Editorial, Kommentar: 15.04.2016

Think global?

Globalisierung galt und gilt vielen immer noch als Allheilmittel: um die Wirtschaft anzukurbeln, den Lebensstandard für möglichst viele Menschen zu erhöhen und insgesamt Wachstum zu generieren. Auch in der Medienbranche hat die Globalisierung einen hohen Stellenwert und gilt vielen Firmen als probates Mittel, um regionale Schwankungen auszugleichen.

Globalisierung.
Allheilmittel Globalisierung?

Allerdings ändern sich die Vorzeichen oft schneller, als manchem lieb ist. Es ist noch gar nicht lange her, dass einige große Hersteller das Wachstumspotenzial der BRIC-Staaten als enorme Chance sahen, um neue Märkte zu finden und zu bedienen: Brasilien, Russland, Indien und China galten als die neuen Markttreiber, zu denen auch noch Südafrika stieß.

Doch das Bild hat sich rasch verändert: Es gibt eben Einflussgrößen wie Politik, unerwartete Konflikte, Kriege, Korruption, Finanzskandale, Sanktionen, Währungsschwankungen, unerwartet geringes Gesamtwirtschaftswachstum, fehlende Infos aus eher untransparenten Ländern, zunehmende Umweltprobleme, lokale Wirtschaftskrisen. Alles Dinge, die man nicht so ohne weiteres im voraus einplanen und abschätzen kann, die aber die vermeintlichen Wachstumsmotoren rasch zum Stottern und Ächzen bringen können. Die Globalisierung birgt eben auch Risiken.

Früher hat es in der westlichen Welt niemanden gejuckt, wenn in China ein Sack Reis umfiel. Heute hängt das von der Größe des Sackes ab, davon, wen er trifft und wer dabei erschrickt.

Die Medienbranche bleibt davon nicht verschont: etliche Hersteller und Service-Dienstleister, die sich global ausrichten, ächzen unter den genannten Entwicklungen, und manches Großprojekt auf der grünen Wiese, das unter undurchsichtigen Bedingungen entstand, entwickelte sich längst nicht so prächtig, wie prognostiziert.

Der britische Verband IABM DC etwa hat fürs Jahr 2015 Marktzahlen ermittelt, die solche Entwicklungen bestätigen. Demnach machten die Hersteller von Produkten im Medienbereich im vergangenen Jahr 4,4 % weniger Umsatz als im Vorjahr. Dass die Umsätze für die Hersteller bei den Produkten zurückgehen, ist zwar schon einige Jahr so, doch 2015 gingen zusätzlich auch die Umsätze im Service-Bereich um 4,2 % zurück.

Services aber galten vielen Herstellern bis dato noch als der erfolgversprechendere Markt, zumal er in den Vorjahren auch noch Wachstum erzielen konnte.

Glaubt man diesen Zahlen — und dafür gibt es gute Gründe — kann man leicht ablesen, dass sich der Markt für die Hersteller von Produkten und Systemen nach wie vor in einem massiven Wandel befindet, der noch längst nicht abgeschlossen ist — und dass es neue Einflussgrößen gibt, die sehr kurzfristig für kräftige Ausschläge sorgen können.

Beides wird dadurch verstärkt, dass die Branche gleich mehrere Probleme verkraften muss: Den disruptiven, technologischen Wandel auf der einen Seite und die aktuell eher negativen Folgen eines globalisierten Marktes.
Vielleicht bringt ja die herannahende NAB hier neue Erkenntnisse oder zeigt neue Impulse.

Sie werden sehen.