Zur Groko-Halbzeit: Rest-UHF als Dispositionsmasse?
Die Regierungsfraktionen haben, neben anderen Beschlüssen der jüngsten Zeit, in vier Bundestagsauschüssen auch einen FDP-Antrag zur Sicherung der UHF-Frequenzen für PMSE und Rundfunk bis 2030 abgeschmettert.
Dadurch könnte der Produktionsfunk nach zwei Runden der sogenannten »digitalen Dividende« erneut zur Disposition gestellt werden. So geschehen Ende September 2019, kurz vor der internationalen Frequenzkonferenz WRC-19 in Sharm-El-Sheik (Ägypten).
Im Antrag »Funkfrequenzen für Medien und Kultur dauerhaft erhalten« ging es um den bisher nicht an den Mobilfunk versteigerten Rest des UHF-Bandes zwischen 470 und 694 MHz (TV-Kanäle 21 bis 48). Der Bereich zwischen 470 und 510 MHz betrifft die drahtlosen Produktionsmittel, die etwa für Kino, Fernsehen, Theater und Veranstaltungsorte nötig sind – den Bereich »Programme Making and Special Events« (PMSE) also.
In diesem Bereich und darüber hinaus bis 694 MHz sendet das Fernsehen mit dem gerade erst eingeführten DVB-T2 HD. Zur Erhaltung dieser »Kulturfrequenzen« bis 2030 solle sich die Bundesregierung auf allen Ebenen, auch international, stark machen. Das war das Ziel der FDP.
Die steigenden Ansprüche an State-of-the-Art-Technik erweitern die Nutzung für Funktechnik in der Kultur- und Kreativwirtschaft beständig – eingeschlossen die Radio- und TV-Produktion. Dies umso mehr, nachdem in zwei Runden der sogenannten »digitalen Dividenden« 2010 und 2015 fast die Hälfte des bis dahin exklusiv vom PMSE-Funk und Fernsehen genutzten UHF-Bandes (694 bis 984 MHz, bzw. Kanäle 49 bis 69) an die Mobilfunk-Unternehmen versteigert wurde.
Vielerorts sind Produktionen ohne Mikrofon-, Monitor- und Kamerafunk gar nicht mehr vorstellbar. Das Reservoir nutzbarer Frequenzen wächst aber nicht mit und wird letztlich immer knapper. Die Initiative »SOS – Save Our Spectrum« stellt schon die ketzerische Frage: »Wird der ESC 2020 der letzte in Europa sein?«
Die Bundesregierung hatte den Nutzern wie den Herstellern der »Funken« für Ton- und Bildsignale bislang versprochen, das Frequenzband bis 2030 zu schützen. Der Umgang der Groko-Fraktionen im Bundestag lässt jedoch vermuten, dass hinter den Kulissen längst andere Entscheidungen gefallen sein könnten.
Ein sinnvoller Antrag — daher abzulehnen
Ende September 2019 wurde der FDP-Antrag in vier Ausschüssen des Bundestages diskutiert. Den Zusammenfassungen der Fraktionsstatements im Bericht des federführenden Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur an das Plenum sind die Positionen der Parteien zu entnehmen.
»Ein wichtiges Thema und sinnvolle Forderungen – aber ohne aktuellen Debattenbedarf«, stellt die CDU-Fraktion voran. Man dürfe »den Blick auch nicht zu stark auf die Interessen einer einzelnen Nutzergruppe richten«, fasst der parlamentarische Berichterstatter Thomas Jarzobek (CDU) seine Fraktion zusammen. Zu trennen sei zwischen der Nutzung von Frequenzen für den Mobilfunk und deren »Vergabe an große Unternehmen für einen langen Zeitraum«. Man habe zuletzt ja »lokale Frequenzen aus der Auktion herausgenommen«. Eine etwas ungünstige Anspielung. Denn auch diese »lokalen Frequenzen« wurden dem Mobilfunk übergeben – nur eben für lokale 5G-Sonderdienste (»Campus-Netze«). Das nimmt die CDU als Anregung: »Ähnliches sei bei dem Frequenzbereich denkbar, der hier zur Diskussion stehe, um eine breitere und effizientere Nutzung zu ermöglichen als bei einer Vergabe für beispielsweise Fernsehen und digitale Produktionsmittel«, meldet der Berichterstatter.
»Interessen einzelner Nutzergruppen«
Nachdem die Richtung des Angriffs klar ist, versuchten die Redner der CDU-Fraktion wohl abzuwiegeln: »Die Interessen in Bezug auf digitale Produktionsmittel wolle man wahren, aber deswegen nicht zugleich das gesamte in Rede stehende Frequenzband völlig unangetastet lassen.« Schließlich dürfe man »den Blick auch nicht zu stark auf die Interessen einer einzelnen Nutzergruppe richten«.
Welche »nicht zu stark« zu berücksichtigen wären, unterliegt offenbar der Spekulation: »Möglicherweise gebe es bereits vor dem Jahr 2030 technische Lösungen, welche die digitalen Produktionsmittel nicht beeinträchtigten und auf der 5G-Technik basierten«, führten Vertreter von CDU/CSU aus.
Übereinstimmung … »in vielen Bereichen«, aber …
Die SPD-Fraktion »stimme in vielen Bereichen mit dem vorliegenden Antrag überein«, informiert der Berichterstatter. »Man habe sich daher um einen gemeinsamen, fraktionsübergreifenden Antrag bemüht, wozu der Koalitionspartner CDU/CSU aber nicht bereit gewesen sei«, begründete die SPD-Fraktion ihr Votum gegen den Antrag in allen vier Ausschlüssen des Bundestags.
Damit ist die Ablehnung des FDP-Antrages »Funkfrequenzen für Medien und Kultur dauerhaft erhalten« auch im Plenum des Bundestag so gut wie sicher.
Weitere Infos
Der Antrag der FDP (Drucksache 19/11035) und der Bericht an das Plenum (Drucksache 19/14324) stehen zur Lektüre zur Verfügung. Die Initiative SOS – Save Our Spectrum veröffentlichte einen eigenen Bericht aus dem Ausschuss. SOS und die international aktive APWPT-Inititiative informieren über Fragen der Frequenzverwendung und verlinken auf weitere Unterlagen.