5G-Produktion bei Sky
Sky hat in den vergangenen Monaten zwei große 5G-Produktionstests umgesetzt. Wie lautet das Resümee, welche weiteren Pläne verfolgt Sky in Sachen 5G? film-tv-video.de hat bei Alessandro Reitano, SVP Sports Production bei Sky Deutschland, nachgefragt.
Die 5G-Produktionstests von Sky hatten unterschiedliche Ansätze und Ziele. Einerseits ging es darum, eher die praktischen Produktionsaspekte auszuprobieren: Wie kann man mit 5G-Handys drehen und deren kabellose Live-Signale an die technische Infrastruktur einer TV-Produktion anbinden? Andererseits ging es um Bandbreiten, Netzqualität und Zuverlässigkeitsaspekte: Wie kann man unter diesen Aspekten 5G für TV-Produktionen nutzen?
Im ersten eher produktionszentrierten Pilotprojekt produzierte Sky ein Handball-Bundesligaspiel in Flensburg in 5G und kooperierte dabei mit dem Telekom-Anbieter O2. Die 5G-Produktion fand parallel zu einer klassischen TV-Produktion statt, das Ergebnis konnten die Zuschauer als Livestream verfolgen. Im Fokus stand es, die Multikameraproduktion mit 5G-Smartphones unter Live-Bedingungen praktisch zu testen (Kurzmeldung).
Das zweite Pilotprojekt befasste sich eher mit der Übertragung der Signale, mit Bandbreiten und Sicherheitsaspekten. Als Testfall wurde ein Fußballspiel der zweiten Bundesliga in Düsseldorf ausgesucht und konkret 5G-Übertragungstechnik für die Vor- und Nachberichterstattung des Spiels eingesetzt. Hier kooperierte Sky mit Vodafone und letztlich stand im Fokus das Thema Network-Slicing (Kurzmeldung).
Handball-Bundesliga: Multikamera-Produktion mit 5G-Smartphones
Alessandro Reitano, SVP Sports Production bei Sky Deutschland, berichtet vom ersten Test: »O2 installierte für uns in Flensburg ein dediziertes 5G-Netz mit einer Bandbreite von 150 Mbit/s und erleichterte uns damit die Entscheidung, dieses Handballspiel parallel zur klassischen TV-Produktion auch mit Smartphones zu realisieren.«
Das Risiko war überschaubar, weil Sky dank O2 ein stabiles 5G-Netz nutzen konnte. »Wir hatten sozusagen ein eigenes Netz für uns, mussten also von dieser Seite keine Probleme befürchten«, erläutert Reitano. »Etliche gestalterische wie auch technische Fragen bei der Produktion mit Smartphones waren allerdings offen, hier sollte der Test Klarheit bringen.«
»Wir mussten uns zunächst überlegen, wie man so ein Spiel mit Smartphones überhaupt auflösen kann und welche Kameraperspektiven und -bewegungen damit möglich sind«, berichtet Reitano. Dank der zugesicherten 150 Mbit/s Netzbandbreite entschied sich der Sender dazu, mit zwölf Smartphones (Samsung Galaxy Note20 Ultra 5G) zu arbeiten – somit stand für jedes Gerät eine Bandbreite von etwa 10 Mbit/s zur Verfügung — und ausreichend Puffer war auch noch vorhanden. Klar war: Mit zwölf Smartphones kann man definitiv mehr und auch kreativere Kamerapositionen einnehmen.
Etwas diffiziler war die Herausforderung, »die Consumer-Signale der Smartphones in die professionelle HD-SDI-Welt zu übersetzen«, erklärt Reitano.
An dieser Stelle kam der Anbieter LiveU ins Spiel. Sky installierte eine App dieses Herstellers auf allen Smartphones der Produktion und realisierte damit das Echtzeit-Encoding und -Upstreaming.
»Die Kamerasignale wurden dann via Richtfunk nach Hamburg übertragen, dort ins O2-Netz gespeist und via Glasfaser wieder zurück nach Flensburg geschickt«, erklärt Reitano. So war es möglich, die Kamera-Streams nahezu ohne Latenz in die separate Bildregie zu übertragen, die vor der Flens-Arena aufgebaut war.
Konkret nahmen dort separate Hardware-Server von LiveU die Signale der Smartphones entgegen. Jeder Server verfügte über vier Ausgänge, über die sich die Kamera-Feeds ausspielen und für den Schnitt in den Videomischer einspeisen ließen. Die IFB-Funktion von LiveU (Audio Connect) ermöglichte indessen eine reibungslose, bidirektionale Kommunikation zwischen der Regie und dem Kamerateam.
»Die ganze Produktion war technisch sehr anspruchsvoll, auch deshalb, weil wir zwar mit Smartphones drehten, am Ende der Produktionskette aber eine ganz klassische TV-Produktion stand, bei der wir HD-SDI-Signale benötigten.«
»Wir wollten mit diesem Stresstest ermitteln, wo wir bei 5G Broadcast stehen«, betont Reitano. Dass aus diesem Test auch noch ein ganz konkretes Endprodukt entstand, nämlich ein Livestream, den die Zuschauer zuhause abrufen konnte, wertete den Test auf, »denn nur unter solch realistischen Bedingungen kann man auch Schwachstellen aufspüren«, so Reitano.
Unter anderem ging es darum zu ermitteln, ob die Datenrate von 10 Mbit/s, die jedem Smartphone zur Verfügung stand, während der Produktion auch tatsächlich kontinuierlich und ohne kurzzeitigen Abfall zur Verfügung stand – und das war der Fall, so Reitano.
Kameraseitig gab es schon eher Limitierungen: »Reißschwenks, schnelle Bewegungen ganz generell oder Zooms hin zum Ball sind mit einem Smartphone nicht sinnvoll. Mit diesen Einschränkungen muss man leben«, findet Reitano. Auch damit, dass die Handys teilweise etwas farbstichige Bilder lieferten und die Hallenbeleuchtung für die Smartphones etwas problematisch war.
Insgesamt zieht er jedoch ein positives Resümee und glaubt, dass solche Produktionsszenarien auch zeitnah nutzbar sein könnten. »Mit dem Test wollten wir für uns auch die Frage beantworten, wie man künftig beispielsweise mobile Fan-Reporter in die Bildproduktion integrieren oder neue Kamerapositionen schaffen kann, die nicht verkabelt werden müssen. Das wäre mit 5G schon deutlich leichtfüßiger, als es jetzt ist«, sagt er.
Voraussetzung dafür sei aber ein stabiles Netz, wie es Sky in Flensburg auch zur Verfügung hatte. Soll heißen: Das geht nur, wenn man ein dediziertes Netz hat, das für diesen Zweck aufgespannt wird und exklusiv genutzt werden kann. In einem öffentlich verfügbaren 5G-Netz hingegen kann man von solchen Bedingungen nicht ausgehen. Doch wie kann man diese Problematik lösen? Darum ging es im zweiten 5G-Test von Sky.
Seite 1: Handball-Bundesliga: Multikamera-Produktion mit 5G-Smartphones
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