuchen, zum Beispiel Violoncello, Kontrabass oder 2. Violine – je nachdem, welchen der sieben Markierungspunkte auf dem Floor sie anwählen. Ihre Stimme können sie auf dem Smartphone lauter oder leiser stellen. Außerhalb des Floors wiederum lässt sich »Shaker Loops« in Gänze hören. Die digitalen Animationen der Augmented Reality steigern das Musikerlebnis jedes Mal neu durch ihr unbegrenztes Farb- und Formenspiel.
Erst in dem Moment, wo sich die Teilnehmenden auf diese Unvorhersehbarkeit einlassen, wird ihre Wahrnehmung der musikalischen und visuellen Feinheiten geschärft. Sie öffnen sich für die entstehende Resonanz zwischen ihnen, dem Kunstwerk und den anderen Menschen.
Neben den Komponenten Musik, Kunst und Animation in der Augmented Reality sind auch die öffentliche Diskussion und die Musikvermittlung entscheidende Bestandteile des Konzepts. Denn es liegt in der Natur der Resonanz, dass sie so viele Bezüge, Diskurse und Interpretationsmöglichkeiten bietet, wie es Teilnehmende gibt.