Radio Bremen produziert und sendet in HDTV
Knapp dreieinhalb Jahre nach Beginn der Planungen bezog »buten un binnen« am 9. Februar ein neues Studio. Das Regionalmagazin von Radio Bremen produziert dort in HDTV. Zugleich stellten die Nordlichter als letztes ARD-Mitglied die Signalabgabe auf HDTV um.
Regieautomation, Kamerarobotik und ein VR-Grafiksystem (Ross XPression) im neuen Dreikamera-Studio verändern die Arbeitsweisen der Mitarbeitenden, berichtet Björn Oesterle aus der Koordination Technik bei Radio Bremen.
Das Redaktionssystem OpenMedia von Scisys bindet die Redakteure stärker als bisher in den Produktionsprozess ein. Rund 700 Templates wurden programmiert, um die erwünschten Anwendungen in den Workflow zu integrieren. Redaktionell bedeutet das u.a. Eingabemöglichkeiten für Fremdrechteinformationen, Honoraranforderungen und zur Archivierung. Die Integration des bestehenden Content Management Systems VPMS von Arvato Systems trägt zur weiteren Arbeitsvereinfachung und Prozess-Automatisierung bei. Für den Sender ergeben sich »Einsparungen durch Modernisierung der Arbeitsabläufe von jährlich ca. 500.000 Euro brutto«, stellt Oesterle einen weiteren Nutzen heraus.
Kameras: Aufgeschient statt aufge»pumpt«
Für die Bildakquise entschied man zugunsten von Grass Valley, wo man drei LDX82 Flex Kameraköpfe orderte. Als Triaxe dienen LDX5640/05, als CCU werden XCU 4250/05 und LDK 4640/20 eingesetzt. Die Kameraköpfe sind mit Fujinon-Optiken HA 18×7 bzw. HA 23×7 aus der 6BEZD-T5DD-Serie ausgestattet. Für Havariefälle wird im Studio ein Kamerakopf GY-HM890CHE von JVC mit Fujinon-Optik XT20sx4,7BRM-K1 an einer Fernbedienung RM-LP25U vorgehalten. Die Kameras werden an einem MVS3000A-Mischer von Sony geschaltet, für den Ton steht ein Stage Tec-Mischer On Air 24 zur Verfügung. Die Lichtausstattung wurde um LED-Lichtwannen 230 bzw. 450 Watt (Arri Skypanel S30-C, S60-C) und LED-Stufenlinsen-Scheinwerfer 115 bzw. 220 Watt, ebenfalls von Arri, erweitert. Für die Studioautomatisierung entschied man zugunsten der Viz Mosart von Vizrt.
Die Kameras laufen – wahlweise programmiert oder manuell gesteuert – auf SE Studio Dollys und zwei Video Furio-Schienensystemen von Ross. Die Tracking-Informationen können für das virtuelle Set verwendet werden. Die Schienen mit einer Gesamtlänge von 31 Metern verlaufen zur seitlichen Studiobegrenzung im Bogen.
Über eine Imagine Videokreuzschiene Platinum IP3 sind 234/304 elektrische und 108/144 optische Ein- und Ausgänge schaltbar. »Die Vernetzung erfolgte in HD-SDI Verkabelung, da es sich um eine ausgereifte Technologie handelt. Dies trifft auf eine umfassende IP-Infrastruktur noch nicht zu«, begründet Oesterle diese Entscheidung. Die vorhandenen Speichersysteme wurden in die neue Infrastruktur integriert. Für die Audiowege wurde der Bestand an Nexus-Kreuzschienen von Stage Tec erweitert. Verbaut wurden u.a. etwa 60 Kilometer Kupfer- und LWL-Kabel und 9.000 Stecker.
Das Studiodesign der Agentur UKCC wurde vom Bremer Bühnenhaus gebaut. Der seitliche VR-Bereich gibt den Moderatorinnen und Moderatoren Raum, mit ein paar Schritten in eine andere Präsentationssituation mit erweiterten technischen Möglichkeiten zu wechseln. Der virtuelle Studiobereich soll außerhalb der Live-Produktionen auch für Sondersendungen und Schaltgespräche genutzt werden.
Die Investition von 5,9 Mio. Euro brutto war für die kleinste öffentlich-rechtliche Anstalt sicherlich ein Kraftakt. Es ist »das finanziell aufwändigste Projekt seit dem Funkhaus-Neubau«, bestätigt denn auch Björn Oesterle. Der Umfang des Projekts schloss aber auch den Austausch der aus dem Jahr 2006 stammenden raumübergreifenden Verkabelung ein, diese Infrastruktur ist nun in 3G-HD zukunftsfähig ausgelegt. Als Produktionsformat kommt, wie bei den ARD-Anstalten üblich, 1080i/25 zum Einsatz. Erste Planungen hatten 2015 begonnen, und die Anforderungen wurden in einem 208-seitigen Pflichtenheft zusammengefasst. Als Generalunternehmer für die Technik zeichnet Studio Hamburg-Tochter MCI. 16 Monate dauerten die Arbeiten, die während des laufenden Sendebetriebs vonstatten gingen.