IBC2017: Imagine 2.0 mit Microservices
Imagine-CEO Charlie Vogt wagt des öfteren relativ konkrete Prognosen für sein Unternehmen und die Branche insgesamt. Dem blieb er auch bei der IBC2017 treu.
Seit nunmehr fünf Jahren ist Charlie Vogt CEO von Imagine. Er hat das Unternehmen und dessen Produktportfolio massiv verändert und in der Vergangenheit öfter mal Prognosen für die Branche abgegeben, die sich zumindest im Kern bewahrheitet haben. Grund genug, hinzuhören, wenn er bei der Pressekonferenz von Imagine spricht.
Vogt adressiert dabei, wie die meisten amerikanischen Firmenchefs, in Pressekonferenzen niemals nur die anwesenden Journalisten, sondern indirekt auch Analysten, die sein Unternehmen und seine Arbeit bewerten. Deshalb kam er im Verlauf seines Vortrags auch darauf zu sprechen, dass an den Gerüchten nichts dran sei, dass die Investoren im Hintergrund mit der Entwicklung von Imagine unzufrieden seien und das Unternehmen weiterverkaufen wollten.
Vogt sprach diesen Punkt keineswegs am Beginn der Pressekonferenz an — wohl um ihn nicht all zu dringlich erscheinen zu lassen — vielmehr ließ er seine Ausführungen zu diesem Thema fast beiläufig einfließen: Aus Harris Imagine zu machen, sei ein großer Kraftakt gewesen, es sei sehr viel Geld für Forschung und Entwicklung nötig gewesen. Nach diesem großen Schritt gehe es nun darum, Imagine 2.0 zu formen. Die Investoren stünden voll und ganz hinter diesem Anliegen und Imagine sei nun in einer sehr guten Marktposition und könne von den umgesetzten Veränderungen profitieren.
Wie das gelingen soll und wie der Markt sich aus der Sicht von Vogt darstellt, damit befasste sich der CEO ausführlich vor und nach seinem Statement zum Backing durch die Investoren.
Aus der Sicht von Charlie Vogt sind IP und Cloud für die Kunden und die Branche insgesamt längst real. So habe Imagine mittlerweile sehr viele Kunden für Produkte im »next generation design« gewonnen, sprich IP- und software-basierte, jüngere Produkte aus dem Imagine-Portfolio.
»Die Branche hat IP als generelle Marschrichtung akzeptiert und angenommen. Die Entwicklung in Richtung Cloud und software-basierten Systemen ebenfalls.« Zumindest als Zielrichtung herrsche hierüber weitgehende Einigkeit. Nun komme der nächste Schritt und den sieht Vogt in »Micro Services« und »Plattformen«. Das Denken in Produkten, in Features und Funktionen sei endgültig überholt. Auch »Solutions« sind aus Sicht von Vogt von gestern und greifen zu kurz, nun sind also »Plattformen« gefragt und »Microservice Architectures«.
Das klingt natürlich erst mal stark nach Marketing-Blabla, aber es steckt tatsächlich mehr dahinter: Die Verknüpfung von einzelnen Funktionen und Workflows zu einem größeren Ganzen. Das wird teilweise als »Orchestration« umschrieben — oder eben als »Microservice-Architektur«. Dafür braucht man so etwas wie ein übergreifendes Betriebssystem für Broadcast-Infrastrukturen, um deren Ressourcen besser nutzen und verknüpfen zu können.
So etwas hat Imagine mit Zenium entwickelt und nutzt dieses System in vielen eigenen Produkten. Im nächsten Schritt plant Imagine, auch anderen den Zugriff auf Zenium zu ermöglichen. In einem ersten Anlauf arbeitet Imagine hier schon mit Partnern und Kunden zusammen, später soll das ausgeweitet werden.
Ein Beispiel dafür gibt es bei der IBC auch schon zu sehen: In Zusammenarbeit mit IBM hat Imagine über sein System Zenium eine Möglichkeit geschaffen, IBMs AI-Lösung Watson als sehr leistungsfähige Spracherkennung zu nutzen, die aus dem gesprochenen Wort eines Videos Untertitel in hoher Qualität generiert.
Gefahren sieht Vogt momentan eher auf der Kundenseite: Hier finde eine Konsolidierung statt, die Umsätze sänken. Bei drei großen, börsennotierten Broadcastern in den USA seien die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um 20 und mehr Prozent zurückgegangen. Da passen aus deutscher Sicht auch die Kursrückgänge bei ProSieben Sat1 ins Bild. Hier sieht Vogt insgesamt mögliche Unbill auf die Branche zukommen.
Es werde zudem Veränderungen im Markt geben, die das wesentlich beeinflussen könnten, führte Vogt aus. Eines davon sei, dass Anzeigenkunden auch in der TV-Werbung Abrechnungsmodelle auf Basis von Impressions verlangten — und so etwas können natürlich nur moderne, IP-basierte Broadcaster anbieten.
Dementsprechend spielt im Portfolio von Imagine der Bereich »Advanced Advertising« eine wachsende Rolle: der soll Lösungen oder eben »Plattformen« für die Broadcaster anbieten, mit denen sie diese Herausforderungen meistern können.