Der Anfang vom Ende fürs Kino?
Warner will seine Blockbuster im kommenden Jahr zum Start gleichzeitig im Kino und bei HBO Max als Stream anbieten.
Der Aufschrei war groß. Nachdem Warner angekündigt hatte, im kommenden Jahr Filme wie »Matrix 4«, »Dune«, »Godzilla vs. Kong«, »The Suicide Squad«, »Mortal Kombat«, »Tom & Jerry« im Kino und gleichzeitig als Stream anzubieten, empörten sich Filmemacher in aller Welt über diesen Schritt. So zeigte sich etwa »Tenet«-Regisseur Christopher Nolan gegenüber dem Hollywood Reporter entsetzt und beklagte, dass die Filmemacher in diese Entscheidung nicht involviert gewesen seien. Auch viele andere in der Produktionskette wollen die Ankündigung von Warner offenbar nicht hinnehmen.
Ganz konkret plant Warner ein hybrides Modell: Die Filme sollen zum Start nach wie vor in den Kinos laufen, in den USA aber parallel für einen Monat in 4K Ultra HD und HDR bei HBO Max per Streaming abrufbar sein. Diese Ankündigung betrifft zunächst also nur die USA und nicht die weltweite Vermarktung, und sie ist zunächst auch nur für 2021 geplant.
Das klassische Distributionsmodell sah bisher vor, dass neue Spielfilme zunächst einige Monate exklusiv in den Kinos zu sehen sind, bevor sie gestreamt oder etwa auf Bluray verkauft werden dürfen. Dass dies inmitten einer Pandemie nicht funktioniert, ist offensichtlich, denn wenn Kinos schließen müssen, fällt diese Form der Auswertung für die Studios weg.
Ann Sarnoff, Chair and CEO, WarnerMedia Studios and Networks Group, erklärt: »Niemand wünscht sich Filme mehr als wir zurück auf die große Leinwand. Wir wissen, dass neue Inhalte das Lebenselixier des Kinos sind, aber wir müssen dies mit der Realität in Einklang bringen, dass die meisten Kinos in den USA wahrscheinlich das ganze Jahr 2021 hindurch mit reduzierter Kapazität arbeiten werden. Mit diesem einzigartigen Einjahresplan können wir unsere Kinopartner mit einer stetigen Pipeline von Weltklassefilmen unterstützen und gleichzeitig Kinobesuchern, die vielleicht keinen Zugang zu den Kinos haben oder noch nicht bereit sind, wieder ins Kino zu gehen, die Chance geben, unsere Filme des Jahres 2021 zu sehen.«
Jason Kilar, CEO, WarnerMedia, ergänzt: »Nach Abwägung aller verfügbaren Optionen und des voraussichtlichen Stands des Filmgeschäfts im Jahr 2021 sind wir zu dem Schluss gekommen, dass dies der beste Weg für das Filmgeschäft von WarnerMedia ist, sich in den nächsten 12 Monaten zurechtzufinden … Unser Content ist äußerst wertvoll, es sei denn, er steht in einem Regal und wird von niemandem gesehen. Wir glauben, dass dieser Ansatz unseren Fans dient, die Kinobetreiber und Filmemacher unterstützt und das HBO Max-Erlebnis verbessert und damit einen Wert für alle schafft.«
Warner ist übrigens nicht das erste Studio, das mit dieser Auswertungsform experimentiert. Universal Pictures hatte den Kino-»Vorsprung« in diesem Jahr schon auf zwei Wochen verkürzt, und vermutlich werden andere mit dem Streamingansatz folgen, wenn die Pandemie keine anderen Vermarktungsformen zulässt.
Sicher ist: Ob sich Kinos nach der Pandemie wieder füllen oder Film- und Serienfans ihre Inhalte nur noch auf der Couch verfolgen werden, kann aktuell wohl niemand mit Sicherheit voraussagen.