32. Deutscher Kamerapreis verliehen
Acht Kameramänner sowie eine Editorin und ein Editor wurden in diesem Jahr mit dem Deutschen Kamerapreis geehrt, zudem gab’s zwei Nachwuchspreise und einen Ehrenpreis.
»Die Branche hat eindrucksvoll gezeigt, dass Filme, Fernsehbeiträge und multimediale Inhalte aller Genres in Krisen gebraucht werden und mit großem Engagement und Ideenreichtum produziert werden können«, sagt Walter Demonte, Geschäftsführer des Vereins Deutscher Kamerapreis Köln e. V., und weiter: »Die große Zahl der Einreichungen zum Wettbewerb hat dies noch einmal unterstrichen. Die beeindruckend hohe Qualität der Werke hat es den Jurys, die leider noch einmal digital tagen mussten, nicht leicht gemacht, ihre Entscheidungen zu treffen.«
Ehrenpreis für Tom Fährmann
Der diesjährige Ehrenpreis geht an Tom Fährmann. Der 65–jährige Kameramann hat neben Nico Hofmanns Thriller »Der Sandmann« auch zahlreiche Kinofilme mit Sönke Wortmann wie »Das Wunder von Bern« oder »Die Päpstin« gedreht. Laut Kuratorium des Deutschen Kamerapreises macht ihn sein herausragender Blick auf Bilder, sein analytisches Denken, seine Vielfalt und sein Mut, neue Wege zu beschreiten, zu einem ganz Großen der deutschen Filmbranche. Auch sein Engagement als Professor an der Hochschule für Fernsehen und Film München betont das Kuratorium in seiner Begründung. Hier zu unserem ausführlichen Artikel.
Beste Kamera / Spielfilm
Max Preiss wird ausgezeichnet für seine Bildgestaltung in dem Film »Niemand ist bei den Kälbern«, der die Perspektivlosigkeit der 24-jährigen Christin in der mecklenburgischen Provinz beschreibt und ihre Sehnsucht, aus der Enge des Dorfes zu entfliehen. Besonders beeindruckt die Jury an seiner Kameraarbeit, wie Max Preiss seine Protagonistin mit schmerzhafter Sensibilität und stets auf Augenhöhe beobachtet.
Beste Kamera / Fernsehfilm/Serie
Für seine Bildgestaltung der Folge »Polizeiruf 110 – An der Saale hellem Strande« wird Nikolai von Graevenitz mit dem Deutschen Kamerapreis geehrt. Dabei hebt die Jury vor allem »das Zusammenspiel aus Licht, Farbe und Cadrage« hervor. Der Preisträger stelle in diesem »Polizeiruf 110« Ästhetik vor Realismus.
Beste Kamera / Dokumentarfilm
Arne Büttner und Danilo do Carmo erhalten die Auszeichnung für ihre Kameraarbeit im Dokumentarfilm »Lo que queda en camino«, der die Flucht einer Mutter aus Guatemala vor ihrem gewalttätigen Ehemann nachzeichnet. Der Dokumentarfilm begleitet die Reise von Lilian und ihren vier Kindern durch ganz Mexiko bis an die US-amerikanische Grenze. Die Jury zeigt sich vor allem begeistert von der ausdrucksstarken Bildsprache, die ohne zusätzlichen Off-Kommentar und Filmmusik auskomme, sowie die große Unmittelbarkeit und Präzision der Beobachtungen, die von tiefer Menschlichkeit geprägt seien.
Beste Kamera / Dokumentation / Doku-Serie
Für die Bildgestaltung in »Dig Deeper – Das Verschwinden von Birgit Meier, Folge 1« werden Julian Krubasik und Markus Nestroy geehrt. In der Doku-Serie, die von einem Kriminalfall handelt, gelingt es den Preisträgern laut Jury, aussagekräftige Bilder für die Reenactment-Szenen des Films zu gestalten und diese auf gleichem Level mit den dokumentarischen Elementen zu verweben.
Beste Kamera / Kurzfilm
Jakob Reinhardt wird ausgezeichnet für seine Kameraarbeit im Kurzfilm »Proll!«, der den Alltag dreier Menschen im Niedriglohnsektor veranschaulicht – sogenannter »working poor«. Die Jury begründet die Entscheidung mit der gelungenen Darstellung der Lebensrealität in wenigen, aber sehr essenziellen Bildern. Sie lobt das authentisch wirkende Licht und die stellenweise fast dokumentarisch anmutende Kamera.
Beste Kamera / Aktuelle Kurzformate
Jan Mammey erhält den Deutschen Kamerapreis für seine Arbeit an der Reportage »Lieber verstrahlt als im Krieg? Neuanfang in Tschernobyl«, die Menschen begleitet, die 2014 aus der Ostukraine ausgerechnet in die Fallout-Region Tschernobyl geflohen sind. Die Jury zeigt sich beeindruckt von der fotografischen Qualität der Bilder, die der Geschichte dienen, aber in jeder Einstellung auch von Gefühlen künden, die nicht in Worte zu fassen sind. Dabei seien die Bilder emotional, aber nie gefühlig.
Bester Schnitt / Dokumentation/Doku-Serie
»37 Grad: Dance till you break – The Saxonz, Folge 2: Liebe« porträtiert die Mitglieder einer Breakdance-Gruppe aus Dresden, Leipzig und Chemnitz. Für diese editorische Leistung erhält Hauke von Stietencron die Auszeichnung. »Der Editor hat keinen Aufwand gescheut und hat mit großer Kreativität und Spielfreude einen Flow geschaffen, dem sich die Zuschauer/innen nicht entziehen können. Und wenn am Schluss des Films noch eine neue Geschichte aufgemacht wird, will man sogleich erfahren, wie es weitergeht, und sich den nächsten Teil anschauen«, lobt die Jury.
Bester Schnitt / Spielfilm
Geehrt wird Joana Scrinzi für ihre Arbeit an dem Spielfilm »Große Freiheit«, der vom Leben des homosexuellen Protagonisten Hans Hoffmann im Deutschland der Nachkriegszeit erzählt. Beeindruckt zeigt sich die Jury von der »Ruhe und Eleganz«, mit der die Editorin die Kamerabilder in einen intensiven Rhythmus aus Nähe und Distanz bringt. Ihre schnörkellose Montage beschränke sich auf die wesentlichen Bilder und lasse den Darstellern Raum, ihre Gefühle auszudrücken.
Nachwuchspreise
Für seine Bildgestaltung in »Alles Übel der Welt« erhält Nicolai Zeitler den Nachwuchspreis. »Der rasante Schnitt, das geniale Timing und die darauf perfekt abgestimmte Tonebene mit unzähligen Gedankenfetzen versetzen Protagonist und Zuschauer:in in einen wahren Rausch«, urteilt das Kuratorium des Deutschen Kamerapreises.
Für seine Kameraführung in »Drecks Kleingeld« wird Nikolai Huber ausgezeichnet. Das Kuratorium zeigt sich begeistert von dem »ungewohnten Blickwinkel mit artistischen Kamerabewegungen, welche Irritationen verursachen, die uns die Phobie der Protagonistin geradezu körperlich nachvollziehen lässt.«
Die Nachwuchspreise wurden in diesem Jahr von Arri und Sigma (Deutschland) GmbH gestiftet.