Blick auf die Sensorentwicklung bei Grass Valley
Dr. Ir. Peter G.M. Centen von Grass Valley rekapituliert und erklärt im Gespräch mit film-tv-video.de die Entwicklung von CCD- zu CMOS-Sensoren. Centen ist als Vice President R&D Cameras bei Grass Valley für die Sensorentwicklung des Unternehmens verantwortlich.
Im holländischen Breda entwickelt, wartet und modifiziert Grass Valley seine Broadcast-Kameras. Als einer der ersten Anbieter von Broadcast-Kameras setzte das Unternehmen vollständig auf CMOS-Sensoren. Dr. Ir. Peter Centen, Vice President R&D Cameras bei Grass Valley, erläutert warum, erklärt Zusammenhänge der Sensorentwicklung und blickt auf aktuelle Trends.
Von CCD zu CMOS
Im Jahr 2006 erreichte die Sensorentwicklung aus der Sicht von Dr. Ir. Peter Centen, Vice President R&D Cameras bei Grass Valley, einen Wendepunkt. CCD-Sensoren waren zu diesem Zeitpunkt der De-facto-Standard in der Broadcast-Branche. Doch es zeichnete sich ab, dass die CCD-Sensortechnologie kaum noch Reserven für neue Entwicklungen bot, erläutert Peter Centen: Für eine höhere Auflösung, wie sie bei HD angestrebt war oder für höhere Frameraten, wie sie bei Super-Slomo-Kameras nötig waren, gab es demnach in der CCD-Technologie keine Möglichkeiten mehr.
Peter Centen nennt noch andere Nachteile: »In der CCD-Entwicklung sind Sie immer auf die Entwicklungen anderer Firmen angewiesen. Wir erkannten, dass dies für uns zunehmend ungünstiger wurde. Im Rückblick bin ich sehr froh, dass es uns damals gelang, mit der Entwicklung eigener CMOS-Sensoren zu beginnen.«
Zu Beginn dieses Kurswechsels hatte die CMOS-Technologie noch viele Gegner, sodass es nicht ganz einfach war, diesen Weg zu beschreiten. Auch technische Hürden galt es zu bewältigen und Knowhow aufzubauen. Grass Valley kam dabei schnell voran und war schließlich der erste Anbieter von Broadcast-Kameras, der seine komplette Range auf CMOS umgestellt hatte.
Heute wird die komplette Sensorentwicklung und das vollständige Imager-Design bei Grass Valley inhouse in Breda realisiert. Technologisch ist man dabei so weit, dass eigene Global-Shutter-Sensoren und 4K-Sensoren zur Verfügung stehen, die es nur bei Grass Valley gibt. Das ist — soweit bekannt — außerhalb von Japan ein absolutes Alleinstellungsmerkmal.
Empfindlichkeit, Rauschen und Schärfentiefe bei HDR
Dr. Peter Centen betont, dass Grass Valley mit seinen jüngsten Entwicklungen im Sensorbereich bewiesen habe, dass sich HDR-Produkte und Produktionen mit CMOS-Sensoren realisieren lassen.
»Einige einfache Zusammenhänge muss man sich aber immer wieder in Erinnerung rufen, wenn man die Herausforderungen verstehen will, die 4K und höhere Auflösungen mit sich bringen: Erhöht man bei einem Sensor mit vorgegebener Größe die Anzahl der Photosites, weil man eine höhere Auflösung erreichen will, dann hat das Einfluss auf die Empfindlichkeit. Bei sonst gleichen Bedingungen, bedeutet das: Die Verdoppelung der Auflösung auf dem Sensor führt zur Halbierung der Blende.«
Ein Beispiel erklärt, was das für die Kameraaufzeichnung einer Live-Produktion konkret bedeutet: Kann man bei sonst gleichen Verhältnissen in 2K-Auflösung noch bequem mit Blende 11 arbeiten, ist bei 4K schon Blende 5,6 und bei 8K sogar Blende 2,8 erforderlich.
Das wiederum beeinflusst andere Aspekte: Je offener die Blende ist, desto kleiner wird der Bereich, der tatsächlich scharf abgebildet wird, also die Schärfentiefe. Bei einer Live-Produktion, die eine Kamera mit Blende 2,8 umsetzen müsste, wären Fußballer, Leichtathleten oder andere zentrale Motive schlichtweg sehr oft unscharf im Bild.
»Das ist ein Problem, das die Techniker bei den Olympischen Spielen in Tokio, die zumindest teilweise in 8K produziert werden, lösen müssen«, erläutert Dr. Centen.
Der Experte Centen hat dabei natürlich stets sehr viel mehr Details im Blick, als nur solche Basics: »Das Rauschen etwa wird von den meisten Anbietern und Anwendern nur als Rauschen im Schwarz definiert. Es gibt aber auch Rauschen in anderen Bildteilen. Auf solche Dinge achten wir natürlich — und auch wenn es in den gängigen Kamera-Spezifikationen dafür keine plakativen Werte gibt, macht das doch einen Unterschied in der Bildqualität.«