Arri Media: Kein Deal mit Seal
Geplatzt: Der Verkauf von Arri Media an die Seal-Gruppe wurde erst verschoben, nun ist er geplatzt.
Arri wollte seine Postproduktionssparte Arri Media zum 1. März 2021 an die Seal-Gruppe verkaufen (Meldung). Der Vollzug dieses Verkaufs wurde dann auf den 1. Mai 2021 verschoben.
Nun erfuhr film-tv-video.de, dass der Deal insgesamt geplatzt ist. Arri Media ist nun also wieder Teil der Arri-Gruppe und wird zukünftig als Arri-Division »Media Services« firmieren. Markus Zeiler und Josef Reidinger übernehmen die Geschäftsführung, und Franz Kraus begleitet die Weiterentwicklung des Unternehmens.
Erst Verschoben, dann aufgehoben
In Zeiten der Corona-Pandemie mussten wir alle lernen, dass vielerlei Pläne nicht innerhalb der gewünschten Termine umgesetzt werden konnten. Als der Verkaufsplan von Arri Media an Seal verschoben wurde, konnte man organisatorische Probleme vermuten.
Zumindest phasenweise fungierte schließlich auch die Seal 1819 GmbH mit Sitz in der Türkenstraße 89 in München — also am bisherigen Hauptsitz von Arri — als Eigentümer von Arri Media. Geschäftsführer der Seal 1819 GmbH war aber Markus Zeiler, der Vorstand von Arri. So war es zumindest auf der Website von Arri Media zu lesen.
Nun gab das Unternehmen aber auf Nachfrage bekannt, dass Arri Media jetzt wieder zur Arri-Gruppe gehört. Es wird gemunkelt, dass Seal den vereinbarten Kaufpreis letztlich nicht aufbringen konnte, weil eine Finanzierung platzte.
Über die Seal-Gruppe
Die weltweit tätige, aber letztlich von den USA aus gesteuerte Seal-Gruppe besitzt schon andere Unternehmen in Deutschland: Die InovisCoat GmbH (Spin-off der Forschungsabteilung der ehemaligen Agfa Leverkusen) sowie die FilmoTec GmbH (Spin-off der ehemaligen Orwo, ansässig in Bitterfeld-Wolfen). Diese Firmen entwickeln und produzieren innerhalb der Seal-Gruppe in jahrhundertealter Tradition Farb- und S/W-Filme für Kameras im fotografischen und kinematischen Markt unter der Marke Orwo.
Weltweit besitzt die Gruppe auch fünf Filmstudios, beteiligt sich an bis zu 20 Filmfinanzierungen pro Jahr, hat weltweit fünf Postproduction-Facilities und besitzt darüber hinaus 28 Firmen, die sich mit der Entwicklung von neuen Technologien im Bereich Cine-Film beschäftigen. Zur Gruppe gehören etwa die Black Hangar Studios in Großbritannien und die Orwo Studios in Louisiana.
Warum der Deal letztlich platzte
Arri hatte beschlossen, sein Postproduktionsgeschäft und den Filmvertrieb auszugliedern. Zu diesem Zweck vereinbarte die Arri-Gruppe einen Verkauf seines Unternehmensbereichs Arri Media im Herbst 2020 an die Seal-Gruppe. Umgesetzt wurde der Deal über die zur Seal-Gruppe gehörende Seal 1819 GmbH. Der operative Übergang war für den 1. März 2021 geplant.
Nun haben sich die Unternehmen »in gegenseitigem Einvernehmen (…) darauf verständigt«, dass Arri die Aktivitäten von Arri Media mit sofortiger Wirkung wieder übernimmt und als eigenständige Tochtergesellschaft weiterführt.
Es sei »sowohl für Arri als auch die Seal-Gruppe deutlich, dass der eingeschlagene Weg nicht der bestmögliche war«, hieß es in einem Statement der Arri-Gruppe. Weitere Ausführungen, die zu dieser Erkenntnis führte, will das Unternehmen nicht geben. Somit bleibt das eingangs erwähnte Gerücht offen — dass nämlich geplante Finanzierungen platzten, was in Pandemie-Zeiten natürlich auch keine Seltenheit wäre.
Markus Zeiler, Vorstand von Arri, blickt nach vorne: »Über viele Jahre konnten sich unsere Kunden mit ihren Projekten auf unseren Service in hoher Qualität verlassen, und dies wird auch weiterhin die Ausrichtung für die Zukunft sein.«
Alle Postproduktions- und Filmvertriebs- aktivitäten firmieren laut Arri fortan unter der Media Services GmbH, einer Tochter der Arri Media GmbH. Firmensitz soll die Türkenstraße 89 in 80799 München bleiben. Geschäftsführer der Media Services GmbH ist Markus Zeiler.
Als weiterer Geschäftsführer wird Josef Reidinger bestellt, dieser Vorgang befindet sich nach Firmenangaben in Vorbereitung.
Franz Kraus begleitet demnach als ehemaliger Arri-Vorstand und langjähriger Geschäftsführer der Arri Media GmbH »aktiv die weitere Entwicklung der Media Services GmbH«. In einem Statement des Unternehmens heißt es: »Dafür werden unterschiedliche Optionen geprüft.«
Das Geschäft wird laut Arri nahtlos mit den bestehenden Kompetenzteams weitergeführt. Alle bereits vereinbarten oder besprochenen Leistungen werden demnach in vollem Umfang erbracht.
Was passiert nun konkret?
Dass die Arri-Gruppe seine Tochter Arri Media verkaufen wollte, geschah ja weder zufällig noch aus Jux und Dollerei. Deshalb könnte es durchaus über kurz oder lang doch noch zu einem Verkauf kommen — und möglicherweise ist die nun gewählte Firmenkonstruktion eine vorbereitende Maßnahme hierfür.
In einer früheren Pressemitteilung hatte es schließlich schon klare Hinweise gegeben, weshalb die Arri-Gruppe ihre Postproduktionssparte zumindest zum damaligen Zeitpunkt loswerden wollte: »Die Arri-Gruppe fokussiert sich fortan auf den weltweiten Verkauf und Verleih von Kamera- und Beleuchtungsprodukten, Objektiven und Zubehör sowie Systemlösungen für die Film- und Fernsehindustrie und gliedert deshalb die Arri Media aus.« Und die nun erwähnten »unterschiedlichen Optionen«, die das Unternehmen andeutet, lassen das ebenfalls offen.
Da klingt letztlich eine klare strategische Ausrichtung durch, die weiter verfolgt werden könnte — es dürfte also eher unwahrscheinlich sein, dass nun eine neu entflammte Geschwisterliebe zwischen den anderen Divisionen der Arri-Gruppe und Arri Media entbrannt wäre. Viel wahrscheinlicher erscheint es in diesem Lichte, dass Franz Kraus einen Käufer suchen oder eine Umstrukturierung organisieren soll und dass Arri Media/Media Services über kurz oder lang doch noch bei einem anderen Eigner landen wird.