Praxistest: Raw mit Kamera S1H und Recorder Ninja V
Per Update hat die Panasonic-Kamera S1H nun mehr Möglichkeiten, Raw aufzuzeichnen, durch den Atomos-Recorder Ninja V auch in ProRes Raw. Ein Test und ein Blick auf das Thema Raw.
Bereits im vergangenen Jahr hatte der Hersteller angekündigt, für die Panasonic S1H künftig auch noch weitere Raw-Aufzeichnungsmöglichkeit zu schaffen. Nun ist das Realität: In Verbindung mit Atomos-Recordern kann man jetzt auch im Apple-Format ProRes Raw extern mit einer S1H aufnehmen. Was das bedeutet und welche Vor- und Nachteile das hat, klärt dieser Praxistest.
Vorbemerkung
Um Apples Herangehensweise an Raw zu verstehen, hier ein kurzes Gedankenspiel: Vergleichen wir mal ein iPhone mit einem Android-Gerät.
Während das Android-Smartphone einem Chemiebaukasten gleicht — man kann viel herumexperimentieren, einstellen und tunen — ist das iPhone-Pendant eher mit einem Spiel zu vergleichen, bei dem man runde und eckige Bauklötze in die dazugehörigen Öffnungen stecken muss. Vereinfacht gesprochen: Apple nimmt seinen Benutzern viel ab, das meiste funktioniert einfach, auch ohne viel einstellen zu müssen.
Genauso verhält es sich letztlich auch mit dem neuen ProRes Raw: Es ist da, es ist gut und es ist einfach — und man bemerkt es kaum. Das lässt sich am besten durch einen Vergleich mit bisherigen Raw-Formaten verdeutlichen.
Grundlagen
Es gibt »Open«-Raw-Formate, die eine Raw-Aufnahme auf externen Recordern erlauben. Hierzu zählen beispielsweise CDNG von Adobe und Blackmagic Raw. Natürlich bleibt es den Anbietern überlassen, ob sie Lizenzgebühren verlangen.
Zu den proprietären Formaten gehören zum Beispiel das Red R3D und ArriRaw, diese lassen sich auf den jeweiligen Kameras intern aufnehmen. Das geht mit Blackmagic Raw auch, allerdings gehört es eben zum offenen Standard, und jeder Hersteller kann oder könnte es kostenlos implementieren.
In unserem konkreten Fall schickt die Panasonic S1H ein unkomprimiertes Raw-Signal an den Atomos NinjaV Recorder, und auf diesem könnte theoretisch also auch in Blackmagic Raw aufgenommen werden. In der Praxis gibt es diese Möglichkeit nicht — aber das ist eine andere Geschichte.
Raw-Aufnahmen und die damit verbundenen Einstellmöglichkeiten etwa in ACR sind vielen schon vom Fotografieren bekannt. Es wird hierbei im Idealfall ein komplett unkomprimiertes Signal ohne De-Bayering aufgenommen.
Für Filmer sind natürlich Einstellungen wie Weißabgleich und Tint sowie ISO interessant, ebenso Highlight Recovery und Schwarz- und Weißpunkte. Jegliche kamerainterne »Verbesserungen« werden nicht in das Raw-Video übernommen (lediglich die Metadaten). Dazu zählen auch Rauschminderung und Objektivkorrektur. Dies muss tunlichst in der Post nachgeholt werden.
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Raw-Integration in Postproductionsysteme
Für Red-Footage zum Beispiel hat Premiere ein eigenes Raw-Panel, Davinci Resolve bietet von Haus aus ebenfalls Raw-Einstellungen. Und jetzt kommt die Analogie zum anfangs erwähnten Bauklötzchen-Prinzip:
Aktuell bietet Premiere ein sehr reduziertes Panel für die Raw-Einstellungen von ProRes Raw. Ebenso Final Cut. Dass ProRes Raw jemals auf Davinci und BlackMagic Raw auf FinalCut laufen wird, sehe ich eher skeptisch, denn beide Anbieter dürften versuchen, in ihren Editing-Softwares jeweils ihre eigenen Raw-Formate zu promoten.
Bleiben wir also bei Premiere: Wenn ich den Raw-Clip im Vorschaufenster öffne (und auch nur da), kann ich über »Raw«-Einstellungen die Belichtung ändern, mehr nicht. Der Clou an der ganzen Sache ist, dass alle Slider in Lumetri direkt auf das Raw-Bild Einfluss nehmen sollen.
Wenn wir uns das premiere-interne Red-Panel ansehen, gibt es viel mehr Einstellungen. In erster Linie natürlich, weil es sich um ein kameraspezifisches Raw handelt.
In Premiere habe ich mich dann also beim Graden auf die Lumetri-Panels verlassen, und dies ging relativ gut. Natürlich darf man keine Sprünge wie in ACR bei Raw Fotos erwarten, was zum Beispiel das Highlight Recovery angeht.
Der Dynamikumfang der Kamera ist hier ebenfalls entscheidend. Denn die 12 Bit, mit denen Apples Raw aufgenommen wird, beziehen sich nur auf die Anzahl der möglichen Farb- und Helligkeitsabstufungen, was mehr Nuancen und vor allem weniger Banding bedeutet.
Es standen im Vergleich zu einem mit denselben Einstellungen kameraintern aufgenommenen H.264 viel mehr Reserven in der Post zur Verfügung, der Weißabgleich lässt sich sehr gut nachkorrigieren, und in der Belichtung hat man ebenfalls mehr Spielraum – alles mit Lumetri.
Interessant wäre es, das Material mal in DaVinci zu laden, und dort mit Masken eine exzessive Farbkorrektur anzuwenden.
Assimilate Scratch hat in seiner neuesten Version übrigens auch Einstellungsmöglichkeiten für den Weißabgleich sowie ISO bei ProRes Raw bekommen.
Während ArriRaw-Files sehr groß sind, geht Red den Weg der Komprimierung und ließ sich dies auch patentieren, was einige Probleme für andere Hersteller mit sich brachte.
ProRes Raw ist komprimiert, de-bayert direkt, das De-Mosaicing findet dann im Schnitt statt. Es handelt sich also um ein abgespecktes Raw-Format.
Seite 1: Grundlagen, Raw in der Post
Seite 2: Praxiserfahrungen
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