FFG-Novelle: Umwelt und Soziales nachhaltig entwickeln und fördern
Das Filmförderungsgesetz (FFG) wird turnusmäßig novelliert, um die Nähe zu den Entwicklungen in der Branche zu wahren. Die Diskussion um die nächste Neufassung, die Anfang 2022 wirksam werden soll, hat begonnen.
Nachhaltigkeit und soziale Fragen sind zwei Themen, zu denen stärker als bisher greifbare Regelungen eingefordert werden. Rechtzeitig zur Berlinale brachten Kulturstaatsministerin Grütters und die Grünen-Bundestagsfraktion ihre Vorschläge ein.
Gemeinsam ist den politischen Kontrahenten die Einsicht, dass »ein enges Zusammenwirken der gesamten Branche (…) jenseits reiner Individualinteressen« erforderlich ist, wie Grütters formuliert. Die Grünen sehen neben den Entscheidungen auf der politischen Ebene ausdrücklich »jedes einzelne Gewerk« und »die relevanten Dienstleister« gefordert, um die Ökobilanz zu verbessern.
Politisches Bekenntnis zu Nachhaltigkeit
»Die Frage nach Umwelt- und Klimaschutz macht natürlich nicht vor den Toren unserer Filmstudios halt«, muss nun auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) das Thema aufgreifen. Sie kündigt zunächst ein freiwilliges Zertifikat für besonders nachhaltige Produktionen an. Das soll es ab dem Sommer geben und es wird wissenschaftlich begleitet und in die FFG-Novelle »verbindliche Nachhaltigkeitskriterien« aufnehmen.
Am Eröffnungstag der Berlinale flankierte Grütters das mit einer »Gemeinsamen Erklärung für eine nachhaltige Film- und Serienproduktion«, die von mehr als 20 Institutionen und Verbänden, darunter allen Länderförderern und der FFA, und vier den großen TV-Gruppen getragen wird. Man wolle »konkrete und tragfähige Maßnahmen entwickeln und umsetzen, die effizient und dauerhaft negative ökologische Auswirkungen bei der Produktion von Filmen und Serien so weit wie möglich minimieren«, so die grundsätzlich gehaltene und eher moralische Verpflichtung.
»Wo in anderen Wirtschaftsbereichen aber Anreize seitens der Politik für umweltschonende Produktionsweisen gemacht werden, bleiben diese im Filmbereich aus«, bilanzierte die Grüne Bundestagsfraktion Mitte Januar. Zwar gibt es seit 2012 den Grünen Drehpass der Filmförderung Hamburg-Schleswig-Holstein, und einzelne Filmproduktionen bemühen sich um einen schonenden Umgang mit Natur und Ressourcen. Die Berücksichtigung »ökologischer Belange« werde zwar seit 2017 im Filmfördergesetz berücksichtigt. Das hat aber bisher in die Förderrichtlinien weder Aus- noch Nachdruck gefunden.
Kritik zum Frühstück
Die Kritik der Grünen richtet sich an die Bundes- und Länderförderer und die dafür politisch Verantwortlichen. Bei einem Berlinale-Frühstück der Grünen hielten sich Tabea Rößner (Bundestags-Fraktion) und Notker Schweikhardt (Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus) eher zurück. Rößner verwies auf ein Gesamtkonzept, wozu u.a. das neue Gewerk (noch auszubildender) Umwelt-Fachberater gehört. Überhaupt müsse das Thema in die Ausbildung eingebracht und der fachliche Austausch gewährleistet werden. Das Fördersystem sei um Anreize für Nachhaltigkeit zu erweitern und der ressourcenfressende Fördertourismus zu reduzieren. Eine umfassende Studie soll zudem zeigen, wo die Potenziale sind und Förderhebel ansetzen können.
Wo es hakt, zeigten zahlreiche Filmschaffende in Kurzbeiträgen auf. Verwiesen wurde u.a. auf die schlechte Energiebilanz des Streamings und der Datencenter. Der finanzielle Mehrbedarf nachhaltiger Drehs könne nicht wirklich budgetiert werden. Die schnellen Innovationszyklen der Filmtechnik arbeiten gegen die Nachhaltigkeit. Ein neues Kamerakonzept mit zwei Bildsensoren erzeuge zusätzliche Abwärme, deren Kühlung mehr Energie verbraucht. Die Gier nach höherer Bildauflösung fresse Energie und der Stromverbrauch eines Fernsehers steige enorm, kommt HDR zur Anwendung. Zudem sei Nachhaltigkeit als Gesamtkonzept zu sehen und die Energiebilanzen von Gebäuden, Fahrzeugen bis hin zu Müllvermeidung und Entsorgung usw. zu berücksichtigen.
Nicht nur grün muss nachhaltig werden
Nachhaltigkeit kann nicht von sozialen Fragen getrennt werden, so eine weitere grundsätzliche Feststellung. Es gehe nicht nur darum, dass Sozialstandards, Tarife, Arbeitszeit- und Arbeitsschutzbestimmungen usw. bei Dreharbeiten eingehalten werden. Der Staat dürfe Rechtsverstöße nicht noch finanziell unterstützen. Fördermittel seien daher abzuerkennen, wenn Rechtsverstöße bekannt werden.
In den Komplex gehört zudem die wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen. Die Mitwirkung von Kreativ-Frauen bei Produktionen sollte durch ein Monitoring erfasst werden, so ein weiterer Vorschlag.
»Es geht zu langsam« und: »Die Dinge ändern sich nicht von allein.« Mit dieser Erkenntnis sollte man die Politiker (die Berliner SPD-, FDP- und Linken-Fraktionen waren anwesend) keinesfalls allein lassen.
Downloads: Gemeinsame Erklärung der Verbände, Papier der Grünen Bundestagsfraktion; Best Practice Guide der Filmförderung HSH; Link zur Website Green Film Shooting.