Blackcam: 10-jähriges Jubiläum des Robotik-Herstellers
Thomas Janze ist Kameramann, Regisseur und Entwickler der Kamera-Robotic-Systeme von Blackcam. Im Interview zeigt er Einsatzbereiche und Zukunftsperspektiven auf.
Die Robotic-Systeme des Herstellers Blackcam Systems zeichnen sich dadurch aus, dass sie leise und klein sind. Dadurch werden die Kamera-Schienensysteme von Blackcam sehr häufig im Event-Bereich eingesetzt: bei Musik-Acts und bei TV-Übertragungen, wo Geräusche und große Gerätesilhouetten eben stören würden.
Im Interview erzählt Thomas Janze, wo der Erfolg von Blackcam Systems herrührt und welche weiteren Perspektiven er sieht.
Wie entstand die Idee zu den Kamera-Robotic-Systemen von Blackcam Systems?
Thomas Janze: Der Veranstalter will die besten Plätze verkaufen — und er will sie weder mit Technik besetzen, noch will er, dass die Technik dem dahinter sitzenden Publikum die Sicht versperrt. Und die Band möchte nicht, dass durch großes Geschirr auf der Bühne die Interaktion der Musiker untereinander oder die Interaktion mit dem Publikum gestört wird. Handkameraleute sind auf der Bühne in der Regel auch sehr ungern gesehen.
Und als Regisseur bist Du für ein gutes Bild, sprich abwechslungsreiche Perspektiven verantwortlich. Die zu finden, ist — neben dem »musikalischen« Live-Schnitt — dein wichtigster Job. Und da dachte ich mir: Wenn zusätzlich Dynamik und wechselnde Standpunkte durch Verfahrbarkeit der Kamera erreichbar wären — klein, leise, ferngesteuert …
So entstanden die ersten Blackcam-Systeme. Unser erster internationaler Kunde war eine bekannte nordamerikanische Band, bei deren Konzert ich als Regisseur zwei Blackcams einsetzte. Deren Manager sagte zu mir folgendes, zugegebenermaßen etwas derbe Zitat: »I hate those f***ing clowns on stage. But what I really love is that f***ing great german engineering!« Das finde ich immer noch herrlich!
Die erste Band, die diese Systeme auf ihre Welttournee mitgenommen hat, war dann übrigens »Incubus«.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Entwicklung des Systems?
Thomas Janze: Neben geringer Größe galt es, genug Traglast und möglichst wenig Geräusche zu erreichen. Trotzdem musste auch eine stabile Fahrt gewährleistet werden — ohne aufwändige Gyrostabilisierung. Das Gesamtpaket war die technische Herausforderung. Den ganzen Laden zu finanzieren, war eine weitere Herausforderung.
Wir sind jetzt im Jahr 10 seit der Gründung – die Idee hatte ich zwei Jahre davor und mit dem Robotikingenieur und jetzigen Partner Jan Karabasz damit angefangen. Seit letztem Jahr ist nun ein neuer Partner hinzugekommen: mein Freund Thomas Haupt. An dieser Stelle möchte ich zu unserem Jubiläum allen Danke sagen, die dabei mitgeholfen haben, auch in schwierigen Zeiten!
Was können Kamera-Robotic-Systeme von Blackcam besonders gut, wodurch zeichnen sie sich aus?
Thomas Janze: Ich glaube, wenn ich hier mal auf den Putz haue und sage, dass wir mit Abstand die leisesten Systeme haben, dann ist damit ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal beschrieben. Wir sind deshalb bei vielen klassischen Konzerten dabei. Dazu kommt, dass wir für jede Kameragröße einen geeigneten Dolly haben. Außerdem sind wir auch konstruktiv sehr flexibel, können also Spezialeinbauten nach Kundenwünschen in kurzer Zeit realisieren.
Wo werden die Systeme bevorzugt eingesetzt ?
Thomas Janze: Blackcam wird bevorzugt da eingesetzt, wo kein anderes System denkbar ist. Ein Beispiel dafür ist unsere erste TV-Show »Voice of Germany«: Der Dolly wird unter dem Bühnenboden, zwischen den Juroren und der Bühne eingebaut. Zu sehen ist nur ein schmaler Schlitz, in dem sich der Remote Head bewegt. Das ist nahezu unsichtbar und stört nicht. Deshalb machen wir das seither so oder ähnlich bei sehr vielen weiteren TV-Shows.
Aber auch im Sport: Bei den NCAA Basketball Finals konnten wir am Spielfeldrand, im Parkettboden eingelassen, von Baseline zu Baseline fahren. Als wir das vor fünf Jahren zum ersten Mal gemacht haben, habe ich mir ein Finalspiel in einem Basketball-Pub in L.A. angeschaut. Die großen Augen der großen Jungs dort, plus deren enthusiastisches Geschrei, als die zum ersten Mal eine Blackcam-Parallelfahrt sahen, werde ich nie vergessen.
Können Sie Beispiele für visuellen Gestaltungsmöglichkeiten geben?
Thomas Janze: Bis 360 Grad rund um ein Drumset zu fahren, das haben wir bei den Toten Hosen und Coldplay umgesetzt. Oder ein fahrender Hot Head am hinteren oberen Lichtrig. Oder durch eine Treppe. Oder 360 Grad Vollkreis am Boden. Oder eine Schräge, anschließend Gerade und dann 90 Grad Kurve … alles schon gemacht.
Welche Perspektiven für die Weiterentwicklung der Systeme sehen Sie?
Thomas Janze: Im Moment erweitern wir unsere Geschäftsaktivitäten im Newsroom-Bereich. Da gibt es nicht nur in Deutschland viele innovative Projekte, bei denen unsere robotisierten Speziallösungen, eingebunden in diverse Software-Programme, den Studiobetreibern helfen, ihre Ideen umzusetzen.
Wie lassen sich die Systeme in Augmented-Reality-Sets integrieren?
Thomas Janze: Im AR-Bereich haben wir bereits viele Projekte realisiert, das wird auch immer öfter angefragt, insbesondere bei den Studioprojekten. Blackcam übergibt sehr präzise Echtzeitdaten an die für AR vorgesehene Schnittstelle. Das ist einfach für uns.
In welchen Bereichen sehen Sie weiteres Potenzial für das System, welche Weiterentwicklungen planen Sie?
Thomas Janze: Selbstverständlich gibt es von Zeit zu Zeit Hardware- und Software-Upgrades all unserer gängigen Systeme. Brandneu kommt in den nächsten Monaten ein neues Gerät von uns auf den Markt. Für Innen- und Außeneinsatz, manuellen und automatisierten Betrieb. Mehr dazu im 4. Quartal.
Welche konkreten Projekte, Kunden und Referenzen sind aus Ihrer Sicht besonders erwähnenswert?
Thomas Janze: Derzeit freue ich mich insbesondere, dass wir bei richtig großen Konzert-Welttourneen dabei sind. Denn das war ja meine Ursprungsidee als »Multicam-Video-Director«, wie es heute heißt.
Wir haben eine großartige Partnerfirma in London, deren Chef Stuart Mercer auch Live-Video-Director ist. Aktuell sind wir mit ihm mit jeweils vier bis sechs Systemen bei Green Day, Genesis, Coldplay und Billie Eilish. Und dabei gilt: »More to come.«
Und dann haben wir noch die Studioprojekte und die dahinter stehenden Kunden wie SWR, RBB, ORF, RTL und weitere.