Medientage München 2021
Die Medientage München verbanden in diesem Jahr erstmals den analogen Kongress in Präsenzform mit einer digitalen Übertragung via Live-Stream. Wichtige Trends im Überblick.
Medientage-Gipfel: Positionsbestimmung für die Post-Pandemie-Ära
Während die Medientage im Vorjahr wegen der Corona-Pandemie ausschließlich per Internet durchgeführt wurde, stand in diesem Jahr eine hybride Lösung bereit: Das Publikum konnte entweder vor Ort im Münchener Isarforum dabei sein oder online teilnehmen.
Zum Auftakt machte der neue Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Dr. Thorsten Schmiege, deutlich, wie sehr die Pandemie zu Perspektivwechseln gezwungen habe: »Die Transformation in den Medien schreitet voran. Taktgeber ist die Digitalisierung. Und der Takt hat sich in der Pandemie noch einmal massiv erhöht.«
Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder kritisierte eine zuweilen »unglaubliche inhaltliche Verhetzung« in sozialen OnlineNetzwerken, die oft »mit enormer Wucht« und »ganz brutal« ins Persönliche gehe. Im Gespräch mit Gipfel-Moderator Ingo Zamperoni (ARD Tagesthemen) sagte der Ministerpräsident, hinsichtlich der Veränderung des öffentlichen Meinungsklimas sehe er auch die Anbieter von Social-Media-Plattformen in der Verantwortung.
Wie stark die Corona-Pandemie die Mediennutzung in Deutschland verändert hat, machte während des Medientage-Gipfels Dr. Hannes Ametsreiter mit aktuellen Daten deutlich. Der CEO von Vodafone Deutschland berichtete, sein Unternehmen habe festgestellt, dass sich der Uplink-Traffic mehr als verdoppelt und der Downlink-Traffic um etwa zwanzig bis dreißig Prozent zugenommen habe. Die Dauer eines durchschnittlichen Telefongesprächs sei um etwa ein Viertel gestiegen und die Nutzung von Medieninhalten im Vodafone-Netz um etwa ein Fünftel. Das alles dokumentiere den bislang »größten Digitalisierungsschub«.
Dr. Gunnar Wiedenfels, CFO von Discovery, erläuterte, wie der »disruptive Transformationsprozess« zurzeit die Medienwelt verändert. Gefragt seien Allianzen und Partnerschaften. Deshalb lohne es sich für Discovery, neue Schulden in Höhe von 43 Milliarden US-Dollar für eine Fusion mit Warner Media ins Unternhmen zu holen. Während Warner Media global eine führende Position bei Fiction Inhalten habe, liege die Stärke von Discovery im nonfiktionalen Bereich.
Auch Stephan Schäfer, zurzeit Geschäftsführer von Gruner + Jahr und Co-Geschäftsführer von RTL Deutschland, sieht die digitale Zukunft der Branche in der Schaffung »vollintegrierter Medienunternehmen«. RTL werde im kommenden Jahr durch die Übernahme von Gruner + Jahr zu einer »ersten Adresse für positiven und unabhängigen Journalismus« und agiere dann »führend über alle Gattungen«. Zu diesem Zweck würden pro Jahr etwa eine Milliarde Euro in Inhalte investiert. Die Sparte Bewegtbild erfahre eine »unglaubliche Nachfrage« und werde durch starke Angebote wie die von Stern oder Geo in anderen Medienkanälen ergänzt. Ziel sei es, die neue Marke RTL plus zum »größten deutschen Unterhaltungsangebot« zu formen. Zugleich werde das Nachrichtengeschäft ausgebaut.
Dr. Katja Wildermuth, Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR), begrüßte das zunehmende Engagement privatwirtschaftlicher TV-Programmanbieter im Informationssektor: »Alle Anbieter, die sich zu Qualitätsjournalismus verpflichten, sind gut für die Demokratie.« Die Intendantin sprach von einer »neuen Hochschätzung von verlässlichen Informationen« und verwies auf die große regionale Kompetenz und »Verwurzelung« der ARD-Redaktionen. Zugleich habe sich während der Pandemie bei vielen ein »großes Bedürfnis nach Unterhaltung« entwickelt, was sich an den Mediathek-Abrufen ablesen lasse. Grundsätzlich empfinde sie das Nebeneinander von linearen und nonlinearen Angeboten nicht als Konkurrenz.
Nach Ansicht von Devesh Raj hat die Pandemie zwar einerseits den On-Demand-Trend verstärkt, andererseits hätten auch die wenigen Live-Events im Sportbereich im vergangenen Jahr Rekordreichweiten erzielt, berichtete der Vorsitzende der Geschäftsführung von Sky Deutschland.
Zu den Medieninhalten, die während der Pandemie an Bedeutung gewannen, zählen auch Wissenschaftsformate. Wissenschaft ähnele aber einer Zwiebel: außen nur Oberfläche, innen ein Kern, der allerdings für viele nicht zugänglich sei, erklärte hierzu Dr. Mai Thi Nguyen Kim.
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