Zweiter Netflix-Deal mit Verdi und BFFS
Erst Serien, jetzt Film: BFFS, Ver.di und Netflix vereinbaren erfolgsabhängige Zusatzvergütung für Filmproduktionen.
Auch die Kreativen der von Netflix in Deutschland in Auftrag gegebenen Filme werden künftig am Erfolg beteiligt — das ist das Ergebnis der nun abgeschlossenen weiteren »Gemeinsamen Vergütungsregeln«, die Netflix, die Gewerkschaft Verdi und der Bundesverband Schauspiel (BFFS) abgeschlossen haben. Die Urheber*innen und ausübenden Künstler*innen erhalten auf dieser Basis eine Beteiligung am Erfolg von Filmen, die Netflix in Deutschland speziell für seinen VOD-Dienst in Auftrag gegeben hat. Zudem konnten sich die Beteiligten auf eine Vereinbarung einigen, nach der Beiträge zur Pensionskasse Rundfunk, die im Rahmen solcher Produktionen von Produzenten für die Kreativen eingezahlt werden, von Netflix finanziert werden.
Bereits zu Beginn des Jahres 2020 hatten sich der BFFS und Verdi mit Netflix auf Gemeinsame Vergütungsregeln (GVR) zugunsten der Kreativen bei Serienproduktionen geeinigt (Meldung). Damit wurde die erste GVR mit einem Streaming-Entertainment-Dienst aus Deutschland abgeschlossen. Jetzt konnte von denselben Verhandlungsbeteiligten nach erneuten, erfolgreichen Gesprächen eine weitere GVR abgeschlossen werden — diesmal für alle von Netflix vollfinanzierten deutschen Filmproduktionen.
Berücksichtigt werden bei diesen GVR — wie auch schon bei den GVR für die Netflix-Serien — Kreative aus den Gewerken Regie, Kamera, Szenen-, Kostüm-, und Maskenbild sowie Tongestaltung, Filmmontage und Schauspiel. Die GVR stellen aus Sicht der Beteiligten eine faire und angemessene Erfolgsvergütung für die Kreativen sicher und erreichen damit, dass Urheber*innen und ausübende Künstler*innen kontinuierlich wirtschaftlich von ihrer Zusammenarbeit mit Netflix profitieren.
Die neue Vereinbarung sieht wie auch schon die GVR für Serien eine erfolgsbasierte Zusatzvergütung sowie eine Beteiligung an Zweitverwertungserlösen von Netflix vor, die als Gesamtbetrag gezahlt und dann an alle Anspruchsberechtigten verteilt werden. Die Höhe der zu zahlenden Zusatzvergütung richtet sich dabei nach der weltweiten Zahl der sogenannten »Completer«, das sind Netflix-Abonnements, die 90 Prozent eines Films gesehen haben.
Bei Erreichen einer bestimmten Richtgröße an Completern erfolgt die Zahlung einer nach Budgetgrößen des jeweiligen Filmes gestaffelten Zusatzvergütung. Wird die Richtgröße mehrfach erreicht, wird dieser Betrag ebenso oft ausgezahlt. Es wird selbst dann eine Zahlung fällig, wenn innerhalb eines festgelegten Zeitraumes die Richtgröße nicht erreicht wird. In diesem Fall wird ein der tatsächlich erreichten Completer-Anzahl entsprechender Anteil des festgelegten Betrages gezahlt. Dadurch wird eine kontinuierliche Zusatzvergütung uneingeschränkt gewährleistet.
Mindestens ein deutscher Netflix-Film konnte bereits die festgelegten Richtgrößen mehrfach erreichen, so dass die daran beteiligten Filmkreativen schon in Kürze mit einer entsprechenden Erfolgsvergütung durch Netflix rechnen können.
Im Rahmen besagter GVR-Verhandlungen gelang BFFS, Verdi und Netflix darüber hinaus ein weiterer Verhandlungserfolg: Es wurde eine Übereinkunft getroffen, wonach Netflix in bestimmten Fällen für vollfinanzierte Netflix-Filme die vom Auftragsproduzenten gezahlten Beiträge zur Pensionskasse Rundfunk finanziert. Immer dann also, wenn der beauftragte Produzent zukünftig — etwa aufgrund seiner Mitgliedschaft bei der Pensionskasse Rundfunk oder auf freiwilliger Basis – Beitragszahlungen zur betrieblichen Altersvorsorge zugunsten der an Netflix-Filmen mitwirkenden Filmschaffenden, die im Team und Cast Mitglied der Pensionskasse Rundfunk sind, an diese Pensionskasse leistet, wird Netflix diese Beiträge gegenüber dem Produzenten erstatten.
Durch diese Zusage von Netflix wird ein erheblicher Beitrag zur Sicherung der Altersversorgung der Filmkreativen geleistet. Gleichzeitig wird ein starker Anreiz für Produzenten gesetzt, sich entsprechend für die Zahlung der Beiträge zugunsten der Kreativen zu engagieren.
BFFS, Verdi und Netflix sind Vorreiter
Mit diesen kürzlich geschlossenen Vereinbarungen bauen BFFS und Verdi ihre erfolgreiche Verhandlungspartnerschaft mit Netflix aus, und Netflix bleibt als globale Streaming-Entertainment-Plattform alleiniger Vorreiter in Deutschland in Bezug auf kollektivrechtliche Vereinbarungen mit den relevanten Gewerkschaften der Filmkreativen.
Weiter hat sich Netflix mit den beiden Gewerkschaften auf die Förderung von Geschlechter-Gleichstellung sowie Diversity und Inklusion in den Filmproduktionen geeinigt. Die Chancengleichheit soll ungeachtet von ethnischer Herkunft, Religion, Hautfarbe, Abstammung, nationaler Herkunft, sexueller Orientierung, Geschlecht, Geschlechtsidentität oder -ausdruck, Alter, Behinderung, Gesundheitszustand oder Schwangerschaft gewährleistet werden. Dazu gilt das »Commitment to Respect« von Netflix auch für deutsche Filmproduktionen. Außerdem hat Netflix eine weitere Förderung der Themis-Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt zugesagt, um diese für die Filmbranche wichtige Anlaufstelle stärker mitzufinanzieren.
Rachel C. Schumacher, Senior Counsel, Labour Relations, Netflix: »Nach den ersten erfolgreichen Verhandlungen in 2020 mit Verdi und der BFFS war es für uns ein wichtiger Schritt, die faire und angemessene Vergütung auch für Kreative im Filmbereich auszubauen. Wir sind über die Jahre immer mehr in Deutschland angekommen, arbeiten mit den besten Kreativen der Filmbranche zusammen, dabei sind faire und nachhaltige Partnerschaften essentiell und stehen im Mittelpunkt unserer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Dass wir uns darüber hinaus auch hinsichtlich der Beiträge zur Pensionskasse Rundfunk für Filmschaffende und -crew einigen konnten, macht uns stolz.«
»Mit diesem zweiten Vertrag mit Netflix werden frühzeitig die nun herauskommenden Filme für deutsche Filmschaffende in mehrfacher Weise ertragreich sein. Je nach Erfolg mit für Urheber*innen und ausübende Künstler*innen auszuschüttende Zusatzvergütungen und für alle im Film-Team durch die erstmalige Einbeziehung von Filmen für einen Streaming-Dienst in die Pensionskasse Rundfunk. Zusammen haben BFFS und Verdi damit die Partnerschaft mit dem sich immer stärker in deutschen Filmproduktionen engagierenden Streamingdienst Netflix erweitert. Das ist ein echter Gewinn für alle von diesen Verträgen profitierenden Filmteams und Kreative«, sagte Matthias von Fintel, Leiter des Bereichs Medien, Journalismus und Film in Verdi.
»Wir Kreative sind die Quelle des Erfolgs, brauchen aber angemessene Vergütungen und sozialen Schutz, vor allem auch im Alter. Alles hängt mit allem zusammen«, betont BFFS-Vorstandsmitglied Heinrich Schafmeister »Netflix — als Global Player noch relativ neu in unserer deutschen Filmbranche aktiv – hat diesen Zusammenhang längst verstanden und schafft mit seiner vorbildlichen Vertragspolitik bei uns Kreativen Vertrauen.«